Arbeitsbereich Geschichtsdidaktik / History Education, Universität Hamburg

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Vortrag bei der HEIRNET Online-Konferenz 2021

15. September 2021 Andreas Körber Keine Kommentare

Auf der dies­jäh­ri­gen Kon­fe­renz des Inter­na­tio­na­len For­schungs­ver­bun­des “Histo­ry Edu­ca­tors Inter­na­tio­nal Net­work (HEIRNET), die Online statt­ge­fun­den hat, habe ich ers­te (gro­be) Befun­de zu Mög­lich­kei­ten und Gren­zen einer Repli­ka­ti­on des Pro­jekts YOUTH and HISTORY anhand einer klei­nen Prä-Pilot-Stu­die präsentiert:

Kör­ber, Andre­as (01.092021): “Towards a repli­ca­ti­on of YOUTH and HISTORY? Preli­mi­na­ry Ana­ly­ses and inter­pre­ta­ti­ons of a pre-pilot stu­dy” Paper pre­sen­ted at Histo­ry Edu­ca­tors Inter­na­tio­nal Net­work (HEIRNET) Con­fe­rence 2021 (Online).

Beitrag erschienen: “Körber, Andreas (2016): “Translation and its discontents II: A German Perspective.”

21. Mai 2016 Andreas Körber Keine Kommentare

Der fol­gen­de Bei­trag wur­de zunächst online publiziert:

Kör­ber, Andre­as (2016): “Trans­la­ti­on and its dis­con­tents II: A Ger­man Per­spec­ti­ve.” In: Jour­nal of Cur­ri­cu­lum Stu­dies (2016). 48,4, pp. 440 – 456 DOI: 10.1080/00220272.2016.1171401

Er basiert auf der gemein­sa­men Key-Note, die ich im Sep­tem­ber 2015 zusam­men mit Peter Seix­as auf der Tagung “Geschichts­di­dak­tik empi­risch” in Basel gehal­ten habe.

Peter Seix­as’ Anteil ist eben­falls im Jour­nal of Cur­ri­cu­lum Stu­dies erschienen:

Seix­as, Peter (2016): Trans­la­ti­on and its dis­con­tents. Key con­cepts in Eng­lish and Ger­man histo­ry edu­ca­ti­on. In Jour­nal of Cur­ri­cu­lum Stu­dies 48,4, pp. 427 – 439. DOI: 10.1080/00220272.2015.1101618.

“Geschichtsbewusstsein”, “historisches Denken” oder “Kompetenzen” — ein Beitrag aus Dänemark

19. September 2015 Andreas Körber Keine Kommentare

Kol­le­ge Jens Aage Poul­sen dis­ku­tiert aktu­ell drei Kon­zep­te his­to­ri­schen Den­kens und die sich aus ihrer Nut­zun­ge erge­ben­den Kon­se­quen­zen für Geschichtsunterricht:

Poul­sen, Jens A. (2015): His­to­risk bevidsthed, tæn­k­ning og kom­pe­ten­cer? ‘His­to­risk tæn­k­ning’ og ‘kom­pe­ten­cer’ er nytilkom­ne i den his­to­rie­di­dak­tis­ke debat. Hvil­ke sam­men­hæn­ge er der mel­lem dem og vel­kend­te begre­ber som ‘his­to­rie­be­vidsthed’ og ‘his­to­risk bevidsthed’?: ‘His­to­risk tæn­k­ning’ og ‘kom­pe­ten­cer’ er nytilkom­ne i den his­to­rie­di­dak­tis­ke debat. Hvil­ke sam­men­hæn­ge er der mel­lem dem og vel­kend­te begre­ber som ‘his­to­rie­be­vidsthed’ og ‘his­to­risk bevidsthed’? http://​his​to​rie​lab​.dk/​h​i​s​t​o​r​i​s​k​-​b​e​v​i​d​s​t​h​e​d​-​t​a​e​n​k​n​i​n​g​-​o​g​-​k​o​m​p​e​t​e​n​c​er/. gele­sen 19 Sep. 2015.

Englischsprachiger Artikel zum Hintergrund des FUER-Kompetenzmodells

30. April 2015 Andreas Körber Keine Kommentare

Nach­dem mein Bei­trag auf der Tagung “His­to­ri­ci­zing the Uses of the Past” 2008 in Oslo in der Buch­pu­bli­ka­ti­on nur gekürzt ver­öf­fent­licht wer­den konn­te, habe ich nun die etwas über­ar­bei­te­te Lang­fas­sung auf Pedocs veröffentlicht:

Kör­ber, Andre­as (2015): His­to­ri­cal con­scious­ness, his­to­ri­cal com­pe­ten­ci­es – and bey­ond? Some con­cep­tu­al deve­lo­p­ment within Ger­man histo­ry didac­tics. Available online at http://​www​.pedocs​.de/​v​o​l​l​t​e​x​t​e​/​2​0​1​5​/​1​0​8​1​1​/​p​d​f​/​K​o​e​r​b​e​r​_​2​0​1​5​_​D​e​v​e​l​o​p​m​e​n​t​_​G​e​r​m​a​n​_​H​i​s​t​o​r​y​_​D​i​d​a​c​t​i​c​s​.​pdf.

Reflektiertes und (selbst-)reflexives Geschichtsbewusstsein

16. April 2010 Andreas Körber Keine Kommentare

Bevor der Kom­pe­tenz-Hype (von außen ange­sto­ßen) begann und wir in der FUER-Grup­pe die damit gege­be­ne Mög­lich­keit der struk­tu­rier­ten For­mu­lie­rung von Fähig­kei­ten, Fer­tig­kei­ten und Bereit­schaf­ten als Ziel his­to­ri­schen Ler­nens auf­grif­fen (Kom­pe­tenz­mo­dell), fass­ten wir unse­re Bestre­bun­gen der Fort­ent­wick­lung einer Geschichts­di­dak­tik auf nar­ra­ti­vis­ti­scher Grund­la­ge unter dem eben­falls sper­ri­gen und zuwei­len ange­fein­de­ten Begriff “Reflek­tier­tes und (selbst-)reflexives Geschichtsbewusstsein”.

Ein Unter­richts­mo­dell aus der Früh­zeit der Ori­en­tie­rung der Geschichts­di­dak­tik auf “Geschichts­be­wusst­sein”, wel­ches zwei Stu­die­ren­de in ihrer ers­ten Haus­ar­beit in Geschichts­di­dak­tik ana­ly­siert haben, scheint mir ein gutes Bei­spiel zu sein, um zu zei­gen, wor­in zumin­dest ich damals den in unse­rem “refle­xi­ons­ori­en­tier­ten” Kon­zept hin­zu­ge­kom­me­nen Aspekt gese­hen habe und noch sehe. Es han­delt sich um ein Unter­richts­mo­dell des Kol­le­gen Ulrich May­er aus dem Jah­re 1978 zum The­ma “Ursa­chen des Ers­ten Welt­kriegs”, der immer­hin von den Kol­le­gen der Uni Hal­le unter den “Top­Ten” im Bereich Simu­la­ti­ons­spiel geführt wird. 1

Es wird hier nicht mög­lich sein, dem Modell in allen Facet­ten gerecht zu wer­den. Viel­mehr möch­te ich schlag­licht­ar­tig die Dif­fe­renz zu einem refle­xi­ons- und schließ­lich kom­pe­tenz­ori­en­tier­ten Geschichts­un­ter­richt auf­zei­gen. Dass damit ein älte­rer Ent­wurf an gegen­wär­ti­gen Maß­stä­ben “gemes­sen” wird, mag man dem Ver­such vor­wer­fen, ist aber im his­to­ri­schen Den­ken unaus­weich­lich: Nur wenn zeit­ge­nös­si­sche und gegen­wär­ti­ge Kon­zep­te, Denk­wei­sen und Maß­stä­be berück­sich­tigt und erst genom­men sowie zuein­an­der in Bezie­hung gesetzt wer­den, fin­det his­tor­si­ches Den­ken und Ler­nen statt. Inso­fern geht es hier nicht dar­um, den alten Ent­wurf zu kri­ti­sie­ren, son­dern unter gege­wär­ti­ger Fra­ge­stel­lung zu analysieren.

Ulrich May­er leg­te 1978 ein Unter­richts­mo­dell zur Fra­ge der Ver­ur­sa­chung des Ers­ten Welt­kriegs vor, in wel­chem er sich (der didak­ti­schen Dis­kus­si­on der dama­li­gen zeit ent­spre­chend) expli­zit gegen jeg­li­ches Ver­ständ­nis der Ver­ur­sa­chung oder Ver­schul­dung die­ses Krie­ges durch ein­zel­ne “Gro­ße Män­ner” wand­te. Gan­ze einem struk­tur­ge­schicht­li­chen Ansatz ver­pflich­tet leg­te er das Augen­merk auf die Bedin­gun­gen der dama­li­gen “gro­ßen Poli­tik”, wel­che den Krieg nicht aus­ge­löst, aber in län­ge­rer Sicht ver­ur­sa­chet, zumin­dest ermög­licht habe. Es geht ihm um Denk- und Hand­lungs­wei­sen im dama­li­gen Ver­ständ­nis der “Staats­rai­son”, d.h. um auf allen Sei­ten zu fin­den­de Vor­stel­lun­gen des staat­li­chen Eigen­in­ter­es­ses und tak­ti­sche wie stra­te­gi­sche Handlungsweisen.

So sol­len die Schü­le­rin­nen und Schü­ler u.a.,

  • “nach­voll­zie­hen, dass sich im ‘Räder­werk der Mobil­ma­chun­gen’ die Kri­se bis zum Krieg stei­ger­te (kogn./pragm.)”
  • “die Mit­ver­ant­wort­lich­keit aller erken­nen, die in Begrif­fen des Völ­ker­has­ses dach­ten oder die schein­ba­re Sach­ge­setz­lich­keit mili­tä­ri­scher Gesichts­punk­te akzep­tier­ten (k/​p)”
  • “anhand von Spiel­ma­te­ri­al Groß­macht­ri­va­li­tät, Hege­mo­nie­stre­ben, Völ­ker­haß als eini­ge der Ursa­chen des Ers­ten Welt­kriegs erken­nen (k/​p)”
  • […]

Unter ande­rem mit Hil­fe eines Plan­spiels, wel­ches die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in die Lage ver­setzt, die Inter­es­sen eines halb­wegs fik­ti­ven Staa­tes eines fik­ti­ven Kon­ti­nents 2 her­aus­ar­bei­ten und inner­halb einer gül­ti­gen Hand­lungs­lo­gik ver­tre­ten zu müs­sen, sol­len die Schü­le­rin­nen und Schü­ler erken­nen, dass bestimm­te Denk- und Hand­lungs­wei­sen den Krieg begüns­tigt haben. Das Inter­es­se an der Ver­mitt­lung gera­de die­ser Erkennt­nis­se und Ein­sich­ten wird dadurch begrün­det, dass mit ihrer Hil­fe ver­gleich­ba­re Lagen in der Gegen­wart der Schü­le­rin­nen und Schü­ler (im Kal­ten Krieg) ver­stan­den wer­den kön­nen. May­er schreibt, der “Modell­cha­rak­ter der Juli-Kri­se” sei “von vie­len Autoren auf­ge­zeigt wor­den. Für inter­na­tio­na­le Kon­flik­te sym­pto­ma­tisch” sei “der Grund­zug einer sich ver­stär­ken­den Rück­kopp­lung: Jede an einem Kon­flikt betei­lig­te Sei­te” füh­le “sich ver­pflich­tet, eine Akti­on mit einer noch stär­ke­ren Reak­ti­on zu beant­wor­ten” — bis hin zur Eska­la­ti­on. Und schließ­lich: “Die Schü­ler kön­nen ange­regt wer­den zu über­le­gen, war­um auch heu­ti­ge Abrüs­tungs­ge­sprä­che nicht vor­an­kom­men, wel­che Funk­ti­on over-kill-Kapa­zi­tä­ten haben.” (S. 210)

Mei­ne Stu­die­ren­den über­leg­ten in ihrer Ana­ly­se der Unter­richts­ein­heit dar­über hin­aus, ob die­se Logi­ken nicht eben­so für das Ver­hält­nis im Kon­flikt “USA — Afgha­ni­stan” gel­ten würden.

