Arbeitsbereich Geschichtsdidaktik / History Education, Universität Hamburg

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Quereinstieg, universitäre Lehrerbildung und Lehrerprofessionalität

30. August 2020 Andreas Körber Keine Kommentare

In der letz­ten Woche wur­de über eine aktu­el­le Stu­die zum Ver­gleich von Quereinsteiger:innen und “tra­di­tio­nell aus­ge­bil­de­ten” Lehr­per­so­nen hin­sicht­lich ihrer pro­fes­sio­nel­len Kom­pe­ten­zen (ins­be­son­de­re Fach­wis­sen, fach­di­dak­ti­sches Wis­sen, Pro­fes­si­ons­wis­sen, aber auch Beliefs und Mus­tern der Selbstregu­la­ti­on) berich­tet. 1

So inter­es­sant die Stu­die in vie­len Tei­len ist, wirft sie aber die Fra­ge auf, ob die Mes­sung von Kom­pe­ten­zen und Pro­fes­sio­na­li­tät mit­tels der Erhe­bung der Ver­fü­gung über defi­nit for­mu­lier­tes Wis­sen und Über­zeu­gun­gen (anhand der Zustim­mung zu ent­spre­chen­den Items) aus­reicht und die Sache trifft. Inwie­fern die nicht nur aka­de­mi­sche (uni­ver­si­tä­re), son­dern auch spe­zi­fisch erzie­hungs­wis­sen­schaft­li­che Bil­dung von Lehr­per­so­nen dar­auf abzielt, dass die­se vor­nehm­lich die Anfor­de­run­gen des Lehr­be­rufs nach den Stan­dards gegen­wär­ti­gen pro­fes­sio­nel­len Wis­sens erfül­len und ihn ihnen bestehen kön­nen, oder ob es viel­mehr (auch!) dar­um gehen muss, selbst­ver­ant­wor­tet, selbst­stän­dig und als pro­fes­sio­nell zustän­di­ge an der Wahr­neh­mung und Refle­xi­on der Ver­än­de­rung sol­cher Bedin­gun­gen in einer noch nicht abseh­ba­ren Zukunft teil­zu­ha­ben (mehr als nur als Bürger:innen), wäre inten­siv zu dis­ku­tie­ren. Der Cha­rak­ter des Lehr­be­rufs ergibt sich ja (so etwa Frank Olaf Rad­tke 1999/​2000) 2 vor­nehm­lich dar­aus, dass es 1. kaum stan­dar­di­sier­te oder stan­dar­di­sier­ba­re Hand­lungs­si­tua­tio­nen gibt, son­dern viel­mehr eine unüber­seh­ba­re Viel­falt immer anderer/​neuer Kon­stel­la­tio­nen, die sowohl wahr­ge­nom­men als auch ein­ge­schätzt und beur­teilt wer­den müs­sen, und in gera­de nicht stan­dar­di­siert gehan­delt wer­den kann, und 2. durch die (ähn­lich Ärz­ten und Anwäl­ten …) beson­de­re Ein­griffs­qua­li­tät und ‑tie­fe des Han­delns in Lebens­chan­cen der Lernenden. 

Es geht beim Lehr­be­ruf also nicht ein­fach (nein, schon das ist nicht ein­fach) dar­um, zu wis­sen, was ent­we­der auf der Basis von Exper­ten oder gro­ßer empi­ri­scher Stu­di­en geeig­net ist, wie man bestimm­te Situa­tio­nen ‘rich­tig’ beur­teilt, son­dern wie man mit sol­chen Situa­tio­nen vor varia­blen Bedin­gun­gen umgeht. 

Kom­pe­tenz und Pro­fes­sio­na­li­tät zeigt sich nicht allein dar­in, dass man Stan­dard-Anfor­de­run­gen des Berufs in den gegen­wär­ti­gen Struk­tu­ren und nach gegen­wär­tig als bedeut­sam gel­ten­den Kri­te­ri­en bewäl­ti­gen kann. Das ist nur die not­wen­di­ge Bedin­gung. Kom­pe­tenz und Pro­fes­sio­na­li­tät zeigt sich viel­mehr in wei­te­ren, dar­über hin­aus gehe­nen Fähig­kei­ten, Fer­tig­kei­ten und Bereit­schaf­ten. Dazu gehört, zum Einen, dass man sein eige­nes Den­ken und Han­deln anhand gül­ti­ger Kri­te­ri­en selbst­stän­dig und selbst­ver­ant­wort­lich auf eine bereits gegen­wär­tig unüber­schau­ba­re Viel­falt unter­schied­li­cher Ein­zel­fäl­le aus­rich­ten kann.

Zum ande­ren aber ist eben­so unab­ding­bar, dass man für sich selbst, die Institution(en), das Fach und die Gesell­schaft pro­fes­sio­nell an der stän­di­gen Über­prü­fung von Prin­zi­pi­en, Hand­lungs­mus­ter, Kri­te­ri­en, Theo­rien usw. und an ihrer Wei­ter­ent­wick­lung für (der­zeit nur par­ti­ell abseh­bar) geän­der­ten Rah­men­be­din­gun­gen teil­ha­ben kann.

Es reicht somit nicht aus, die „Qua­li­tät“ von Lehramtsanwärter:innen und Quer- oder gar Seiteneinsteiger:innen rei­chen daher Mes­sung an Hand von Wis­sens- und Ein­stel­lungs­tests zu mes­sen, die gegen­wär­ti­ge Kennt­nis­se, Prin­zi­pi­en, „What Works“-Einsichten und Hal­tun­gen messen,um zu beur­tei­len, ob die (spä­ter auch voll-)akademische (uni­ver­si­tä­re) Leh­rer­bil­dung rich­tig und nötig sei. Sie wur­de – außer durch berufs- und stan­des­po­li­ti­sche Moti­ve – wesent­lich auch durch die Ein­sicht vor­an­ge­trie­ben, dass es nicht um „die Regeln hand­werk­li­chen Tuns“ gehe, son­dern um Leh­rer als Per­sön­lich­keit „auf der Bil­dungs­hö­he ihrer Zeit“. Es gel­te, „geis­tig beweg­li­che, mit fort­schrei­ten­der Ent­wick­lung wand­lungs­fä­hi­ge Leh­rer zu schaf­fen, wie es etwa der für die Gestal­tung der (in Anknüp­fung an die Rege­lun­gen 1927) für alle Lehr­äm­ter uni­ver­si­tä­ren Lehr­äm­ter in Ham­burg ein­fluss­rei­che Ober­schul­rat Franz Jür­gens 1958 for­mu­lier­te. 3

Die Nach­la­ge­rung der seit 1947 noch domi­nie­ren­den prak­ti­schen Unter­richts­aus­bil­dung im Stu­di­um in einen Vor­be­rei­tungs­dienst 1967 (wie er für das Höhe­re Lehr­amt schon vor­her bestand) ist denn auch u.a. als eine Kon­se­quenz zu sehen aus For­de­run­gen nach einer Ent­las­tung des Stu­di­ums von „einem Über­maß an berufs­prak­ti­scher Vor­be­rei­tung“ (OSR Jür­gens schon im März 1958) 4, so dass Frei­heit für eigen­stän­di­ge Aus­ein­an­der­set­zung mit grund­le­gen­den Fra­gen. Des­halb auch waren – wie schon 1927ff – die Fach­stu­di­en nicht gedacht zum Erwerb des in der Schu­le zu ver­mit­teln­den Fach­wis­sens (die Volksschullehrer:innen unter­rich­te­ten ja meh­re­re Fächer), son­dern zur exem­pla­ri­schen Ein­füh­rung in wis­sen­schaft­li­ches Denken.

Auch dass mit der Ver­la­ge­rung der Pra­xis­an­tei­le in den Vor­be­rei­tungs­dienst die Fach­di­dak­ti­ken nicht dort­hin ver­scho­ben wur­den, son­dern uni­ver­si­tär ver­blie­ben (und gar zu vor­her in HH nicht vor­han­de­nen Pro­fes­su­ren auf­ge­wer­tet wur­den), 5 bedeu­te­te zudem, dass auch die­se nicht kon­kre­te Unter­richts­ein­übung, son­dern grund­le­gen­de­re Fra­gen fach­li­chen Leh­rens und Ler­nens in den Blick neh­men konn­ten. Nicht mehr wöchent­li­che Unter­richts­be­su­che und ‑nach­be­spre­chun­gen, son­dern Fra­gen der gesell­schaft­li­chen Bedeu­tung sowie der theo­re­ti­schen Fun­die­rung fach­li­cher Bil­dung, neu­er Her­aus­for­de­run­gen ange­sichts gesell­schaft­li­cher, media­ler, kul­tu­rel­ler Ver­än­de­run­gen etc. konn­ten nun ins Zen­trum nicht nur von For­schung, son­dern der Leh­rer­bil­dung in der ers­ten Pha­se gestellt werden.