Hier nun liegt der Schlüs­sel für mei­ne Ana­ly­se des Unter­schieds zwi­schen heu­ti­gem (bzw. von mir als heu­te für not­wen­dig erach­te­tem) Refle­xi­ons­ori­en­tier­tem und nicht auf reflek­tier­tes Geschichts­be­wusst­sein zie­len­dem Geschichts­un­ter­richt der 1970er und 1980er Jahre:

Für May­er galt es als aus­ge­macht, dass die am Bei­spiel des Ers­ten Welt­krie­ges zu gewin­nen­den Ein­sich­ten auf die Gegen­wart der Schü­ler über­trag­bar sind. Die Moder­ni­tät sei­nes Geschichts­un­ter­richts­mo­dells lag (und liegt) dar­in, dass er sich eben nicht, wie der klas­si­sche Leit­fa­den­un­ter­richt, dar­auf beschrän­ken moch­te, den Schü­le­rin­nen und Schü­lern Kennt­nis­se über die Gescheh­nis­se und Struk­tu­ren zu Beginn des Ers­ten Welt­kriegs zu ver­mit­teln”, son­dern dass die­se unter einer gegen­wär­ti­gen Fra­ge­stel­lung, aus einem Inter­es­se an bes­se­rem Ver­ständ­nis der Gegen­wart her­aus, erar­bei­tet wer­den und dann wie­der auf die­se gegen­wart zurück­be­zo­gen wer­den soll­ten. May­ers Unter­richts­vor­schlag ist also in bes­tem Sin­ne “gegen­warts­si­tu­iert”, ent­spricht der Vor­stel­lung his­to­ri­schen Ler­nen als eines Pro­zes­ses der Auf­e­ar­bei­tung einer Ver­gan­gen­heit aus einem gegen­wär­ti­gen Ori­en­tie­rungs­be­dürf­nis her­aus, wie es Jörn Rüsen 1994 und 1997 (und wie­der 2008) skiz­ziert hat. Sowohl May­ers Unter­richts­vor­schlag wie auch die Adapt­a­ti­on durch die Stu­die­ren­den folgt somit einer exem­pla­ri­sche Sinn­bil­dungs­lo­gik: Am Bei­spiel des Ers­ten Welt­kriegs lässt sich Regel­kom­pe­tenz gewin­nen für die eige­ne Gegen­wart und Zukunft. 3

Bemer­kens­wert ist nun gera­de im Licht der Ver­län­ge­rung die­ses Gegen­warts­be­zu­ges auch in die hge­u­ti­ge Gegen­wart des frü­hen 21. Jahr­hun­derts hin­ein, wie sie die Stu­die­ren­den vor­ge­legt haben, dass die­se Ver­gleich­bar­keit im Vor­we­ge des Unter­richts als gege­ben ange­se­hen,  im Unter­richt selbst aber nicht mehr the­ma­tis­ert wird. Die exem­pla­ri­sche Sinn­bil­dung kon­sti­tu­iert hier die der klas­si­schen Wis­sens­ver­mitt­lung über­le­ge­ne didak­ti­sche Kon­zep­ti­on: Das Geschichts­be­wusst­sein der Schü­le­rin­nen und Schü­ler sei nach einem sol­chen Unter­richt idea­ler­wei­se nicht mehr tra­di­tio­nal durch die Vor­stel­lung von Leis­tun­gen und Ver­feh­lun­gen gro­ßer Män­ner, Staats­len­ker oder auch Natio­nen struk­tu­riert, son­dern problemorientiert-exemplarisch.

Ist das aber wirk­lich so einfach?

Sowohl der exem­pla­ri­sche Bezug bei May­er zwi­schen Ers­tem Welt­krieg als dem regel­spen­den­den Ereig­nis und dem kal­ten Krieg als dem Anwen­dungs­feld der Regel­kom­pe­tenz als auch die der Stu­die­ren­den mit der Gegen­wart in Afgha­ni­stan als Anwen­dungs­feld ist zumin­dest frag-wür­dig. Damit ist nicht gesagt, dass die Vor­stel­lung völ­lig falsch wäre: gera­de die (Ent-)spannungspolitik im Kal­ten Krieg besitzt (etwa in einem Gemen­ge von rea­lis­ti­schen und ratio­na­lis­ti­schen Kon­zep­tio­nen von inter­na­tio­na­ler Poli­tik, der Nut­zung Geheim­di­plo­ma­tie, gegen­sei­ti­gem Miss­trau­en etc.) hin­rei­chend Gemein­sam­kei­ten mit der Spät­pha­se der Poli­tik der “gro­ßen Kabi­net­te”. Er ist aber ande­rer­seits alles ande­re als selbst­ver­ständ­lich: Sind die Rah­men­be­din­gun­gen inter­na­tio­na­len poli­ti­schen Han­delns in einer durch Sou­ve­rä­ni­tät von Natio­nal­staa­ten in sich ändern­den bzw. änder­ba­ren Bünd­nis­kon­stel­la­tio­nen ver­gleich­bar mit der fest­ge­fah­re­nen, ideo­lo­gi­schen Block­kon­fron­ta­ti­on der 1970er Jah­re? Deut­li­cher noch im Fal­le der Stu­die­ren­den: Sind Erkennt­nis­se, die aus einer Ana­ly­se von Kriegs­ur­sa­chen in einem Sys­tem sou­ve­rä­ner Staa­ten im Rah­men (weit­ge­hend) klas­si­schen Völ­ker­rechts gewon­nen wir­den, wirk­lich über­trag­bar auf die gegen­wär­ti­ge Situa­ti­on der “asym­me­tri­schen” Krie­ge (H. Mün­k­ler), wo ja gera­de nicht die USA gegen Afgha­ni­stan ste­hen, son­dern (noch) bei­de Zusam­men gegen die Tali­ban und Al Quaida?

Noch ein­mal: Die­se exem­pla­ri­sche Logik soll nicht denun­ziert wer­den. Sie hat ihre Leis­tun­gen und Gren­zen, eine “mitt­le­re Reich­wei­te”. Gera­de daher aber erscheint es wich­tig, dass die Anwend­bar­keit sol­cher Logi­ken nicht nur im Vor­feld des Unter­richts geklärt oder gesetzt, son­dern selbst zum Gegen­stand des Unter­richts erho­ben wird. Despek­tier­li­cher aus­ge­drückt: es reicht nicht, dass der Leh­rer sei­ne Schluss­fol­ge­run­gen, sei­ne Logik des Gegen­warts­be­zu­ges nimmt und den Schü­lern als Ein­sich­ten prä­sen­tiert — so ela­bo­riert und modern sie auch sind: Sie müs­sen im Unter­richt “ver­han­delt” wer­den, und das heißt eben auf die Leis­tun­gen und Gren­zen hin befragt.

Anders for­mu­liert: Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler müs­sen also nicht nur ler­nen, “dass“bzw “ob” eine Ver­hal­tens- und Denk­wei­se frü­he­rer Poli­ti­ker in der Ver­gan­gen­heit eine Fol­ge gezeigt hat, und “dass” bzw. “ob” dar­aus etwas für die Gegen­wart gelernt wer­den kann, son­dern “inwie­fern”: Wo es bei May­er in Ori­en­tie­rung auf ein Geschichts­be­wusst­sein heißt, die Schü­ler soll­ten ange­regt wer­den zu über­le­gen, “war­um” auch heu­ti­ge Abrüs­tungs­ge­sprä­che nicht vor­an­kom­men (S. 210), müss­te es in refle­xi­ons­ori­en­tier­tem Geschichts­un­ter­richt hei­ßen, die Ler­nen­den soll­ten über­le­gen, inwie­fern aus den Erkennt­nis­sen über die Juli-Kri­se auch Ein­sich­ten über die Abrüs­tungs­ver­su­che der Gegen­wart gewon­nen wer­den können.

Sowohl mit Blick auf die Ver­gan­gen­heit als auch auf die Gegen­wart muss gefragt und reflek­tiert wer­den, dass und vor allem wie das eige­ne Den­ken die Logik des his­to­ri­schen Schluss­fol­gerns und Bewer­tens beeiflusst:

  • Nur auf der Basis einer gegen­wär­ti­gen Vor­stel­lung davon, dass die Situa­ti­on vor dem Ers­ten Welt­krieg  in irgend­ei­ner Wei­se ver­gleich­bar ist oder sein könn­te mit der­je­ni­gen der eige­nen Gegen­wart ent­steht über­haupt die Fra­ge nach der Hand­lungs­lo­gik. Bereits bei der Kon­sti­tu­ie­rung des His­to­ri­schen Den­kens im Sin­ne eines Umbaus von Geschichts­be­wusst­sein ist also das Gegen­warts­be­wusst­sein (das eige­ne!) zentral.
  • Eben­so sind es die eige­nen Denk- und Deu­tungs­mus­ter, die Erklä­run­gen 8seien es All­tags- sei­en es wis­sen­schaft­li­che Theo­rien), wel­che die Plau­si­bi­li­tät der Schluss­fol­ge­run­gen mit steuern.

Die­ses In-den-Blick-Neh­men sowohl der Kon­stru­iert­heit des eige­nen Geschichts­be­wusst­seins von Annah­men und Prä­mis­sen als auch der Betei­li­gung und Bedeu­tung der eige­nen Per­son bei ihrem Umbau ist es, was mit “reflek­tiert und (selbst-)reflexiv” gemeint ist:

  • Wer vom Leh­rer lernt, dass es nicht Wil­helm II. war, der den Ers­ten Welt­krieg her­auf­be­schwo­ren hat, son­dern viel­mehr (oder eben­so) die Logik der dama­li­gen Kabi­netts­po­li­tik, der hat mit Sicher­heit ein ela­bo­rier­te­res Geschichts­be­wusst­sein als zuvor.
  • “Reflek­tiert” ist es erst dann zu nen­nen, wenn er sich auch bewusst ist, dass er selbst als Instanz bei des­sen Struk­tu­rie­rung betei­ligt ist, und dass es Kri­te­ri­en für die Gül­tig­keit der je eige­nen Vor­stel­lun­gen gibt, die man selbst (wenn auch immer in Kom­mu­ni­ka­ti­on mit ande­ren) anwen­den muss.
  • Reflek­tiert ist ein Geschichts­be­wusst­sein etwa auch immer erst dann, wenn es die eige­ne Per­spek­ti­vi­tät reflek­tiert, wenn dem His­to­risch Den­ken­den bewusst ist, dass und wie der glei­che Gegen­stand sich jemand ande­rem zumin­dest etwas anders dar­stel­len und ihm zumin­dest etwas ande­res bedeu­ten muss.
  • (Selbst-)reflexiv ist es, wenn die Bedeu­tung der eige­nen Per­spek­ti­ve und des eige­nen Den­kens beim Auf- und Umbau erkannt wird.

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Anmer­kun­gen /​ Refe­ren­ces
  1. Ulrich MAYER, Ursa­chen und Beginn des Ers­ten Welt­kriegs – Ist ein Krieg unab­wend­bar? Unter­richts­ent­wurf zur Ver­wen­dung von Ele­men­ten des Plan­spiels im his­to­risch-poli­ti­schen Unter­richt (Unter­richts­bei­spie­le und Mate­ria­li­en), in: Gd 3, 1978, S. 208 – 216. Vgl. auch einen Unter­richts­ent­wurf von Refe­ren­dar Roland Bau­mann[]
  2. Der fik­ti­ve Kon­ti­nent “Atlan­tis” ist bei May­er ein ent­kon­kre­ti­sier­tes Abbild der Mäch­te­zu­sam­men­stel­lung Euro­pas vor dem Ers­ten Welt­krieg — und zwar bis in die geo­gra­phi­sche Lage der Staa­ten hin­ein. Sowohl die gegen­sei­ti­gen Bezie­hun­gen und Bünd­nis­se, als auch ein­zel­ne Ereig­nis­se (der Mord von Sara­je­wo) wer­den dort wirk­lich­keits­ana­log model­liert, jedoch ohne Nen­nung der rea­len Namen.[]
  3. Ob nicht in der Logik der von May­er kon­zi­pier­ten Lern­ein­heit die­se nur schwa­che Ver­frem­dung sub-opti­mal ist, ob nicht die Exem­pla­rik gera­de dann zum Tra­gen gekom­men wäre, wenn der Kon­ti­nent Atlan­tis geo­gra­phisch und hin­sicht­lich der Bünd­nis­se stär­ker ver­än­dert wor­den wäre, so dass auch unter ver­än­der­ten Bedin­gun­gen die glei­chen Logi­ken her­aus­ge­ar­bei­tet, dann mit der rea­len Situa­ti­on 1914 ver­gli­chen, als ähn­lich erkannt und schließ­lich auf die Gegen­wart bezo­gen wer­den könn­ten, kann hier nicht ein­ge­hend unter­sucht wer­den.[]
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Zur Uneindeutigkeit geschichtsdidaktischer Topoi

09. Oktober 2009 Andreas Körber Keine Kommentare

Auch in der Geschichts­di­dak­tik gibt es For­meln, die immer wie­der­holt wer­den — Topoi des didak­ti­schen Den­kens. Sie fin­den sich in Auf­sät­zen aka­de­mi­scher Didak­ti­ker und in Lehr­plä­nen der Bil­dungs­ver­wal­tun­gen eben­so wie in Arbei­ten von Stu­die­ren­den und in Unterrichtsentwürfen.
Zumeist haben sie die Funk­ti­on, in knap­per For­mu­lie­rung auf all­ge­mein aner­kann­te Sach­ver­hal­te bzw. Über­zeu­gun­gen zu ver­wei­sen, die nicht wei­ter aus­ge­führt oder gar belegt wer­den sol­len. Eine Zusam­men­stel­lung sol­cher Topoi in einem Zusam­men­hang gäbe also wohl prä­gnant Aus­kunft über die von den betrof­fe­nen Autoren geteil­ten und als aner­kannt ange­se­he­nen Grundsätze.

Ein Bei­spiel für einen sol­chen Topos ist z.B. der Ver­weis auf den “Kon­strukt­cha­rak­ter der Geschich­te”. Er ver­weist auf eine Über­zeu­gung hin­sicht­lich des Gegen­stan­des von Geschichts­wis­sen­schaft, ‑didak­tik und ‑unter­richt, die in dia­chro­ner Hin­sicht kei­nes­wegs selbst­ver­ständ­lich aner­kannt war, son­dern viel­mehr in län­ge­ren geschichts­theo­re­ti­schen Dis­kus­sio­nen her­aus­ge­ar­bei­tet wur­de. Mit die­sem Ver­weis ist es also heut­zu­ta­ge mög­lich, das eige­ne Ver­ständ­nis von Geschich­te sowie eines dazu pas­sen­den Geschichts­un­ter­richts als “modern”  zu kenn­zeich­nen. Ob aber in jedem ein­zel­nen Fall die kon­kre­te Bedeu­tung die­ser geschichts­theo­re­ti­schen Über­zeu­gung (an-)erkannt ist und die dar­auf auf­bau­en­den didak­ti­schen Schluss­fol­ge­run­gen hin­sicht­lich der Zie­le, Metho­den und Medi­en his­to­ri­schen Ler­nens sowie der Kri­te­ri­en für die Dia­gnos­tik von Lern­fort­schrit­ten, steht auf einem ande­ren Blatt.

Hin­zu kommt, dass der­ar­ti­ge for­mel­haf­te Ver­wei­se den Anschein erwe­cken, dass nicht auch zwi­schen den Anhän­gern bzw. Ver­fech­tern die­ser Posi­tio­nen wei­ter­hin Unter­schie­de und gar Streit­punk­te im Kon­kre­ten bestehen kön­nen. Topoi haben also auch die Eigen­schaft, Ein­sich­ten zu ver­ding­li­chen und zu glätten.

An einem ande­ren Bei­spiel sei dies in aller Kür­ze ausgeführt:

Der aktu­ell gül­ti­ge Ham­bur­ger Bil­dungs­plan Grund­schu­le, Rah­men­plan sach­un­ter­richt (http.//www.hamburger-bildungsserver.de/bildungspläne/Grundschule/SU_Grd.pdf) for­mu­liert an einer Stelle:

“Die Kin­der erfah­ren, dass mensch­li­ches Den­ken und Han­deln in der Ver­gan­gen­heit nur vor dem Hin­ter­grund der dama­li­gen Lebens­be­din­gun­gen zu ver­ste­hen und zu erklä­ren sind.”

Was aber ist genau mit die­ser For­mu­lie­rung bezeich­net: Kon­kret: Was meint das Wört­chen “nur” in die­ser For­mu­lie­rung? Min­des­tens zwei Les­ar­ten sind denkbar:

  • “nur” = “aus­schließ­lich”
  • “nur” = “nicht ohne”

Grund­sätz­lich ver­weist die­se Fas­sung auf die durch­aus kom­ple­xe Ein­sicht in die His­to­ri­zi­tät von Lebens­be­din­gun­gen, Norm­vor­stel­lun­gen, Hand­lungs­nor­men. Sie for­dert gegen­über einem unre­flek­tier­ter Prä­sen­tis­mus ein, das Han­deln von Men­schen ande­rer Epo­chen vor dem Hin­ter­grund ihrer Lebens­um­stän­de, Denk­wei­sen usw. zu ver­ste­hen. Sie ist eine spä­te Fas­sung des­sen, was Leo­pold von Ran­ke mein­te, als er for­mu­lier­te, jede Epo­che sei “gleich nah zu Gott”.

Im ers­ten Ver­ständ­nis wirkt sie aber gleich­zeitg als Boll­werk gegen jeg­li­chen Ver­such, die Ver­gan­gen­heit von heu­te aus zu “ver­ste­hen” und zu beur­tei­len. Sie for­dert vom His­to­risch Den­ken­den ein Abse­hen von den Nor­men und Denk­wei­sen sei­ner eige­nen Zeit. Somit wäre sie ein Relikt aus der ide­al­ty­pi­schen Ver­ste­hens­leh­re des His­to­ris­mus, der His­to­ri­ker habe von sich selbst zu abs­tra­hie­ren.  Die­ses Ver­ständ­nis zeigt sich auch in häu­fig zu hören­den Äuße­run­gen (zumeist aus inter­es­sier­ten Krei­sen), über bestimm­te Ver­gan­gen­hei­ten dür­fe nur urtei­len, wer dabei gewe­sen sei. Wir ken­nen die­ses Argu­ment z.B. aus den Aus­ein­an­der­set­zun­gen um die Hand­lungs­wei­sen von Men­schen in über­wun­de­nen Dik­ta­tu­ren, aber auch z.B. in Bezug auf “1968”.

Letz­te­re Maxi­mal­form die­ses Denk­mo­dells ist nur denk­bar in Bezug auf Aspek­te der Zeit­ge­schich­te. Bei allen ande­ren his­to­ri­schen Gegen­stän­den muss es schei­tern. Gera­de dort, bei gro­ßen zeit­li­chem Abstand, wird es aber beson­ders inter­es­sant, sofern man zuge­steht, dass Denk­wei­sen und Nor­men, Welt­sich­ten und Über­zeu­gun­gen sich in der Zeit (und somit bei lan­gen Zeit­ab­stän­den um so stär­ker) wan­deln: Sind die Denk- und Hand­lung­wei­sen der Men­schen des Mit­tel­al­ters unse­ren nicht nur zeit­lich, son­dern auch logisch fer­ner als die­je­ni­gen etwa der Men­schen des 18. Jh.?

Das Denk­mo­dell über­sieht oder ver­deckt, dass die gefor­der­te Berück­sich­ti­gung des “Hin­ter­grun­des der dama­li­gen Lebens­be­din­gun­gen” selbst nicht ohne eine spe­zi­fisch retro­spek­ti­ve Re-Kon­struk­ti­on von der Gegen­wart her mög­lich ist.  Weder die Erschlie­ßung die­ser noch das Den­ken über das Han­deln der Men­schen damals sind also ohne gegen­wär­ti­ges Den­ken und das heißt mit gegen­wär­ti­gen Begrif­fen etc., mög­lich. Die Les­art “nur” = “aus­schließ­lich” fällt also aus: Sie ist eine geschichts­theo­re­ti­sche Chimäre.

Bleibt also die zwei­te Les­art: “nur” = “nicht ohne”. In die­sem Sin­ne bedeu­tet der zitier­te Satz, dass ein aus­schließ­lich gegen­warts­ba­sier­tes Urtei­len und Wer­ten nicht sinn­voll (aber denk­bar) ist: Es ist die Forderung´danach, neben dem eige­nen Hori­zont auch den­je­ni­gen der Zeit her­an­zu­zie­hen und bei­de in ein Ver­hält­nis zuein­an­der zu set­zen. So for­mu­liert der Rah­men­plan auch wei­ter: “Sie wer­den dazu ange­regt, sich in die Lebens­wel­ten und Denk­for­men der Men­schen ver­gan­ge­ner Zei­ten hin­ein zu ver­set­zen und die­se mit heu­ti­gen zu ver­glei­chen.” Sofern man unter “hin­ein­ver­set­zen” nicht das pro­ble­ma­ti­sche Kon­zept eines völ­li­gen Ein­tau­chens ver­ste­hen will, wird hier der Ver­such ernst­haf­ter Re-Kon­struk­ti­on, also Droy­sens “for­schend zu ver­ste­hen” ein­ge­for­dert — aber eben nicht allein, son­dern immer in Bezie­hung zum Den­ken aus der eige­nen und für die eige­ne Gegen­wart. “Fremd­ver­ste­hen” ist also — wie Bri­git­te Deh­ne 2008 auch gezeigt hat — kein Selbst­zweck. Es kann nicht dar­um gehen (bzw. damit been­det sein), dass Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen, “mit ande­ren Augen zu sehen”, son­dern sie sol­len ein Sehen mit eige­nen Augen ler­nen, das sich aber der ande­ren Per­spek­ti­ve (in zeit­li­cher wie kul­tu­rel­ler, indi­vi­du­el­ler etc. Hin­sicht) bewusst ist.

Etwas “nur” vor dem Hin­ter­grund der Ver­gan­gen­heit ver­ste­hen zu kön­nen, bedeu­tet also — anders als es die For­mu­lie­rung sug­ge­riert — gera­de kein Abse­hen von der Gegen­wart. Viel­leicht soll­te man das auch immer wie­der kla­rer formulieren.

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Hin­weis: Vor der Umstel­lung der Blog­farm war der Bei­trag erreich­bar unter der URL: http://​koer​ber2005​.erzwiss​.uni​-ham​burg​.de/​w​o​r​d​p​r​e​s​s​-​m​u​/​h​i​s​t​o​r​i​s​c​h​d​e​n​k​e​n​l​e​r​n​e​n​/​2​0​0​9​/​1​0​/​0​9​/​z​u​r​-​u​n​e​i​n​d​e​u​t​i​g​k​e​i​t​-​g​e​s​c​h​i​c​h​t​s​d​i​d​a​k​t​i​s​c​h​e​r​-​t​o​p​oi/

Reflektiertes Geschichtsbewusstsein — Elemente einer Definition und Operationalisierung (Stand: 23.10.2008)

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  1. Defi­ni­ti­on:
  2. Reflek­tier­tes Geschichts­be­wusst­sein ist die­je­ni­ge Art und Wei­se des Umgangs mit Geschich­te, der his­to­ri­schen Sinn­bil­dung, die sich ihrer eige­nen Vor­aus­set­zun­gen und der wei­te­ren Deter­mi­nan­ten und Fak­to­ren sowie des Ver­fah­rens, sei­ner Leis­tun­gen und Gren­zen bewusst ist. Wäh­rend der Begriff des „Geschichts­be­wusst­seins” in sei­ner Defi­ni­ti­on als „Sinn­bil­dung über Zeit­er­fah­rung” auch un- und unter­be­wuss­te Pro­zes­se und Struk­tu­ren ein­schließt, ist reflek­tier­tes Geschichts­be­wusst­sein eine gestei­ger­te, infor­mier­te Form. 