Sol­che Ver­än­de­run­gen und die Fähig­keit von Lehr­per­so­nen, dar­auf nicht nur situa­tiv und nach ent­spre­chen­der Fort­bil­dung reagie­ren zu kön­nen, son­dern selbst an der Revi­si­on, Wei­ter- und Neu­ent­wick­lung fach­li­cher Lehr-/Lern­kon­zep­te betei­ligt zu sein – nicht zuletzt auf­grund der Exper­ti­se zu den kon­kre­ten Her­aus- und Anfor­de­run­gen, die sie durch ihren täg­li­chen Kon­takt mit unter­schied­lichs­ten Ler­nen­den und ihren Bedin­gun­gen haben – wird in Zukunft an Bedeu­tung nicht ver­lie­ren – eher im Gegen­teil. Gera­de auch daher ist „Leh­rer­pro­fes­sio­na­li­tät“ und Kom­pe­tenz nicht nur dar­in zu sehen, über die gegen­wär­ti­gen Ein­sich­ten, Stan­dards und ein Hand­lungs­re­per­toire zu ver­fü­gen, son­dern in der Befä­hi­gung zu selbst- und eigen­ver­ant­wort­li­chem Umgang mit dem Wandel.

Ein Bei­spiel: Die genann­te Stu­die 6 gibt — ver­ständ­li­cher­wei­se — für die unter­such­ten Kom­pe­ten­zen nur Bei­spie­le der Items, die in das jewei­li­ge Instru­ment ein­ge­gan­gen sind. Inso­fern sind die fol­gen­den Über­le­gun­gen kei­ne Kri­tik an der Stu­die, son­dern Fra­gen an die Inter­pre­ta­ti­on und Bewer­tung ihrer Aussagen. 

Ein Item etwa lau­tet “Für wel­che der fol­gen­den Auf­ga­ben bie­tet sich Grup­pen­ar­beit beson­ders an”. Es geht hier um einen Wis­sens­test, d.h. es gibt (mehr oder weni­ger) als rich­tig gel­ten­de Ant­wor­ten. Das ist sinn­voll mit auf Anfor­de­run­gen des Berufs unter mehr oder weni­ge gege­be­nen Bedin­gun­gen. Inwie­fern sol­che Instru­men­te aber auch erfas­sen, ob bzw. wie Lehr­per­so­nen in der Lage sind, die­se Fra­gen nicht nur unter gege­be­nen Bedin­gun­gen, son­dern varia­bel ein­zu­schät­zen und zu reflek­tie­ren, wäre zu diskutieren. 

    • Was etwa heißt im zitier­ten Item “fol­gen­de Aufgabe”?
    • Inwie­fern sind — selbst in der Gegen­wart — Auf­ga­ben qua­si in sich geschlos­se­ne Kon­struk­te? Muss nicht viel­mehr berück­sich­tigt wer­den, dass in unter­schied­li­chen Zusam­men­hän­gen  und auch für Schüler:innen unter­schied­lich die “sel­be” Auf­ga­be unter­schied­li­ches bedeu­ten kann?
    • Gilt die Ant­wort des Items viel­leicht nur unter der Bedin­gung (ver­meint­lich) weit­ge­hend homo­ge­ner Schüler:innenschaft? Gilt sie auch noch unter Bedin­gun­gen von Inklu­si­on — oder wird dann ein ande­res Den­ken erfordert?
    • Gilt das ihr zugrun­de lie­gen­de Kon­zept von “Grup­pen­ar­beit” mit den ihm offen­kun­dig sta­bil zuge­schrie­be­nen Qua­li­tä­ten auch unter Außer­kraft­set­zung von Prä­senz-Unter­richt in Anwe­sen­heit der Lehrkraft?
    • Ändert sich (nicht: ob, son­dern: inwie­fern und wie) die Ein­schät­zung unter den gegen­wär­ti­gen Bedin­gun­gen von “Home­Schoo­ling”, “Distanz”, Asym­me­trie etc. …? 

Ähn­li­ches gilt für das Item zur Klas­sen­füh­rung: “Die Leh­re­rin ruft die Schüler(innen) der Rei­he nach auf. Sie beginnt in der hin­te­ren lin­ken Ecke und geht die Rei­hen durch. Was den­ken, Sie, wird wird die Klas­se sich verhalten?” 

Inso­fern für sol­che Items nicht ein­fach das Tref­fen vor­ge­ge­be­ner Ant­wor­ten bewer­tet und bepunk­tet wird, son­dern zumeist indi­vi­du­el­le Ant­wor­ten kate­go­ri­siert wer­den, erfasst das Instru­ment durch­aus eine gewis­se Band­brei­te an Kom­pe­ten­zen: Es wird ein­ge­schätzt, wel­che Aspek­te die Pro­ban­den anspre­chen, ein­be­zie­hen, etc. Es geht somit gar nicht unbe­dingt dar­um, das Ver­hal­ten der Klas­se “rich­tig” ein­zu­schät­zen. Gleich­wohl bleibt die Fra­ge, inwie­fern man wirk­lich “das Ver­hal­ten” “einer Klas­se” als Kon­zept vor­aus­set­zen kann (oder geht es gera­de dar­um, zu prü­fen, inwie­fern die Proband:innen genau die­se Set­zung anneh­men, reflek­tie­ren?), inwie­fern impli­zier­te Homo- oder Hete­ro­ge­ni­tät der Ler­nen­den, Kon­ven­tio­nen von rich­ti­gem oder pro­ble­ma­ti­schem Ver­hal­ten, der Bedeu­tung von “Dran­neh­men” etc. in den Items vor­aus­ge­setzt werden. 

Geht es nicht auch dar­um, die in sol­che Situa­ti­ons­be­schrei­bun­gen und Items ein­ge­gan­ge­nen Annah­men, Vor­aus­set­zun­gen, Kon­zep­te nicht nur zu ver­ste­hen und “anwen­den” zu kön­nen, son­dern sie dahin­ge­hend zu reflek­tie­ren, ob sie zur Ein­schät­zung, Beur­tei­lung und Gestal­tung der jewei­li­gen Situa­ti­on passen. 

Nun müss­te man gera­de mehr wis­sen. Ist es viel­leicht Aus­weis eines höhe­ren Kom­pe­tenz­ni­veaus, sol­che Fra­gen gera­de nicht siche­rer zu beant­wor­ten, son­dern im Gegen­teil fle­xi­bler, mit Vor­be­hal­ten zu argu­men­tie­ren, die Vor­aus­set­zun­gen der Fra­gen ein­zu­be­zie­hen? Inwie­fern wird das bzw. kann das berück­sich­tigt werden? 

Vor die­sem Hin­ter­grund stellt sich dann die Fra­ge, ob die jewei­li­ge Qua­li­tät “tra­di­tio­nell-lehr­amts­spe­zi­fi­scher” oder “nicht-tra­di­tio­nel­ler” Aus­bil­dung sich weni­ger im Grad der Ver­fü­gung über sol­ches Wis­sen zeigt als viel­mehr in der Art und Wei­se, wie mit sol­chem in Hand­lungs- und Ent­wick­lungs­zu­sam­men­hän­gen umge­gan­gen wird: Das Kri­te­ri­um, an dem sich die Leh­rer­bil­dung mes­sen las­sen muss,wäre dann nicht, ob die nicht-tra­di­tio­nell (aus-)gebildeten Lehr­kräf­te über ver­gleich­ba­res Wis­sen und Hand­lungs­rou­ti­nen etc. ver­fü­gen, son­dern wie sie erwor­be­ne Kennt­nis­se und Fähig­kei­ten selbst­stän­dig und ver­ant­wort­lich in unter­schied­li­chen Zusam­men­hän­gen in Wert zu set­zen und auf neue Bedin­gun­gen anzu­pas­sen in der Lage sind.