  3. Prä­mis­sen:
    1. „Geschich­te” ist nicht gleich Ver­gan­gen­heit, son­dern immer eine par­ti­el­le, gedeu­te­te, kon­stru­ier­te Vergangenheit.
    2. „Geschich­te” ist perspektivisch.

  4. Deter­mi­nan­ten:
  5. Deter­mi­nan­ten von Geschichts­be­wusst­sein, die in einem reflek­tier­ten Geschichts­be­wusst­sein selbst bewusst gemacht wer­den und argu­men­ta­tiv bewer­tet wer­den kön­nen müs­sen, sind u.a.:

    1. das jeweils eige­ne Bedürf­nis, wel­ches ein his­to­ri­sches Den­ken aus­ge­löst bzw. ange­sto­ßen hat, dar­un­ter auch: inwie­weit die­ses Bedürf­nis aus der eige­nen per­sön­li­chen Erfah­rung entspringt,
    2. vor­gän­gig in den Pro­zess des his­to­ri­schen Den­kens ein­ge­brach­te Vor­stel­lun­gen des­sen, was am Ende dabei her­aus kom­men könn­te: Vor­stel­lun­gen von der Leis­tung his­to­ri­schen Wis­sens und Den­kens, über die „Ori­en­tie­rungs­kraft” für das Indi­vi­du­um und die Gesellschaft.
    3. eige­ne poli­ti­sche, sozia­le, reli­giö­se etc. Posi­tio­nen (bzw. die eige­ne Zuge­hö­rig­keit zu gegen­wär­ti­gen sozia­len Grup­pen mit eige­nen Wer­ten etc.)
    4. Vor­stel­lun­gen über das Zustan­de­kom­men his­to­ri­schen Wis­sens (Infor­ma­tio­nen)
      1. Wis­sen und Vor­stel­lun­gen über Über­lie­fe­rungs­we­ge von Infor­ma­tio­nen (Quel­len, Tra­di­ti­on, Über­rest etc.)
      2. Vor­stel­lun­gen über Wahr­heit und Objek­ti­vi­tät in der Geschichte 
        1. Über­zeu­gun­gen im Hin­blick auf die Fra­ge, ob es eine erkennt­nis­un­ab­hän­gi­ge Rea­li­tät gibt und ob sie zugäng­lich ist
        2. Vor­stel­lun­gen dar­über, wor­an man “objek­ti­ve” Geschich­ten erken­nen kann
      3. Vor­stel­lun­gen über Per­spek­ti­vi­tät und Kon­tro­ver­si­tät von geschicht­li­chem Wissen
    5. Auf­fas­sun­gen über Plu­ra­li­tät und/​oder Ein­heit “rich­ti­ger” Geschichte(n)
    6. Vor­stel­lun­gen über die his­to­ri­schen gewor­de­nen Bedin­gun­gen der eige­nen Gegen­wart und des eige­nen Fragens
    7. Vor­stel­lun­gen über „denk-lei­ten­de” For­meln etc.
    8. Bewuss­te Unter­schei­dung zwi­schen Ana­ly­se, Sach­ur­teil und Werturteil

Andreas Körber; Fußleiste


Distan­zie­rung von ver­wie­se­nen Sei­ten;
zuletzt geän­dert: 23.10.2008; Dr. Andre­as Körber

Die anthropologische Begründung des historischen Denkens nach Jörn Rüsen und die Lehre von den Sinnbildungstypen des historischen Denkens [Version 3; letzte Änderung: 25.2.2014]

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Vorbemerkung

Die­ser Bei­trag ist ein Ver­such, einen der m.E. zen­tra­len Tex­te zur Theo­rie des his­to­ri­schen Den­kens (und Ler­nens), näm­lich das Kapi­tel “Zeit­er­fah­rung und Selbst­iden­ti­tät” in His­to­ri­sche Ver­nunft von Jörn Rüsen (Rüsen 1983, S. 48 – 58) sowie sei­ne Typo­lo­gie der Sinn­bil­dun­gen his­to­ri­schen Den­kens und ein­zel­ne Erwei­te­run­gen und Ver­än­de­run­gen der dar­in vor­ge­schla­ge­nen Kon­zep­te und Begrif­fe für Anfän­ger ver­ständ­lich auszudrücken.

I. Geschichtsdenken ist keine ausschließliche Domäne der Wissenschaft

Geschichts­wis­sen­schaft ist kei­nes­wegs eine Instanz, wel­che allein “rich­ti­ges” his­to­ri­sches Wis­sen pro­du­ziert. His­to­ri­sches Den­ken fin­det immer und über­all in der Gesell­schaft statt. Es ist kein Spe­zi­fi­kum der Wis­sen­schaft. “His­to­ri­sches Ler­nen” soll­te daher auch nicht dar­in gese­hen wer­den, die Ergeb­nis­se der Geschichts­wis­sen­schaft in die Köp­fe der Ler­nen­den zu trans­fe­rie­ren (sog. “Abbild­di­dak­tik”), son­dern die­se zu selbst­stän­di­gem his­to­ri­schen Den­ken zu befä­hi­gen. Die “Abbild­di­dak­tik” schei­tert zudem an der Tat­sa­che, dass wir Aus­sa­gen über Geschich­te immer nur in Form von Nar­ra­tio­nen besit­zen, also sprach­li­chen Aus­drü­cken. Ein Ver­gleich an einer nar­ra­ti­ons­un­ab­hän­gi­gen “Wirk­lich­keit” ist nicht denk­bar, denn die­se ist a) ver­gan­gen und wäre b) zu kom­plex, um über­haupt “1:1” und voll­stän­dig erkannt oder gar ver­ba­li­siert wer­den zu kön­nen (vgl. Dan­to 1980).

His­to­ri­sche Aus­sa­gen sind immer

  • nar­ra­tiv strukturiert
  • retro­spek­tiv
  • selek­tiv
  • per­spek­ti­visch
  • in der Gegen­wart angesiedelt

.

Was aber macht nun his­to­ri­sches Den­ken zu his­to­ri­schem Den­ken — was ist das Beson­de­re an der Geschich­te (z.B. im Ver­gleich zur Lite­ra­tur oder ande­ren Denkformen?

II. Historisches Denken als anthropologisch notwendiger Prozess

Der Mensch ist anthro­po­lo­gisch dar­auf ange­wie­sen, eine Vor­stel­lung davon zu haben, wie (zumin­dest in etwa) das “Mor­gen” aus­se­hen wird, in dem er han­deln will und für das er heu­te pla­nen muss (Rüsen 1983, S. 48ff).
Dass man ‘mor­gen’ nicht ein­fach so wei­ter macht, wie heu­te, liegt dabei dar­an, dass der Mensch in der Lage ist, sich die Welt anders vor­zu­stel­len, als sie ist, dass er also auch Ver­än­de­run­gen pla­nen kann (“Inten­tio­na­li­täts­über­schuss” nennt Jörn Rüsen das). Dass sich das ‘Mor­gen’ zudem vom ‘Heu­te’ unter­schei­den wird, ja sogar von dem, wie er sich das ‘Mor­gen’ heu­te vor­stel­len kann, erfährt der Mensch aber immer dann, wenn er die ‘heu­ti­gen’ Erfah­run­gen mit sei­nen ‘gest­ri­gen’ Plä­nen für ‘heu­te’ ver­gleicht: Es ist anders gekom­men als gedacht — und zwar in einer Wei­se, die weder vor­her­seh­bar ist, noch rein zufäl­lig (“Kon­tin­genz”).

Die­se Erfah­rung und ihre Extra­po­la­ti­on in die Zukunft (‘wenn es heu­te anders ist als ges­tern gedacht — wie kann ich dann sagen, was mor­gen sein wird?’) könn­te den Men­schen dazu füh­ren, gar nicht mehr in eine Zukunft pla­nen zu kön­nen, also hand­lungs­un­fä­hig zu wer­den — wenn nicht für eine plau­si­ble Vor­stel­lung gesorgt wür­de, wie aus dem ‘Heu­te’ ein ‘Mor­gen’ wird.

Eine sol­che Vor­stel­lung, wie aus dem ‘Heu­te’ das ‘Mor­gen’ her­vor­ge­hen kann (nicht muss), ist mög­lich durch einen Blick zurück und die ‘Erfor­schung’ des­sen, wie denn aus dem ‘Ges­tern’ das ‘Heu­te’ gewor­den ist — und schließ­lich wie­der durch eine Extra­po­la­ti­on der so gemach­ten Erfah­run­gen von Ver­än­de­run­gen in eine (prin­zi­pi­ell) all­ge­mein­gül­ti­ge Regel: eine “Kon­ti­nui­täts­vor­stel­lung” über den Ver­lauf der Geschich­te. His­to­ri­sches Den­ken ist der Blick zurück ange­sichts eines aktu­el­len Ori­en­tie­rungs­be­dürf­nis­ses (einer aktu­el­len zeit­li­chen Ver­un­si­che­rung), um eine Vor­stel­lung zu gewin­nen, wie ‘heu­te’ und ‘mor­gen’ sinn­voll gehan­delt wer­den kann.

His­to­ri­sches Den­ken (“Geschichts­be­wusst­sein”) ist die Bil­dung von Sinn über die Erfah­rung von zeit­li­cher Kon­tin­genz. “Sinn­bil­dung über Zeiterfahrung”.

Das klingt dra­ma­ti­scher, als es ist: Schon der Erwerb neu­en Detail­wis­sens kann dazu füh­ren, bis­he­ri­ge Vor­stel­lun­gen kon­kre­ti­sie­ren zu müs­sen. Oft­mals wird es bei die­sen ‘Ori­en­tie­rungs­be­dürf­nis­sen’ dar­um gehen, bestehen­de Vor­stel­lun­gen zu bestä­ti­gen. Aber dazu müs­sen sie grund­sätz­lich erst ein­mal in Fra­ge gestellt wer­den: Der Blick in die Ver­gan­gen­heit öff­net bestehen­de Vor­stel­lun­gen vom Zeit­ver­lauf für eine Revision.

Die­ser Pro­zess des Zurück­bli­ckens kann nicht völ­lig vor­aus­set­zungs­frei gesche­hen. Auch wird nie “die” “gan­ze” Geschich­te einer Revi­si­on unter­zo­gen. His­to­ri­sches Den­ken geht immer von aktu­el­len und kon­kre­te­ren Irri­ta­tio­nen der bis­her geleis­te­ten Vor­stel­lun­gen aus — und beruht daher auf jeweils aktu­el­len und aus einer beson­de­ren Situa­ti­on ent­sprin­gen­den Voraussetzungen.

Die­se Vor­aus­set­zun­gen umfas­sen zum Einen die kon­kre­ten Erfah­run­gen und die aus ihnen ent­sprin­gen­den Fra­gen an die Ver­gan­gen­heit. Aber auch die­se sind natür­lich nicht frei von den vor­her gemach­ten Erfah­run­gen. So gehen die sozia­le Posi­ti­on des his­to­ri­sche Fra­gen­den, sei­ne bis­he­ri­gen Wert­vor­stel­lun­gen, sei­ne Über­zeu­gun­gen, sein Wis­sen und vie­le Rah­men­be­din­gun­gen in das Ori­en­tie­rungs­in­ter­es­se ein — und auch in die Lei­ten­den Hin­sich­ten, mit denen er den Blick in die Ver­gan­gen­heit wen­det. Die “Lei­ten­den Hin­sich­ten” sind so etwas wie ein Fil­ter, mit dem die Men­ge der Daten aus der Ver­gan­gen­heit vor­gän­gig gefil­tert wird — qua­si ein mehr­di­men­sio­na­les Selek­ti­ons­in­stru­ment, das man vor Augen nimmt, bevor man sich den Daten aus der Ver­gan­gen­heit zuwendet.

Mit die­sen lei­ten­den Hin­sich­ten und den beherrsch­ten Metho­den (auch die­se ein aus der Gegen­wart mit­ge­brach­ter Fak­tor) wer­den nun die zur Ver­fü­gung ste­hen­den oder extra in Erfah­rung gebrach­ten ‘Daten’ aus der Ver­gan­gen­heit ‘gesich­tet’. Mit den so gemach­ten Erfah­run­gen wer­den die bestehen­den Vor­stel­lun­gen ‘umge­baut’, so dass die anfangs irri­tie­ren­den neu­en Erfah­run­gen mit den so gemach­ten in eine neue Kon­ti­nui­täts­vor­stel­lung gebracht wer­den. Die­se muss natür­lich der bis­he­ri­gen nicht völ­lig wider­spre­chen, oft­mals genügt eine Prä­zi­sie­rung im Detail, manch­mal sind grund­le­gen­de­re Ände­run­gen not­wen­dig. Inwie­weit hier wirk­lich voll­stän­dig neue Vor­stel­lun­gen ent­ste­hen kön­nen, ist schwer zu ent­schei­den. Vie­les spricht dafür, dass auch bei der Kon­struk­ti­on von Kon­ti­nui­täts­vor­stel­lun­gen dem ein­zel­nen Den­ken­den ein Vor­rat an Deu­tungs­mus­tern zur Ver­fü­gung steht, der nur in begrenz­tem Umfang abge­wan­delt und ergänzt wer­den kann. Prin­zi­pi­el­les Umler­nen, die Kon­struk­ti­on völ­lig neu­ar­ti­ger Kon­ti­nui­täts­vor­stel­lun­gen, ist daher vohl nur duch viel­fa­che Abwan­de­lung von bestehen­den Deu­tun­gen möglich.

III. Deutungsmuster und Sinnbildungstypen

Die den ein­zel­nen Den­ken­den zur Ver­fü­gung ste­hen­den Deu­tungs­mus­ter las­sen sich viel­fach ord­nen. Eine grund­le­gen­de Ord­nung ist die von Jörn Rüsen erar­bei­te­te Ein­tei­lung in vier Sinn­bil­dungs­ty­pen. Es han­delt sich dabei um grund­le­gen­de Arten von Kon­ti­nui­täts­vor­stel­lun­gen die in einer logi­schen Rei­hen­fol­ge hin­sicht­lich ihres Kom­ple­xi­täts­gra­des stehen.

Tra­di­tio­na­le Sinnbildung
Die Tra­di­tio­na­le Sinn­bil­dung ‘über­sieht’ den Wan­del der Ver­hält­nis­se über die Zeit. Es ist die­je­ni­ge Sinn­bil­dung, die im Lauf der Geschich­te ‘alles beim Alten’ aus­macht. Din­ge, die ein­mal erreicht wur­den, gel­ten als wei­ter­hin gül­tig, Ver­lo­re­nes als unwie­der­bring­lich dahin. Die­se Sinn­bil­dung ist nur so lan­ge plau­si­bel, wie sich wirk­lich nichts wirk­lich wich­ti­ges ändert. Unter die­ser Bedin­gung hilft tra­di­tio­na­les Geschichts­den­ken tat­säch­lich, in die Zukunft zu pla­nen — es ist eine Ver­ge­wis­se­rung des­sen, was denn ent­stan­den und gewor­den ist und was auch ‘Mor­gen’ noch gel­ten wird.
Exem­pla­ri­sche Sinnbildung
Die exem­pla­ri­sche Sinn­bil­dung irt inso­fern kom­ple­xer, als sie Ver­än­de­run­gen im Lau­fe der Zeit aner­kennt. Aller­dings ver­sucht sie, die Ver­än­de­run­gen als Wan­del zwi­schen ver­schie­de­nen Fäl­len der­sel­ben Art zu ver­ste­hen, d.h. die Ver­än­de­rung wird als nur den Ein­zel­fall betref­fend ver­stan­den, woge­gen grund­sätz­lich alles beim Alten bleibt. Das bedeu­tet aber, dass die Ein­zel­fäl­le nur Bei­spie­le für eine all­ge­mein­gül­ti­ge Regel sind, die über­zeit­lich gilt, und dass man aus der Betrach­tung eines Fal­les oder meh­re­rer Fäl­le auch für einen wei­te­ren, kom­men­den Fall ler­nen kann. His­to­ri­sches Den­ken zielt nun mehr auf die Erkennt­nis einer über­zeit­li­chen Regel. “Regel­kom­pe­tenz” ist das Ziel.[1]
Kri­ti­sche Sinnbildung
Kri­ti­sche Sinn­bil­dung ist im Modell von Jörn Rüsen die­je­ni­ge Sinn­bil­dung, die bestehen­de Ori­en­tie­run­gen und Vor­stel­lun­gen außer Kraft zu set­zen im Stan­de ist — und zwar auf Grund gegen­tei­li­ger Erfah­run­gen im Umgang mit ver­gan­ge­nem Mate­ri­al. Sie lehrt, dass es doch nicht so sein kann, dass alle Ein­zel­fäl­le immer nur Fäl­le eienr Art sind. Sie leug­net, dass es eine all­ge­mein­gül­ti­ge Regel gibt, ohne schon selbst eine neue Sinn­bil­dung anzubieten.Die kri­ti­sche Sinn­bil­dung an die­ser Stel­le zwi­schen exem­pla­ri­scher und gene­ti­scher Sinn­bil­dung unter­zu­brin­gen, ist unzweck­mä­ßig. Vgl. die Argu­men­ta­ti­on im erwei­ter­ten Modell unten.
Gene­ti­sche Sinnbildung
Die gene­ti­sche Sinn­bil­dung reagiert auf die Kri­tik der kri­ti­schen Sinn­bil­dung. Sie erkennt an, dass die Ver­än­de­run­gen in der Geschich­te, die die Sich­tung des empi­ri­schen Mate­ri­als erge­ben hat, nicht nur Ver­än­de­run­gen inner­halb eines über­zeit­lich gül­ti­gen Regel­sys­tems sind, son­dern dass sich die Regeln selbst geän­dert haben. Sie ver­sucht, den Zusam­men­hang zwi­schen Ver­gan­gen­heit, Gegen­wart und Zukunft dadurch wie­der her zu stel­len, dass eine gerich­te­te Ver­än­de­rung ange­nom­men wird, eine Ent­wick­lung und sie zielt dar­auf, die Rich­tung die­ser Ver­än­de­rung zu erken­nen. His­to­ri­sches Ori­en­tiert­sein bedeu­tet nicht mehr, die all­ge­mei­nen Regeln zu ken­nen, son­dern eine Vor­stel­lung davon zu haben, wie, d.h. in wel­che “Rich­tung” sich die Ver­hält­nis­se geän­dert haben, und die­se Ent­wick­lung in die Zukunft extra­po­lie­ren zu können.

Hin­zu kommt, dass die­se Typen nicht nur hin­sicht­lich ihrer Kom­ple­xi­tät auf­ein­an­der folgen[2], son­dern der Theo­rie zufol­ge auch inner­halb der His­to­rio­gra­phie­ge­schich­te. Etwa bis Mit­te des 5.Jh. vor Chr. habe eine tra­di­tio­na­le Geschichts­schrei­bung vor­ge­herrscht, seit Thuky­di­des etwa habe Geschich­te die Auf­ga­be Schaf­fung von Regel­kom­pe­tenz ange­nom­men und seit dem Ende des Mit­tel­al­ters und ins­be­son­de­re mit Auf­klä­rung und His­to­ris­mus sei die Gerich­tet­heit von Ver­än­de­run­gen in den Blick gera­ten — vor allem auf Grund der Erfah­run­gen, die das Welt­bild am Beginn der Neu­zeit grund­sätz­lich ver­än­dert haben (Ent­de­ckung Ame­ri­kas, Buch­druck, Huma­nis­mus) und der star­ken und sich beschleu­ni­gen­den Ver­än­de­run­gen der Lebens­ver­hält­nis­se im Gefol­ge der indus­tri­el­len Revolution.

Ein wei­te­rer zu beach­ten­der Punkt ist, dass die­se Typen nie in Rein­form auf­tre­ten, son­dern nach dem Modell von Kom­pe­tenz und Per­for­manz zusam­men wir­ken: Im Lau­fe der Mensch­heits­ge­schich­te sei­en die jeweils kom­ple­xe­ren For­men nach­ein­an­der ent­wi­ckelt wor­den — in Abhän­gig­keit von der jewei­li­gen Wahr­neh­mung der Ver­än­der­lich­keit der Lebens­welt. Aber das bedeu­tet nicht, dass die­ser typ dann allein ver­tre­ten gewe­sen sei. Alle weni­ger Kom­ple­xen Typen hät­ten wei­ter gewirkt. Auch wenn die Men­schen die Kom­pe­tenz zu kom­ple­xe­re­re Sinn­bil­dung ent­wi­ckeln, aktua­li­sie­ren sie sie nicht stän­dig. Ein Groß­teil des tat­säch­li­chen his­to­ri­schen Den­kens fin­den unter Zuhil­fe­nah­me “nie­de­rer” Ope­ra­ti­ons­ty­pen statt. Das mag eine Faust­for­mel als Hypo­the­se ver­an­schau­li­chen: Solan­ge ich einen Sach­ver­halt auf nied­ri­ger Kom­ple­xi­täts­ebe­ne zufrie­den stel­lend, d.h. ori­en­tie­rend, zu Sinn ver­ar­bei­ten kann, blei­be ich dabei, erst wenn mich eine Erkennt­nis der Ver­än­de­run­gen dazu führt, dies nicht als ori­en­tie­rend (sinn­voll) anzu­se­hen, grei­fe ich zu den (per­for­mie­re die) nächst­hö­he­ren Kom­ple­xi­täts­for­men von Sinn­bil­dung, zu denen ich fähig (kom­pe­tent) bin: “So unkom­pli­ziert wie mög­lich, so kom­plex wie nötig”. Das wür­de erklä­ren, dass auch in einer Zeit star­ker Ver­än­de­run­gen der Lebens­welt (z.B. Tech­nik­ent­wick­lung) noch vie­le Din­ge (im All­tag) mit Hil­fe von exem­pla­risch struk­tu­rier­ten Regeln (z.B. Sprich­wör­tern) ver­ar­bei­tet werden.

Rüsen zufol­ge tre­ten die Sinn­bil­dungs­ty­pen gesell­schaft­lich also immer in cha­rak­te­ris­ti­schen Kom­bi­na­tio­nen auf, wobei eine domi­nant sei. Ich den­ke aber, dass selbst ein­zel­ne Sinn­bil­dungs­pro­zes­se sich nie rein einem Typ zuord­nen las­sen, son­dern dass viel­mehr Misch- und Kom­bi­na­ti­ons­ty­pen vor­kom­men. Zudem den­ke ich, dass in der Ver­wen­dung der Typen zur Ana­ly­se von tat­säch­li­chen Sinn­bil­dun­gen Varia­tio­nen her­aus­ge­ar­bei­tet wer­den können.