All dies ist kein Plä­doy­er, auf Quereinsteiger:innen zu ver­zich­ten oder den Quer­ein­stieg gar unmög­lich zu machen — wohl aber dafür, gera­de auch in Zei­ten des ver­mehr­ten “Rück­griffs” auf Quereinsteiger:innen in Zei­ten von Leh­re­per­so­nen­man­gel, nicht nur auf die unmit­tel­ba­re “Ein­setz­bar­keit” zu set­zen, son­dern auch bei ihrer Vor­be­rei­tung genü­gend Zeit und Frei­raum zur Aus­ein­an­der­set­zung mit gesell­schaft­li­chen und päd­ago­gisch-erzie­hungs­wis­sen­schaft­li­chen Grund­la­gen des eige­nen Han­delns ein­zu­pla­nen. Die weit­sich­ti­ge Ori­en­tie­rung der aka­de­mi­schen Leh­rer­bil­dung an Zukunfts­fä­hig­keit soll­te auch in Zei­ten der admi­nis­tra­ti­ven Not nicht aufs Spiel gesetzt werden.

 

Anmer­kun­gen /​ Refe­ren­ces
  1. vgl. twit​ter​.com/​J​M​W​i​a​r​d​a​/​s​t​atu; bzw. jmwi​ar​da​.de/​2​0​2​0​/​0​8​/​1​7​/​kei; die Stu­die hier: econ​tent​.hog​re​fe​.com/​d​o​i​/​1​0​.​1​0​2​4​/10. []
  2. Rad­tke, Frank-Olaf (Hg.) (1999): Leh­rer­bil­dung an der Uni­ver­si­tät. Zur Wis­sens­ba­sis päd­ago­gi­scher Pro­fes­sio­na­li­tät ; Doku­men­ta­ti­on des Tages der Leh­rer­bil­dung an der Johann-Wolf­gang-Goe­the-Uni­ver­si­tät, Frank­furt am Main, 16. Juni 1999. Tag der Leh­rer­bil­dung; Goe­the-Uni­ver­si­tät Frank­furt am Main. Frank­furt am Main: Fach­be­reich Erzie­hungs­wiss. der Johann-Wolf­gang-Goe­the-Univ (Frank­fur­ter Bei­trä­ge zur Erzie­hungs­wis­sen­schaft Rei­he Kol­lo­qui­en, 2);  Rad­tke, Frank-Olaf (2000): Pro­fes­sio­na­li­sie­rung der Leh­rer­bil­dung durch Auto­no­mi­sie­rung, Entstaatlichung,Modularisierung. In: Sowi Online­Jour­nal (0), S. 1 – 8. Online ver­füg­bar unter http://​www​.sowi​-online​.de/​s​i​t​e​s​/​d​e​f​a​u​l​t​/​f​i​l​e​s​/​r​a​d​t​k​e​.​pdf. []
  3. OSR Franz Jür­gens auf der 11. Sit­zung der Leh­rer­kam­mer am 19.2.1958; Staats­ar­chiv Ham­burg; HH 361 – 2 VI_​1904  Bl. 15. []
  4. OSR Franz Jür­gens auf der Sit­zung der Schul­rä­te am 12.3.1958; Staats­ar­chiv Ham­burg; HH 361 – 2 VI_​1904  Bl. 12 – 13. []
  5. vgl. zu die­ser Ent­wick­lung in Ham­burg  u.a. Geiss­ler, Georg (1973): Ein­glie­de­rung der Leh­rer­bil­dung in die Uni­ver­si­tät. Das Ham­bur­ger Bei­spiel. Wein­heim: Beltz (Päd­ago­gi­sche Stu­di­en, Bd. 24). []
  6. econ​tent​.hog​re​fe​.com/​d​o​i​/​1​0​.​1​0​2​4​/10 []
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Zur Zusammenarbeit von Fachdidaktik und Sonderpädagogik im inklusiven Unterricht – Potenziale und Problemstellungen

27. Juni 2018 Heike Bormuth Keine Kommentare

Am ver­gan­ge­nen Mitt­woch fand an der Uni­ver­si­tät Ham­burg der „Stra­te­gie­tag Inklu­si­on“ statt, bei dem Mit­glie­der der Fakul­tät für Erzie­hungs­wis­sen­schaft in kur­zen Impuls­vor­trä­gen ihre unter­schied­li­chen Arbei­ten und Ansät­ze zur Inklu­si­on vor­stell­ten, die im Anschluss leb­haft in ver­schie­de­nen Klein­grup­pen dis­ku­tiert wur­den. In vier Blö­cken zur Posi­tio­nie­rung, Kon­zep­tio­nie­rung, Demo­kra­ti­sie­rung und Didak­ti­sie­rung von Inklu­si­on wur­de zwi­schen den Bei­trä­gen nach sich erge­ben­den gemein­sa­men Her­aus­for­de­run­gen des inklu­si­ven Bil­dungs- bezie­hungs­wei­se Erzie­hungs­auf­trags in schu­li­schen und außer­schu­li­schen Pra­xis­fel­dern gesucht, es wur­den die ver­schie­de­nen Theo­rien und Metho­den zur Bear­bei­tung die­ser Her­aus­for­de­run­gen dis­ku­tiert und nach neu­en Per­spek­ti­ven zur inter- und intra­dis­zi­pli­nä­ren Koope­ra­ti­on gesucht.

Einen Bei­trag, der einen prag­ma­ti­schen Ansat­zes zur Koope­ra­ti­ons­fra­ge von Fach­di­dak­tik und Son­der­päd­ago­gik in der Inklu­si­on vor­stell­te, lie­fer­ten Prof. Dr. Ulrich von Kne­bel, Prof Dr. Andre­as Kör­ber und Dr. Hei­ke Bor­muth. Unter dem Titel „Inklu­si­ver Unter­richt als didak­ti­sche Her­aus­for­de­rung“ stell­ten sie Über­le­gun­gen vor, die aus der Spe­zi­fik des Zusam­men­spiels von Geschichts­di­dak­tik (Bormuth/​Körber) und Beein­träch­ti­gung der Spra­che (von Kne­bel) entsprangen.

1.   Ansatz in einer inklu­siv ori­en­tier­ten Fach­di­dak­tik – Geschichte

Im Arbeits­be­reich Geschichts­di­dak­tik an der Uni­ver­si­tät Ham­burg wur­de ein Ansatz ent­wi­ckelt, der für das Ziel der inklu­si­ven Pro­fi­lie­rung schu­li­schen Geschichts­ler­nens das dif­fe­ren­zier­te Arbei­ten an gemein­sa­men Gegen­stän­den und Fra­ge­stel­lun­gen durch eine beson­de­re Kon­struk­ti­on kom­ple­xer Lern­auf­ga­ben in den Blick nimmt. Die Über­le­gun­gen, die die­sem mög­li­chen Ansatz zugrun­de lie­gen, sol­len im Fol­gen­den all­ge­mein vor­ge­stellt werden.

Aus­ge­hend von gegen­wär­ti­gen und für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler lebens­welt­lich rele­van­ten sowie expli­zit gemach­ten Pro­blem­la­gen (und inso­fern dem Ansatz von Sebas­ti­an Barsch ver­wandt) wer­den Auf­ga­ben­stel­lun­gen kon­stru­iert, die hin­rei­chend kom­plex sind, um nach einer dif­fe­ren­zier­ten Bear­bei­tung gemein­sam bespro­chen und dis­ku­tiert zu wer­den. Die Bedeu­tung der Auf­ga­be für die eige­ne Lebens­welt und zeit­li­che Ori­en­tie­rung wird für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in der Auf­ga­ben­stel­lung ersicht­lich gemacht, wodurch grund­le­gend klar wird, wes­halb die Auf­ga­be – hin­aus­ge­hend über die Ver­pflich­tung des Unter­richts­ge­sche­hens – zu bear­bei­ten ist. Der Aus­tausch im Anschluss an die Arbeits­pha­se dient schließ­lich nicht nur einer Rück­mel­dung zur erfolg­rei­chen Bewäl­ti­gung durch die Lehr­kraft, son­dern eben­so zen­tral auch der aner­ken­nen­den gegen­sei­ti­gen Wahr­neh­mung der unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven, Deu­tun­gen, Bedeu­tungs­zu­schrei­bun­gen und Inter­es­sen, die in den Bear­bei­tungs­wei­sen ver­folgt wur­den. Durch die gemein­sa­me Dis­kus­si­on wer­den die­se sicht- und reflek­tier­bar gemacht.