Ein sehr gutes Bei­spiel bil­den m.E. die aktu­el­len Dis­kus­sio­nen um Gen­tech­no­lo­gie und Men­schen­bild: “Fort­schritt?” (opti­mis­tisch-gene­tisch) oder “wie­der ein­mal ein Bei­spiel dafür, dass sich die Inter­es­sen der Mäch­ti­gen durch­set­zen wer­den?” (pes­si­mis­tisch tra­di­tio­nal bzw. exem­pla­risch) oder ein Anwen­dungs­fall für zeit­über­grei­fend gül­ti­ge Regeln (z.B. Men­schen­rech­te, exem­pla­risch), die aber wei­ter ent­wi­ckelt wer­den müs­sen (gene­tisch). Hier zeigt sich m.E. sehr schön, dass die vier Sinn­bil­dungs­ty­pen bei RÜSEN noch zu all­ge­mein defi­niert sind (bzw. über­wie­gend so ver­stan­den wer­den). “Exem­pla­ri­sche Sinn­bil­dung” ist m.E. (auch in der Logik der Typo­lo­gie) nicht auf die Erkennt­nis einer über *alle* Zei­ten hin­weg gül­ti­ge Regel gerich­tet, son­dern auf eine Regel, die über *län­ge­re* Zeit­räu­me hin­weg gilt. Erst die Erkennt­nis, dass die Regel nicht mehr gilt, zwingt zur nächst kom­ple­xe­ren Sinn­bil­dung, der gene­ti­schen Sinn­bil­dung. Aber: Auch wenn ich weiß, dass vor lan­ger Zeit ande­re Regeln gegol­ten haben, ich aber mit seit eben so län­ge­rer Zeit bewähr­ten Regeln aus­kom­me (“in der Anti­ke mag das anders gewe­sen sein, aber seit der Erfin­dung von xy gilt”). Man könn­te dies eine “gene­tisch auf­ge­klär­te oder sen­si­bi­li­sier­te exem­pla­ri­sche Sinn­bil­dung” nen­nen — und das trifft sich ja auch mit Rüsens Aus­sa­ge, dass die­se Typen nie in Rein­form, son­dern immer in cha­rak­te­ris­ti­schen Kom­bi­na­tio­nen auftreten.

Das Sinn­bil­dungs­mo­dell ist inzwi­schen recht berühmt gewor­den. Weni­ger bekannt ist eine sub­stan­ti­el­le Wei­te­rung, die Bodo von Bor­ries vor­ge­schla­gen hat (von Bor­ries 1988, S. 59 – 96): Die Plat­zie­rung der “Kri­ti­schen Sinn­bil­dung” zwi­schen exem­pla­ri­scher und gene­ti­scher Sinn­bil­dung bei RÜSEN ist his­to­rio­gra­phie­ge­schicht­lich ver­ständ­lich, aber unzweck­mä­ßig, weil sich wei­te­re kri­ti­sche Vari­an­ten (“Tra­di­ti­ons-Kri­tik”, “Exem­pel-Kri­tik”, “Gene­se-Kri­tik”) den­ken las­sen, ja eigent­lich sogar not­wen­dig sind. Eini­ge wei­te­re Mus­ter las­sen sich dann per Ana­lo­gie­schluss “erfin­den”. Das (inzwi­schen noch­mal; 2013) modi­fi­zier­te Modell sähe dann aus wie folgt. Ich habe — auf­grund eini­ger Erfah­run­gen mit Übun­gen zum Erken­nen von Sinn­bil­dungs­mus­tern in Nar­ra­ti­ven bei Klau­su­ren — auch Test­fra­gen eingebaut:

(anthro­po­lo­gi­sche oder natur­ge­setz­li­che) Konstanz
Die Vor­stel­lung, dass ein Zusam­men­hang zwi­schen beob­acht­ba­ren, erfah­re­nen Phä­no­me­nen, jeg­li­cher Ver­än­de­rung ent­zo­gen ist, dass er qua­si natur­ge­setz­li­chen Cha­rak­ter hat, muss wohl von der tra­di­tio­na­len Sinn­bil­dung unter­schie­den wer­den. Hin­sicht­lich des Kom­ple­xi­täts­gra­des der Ver­än­de­rungs­er­fah­rung muss er vor der tra­di­tio­na­len Ver­än­de­rung plat­ziert wer­den. Die Test­fra­ge lau­tet: “Geht der Autor davon aus, dass etwas immer gül­tig und unver­än­der­bar ist, ohne auch nur irgend­wann begon­nen zu haben?”
kon­stanz-kri­ti­sche Sinnbildung
Die Erkennt­nis, dass in einem “zuvor” als kon­stant ange­nom­me­nen Erfah­rungs­be­reich, hin­sicht­lich eines Zusam­men­han­ges doch ein Wan­del fest­stell­bar ist, müss­te als “Kon­stanz-Kri­tik” bezeich­net wer­den. Die Test­fra­ge wäre: “Stellt der Autor (nur) in Fra­ge, dass etwas ohne einen Beginn qua­si natur­ge­setz­lich gül­tig ist?”
Tra­di­tio­na­le Sinnbildung
Die Tra­di­tio­na­le Sinn­bil­dung ‘über­sieht’ den Wan­del der Ver­hält­nis­se über die Zeit. Es ist die­je­ni­ge Sinn­bil­dung, die im Lauf der Geschich­te ‘alles beim Alten’ aus­macht. Din­ge, die ein­mal erreicht wur­den, gel­ten als wei­ter­hin gül­tig, Ver­lo­re­nes als unwie­der­bring­lich dahin. Die­se Sinn­bil­dung ist nur so lan­ge plau­si­bel, wie sich wirk­lich nichts wirk­lich wich­ti­ges ändert. Unter die­ser Bedigung hilft tra­di­tio­na­les Geschichts­den­ken tat­säch­lich, in die Zukunft zu pla­nen — es ist eine Ver­ge­wis­se­rung des­sen, was denn ent­stan­den und gewor­den ist und was auch ‘Mor­gen’ noch gel­ten wird. Die Test­fra­ge lau­tet: “Behaup­tet der Autor (ggf. impli­zit), dass etwas heu­te Gül­ti­ges irgend­wann in der Geschich­te erfun­den, ent­deckt bzw. errun­gen wur­de oder durch sonst ein Ereig­nis oder Akte (seit­her) fort­wäh­ren­de Gel­tung erlangt hat?”
Kri­tisch-tra­di­tio­na­le Sinnbildung
Unter “kri­tisch-tra­di­tio­nal” möch­te ich Sinn­bil­dun­gen fas­sen, in wel­chen eine kon­kre­te Tra­di­ti­ons­li­nie kri­ti­siert wird, jedoch nicht, um eine ande­re Art, einen ande­ren Typus der Sinn­bil­dung dage­gen zu set­zen, son­dern um eine ande­re Tra­di­ti­on (also eine Sinn­bil­dung glei­chen Typs) zu behaup­ten. Hier wird also nicht der Typ, son­dern die kon­kre­te Sinn­kon­struk­ti­on inner­halb des glei­chen Typs kri­ti­siert. Das wäre etwa der Fall, wenn für die Gel­tung einer bestimm­ten sozia­len Ord­nung­eine Ursa­che abge­lehnt und eine ande­re behaup­tet wird: “Die Sozi­al­ver­si­che­rung in Deutsch­land haben wir nicht Bis­marck zu ver­dan­ken — sie ist eine Errun­gen­schaft des Kamp­fes der Arbei­ter­klas­se”. Ob das trif­tig ist oder nicht — hier wür­de eine Tra­di­ti­on mit­tels einer ande­ren kri­ti­siert. Die Test­fra­ge lau­tet, ob der Autor einen behaup­te­ten Beginn oder Ursprung durch einen ande­ren ersetzt wis­sen will.
Tra­di­ti­ons-kri­ti­sche Sinnbildung
Irgend­wann machen Men­schen die Erfah­rung, dass nicht alles, was ent­steht, auch (gül­tig) bleibt, dass das, was ver­lo­ren geht, in ähn­li­cher Form wie­der ent­ste­hen kann. Die his­to­ri­sche Nai­vi­tät eines Geschichts­be­wusst­seins, das nur fragt, wie etwas ent­stan­den ist, oder wer etwas erfun­den hat, ist damit gebro­chen, ohne dass eine neue Ori­en­tie­rungs­form ent­stan­den ist. Die Test­fra­ge lau­tet: “Will der Autor in Fra­ge stel­len, dass das heu­te Gül­ti­ge in der Ver­gan­gen­heit ein­fach ent­deckt, errun­gen, gefun­den oder gestif­tet wur­de und seit­her unver­än­dert gül­tig ist?”
Exem­pla­ri­sche Sinnbildung
Nun kommt eine genaue­re Ana­ly­se der Daten aus ver­gan­ge­nen Zei­ten zu dem Ergeb­nis, dass sich vie­le Din­ge wie­der­ho­len, dass es aber in den Details durch­aus merk­ba­re Unter­schie­de gibt. Die nun ent­ste­hen­de exem­pla­ri­sche Sinn­bil­dung ist inso­fern kom­ple­xer, als sie Ver­än­de­run­gen im Lau­fe der Zeit aner­kennt. Aller­dings ver­sucht sie, die Ver­än­de­run­gen als Wan­del zwi­schen ver­schie­de­nen Fäl­len der­sel­ben Art zu ver­ste­hen, d.h. die Ver­än­de­rung wird als nur den Ein­zel­fall betref­fend ver­stan­den, woge­gen grund­sätz­lich alles bei­om Alten bleibt. Das bedeu­tet aber, dass die Ein­zel­fäl­le nur Bei­spie­le für eine all­ge­mein­gül­ti­ge Regel sind, die über­zeit­lich gilt, und dass man aus der Betrach­tung eines Fal­les oder meh­re­rer Fäl­le auch für einen wei­te­ren, kom­men­den Fall ler­nen kann. His­to­ri­sches Den­ken zielt nun mehr auf die Erkennt­nis einer über­zeit­li­chen Regel. “Regel­kom­pe­tenz” ist das Ziel. Die Test­fra­ge lau­tet: “Geht der Autor davon aus, dass hin­ter den ver­schie­de­nen Fäl­len der Geschich­te eine Regel erkenn­bar ist, mit deren Hil­fe gegen­wär­ti­ge Ereig­nis­se erklärt und eige­nes Han­deln ver­bes­sert wer­den kann?”
kri­tisch-exem­pla­ri­sche Sinnbildung
Auch hier gilt, dass nicht jede Kri­tik an einer Regel­be­haup­tung bereits eine Kri­tik am Sinn­bil­dungs­typ dar­stellt. Wer also die Gel­tung einer Regel bezwei­felt, “nur” um eine ande­re Regel dage­gen zu set­zen, bil­det nicht im Rüsen­schen Sinn (exempel-)“kritisch” Sinn, son­dern kri­ti­siert inner­halb der exem­pla­ri­schen Sinn­bil­dung. Das könn­te man “kri­tisch-exem­pla­ri­sche Sinn­bil­dung” nen­nen. Die Test­fra­ge lau­tet, ob der Autor eine bestimm­te, in einer Geschich­te aus der Ver­gan­gen­heit abge­lei­te­te (oder aus der Gegen­wart auf die Ver­gan­gen­heit pro­ji­zier­te) Regel kri­ti­siert, und eine ande­re Regel­haf­tig­keit erwar­tet oder behaup­tet. Bei­spiel: “Alle die­se Lebens­ge­schich­ten zei­gen kei­nes­wegs, dass was Häns­chen nicht lernt, auch für Hans nicht mehr zu erwer­ben ist, wohl aber, dass es bestimm­te sozia­le Bedin­gun­gen dafür gibt, ob auch in höhe­rem Alter noch gelernt wer­den kann.”
Exem­pel-kri­ti­sche Sinnbildung
Die exem­pel-kri­ti­sche Sinn­bil­dung eta­bliert sich dem­ge­gen­über in dem Moment, indem es den Men­schen nicht mehr gelingt, neu­ar­ti­ge Erfah­run­gen unter eine der her­ge­brach­ten oder durch Ana­ly­se vie­ler ähn­li­cher Fäl­le gewon­ne­ne Regel zu sub­sum­mie­ren. In dem Moment, wo die Erkennt­nis reift, dass sich nicht nur die Anwen­dungs­fäl­le, son­dern auch die Logi­ken des Han­delns ändern, ist die kri­tik am exem­pla­ri­schen Den­ken for­mu­liert — jedoch noch ohne einen Vor­schlag, wie man denn nun den neu­en Fall über­haupt mit dem Frü­he­ren in Ver­bin­dung brin­gen soll. Zunächst erscheint alles in Fra­ge gestellt. Die Test­fra­ge lau­tet hier, ob der Autor der Vor­stel­lung einer die (betrach­te­ten) Zei­ten über­dau­ernd gül­ti­gen Regel gegen­über skep­tisch ist und viel­mehr eine Ver­än­de­rung behaup­tet. Bsp.: “Die vie­len in Sprich­wör­tern greif­ba­ren Lebens­re­geln aus der Vor­mo­der­ne funk­tio­nie­ren heu­te nicht mehr. Es ist aber eben­so unsin­nig, sie nur genau­er for­mu­lie­ren zu wol­len. Die Lebens­mstän­de haben sich der­art wei­ter­ent­wi­ckelt, dass man mit ihnen nie­man­dem mehr etwas Gutes tut.”
Gene­ti­sche Sinnbildung
Die gene­ti­sche Sinn­bil­dung reagiert auf die Kri­tik der kri­ti­schen Sinn­bil­dung. Sie erkennt an, dass die Ver­än­de­run­gen in der Geschich­te, die die Sich­tung des empi­ri­schen Mate­ri­als erge­ben hat, nicht nur Ver­än­de­run­gen inner­halb eines über­zeit­lich gül­ti­gen Regel­sys­tems sind, son­dern dass sich die Regeln selbst geän­dert haben. Sie ver­sucht, den Zusam­men­hang zwi­schen Ver­gan­gen­heit, Gegen­wart und Zukunft dadurch wie­der her zu stel­len, dass eine gerich­te­te Ver­än­de­rung ange­nom­men wird, eine Ent­wick­lung und sie zielt dar­auf, die Rich­tung die­ser Ver­än­de­rung zu erken­nen. His­to­ri­sches Ori­en­tiert­sein bedeu­tet nicht mehr, die all­ge­mei­nen Regeln zu ken­nen, son­dern eine Vor­stel­lung davon zu haben, wie sich die Ver­hält­nis­se geän­dert haben, und die­se Ent­wick­lung in die Zukunft extra­po­lie­ren zu kön­nen. Die Test­fra­ge lau­tet hier, ob der Autor davon aus­geht, dass er aus den Ver­än­de­run­gen, die er in der Ver­gan­gen­heit erkennt, eine Rich­tung wei­te­rer Ver­än­de­run­gen her­aus­le­sen will, mit denen er wei­te­re Ver­än­de­run­gen in der Zukunft erwar­ten kann. Bsp.: “Irgend­wann in der Zukunft wird der Mensch unsterb­lich sein, denn die Geschich­te der Medi­zin zeugt von einem immer bes­se­ren Ver­ständ­nis der Gehei­mis­se des Lebens und der mensch­li­chen Körperfunktionen.
Kri­tisch-gene­ti­sche Sinnbildung
und auch hier ist nicht jede Kri­tik an einer behaup­te­ten Ent­wick­lungs­rich­tung gleich eine am gene­ti­schen Den­ken. Die Kri­tik an einem Fort­schritts­op­ti­mis­mus etwa, die die­sem ent­ge­gen­hält, eigent­lich wer­de doch alles schon immer immer schlim­mer, setzt nicht das Den­ken in gerich­te­ten Ent­wick­lun­gen außer Kraft, son­dern kehrt ledig­lich die Rich­tung um. Das wäre “kri­tisch-gene­tisch”, nicht “gene­se-kri­tisch”. Die Test­fra­ge lau­tet hier, ob der Autor zwar die kon­kre­te Vor­stel­lung einer Ver­än­de­rung für unplau­si­bel hält, nicht aber, dass es eine Ent­wick­lungs­rich­tung gibt, die in die Zukunft wei­ter­geht. Bsp.: “Die Mensch­heit wird nicht immer bes­ser leben, weil die For­schung so gro­ße Fort­schrit­te macht — sie wird ihre Lebens­grund­la­ge immer wei­ter aus­beu­ten und das eige­ne Über­le­ben immer stär­ker gefähr­den. Die Geschich­te der Wis­sen­schaf­ten ist kei­ne des Fort­schritts son­dern eine der zuneh­men­dem Über­heb­lich­keit und Verantwortungslosigkeit”. 
Gene­se-kri­ti­sche Sinnbildung
Auch die Vor­stel­lung einer(!) Ent­wick­lungs­rich­tung in allen Fäl­len, erscheint zuneh­mend als unplau­si­bel. Weder die gene­ti­sche Kon­ti­nui­täts­vor­stel­lung des ‘Fort­schritts’ noch eine der zuneh­men­den Kom­ple­xi­tät (z.B. in der Moder­ni­sie­rungs­theo­rie) erklärt hin­rei­chend alle Erfah­run­gen. Ers­te­re ist vor allem durch die äußerst ambi­va­len­ten Erfah­run­gen mit tech­ni­schem Fort­schritt (Atom­waf­fen-Over­kill; Umwelt­ver­schmut­zung), aber auch mit den Ratio­na­li­sie­rungs-Poten­tia­len der Moder­ne in der Fol­ge der Auf­klä­rung (Die Juden­ver­nich­tung im Drit­ten Reich als ratio­nal geplan­tes Pro­jekt) nor­ma­tiv in Fra­ge gestellt. Eine ein­fa­che Ent­wick­lungs­rich­tung scheint es nicht zu geben. Die Test­fra­ge lau­tet hier, ob der Autor die Vor­stel­lung, dass das, was die bis­he­ri­ge Ent­wick­lung kenn­zeich­net, als nicht wirk­lich für in die Zukunft ver­län­ger­bar kri­ti­siert. Bsp.: “Nur weil die Geschich­te der euro­päi­schen Neu­zeit von einer Moder­ni­sie­rung, d.h. zuneh­men­der Kom­ple­xi­tät der gesell­schaf­ten und ihrer (Sub-)Systeme gekenn­zeich­net ist, kön­nen wir kei­nes­wegs davon aus­ge­hen, dass das immer so wei­ter geht, oder dass das auch auf die ande­ren Regio­nen der Welt über­trag­bar ist.”
[Plu­ri-Gene­ti­sche Sinn­bil­dung?] /​ [Post­mo­der­ne Sinnbildung]?
Was kommt nach der gene­ti­schen Sinn­bil­dung? Es ist noch nicht ein­deu­tig geklärt. Ein wei­te­rer Vor­schlag wäre eine “Plu­ri-gene­ti­sche” Sinn­bil­dung, wel­che die Exis­tenz meh­re­rer, unab­hän­gi­ger Ent­wick­lun­gen anerkennt.

Als Vor­schlag für die Nach­fol­ge der gene­ti­schen Sinn­bil­dung ‘geis­tert’ die post­mo­der­ne Geschichts­schrei­bung durch die Lite­ra­tur. Aber inso­fern sie jeg­li­chen Zusam­men­hang zwi­schen Ver­gan­gen­heit, Gegen­wart und Zukunft in Fra­ge stellt, geht sie zwar fun­da­men­tal über das gene­ti­sche Kon­zept hin­aus, stellt sich aber auch eigent­lich außer­halb die­ses gan­zen Sinn­bil­dungs­kon­zep­tes. Zumin­dest die­je­ni­gen Tei­le der post­mo­der­nen Geschichts­schrei­bung, die es ableh­nen, sich mit ver­gan­ge­nen Zei­ten um gegen­wär­ti­ger Pro­ble­me zu beschäf­ti­gen (mit dem sehr plau­si­blen Argu­ment, dass wir die Men­schen frü­he­rer Zei­ten nicht auf ihre Eigen­schaft, unse­re Vor­fah­ren zu sein, redu­zie­ren dür­fen), dürf­ten mit der gan­zen anthro­po­lo­gi­schen Grund­le­gung der Sinn­bil­dungs­ty­pen­leh­re und der oben skiz­zier­ten Begrün­dung, war­um Men­schen über­haupt his­to­risch den­ken, nicht ein­ver­stan­den sein. Ein­zu­wen­den ist dage­gen, dass wir gar nicht anders kön­nen, als von heu­te aus zu den­ken. Auch eine Geschichts­schrei­bung, die sich um die ver­gan­ge­ne Lebens­welt um ihrer eige­nen Kom­ple­xi­tät und Rea­li­tät Wil­len küm­mert, beruht auf Vor­aus­set­zun­gen aus der Gegen­wart und trifft Ent­schei­dun­gen. Inso­fern muss es legi­tim sein, auch das post­mo­der­ne Inter­es­se an der Geschich­te unter den obenen skiz­zier­ten Kri­te­ri­en der Ori­en­tie­rung für Gegen­wart und Zukunft zu betrach­ten. Ande­rer­seits kann nicht geleug­net wer­den, dass die­se gan­ze Sinn­bil­dungs­leh­re selbst gene­tisch gedacht ist. Indem die ver­schie­de­nen Sinn­bil­dungs­ty­pen als eine Abfol­ge hin­sicht­lich ihrer Kom­ple­xi­tät, aber auch ihres Auf­tre­tens im Rah­men der His­to­rio­gra­phie­ge­schich­te (und wohl auch im Rah­men der lebens­ge­schicht­li­chen Ent­wick­lung jedes Ein­zel­nen) ange­se­hen wer­den, stellt das Modell selbst ein gene­ti­sches Sinn­bil­dungs­kon­strukt dar. Men­schen, die nur exem­pla­risch den­ken kön­nen, kön­nen den gene­ti­schen Typ der ‘Abfol­ge’ jeweils kom­ple­xe­rer Sinn­bil­dungs­ty­pen gar nicht ver­ste­hen. Wenn dem so ist: Wie kann ein sol­ches Modell einen post-gene­ti­schen Sinn­bil­dungs­typ inte­grie­ren, ohne die­sen in das gene­ti­sche Mus­ter zu zwin­gen? Von daher betrach­tet könn­te es tat­säch­lich die Post­mo­der­ne sein, deren Sinn­bil­dungs­lo­gik spe­zi­fi­schen, nach-moder­nen Erfah­run­gen (z.B. einer neu­en Unüber­sicht­lich­keit, des Nicht-Auf­ge­hens von gerich­te­ten Zukunfts­vor­stel­lun­gen) gerecht wird, die aber in einem sol­chen Modell nicht gefasst wer­den kann.

Ein zwei­ter Vor­schlag, der das Modell in sei­nen Grund­zü­gen bewah­ren wür­de, wäre der­je­ni­ge, ein his­to­ri­sches Den­ken, wel­ches nicht auf die Erkennt­nis einer all­ge­mei­nen, ‘die’ Geschich­te umgrei­fen­den Ver­än­de­rung aus­ge­rich­tet ist, son­dern wel­ches in ver­schie­de­ner Hin­sicht Plu­ra­li­tät und Kon­struk­ti­vi­tät aner­kennt, als den nächs­ten Sinn­bil­dungs­typ zu neh­men. Ein sol­ches his­to­ri­sches Den­ken scheint sich — nicht zuletzt gera­de auch auf Grund der Arbei­ten von Rüsen — her­aus zu bil­den. Es geht zum einen um die Aner­ken­nung von Geschich­te und geschicht­li­chem Sinn als Kon­struk­tio­nen. Ein sol­ches his­to­ri­sches Den­ken wür­de dann nicht nach ‘der’ Ver­än­de­rung der Lebens­ver­hält­nis­se in der Zeit und ‘ihrer’ Rich­tung fra­gen, son­dern zunächst nach ein­zel­nen Ver­än­de­run­gen (neben denen ande­re ste­hen kön­nen) und es wür­de aner­ken­nen, dass ver­schie­de­ne Kon­struk­tio­nen sol­cher Ver­än­de­rungs­vor­stel­lun­gen neben­ein­an­der exis­tie­ren kön­nen. Es wür­de zudem kul­tu­rell unter­schied­li­che Vor­stel­lun­gen von Veränderung(en) und Ent­wick­lung anerkennen.