Für die Kon­struk­ti­on sol­cher Auf­ga­ben­for­ma­te kön­nen (bezie­hungs­wei­se müs­sen) auch oft meh­re­re vor­lie­gen­de, eher klein­schrit­tig-induk­ti­ve Auf­ga­ben so zu kom­ple­xen Lern­auf­ga­ben zusam­men­ge­führt wer­den, dass ergän­zen­de (somit nicht erset­zen­de) Dif­fe­ren­zie­run­gen von Mate­ria­li­en sowie Bear­bei­tungs- und Dar­stel­lungs­for­men („Scaf­folds“) ent­wi­ckelt wer­den kön­nen. Die­se sind dabei kei­nem ein­zel­nen Ler­nen­den direkt zuge­wie­sen, son­dern wer­den als Ange­bo­te ent­spre­chend des Bedarfs zur Unter­stüt­zung oder Her­aus­for­de­rung zur Ver­fü­gung gestellt, dür­fen aber grund­sätz­lich von allen Ler­nen­den gemäß ihrer eige­nen Ent­schei­dung genutzt wer­den. Dar­aus ergibt es sich auch, dass ein­deu­ti­ge, fixier­te und den Lehrer*Innen vor­ab bekann­te Lösun­gen bezie­hungs­wei­se Ergeb­nis­er­war­tun­gen durch einen viel­fäl­ti­gen und viel­ge­stal­ti­gen Lösungs­raum abge­löst wer­den. In die­sem wer­den unter­schied­li­che For­ma­te des Schü­ler-Out­puts eben­so wie die ver­schie­de­nen Blick­win­kel und Kom­ple­xi­täts­gra­de der dif­fe­ren­zier­ten Bear­bei­tung glei­cher­ma­ßen wert­schät­zend akzep­tiert. Zur Ermitt­lung des in einer Lern­grup­pe bestehen­den Bedarfs an Maß­nah­men zur Unter­stüt­zung und Her­aus­for­de­rung dient eine zwei­sei­ti­ge Dia­gnos­tik, die zum einen die Anfor­de­run­gen inner­halb der (kom­ple­xen) Auf­ga­be und zum ande­ren die kor­re­spon­die­ren­den Fähig­kei­ten in der Lern­grup­pe als Gesamt­ein­heit ana­ly­siert. Dies geschieht mit­tels gemein­sa­mer Kate­go­rien sowohl all­ge­mei­ner und spe­zi­fisch päd­ago­gi­scher aber auch fach­spe­zi­fi­scher Kri­te­ri­en, denen, eben­so wie der anschlie­ßen­den Ent­wick­lung der Scaf­folds, Prin­zi­pi­en wie das des uni­ver­sal Design for Lear­ning zugrun­de gelegt werden.

Mit Hil­fe der ergän­zen­den, nicht erset­zen­den Unter­stüt­zung aber auch Her­aus­for­de­rung soll der Zugang aller Ler­nen­den zu einer Lern­auf­ga­be ver­bes­sert oder gege­be­nen­falls erst ermög­licht wer­den, die im eigent­li­chen (fach­li­chen) Lern- und Auf­ga­ben­kern gemein­sam, in den Anfor­de­run­gen, Bear­bei­tungs- und Refle­xi­ons­wei­sen jedoch dif­fe­ren­ziert ist.

Inso­fern die zwei­sei­ti­ge Dia­gnos­tik nicht nach den „Träger*innen“ bestimm­ter Bedar­fe an Unter­stüt­zung und Her­aus­for­de­rung inner­halb der Lern­grup­pe fragt, son­dern nur nach den Bedar­fen selbst, blei­ben bei aller geleis­te­ter Dif­fe­ren­zie­rung gege­be­nen­falls spe­zi­fi­sche Bedürf­nis­se bestehen, die mit­tels der zwei­sei­ti­gen Dia­gnos­tik nicht aus­rei­chend erkenn­bar wer­den und denen mit­tels der all­ge­mein anzu­bie­ten­den Scaf­folds nicht hin­rei­chend ent­spro­chen wer­den kann. Sie schafft in sol­chen Fäl­len zunächst ein­mal über­haupt Auf­merk­sam­keit und kon­kre­te Gesprächs­an­läs­se mit wei­te­ren Exper­ten päd­ago­gi­scher Pro­fes­sio­nen. Hier gilt es also, in Zusam­men­ar­beit mit spe­zi­fi­schen Son­der­päd­ago­gi­ken die Schnitt­stel­len für die inter­pro­fes­sio­nel­le Zusam­men­ar­beit bei der Unter­richts­pla­nung, ‑vor­be­rei­tung und ‑durch­füh­rung zu erken­nen und gemein­schaft­lich aus­han­delnd zu gestal­ten. Auch dies wird nicht nur all­ge­mein, son­dern unter Berück­sich­ti­gung der Spe­zi­fi­ka des jewei­li­gen Faches erfol­gen müssen.

2.   Ansatz der Son­der­päd­ago­gik – Beein­träch­ti­gung der Sprache

Die bei­spiel­haf­te Dia­gno­se einer Lern­grup­pe im Rah­men des geschichts­di­dak­ti­schen Auf­ga­ben­bei­spiels zeig­te Aus­schlä­ge in den Kri­te­ri­en „Sprach­li­che Kom­pe­ten­zen“ (dies betrifft den Um­gang mit Deutsch/​Bildungssprache) und „Sprech­fä­hig­keit“ (Fähig­keit zur Arti­ku­la­ti­on), an wel­chem Punkt die Ver­schnei­dung mit der Son­der­päd­ago­gik ansetz­te. Im kon­kre­ten Fal­le fand die Ver­schnei­dung der Exper­ti­sen mit dem son­der­päd­ago­gi­schen Betä­ti­gungs­feld der „Beein­träch­ti­gung der Spra­che“ statt, die sich mit den Fra­gen der fach­un­ter­richt­li­chen Pro­fi­lie­rung ihrer För­der­lo­gik aus­ein­an­der­setz­te. Hin­ter den per­so­nen­un­ab­hän­gi­gen Aus­schlä­gen ver­barg sich nun aus der son­der­päd­ago­gi­schen Sicht der kon­kre­te Bei­spiel­schü­ler Fabi­an, mit einer indivi­duellen kom­ple­xen Dia­gno­se und einem spe­zi­el­len För­der­plan. Sei­ne Spe­zi­fi­sche Sprachentwick­lungsstörung beding­te erheb­li­che Ent­wick­lungs­rück­stän­de vor allem in seman­tisch-lexi­ka­li­­scher Hinsicht

  • stark ein­ge­schränk­ter Wortschatz
  • Schwie­rig­kei­ten im Umgang mit übertrage­nen Bedeutungen

und in gram­ma­ti­scher Hinsicht

  • kei­ne Nebensatzkonstruktionen,
  • Schwie­rigkeiten mit dop­pel­ten Objek­ten, zusam­men­ge­setz­ten Ver­ben und Tempusmarkierung.

Gemäß Fabi­ans indi­vi­du­el­lem För­der­plan wären fol­gen­de Schrit­te zu unter­neh­men, um die­se Aspek­te zu stär­ken. Es wären die seman­ti­schen und pho­no­lo­gi­schen Abruf­hil­fen, die Fabi­an bereits zuneh­mend erfolg­reich anwen­det, wei­ter zu stär­ken und ein Lexi­kon all­tags­re­la­van­ter Wor­te auf­zu­bau­en. Zur Stär­kung der Gram­ma­tik wäre die Umstel­lung von Haupt­sät­zen in eine Sub­jekt-Prä­di­kat-Objekt-Struk­tur und die Erwei­te­rung zu Mehr­fach­ob­jekt­kon­struk­tio­nen ein­zu­üben sowie kon­di­tio­na­le und fina­le Neben­sät­ze einzuführen.