Ob das für einen neu­en Sinn­bil­dungs­typ aus­reicht, muss die Dis­kus­si­on erbringen.

Eine wei­te­re Typo­lo­gie von Sinn­bil­dungs­mus­tern hat jüngst Hans-Jür­gen Pan­del vor­ge­schla­gen. Sie weicht in eini­gen Punk­ten von der­je­ni­gen Rüsens ab (Pan­del 2002, S. 43):

Erzählumuster nach PANDEL 2002, S. 43

Hier­zu eini­ge Erläu­te­run­gen und Anmerkungen:

Tra­di­tio­na­le Sinnbildung
Die­se Sinn­bil­dungs­form erkennt kei­ne Ver­än­de­rung an. Sie stellt Zeit still. Wie bei RÜSEN kennt sie hier kei­nen aus­ge­wie­se­nen Anfang der wahr­ge­nom­me­nen und als ver­pflich­tend ange­nom­me­nen Tra­di­ti­on. Hier scheint eine Unter­tei­lung in einen Typ “Kon­stanz” und einen Typ “Tra­di­ti­on nach einem Ursprung” (s.o.) doch über­le­gen zu sein.
Gene­ti­sche Sinnbildung
Sie ist bei PANDEL eine expli­zit “gegenwarts”-genetische Sinn­bil­dung, die eine gerich­te­te Ver­än­de­rung nur bis zur Gegen­wart kennt, nicht aber ihre Ver­län­ge­rung in die Zukunft. Eine sol­che Sinn­bil­dung wür­de fun­da­men­tal zwi­schen den Zeit­ab­schnit­ten “Ver­gan­gen­heit bis Gegen­wart” und “Gegen­wart in die Zukunft” unter­schei­den, dass die Funk­ti­on, aus einem Rück­blick in die Ver­gan­gen­heit eine Vor­stel­lung für Ver­än­de­run­gen in die Zukunft zu erlan­gen (s.o.), nicht mehr denk­bar wäre. Wenn es einen sol­chen Typ gibt, kann ihm kaum die Funk­ti­on zuge­spro­chen wer­den, aus der Auf­ar­bei­tung der Ver­gan­gen­heit eine Kon­ti­nui­täts­vor­stel­lung zu erar­bei­ten, die in die Zukunft extra­po­liert für zukünf­ti­ges Han­deln Ori­en­tie­rung ver­schaf­fen soll. Auch aus die­sem Grund bleibt zu über­le­gen, ob es sich nicht um eine Ver­bin­dung zwi­schen Ele­men­ten gene­ti­scher und sol­chen tra­di­tio­na­ler Sinn­bil­dung nach RÜSEN handelt.
Teli­sche Sinnbildung
Hier­un­ter ver­steht PANDEL eine Sinn­bil­dung, die der his­to­ri­schen Ent­wick­lung ein Ziel “unter­stellt”. Dies ist inso­fern etwas ande­res als RÜSENS gene­ti­sche Sinn­bil­dung, als die­se (RÜSENs) nicht ein zwin­gen­des Zulau­fen auf einen defi­nier­ten Ziel­punkt, son­dern ledig­lich die Vor­stel­lung einer Rich­tung in den wahr­ge­nom­me­nen Ver­än­de­run­gen umfasst. PAN­DELs “teli­sches Erzäh­len” scheint somit ein Son­der­fall der gene­ti­schen Sinn­bil­dung nach RÜSEN zu sein.
Zykli­sche Sinnbildung
Hier­un­ter wird die Vor­stel­lung ver­stan­den, dass Geschich­te sich regel­recht “wie­der­holt”, und zwar expli­zit im Sin­ne der Wie­der­ge­win­nung eines “frü­he­ren Zustan­des”. Damit ist also ande­res gemeint als die wie­der­hol­te (dau­ern­de) Gül­tig­keit bestimm­ter Grund­mus­ter in wech­seln­den Zusam­men­hän­gen. Das wäre ein Aus­druck exem­pla­ri­schen his­to­ri­schen Den­kens. Hier geht es um eine ech­te Rück­kehr. Die zykli­sche Sinn­bil­dung muss dann als eine wirk­li­che Ergän­zung des “Sinn­bil­dungs­ar­se­nals” ange­se­hen werden.
Orga­ni­sche Sinnbildung
Hier­un­ter ver­steht Pan­del die Vor­stel­lung, dass Geschich­te sich nach einem Mus­ter voll­zieht, wie es in der Natur vor­kommt, näm­lich mit Aufstiegs‑, Hoch- und Nie­der­gangs­pha­sen ähn­lich dem Lebens­zy­klus. Sol­che Grund­mus­ter lie­gen z.B. dem bekann­ten “Der Unter­gang des Abend­lan­des” von Oswald Speng­ler zu Grun­de, zum Teil auch dem “Auf­stieg und Fall der Gro­ßen Mäch­te” von Paul Ken­ne­dy, zumin­dest aber wohl allen popu­lä­ren Pro­phe­zei­un­gen oder Pro­gno­sen eines kom­men­den “Zeit­al­ters der Asia­ten” und ähn­li­chen Vor­stel­lun­gen. Auch bei die­sem Sinn­bil­dungs­typ ist zu fra­gen, ob er nicht eine Son­der­form des exem­pla­ri­schen Erzäh­lens dar­stellt, näm­lich eine, deren Regeln so abs­trakt und gleich­zei­tig so umfas­send-unab­än­der­lich sind, dass sie nicht aktiv beherrscht, son­dern nur pas­siv erkannt wer­den kön­nen. In die­sem Sin­ne (Regeln als Qua­si-Natur­ge­set­ze) könn­te es sich auch um eine spe­zi­fi­sche Ver­bin­dung von “kon­stan­ter” und exem­pla­ri­scher Sinn­bil­dung handeln.

Wie erkenn­bar ist, fehlt die­sem Modell auch eine Struk­tu­rie­rung des Über­gangs zwi­schen den ein­zel­nen Formen.

Anmer­kun­gen

[1] Schö­ne Bei­spie­le (ohne Ver­wen­dung der Ter­mi­no­lo­gie Rüsens) und eine dif­fe­ren­zier­te Betrach­tung über die Ent­ste­hung des gene­ti­schen Mus­ters bie­tet jetzt auch Reemts­ma 2002.

[2] Eine kür­ze­re Erläu­te­rung der Sinn­bil­dungs­for­men mit einer tabel­la­ri­schen Auf­stel­lung ihrer Eigen­schaf­ten ist zu fin­den in: Rüsen, Jörn (1989): “His­to­risch-poli­ti­sches Bewußt­sein — was ist das?” In: Cremer, Will; Com­mi­ch­au, Imke (Red.) (1989; Hg.): Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Geschich­te, Bewußt­sein. Bonn: Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung (Schriftenreihe;273); S. 119 – 141.

Lite­ra­tur

  • von Bor­ries, Bodo (1988): Geschichts­ler­nen und Geschichts­be­wußt­sein. Empi­ri­sche Erkun­dun­gen zu Erwerb und Gebrauch von His­to­rie. Stutt­gart: Ernst Klett.
  • Dan­to, Arthur C. (1980 [z. 1965]): Ana­ly­ti­sche Phi­lo­so­phie der Geschich­te. Frank­furt am Main: Suhr­kamp Taschen­buch Ver­lag (Suhr­kamp Taschen­buch Wis­sen­schaft; 328); 503 S.
  • Ken­ne­dy, Paul M. (2003): Auf­stieg und Fall der gro­ßen Mäch­te: öko­no­mi­scher Wan­del und mili­tä­ri­scher Kon­flikt von 1500 bis 2000. 4. Aufl.; Frank­furt am Main: Fischer-Taschen­buch-Verl. (Fischer-Taschen­bü­cher; 14968).
  • Pan­del, Hans-Jür­gen (2002): “Erzäh­len und Erzähl­ak­te. Neue­re Ent­wick­lun­gen in der didak­ti­schen Erzähl­theo­rie.” In: Deman­tow­sky, Mar­co; Schö­ne­mann, Bernd (2002; Hg.): Neue­re geschichts­di­dak­ti­sche Posi­tio­nen. Bochum: Pro­jekt-Ver­lag (Dort­mun­der Arbei­ten zur Schul­ge­schich­te zur und his­to­ri­schen Didaktik;32); S. 39 – 56.
  • Reemts­ma, Jan Phil­ipp (2002): “Was heißt: Aus der Geschich­te ler­nen?” In: Reemts­ma, Jan Phil­ipp (2002): ‘Wie hät­te ich mich ver­hal­ten?’ und ande­re nicht nur deut­sche Fra­gen. Mün­chen. C.H. Beck (Beck’sche Rei­he; 1489), S. 30 – 52.
  • Rüsen, Jörn (1983): His­to­ri­sche Ver­nunft. Grund­zü­ge einer His­to­rik I: Die Grund­la­gen der Geschichts­wis­sen­schaft. Göt­tin­gen: Van­den­hoeck & Ruprecht (Klei­ne Van­den­hoeck-Rei­he; 1489).
  • Rüsen, Jörn (1989): “His­to­risch-poli­ti­sches Bewußt­sein — was ist das?” In: Cremer, Will; Com­mi­ch­au, Imke (Red.) (1989; Hg.): Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Geschich­te, Bewußt­sein. Bonn: Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung (Schriftenreihe;273); S. 119 – 141.
  • Rüsen, Jörn (1993): “ ‘Moder­ne’ und ‘Post­mo­der­ne’ als Gesichts­punk­te einer Geschich­te der moder­nen Geschichts­wis­sen­schaft.” In: Kütt­ler, Wolf­gang; Rüsen, Jörn; Schul­in, Ernst (Hg.): Geschichts­dis­kurs. Bd. 1: Grund­la­gen und Metho­den der His­to­rio­gra­phie­ge­schich­te. Frankfurt/​Main: Fischer Taschen­buch Ver­lag, S. 17 – 30.
  • Speng­ler, Oswald (2003 [zuerst 1923]): Der Unter­gang des Abend­lan­des: Umris­se einer Mor­pho­lo­gie der Welt­ge­schich­te. Unge­kürz­te Ausg. Aufl.; Mün­chen: Dt. Taschen­buch-Verl. (dtv; 30073).

Ein Plädoyer für einen inklusiven Gebrauch des Begriffs Geschichtsbewusstsein

01. Dezember 2005 Andreas Körber Keine Kommentare

Die Fra­ge, ob bzw. der Begriff “Geschichts­be­wusst­sein” ledig­lich west­lich-moder­ne und zudem erwach­se­ne For­men des Ver­gan­gen­heits­be­zugs bezeich­net oder bezeich­nen soll, oder ob er “weit” ver­stan­den wer­den soll, ist Gegen­stand des fol­gen­den Plädoyers:

Kör­ber, Andre­as (2005): “Geschichts­be­wusst­sein inter­kul­tu­rell – oder: Plä­doy­er für einen inter­kul­tu­rell inklu­die­ren­den Begriffs­ge­brauch.” In: Hand­lung, Kul­tur, Inter­pre­ta­ti­on. Zeit­schrift für Sozi­al- und Kul­tur­wis­sen­schaf­ten, 14,2, S. 212 – 227.

Prozessmodell historischen Denkens

07. Januar 2003 Andreas Körber Keine Kommentare

Has­berg, Wolf­gang; Kör­ber, Andre­as (2003): “Geschichts­be­wusst­sein dyna­misch.” In: Kör­ber, Andre­as (2003, Hg.): Geschich­te – Leben – Ler­nen. Bodo v. Bor­ries zum 60. Geburts­tag. Schwalbach/​Ts.: Wochen­schau Ver­lag (Forum His­to­ri­sches Ler­nen), ISBN: 3899740904 ; S. 177 – 200.

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