All­ge­mein ist die son­der­päd­ago­gi­sche Sprach­för­de­rung im Zusam­men­spiel mit dem Geschichts­ler­nen im schu­li­schen Kon­text sodann auf zwei ver­schie­de­ne Zie­le gerich­tet: Ers­tens gilt es, die sprach­li­chen Anfor­de­run­gen des Geschichts­un­ter­richts so zu modi­fi­zie­ren, dass Fabi­an mit sei­nen bereits ent­wi­ckel­ten sprach­li­chen Hand­lungs­mög­lich­kei­ten erfolg­reich agie­ren kann (sowohl im Sprach­ver­ständ­nis als auch in der Sprach­pro­duk­ti­on). Zwei­tens gilt es, die sprach­li­che (hier vor allem die lexi­ka­li­sche und gram­ma­ti­sche) Kom­pe­tenz­ent­wick­lung Fabi­ans ins­ge­samt und gege­be­nen­falls auch außer­halb unter­richt­li­cher Ver­wen­dungs­zwe­cke zu för­dern, um die Ein­schrän­kun­gen sei­ner lebens­welt­li­chen Sprach­hand­lungs­fä­hig­keit, die ein Wesens­merk­mal des son­der­päd­ago­gi­schen För­der­be­darfs dar­stellt, zu mindern.

Für die exem­pla­risch ange­nom­me­ne kom­ple­xe Lern­auf­ga­be ent­stan­den hier­durch beson­de­re Anfor­de­run­gen an die Scaf­folds, über die grund­le­gen­de Wahr­neh­mung des Unter­stüt­zungs­be­darfs in den sprach­li­chen Kri­te­ri­en hin­aus, so dass die Mate­ria­li­en auch unter Berück­sich­ti­gung von Fabi­ans Schwie­rig­kei­ten bear­beit­bar wür­den und zu sei­ner Sprach­wei­ter­ent­wick­lung bei­tra­gen könn­ten. Inner­halb der Auf­ga­ben­stel­lung zeig­te sich zudem eine wei­te­re zuvor nicht in die­ser Deut­lich­keit abseh­ba­re Pro­ble­ma­tik durch die vor­ge­se­he­ne Zu­sammenarbeit mit einem Part­ner, der über ein ande­res Sprach­pro­fil ver­fügt. Spä­tes­tens an die­ser Stel­le müss­ten die Vertreter*Innen der Fach­di­dak­tik, in Form der Fachlehrer*Innen, und der Son­der­päd­ago­gik in einen kon­kre­ten Dia­log tre­ten, um Fabi­ans För­der­plan sinn­voll in einen wei­ter­hin fach­li­chen Geschichts­un­ter­richt und das gemein­sa­me Ler­nen ein­zu­bin­den. Im Rah­men des Bei­trags wur­den hier­aus ver­schie­de­ne Kon­se­quen­zen, Pro­blem­fel­der und Arbeits­auf­trä­ge abge­lei­tet und vorgestellt.

3.   Ein mehr­di­men­sio­na­les Span­nungs­feld entsteht

Hin­ter der Koope­ra­ti­on der päd­ago­gi­schen Dis­zi­pli­nen – so erstre­bens­wert sie auch sein mag – steht bis­her ein noch nicht geklär­tes, kom­ple­xes Span­nungs­feld, da mit den indi­vi­du­el­len Akteu­ren noch kei­ne fixier­ten Hal­tun­gen auf­ein­an­der­tref­fen. Bei­de päd­ago­gisch Han­deln­den müs­sen für sich genom­men zuerst ein­mal ihre Posi­ti­on auf einem chan­gie­ren­den Spek­trum der Extrem­po­le – zwi­schen dem abso­lu­ten Hoch­hal­ten oder dem gänz­li­chen Zurück­stel­len der Eigen­lo­gik ihrer Dis­zi­plin – bestim­men, um anschlie­ßend in den Aus­tausch und in Bezie­hung zuein­an­der tre­ten zu können.

Im kon­kre­ten Fal­le stün­de ein Fach­leh­rer oder eine Fach­leh­re­rin vor der gesam­mel­ten Band­brei­te mög­li­cher Posi­tio­nie­run­gen von dem kom­plet­ten hin­ten­an­stel­len des Arbeits­ziels des histo­rischen Ler­nens und des Fach­un­ter­richts hin­ter die indi­vi­du­el­len Bedürf­nis­se einer­seits – hier wür­de also jedem Ler­nen­den eine eige­ne sepa­ra­te Auf­ga­be zuge­wie­sen –  bis zu  dem Fest­hal­ten am gemein­sa­men Gegen­stand und der vorgese­henen Arbeits­wei­se als all­ge­mein­gül­tig ande­rer­seits – hier­durch wür­de bedin­gungs­los auf das Ziel his­to­ri­schen Den­kens hin­ge­ar­bei­tet. Auf Sei­ten der Son­der­päd­ago­gik spannt sich ein ver­gleich­ba­rer Bogen auf. Er besteht zwi­schen dem Auf­lö­sen von För­der­plan und För­der­lo­gik unter der unter­richt­li­cher Pra­xis und dem Blick auf die gan­ze Klas­se sei­tens Fach­lehr­kräf­te – ein­zel­ne Bedar­fe von Schü­le­rin­nen und Schü­lern blie­ben dem­nach unsicht­bar – und dem gegen­tei­li­gen Behar­ren auf dem Ziel der best­mög­li­cher Unter­stüt­zung der indi­vi­du­el­len Ent­wick­lung mit­tels des För­der­plans – das Han­deln wür­de somit in gan­zem Umfang auf das Sub­jekt fokussiert.

Obwohl kei­ne der Extrem­po­si­tio­nen funk­tio­nal im Sin­ne der Inklu­si­on oder pro­duk­tiv für ein gemein­sa­mes Arbei­ten der päd­ago­gi­schen Dis­zi­pli­nen erscheint, kann bis­her eben­so wenig mit irgend­ei­ner Bestimmt­heit gesagt wer­den, wie eine sol­che posi­ti­ve Selbst­ver­or­tung aus­zu­se­hen hat.

4.   For­schungs­an­sät­ze und Arbeitsaufträge

Bevor in der Pra­xis die ein­zel­ne Sonderpädagog*Innen und Fachlehrer*Innen das kom­ple­xe Span­nungs­feld in fort­lau­fen­den Ein­zel­fall­ex­em­peln prag­ma­tisch lösen, ergeht aus den Über­le­gun­gen des Zusam­men­spiels ein Arbeits­auf­trag an die uni­ver­si­tä­re For­schung und Aus­bil­dung in den ver­schie­de­nen Lehr­äm­tern, genau dies bear­beit­bar zu machen. Ins­be­son­de­re ist ein Ort für die Ver­hand­lung der ent­ste­hen­den Fra­gen zu schaffen.

Die­ser Aus­zug stellt kei­nen umfäng­li­chen und erschöp­fen­den Kata­log an Fra­gen dar, an des­sen Ende eine Lösung für die Grund­satz­fra­ge der Zusam­men­ar­beit zwi­schen Fach­di­dak­tik und Son­der­päd­ago­gik steht. Viel­mehr steht er exem­pla­risch für den jewei­li­gen Blick­win­kel auf grund­le­gen­de Struk­tur­fra­gen, insbesondere

  • Wie lässt sich A in B inte­grie­ren, ohne dass B sich hier­durch fach- bezie­hungs­wei­se dis­zi­pli­nen­spe­zi­fisch verliert?
  • Wel­che Kon­se­quen­zen erge­ben sich hier­aus für B in sich?
  • Wie kann A sei­ne Ange­bo­te gene­rell für B nutz­bar machen?
  • Wie kön­nen die Fach- und Dis­zi­pli­nen­struk­tu­ren von A und B zusam­men­gen­ge­führt werden?

Da inklu­si­ver Unter­richt letzt­lich in Form inklu­si­ven Fach­un­ter­richts statt­fin­det, tref­fen im Pra­xis­feld Schu­le die didak­ti­sche Eigen­lo­gi­ken aller Fächer auf jene aller son­der­päd­ago­gi­schen Dis­zi­pli­nen. Dar­aus ergibt sich Kom­bi­na­ti­ons­viel­falt und die all­ge­mei­ne Fra­ge, inwie­weit las­sen sich Fra­ge­stel­lun­gen zur grund­sätzlichen und spe­zi­fi­schen Koope­ra­ti­on über­haupt mit über­grei­fen­der Gül­tig­keit diskutie­ren oder model­lie­ren? Oder anders­her­um gefragt, an wel­chen Stel­len sind Schnitt- und Rei­bungs­punk­te nur dis­zi­pli­nen­spe­zi­fisch aushandelbar?

 

Vortrag auf dem 4. Sino-German Didactic Dialogue

01. Juni 2018 Andreas Körber Keine Kommentare

Am 1.6.2018 habe ich einen Vor­trag “Some Recent Deve­lo­p­ments in Histo­ry Edu­ca­ti­on in Ger­man Spea­king Count­ries” auf dem Fourth Sino-Ger­man Didactc Dia­lo­ge im IPN in Kiel gehalten.

Anmerkungen zur Neuordnung der Lehrerbildung an der Universität Hamburg aus Sicht einer Fachdidaktik

02. März 2018 akoerber Keine Kommentare

Andre­as Körber

Anmer­kun­gen zur Neu­ord­nung der Leh­rer­bil­dung an der Uni­ver­si­tät Ham­burg aus Sicht einer Fach­di­dak­tik – aus Anlass der Exper­ten-Anhö­rung im Schul­aus­schuss und Wis­sen­schafts­aus­schuss der Ham­bur­ger Bür­ger­schaft am 30. Janu­ar 2018 und der Anhö­rung der Senatsvertreter(innen) ebda. am 15.2.2018.

Stand: 2. März 2018

  1. Ein­lei­tung

Nach der Ent­schei­dung der Schul- und der Wis­sen­schafts­be­hör­de der Frei­en und Han­se­stadt Ham­burg, die leh­rer­bil­den­den Stu­di­en­gän­ge an den Ham­bur­ger Hoch­schu­len neu zu ord­nen, und dazu eine Exper­ten­kom­mis­si­on (i.F. „Ter­hart-Kom­mis­si­on“) Vor­schlä­ge machen zu las­sen,1 sowie dem Beschluss des Senats, auf­grund einer Aus­wer­tung die­ser Vor­schlä­ge und wei­te­rer Bera­tun­gen, bei der Umset­zung in einem wesent­li­chen Punkt von den Vor­schlä­gen abzu­wei­chen,2 näm­lich den mode­rat zu refor­mie­ren­den Lehr­äm­tern für Son­der­päd­ago­gik und Beruf­li­che Bil­dung und einem neu­en rei­nen Grund­schul­lehr­amt nicht zwei getrenn­te all­ge­mein­bil­den­de Lehr­äm­ter vor­zu­se­hen – eines für Stadt­teil­schu­len und eines für Gym­na­si­en –, son­dern nur ein im Wesent­li­chen dem alten Gym­na­si­al-Lehr­amt ent­spre­chen­des „Sekundarstufen“-Lehramt, wird in den zustän­di­gen Gre­mi­en der Ham­bur­ger Bil­dungs­po­li­tik sehr kon­tro­vers über die­ses „Ein­heits­lehr­amt“ gestrit­ten. Eine Exper­ten­an­hö­rung in einer gemein­sa­men Aus­schuss­sit­zung des Schul- und den Wis­sen­schafts­aus­schus­ses am 30. Janu­ar3 und die Anhö­rung der Senats­ver­tre­te­rin­nen in einer wei­te­ren gemein­sa­men Sit­zung am 15. Febru­ar,4 haben kei­ne Eini­gung erbracht. Es wur­de viel­mehr mit den Stim­men der Oppo­si­ti­on beschlos­sen, eine wei­te­re Exper­ten­an­hö­rung durch­zu­füh­ren.5

  1. Leh­rer­bil­dung an der Hochschule

Prof. Bau­mert hat mehr­fach deut­lich betont, dass es nicht die Auf­ga­be der Leh­rer­bil­dung an der Hoch­schu­le (und beson­ders einer Uni­ver­si­tät) sein kann, „fer­ti­ge Lehrer(innen)“ abzu­lie­fern. Dem ist vor­be­halt­los zuzu­stim­men. Aus die­ser Fest­le­gung (zu ihrer posi­ti­ven Begrün­dung s.u.) ablei­ten zu wol­len, dass, man dann die Leh­rer­bil­dung von der Hoch­schu­le fort in ande­re Aus­bil­dungs­for­men ver­la­gern soll­te – etwa an päd­ago­gi­sche Hoch­schu­len oder gar ganz ande­re Model­le – wäre nicht nur eine Rück­griff in ganz alte Zei­ten, wie Prof. Bau­mert andeu­te­te, son­dern wür­de den Anfor­de­run­gen an Leh­rer­bil­dung ange­sichts der heu­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen auch nicht gerecht. Die Begrün­dung für die Lozie­rung der Leh­rer­bil­dung für alle Schul­stu­fen und ‑for­men an for­schen­den Hoch­schu­len mit for­schen­den Erzie­hungs­wis­sen­schaf­ten und Fach­di­dak­ti­ken ist aber nicht nur – wie von Prof. Bau­mert rich­tig her­vor­ge­ho­ben – damit zu begrün­den, dass damit der Anschluss an die empi­ri­sche erzie­hungs­wis­sen­schaft­li­che For­schung und ihre Ver­fasst­heit gera­de auch im inter­na­tio­na­len Rah­men gewähr­leis­tet ist. Der Wert die­ser for­schungs­ba­sier­ten und auf einen gegen­wär­ti­gen For­schungs­stand wie auch auf die For­schungs­lo­gi­ken nicht nur in den Unter­richts­fä­chern, son­dern auch in der Erzie­hungs­wis­sen­schaft (und Didak­tik) beruht auf min­des­tens zwei ergän­zen­den Einsichten:

  • Pro­fes­sio­na­li­tät ist eine an den Beruf der Lehr­per­so­nen zu stel­len­de Anfor­de­rung, weil der Beruf zu den peo­p­le pro­ces­sing pro­fes­si­ons zu rech­nen ist, den­je­ni­gen Berufs­grup­pen, „deren Ver­tre­ter im dop­pel­ten Inter­es­se der Gesell­schaft und der Kli­en­ten Pro­ble­me bear­bei­ten und dazu fol­gen­rei­che Ein­grif­fe in das Leben von Men­schen vor­neh­men kön­nen“.6

  • Pro­fes­sio­na­li­tät von Lehr­per­so­nen besteht in der Fähig­keit, Fer­tig­keit und Bereit­schaft (= „Kom­petenz“), in immer unter­schied­li­chen und neu­en (= nicht sche­ma­tisch zu bear­bei­ten­den) Situa­tio­nen päd­ago­gi­schen und didak­ti­schen Han­delns, in denen in die Lebens­chan­cen von Men­schen ein­ge­grif­fen wird, eigen­stän­dig und in ver­ant­wort­li­cher Wei­se zu han­deln.7 Das erfor­dert wesent­li­che Ein­sich­ten in die Struk­tu­ren meh­re­rer wesent­li­cher Bedin­gun­gen die­ses Han­delns sowie wesent­li­cher Dis­zi­pli­nen und Metho­di­ken. Dazu gehö­ren Anthro­po­lo­gie (u.a. Men­schen­bild), Psy­cho­lo­gie und Sozio­lo­gie (u.a.Sozialstrukturen), Erzie­hungs­wis­sen­schaft eben­so wie die Grund­la­gen des jewei­li­gen Unter­richts­fa­ches und des fach­li­chen Lernens).

  • Sowohl die Bezugs­dis­zi­pli­nen der Unter­richts­fä­cher (=“Fach­wis­sen­schaf­ten“) als auch die Dis­zi­pli­nen der Psy­cho­lo­gie, Sozio­lo­gie und Erzie­hungs­wis­sen­schaft ent­wi­ckeln sich nicht nur im Sin­ne eines all­mäh­li­chen Zuwach­ses der Kennt­nis­se und Ergeb­nis­se – etwa im Sin­ne einer immer bes­se­ren Erkennt­nis eines unver­än­der­ten Wirk­lich­keit. Sie ver­än­dern ihre Fra­ge­stel­lun­gen, Erkennt­nis­theo­rien, Metho­di­ken und Wis­sens­sys­te­me wenn auch nicht dis­rup­tiv, so doch in z.T. deut­lich und u.a. in Reak­ti­on auf wesent­li­che Ver­än­de­run­gen gesell­schaft­li­cher Wirk­lich­keit – etwa hin­sicht­lich der Ver­än­de­run­gen der sozia­len, kul­tu­rel­len, sprach­li­chen Zusam­men­set­zung der Bevöl­ke­rung, der Lebens- und Wirt­schafts­ver­hält­nis­se, der media­len Bedin­gun­gen und Mög­lich­kei­ten usw.

Mit Blick auf die gegen­wär­ti­ge Pro­fes­sio­na­li­sie­rung von Lehr­kräf­ten ist es somit nicht hin­rei­chend, ein tra­di­tio­nal ange­sam­mel­tes Gerüst an Wis­sen und Ein­sich­ten in sozia­le, psy­chi­sche und fach­li­che Bedin­gun­gen von Leh­ren und Ler­nen zu ver­mit­teln. Viel­mehr müs­sen die Lehr­kräf­te in die Lage ver­setzt wer­den, die Art und Form des jewei­li­gen Wis­sens, sei­ne Reich­wei­te und Bedeu­tung für ihr jewei­li­ges Han­deln unter immer neu­en kon­kre­ten Bedin­gun­gen zu beur­tei­len. Sie benö­ti­gen damit nicht nur for­schungs­ba­sier­tes, son­dern for­schungs­ori­en­tier­te wis­sen­schaft­li­che Fähig­kei­ten in allen betei­lig­ten Fächern.

Das gilt um so mehr unter der Per­spek­ti­ve, dass die Wand­lun­gen der gesell­schaft­li­chen, media­len und wis­sen­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen nicht mit der Gegen­wart abge­schlos­sen sind, son­dern – ver­mut­lich auch in heu­te unab­seh­ba­rer Wei­se – fort­ge­hen. Lehr­per­so­nen für ein pro­fes­sio­nel­les (s.o.) päd­ago­gi­sches und didak­ti­sches Han­deln in einer heu­te noch nicht ver­füg­ba­ren Zukunft zu befä­hi­gen, bedeu­tet, sie dar­auf vor­zu­be­rei­ten, die Fähig­keit nicht nur der rezep­ti­ven Erschlie­ßung neu­er wis­sen­schaft­li­cher Erkennt­nis­se und Ein­sich­ten, son­dern auch ihrer kri­ti­schen Refle­xi­on und gesell­schaft­li­chen Dis­kus­si­on auch noch Jahr­zehn­te nach dem Ende des Stu­di­ums anwen­den zu können.

Dar­aus folgt unter ande­rem der Anspruch, dass Lehr­kräf­te grund­le­gen­de, nicht nur „anwen­den­de“ Ein­sich­ten und Fähig­kei­ten sowohl in Erzie­hungs­wis­sen­schaft (inkl. Sozio­lo­gie und Psy­cho­lo­gie) als auch in ihren Unter­richts­fä­chern und ihren Didak­ti­ken besit­zen müs­sen. „Grund­le­gend“ meint dabei, dass ins­be­son­de­re wis­sens- und erkennt­nis­theo­re­ti­sche Kennt­nis­se sowie sol­che (fach-)spezifischer Lern­pro­zes­se beherrscht werden.

Dies wie­der­um bedeu­tet unter ande­rem, dass gera­de auch mit Blick auf die Unter­richts­fä­cher Lehr­amts­stu­die­ren­de kei­ne irgend­wie „abge­speck­ten“ For­men fach­li­chen Wis­sens erwer­ben dür­fen, son­dern auf­grund der Fokus­sie­rung auf die eige­ne didak­ti­sche Pro­fes­sio­na­li­tät die Fächer sehr grund­sätz­lich und mit der zusätz­li­chen Per­spek­ti­ve des Fokus auf fach­li­che Lern­pro­zes­se stu­die­ren müs­sen. Lehr­amts­stu­die­ren­de bedür­fen daher der For­schungs-Spe­zia­li­sie­rung in deut­lich gerin­ge­rer Brei­te, soll­ten aber

  • wenigs­tens in eini­gen Berei­chen auch fach­lich for­schungs­fä­hig aus­ge­bil­det wer­den – weni­ger um selbst jeweils aktu­ell for­schen zu kön­nen, son­dern eher um hin­sicht­lich der Logi­ken und Bedin­gun­gen von For­schung anschluss­fä­hig zu bleiben,

  • hin­sicht­lich der theo­re­ti­schen und metho­di­schen Grund­la­gen nicht hin­ter dem Aus­bil­dungs­grad auch der Fach­stu­die­ren­den zurückstehen,

  • den spe­zi­fi­schen „didak­ti­schen Fokus“ auf ihr Fach nicht erst nach dem wis­sen­schaft­li­chen Fach­stu­di­um ein­neh­men, son­dern in die­ses ernst­haf­te und voll gül­ti­ge fach­wis­sen­schaft­li­che Stu­di­um mit­brin­gen. Dies könn­te – gera­de wenn Nicht-Lehr­amts- und Lehr­amts-Stu­die­ren­de gemein­sam fach­wis­sen­schaft­lich stu­die­ren – auch zu einer wert­vol­len Per­spek­ti­ve­n­er­wei­te­rung und ‑ver­schrän­kung führen.

  1. Zum Begriff der Fachlichkeit

In den Unter­richts­fä­chern ist Fach­lich­keit als ein über­grei­fen­des Cha­rak­te­ris­ti­kum zu begrei­fen, das fach­wis­sen­schaft­li­che und fach­di­dak­ti­sche Per­spek­ti­ven zusam­men­denkt. Prof. Kipf beton­te in der Anhö­rung, dass die gegen­wär­ti­ge Beto­nung von „Fach­lich­keit“ als Aus­druck eines Pen­del­schlags anzu­se­hen sei gegen­über der Situa­ti­on der 1990er Jah­re, in denen der „Fach­leh­rer“ gera­de als eine Ursa­che des Qua­li­täts­pro­blems der Leh­rer­bil­dung ange­se­hen wur­de. Will man sich die­ser Logik der immer wie­der­keh­ren­den Pen­del­schlä­ge ent­zie­hen, gilt es, danach zu fra­gen, inwie­fern der gegen­wär­ti­ge Ruf nach „Fach­lich­keit“ nicht nur eine Rück­kehr zu einer Ideo­lo­gie und einem Stand der Leh­rer­bil­dung von vor ca. 1995 bedeu­ten soll.

Die „Ter­hart-Kom­mis­si­on“ hat­te in ihrem Gut­ach­ten von „berufs­feld­spe­zi­fi­scher Fach­lich­keit“ gespro­chen. Soll die­ser Begriff nicht nur als Auf­for­de­rung zur schul­form- und/​oder ‑stu­fen­spe­zi­fi­scher Abstu­fung des „Gra­des“ an Fach­lich­keit oder ihrer For­schungs­ori­en­tie­rung ver­stan­den, son­dern posi­tiv gefüllt wer­den, gilt es zu fra­gen, was denn die Anfor­de­rung an die Fach­lich­keit von Lehr­kräf­ten unter­schei­det von der „Fach­lich­keit“, die Haupt­fach­stu­die­ren­de benötigen.

Die Abkehr des Senats von der Dif­fe­ren­zie­rung der Sekun­dars­schul­lehr­äm­ter erleich­tert die Bear­bei­tung die­ser Fra­ge sowohl in theo­re­tisch-kon­zep­tio­nel­ler als auch in orga­ni­sa­to­ri­scher Hinsicht:

Prof. Bau­mert und Frau Volk­holz haben in der Anhö­rung über­zeu­gend dar­ge­legt, dass eine Dif­fe­ren­zie­rung der Fach­lich­keit im Rah­men der uni­ver­si­tä­ren ers­ten Pha­se nicht sinn­voll ist. Unter „Fach­lich­keit“ ist viel­mehr zu ver­ste­hen, dass die Lehr­per­so­nen über die­je­ni­gen Ein­sich­ten in die for­schen­den aka­de­mi­schen Bezugs­dis­zi­pli­nen ihrer Unter­richts­fä­cher ver­fü­gen, die sie in die Lage ver­set­zen, mit Bezug auf a) die jewei­li­ge all­ge­mei­ne gesell­schaft­li­che Lage (Ver­fas­sung, sozia­le und media­le Gege­ben­hei­ten etc.), b) die gesell­schaft­li­chen, recht­li­chen und insti­tu­tio­nel­len Bedin­gun­gen ihrer Schul­form und ‑stu­fe, c) die kon­kre­ten Bedin­gun­gen an ihrer jewei­li­gen Schu­le und in ihrer Lern­grup­pe usw. selbst­stän­dig und ver­ant­wort­lich Sach- und Wert­ur­tei­le dazu zu formulieren,

  • wel­che Bedeu­tung und Stel­len­wert das jewei­li­ge Fach für das Ler­nen junger/​erwachsener Men­schen in der jewei­li­gen Gegen­wart hat. Es geht hier­bei dar­um, die Bedeu­tung des Faches und sei­ner aka­de­mi­sche Bezugs­dis­zi­plin als insti­tu­tio­nel­le Aus­prä­gun­gen einer spe­zi­fi­schen Domä­ne der Welt­erschlie­ßung und gesell­schaft­li­chen Ver­stän­di­gung in den Blick zu neh­men, wie auch das Ver­hält­nis von Unter­richts­fach und Bezugs­dis­zi­pli­nen kri­tisch zu beur­tei­len. Dazu gehört unter ande­rem auch, zu beur­tei­len, inwie­fern die jewei­li­ge Fach­wis­sen­schaft in ihrer Ver­fasst­heit und Orga­ni­sa­ti­on den all­ge­mei­nen Bedar­fen der Gesell­schaft an Befä­hi­gung der Ler­nen­den entspricht.

  • Damit ist unter ande­rem auch gemeint, dass aus den jewei­li­gen Erfah­run­gen der Lehr- und Lern­be­din­gun­gen und ‑bedürf­nis­se der Ler­nen­den gefragt und kom­mu­ni­ziert wer­den kann, inwie­fern die Struk­tu­ren des Faches selbst einer Erneue­rung bedür­fen.8

  • in wel­chem Ver­hält­nis die Struk­tu­ren und Erkennt­nis­wei­sen der fach­wis­sen­schaft­li­chen Bezugs­dis­zi­plin zu den Lern­be­dar­fen der Ler­nen­den jeweils ste­hen, und wie die­se gegen­sei­tig anschluss­fä­hig gemacht wer­den können,

  • in wel­chen For­men und Medi­en domä­nen­spe­zi­fi­sches Wis­sen außer­halb der aka­de­mi­schen Dis­zi­pli­nen gesell­schaft­li­cher ver­füg­ba­re (und damit den Ler­nen­den zugäng­lich und ggf. bedeut­sam) ist, und in wel­chem Ver­hält­nis es zu „wis­sen­schaft­li­chem“ Wis­sen steht, also auch, inwie­fern es gegen­über die­sem schlicht als Ansamm­lung von „Fehl-“ bzw. „Alter­na­tiv­kon­zep­te“ begrif­fen wer­den kann, die mit Hil­fe von „con­cep­tu­al change“-Lernprozessen durch „wis­sen­schaft­li­ches“ Wis­sen aus­ge­tauscht oder durch die­ses ergänzt wer­den kann und soll, bzw. inwie­fern die­sen For­men von Wis­sen For­men eige­ner Funk­tio­na­li­tät und Digni­tät (etwa für Iden­ti­täts­bil­dun­gen) zukommt,

Alle die­se Fra­ge­stel­lun­gen betref­fen – das haben Prof. Bau­mert und auch Frau Volk­holz deut­lich gemacht – nicht die Lehr­kräf­te ein­zel­ner Schul­for­men in unter­schied­li­cher Wei­se, son­dern alle gemein­sam. Die Befä­hi­gung zu der­ar­ti­gem berufs­feld­spe­zi­fi­schem fach­li­chen Fra­gen, Den­ken und Pro­blem­lö­sen erfor­dert zunächst eine nicht-berufs­feld­spe­zi­fi­sche, son­dern all­ge­mei­ne und für alle Lehr­amts­stu­di­en­gän­ge gemein­sa­me Ein­füh­rung in die Logi­ken und Struk­tu­ren sowie Erkennt­nis- und For­schungs­wei­sen der Fächer (Unter­richts­fä­cher und Erzie­hungs­wis­sen­schaft) und die nicht schul­form­spe­zi­fi­schen Prin­zi­pi­en und For­men des Erwerbs fach­spe­zi­fi­scher Kennt­nis­se, Ein­sich­ten, Ein­stel­lun­gen, Fähig­kei­ten wie auch die­je­ni­gen zur Refle­xi­on des Erwor­be­nen. Wenn Schu­le (zumeist jun­ge, aber auch z.B. ein­ge­wan­der­te) Mit­glie­der der Gesell­schaft dazu befä­hi­gen soll, an die­ser Gesell­schaft gleich­be­rech­tigt und ver­ant­wort­lich teil­zu­ha­ben, dann dür­fen die spe­zi­fi­schen Prin­zi­pi­en, Wis­sens- und Kön­nens­for­men (um nicht Kom­pe­ten­zen zu sagen) nicht grund­sätz­lich in Abhän­gig­keit vom Bil­dungs­ort bzw. der Insti­tu­ti­on dif­fe­ren­ziert wer­den. Die­se Dif­fe­ren­zie­rung muss viel­mehr in Kennt­nis und wis­sen­schaft­li­cher Durch­drin­gung die­ser gemein­sa­men das Indi­vi­du­um als in der Gesell­schaft prin­zi­pi­ell gleich­be­rech­tig­tes fokus­sie­ren­den Prin­zi­pi­en erfol­gen. Die­se Auf­ga­be haben vor­nehm­lich die Lehr­kräf­te zu leis­ten. Sie müs­sen die sowohl insti­tu­tio­nell und milieu­spezifisch, aber immer auch indi­vi­du­ell unter­schied­li­chen Lern­be­din­gun­gen in ver­ant­wort­lich dif­fe­ren­zier­te Pla­nung über­füh­ren – aber unter Rück­griff auf das gemein­sa­me umfang­rei­che Theo­rie­wis­sen (s. o. zu Pro­fes­sio­na­li­tät). Eine von vorn­her­ein streng dif­fe­ren­zie­ren­de Leh­rer­bil­dung auch in Bezug auf die Grund­la­gen der Fach­lich­keit und der Erzie­hungs­wis­sen­schaft wür­de dies ver­hin­dern. Gera­de unter den Bedin­gun­gen der Beför­de­rung von Demo­kra­tie und Teil­ha­be in dif­fe­ren­zier­ten Gesell­schaf­ten darf es Dif­fe­ren­zie­rung nur vor dem Hin­ter­grund grund­sätz­li­cher Gemein­sam­keit geben.

Wer frü­he Dif­fe­ren­zie­rung in der Fach­lich­keit der Leh­rer­bil­dung wie im „Aus­maß der Päd­ago­gik“ for­dert, muss also begrün­den, inwie­fern und war­um nicht nur die Schüler(innen) bestimm­ter Schu­len (hier: Stadt­teil­schu­len) eine gerin­ge­re fach­li­che Bil­dung erhal­ten sol­len, son­dern auch und beson­ders, war­um die Lehr­kräf­te an die­sen Schu­len nicht in die Lage ver­setzt wer­den sol­len, mit ihren päd­ago­gi­schen und didak­ti­schen Fähig­kei­ten so zu dif­fe­ren­zie­ren, dass prin­zi­pi­ell ein glei­ches Niveau erreicht wer­den könn­te wie an ande­ren Schu­len. Eben­so müs­sen die­je­ni­gen, die für Lehr­kräf­te an Stadt­teil­schu­len ein „mehr“ und für jene an Gym­na­si­en ein „weni­ger“ an „Päd­ago­gik“ for­dern, begrün­den, inwie­fern und war­um davon aus­ge­gan­gen wird, dass die Schüler(innen) an letz­te­ren Schu­len nicht viel­leicht spe­zi­fisch ande­re, son­dern weni­ger an För­de­rung und Unter­stüt­zung sowie Beglei­tung, aber auch an Her­aus­for­de­rung brau­chen als die­je­ni­gen an ers­te­ren. Auch hier: Die spe­zi­fi­sche Dif­fe­ren­zie­rung und Anpas­sung – zumal mit Blick auf zukünmf­tig nicht abseh­ba­re Ände­run­gen – sowohl fach­li­cher wie päd­ago­gi­scher und vor allem didak­ti­scher Ansät­ze erfor­dert in bei­den Fäl­len eine soli­de und kate­go­ria­le Grund­bil­dung in Erzie­hungs­wis­sen­schaft, Fach­wis­sen­schaft und vor allem Fach­di­dak­tik.9

Eine lehr­amts­über­grei­fen­de, gemein­sa­me ers­te Pha­se mit die­sem Auf­trag (und ein­zel­nen Dif­fe­ren­zie­run­gen ins­be­son­de­re in fra­gen- und refle­xi­ons­ge­ne­rie­ren­den Pra­xis­pha­sen) ermög­licht und/​oder sichert zudem die Anschluss­fä­hig­keit der Aus­bil­dun­gen der Lehr­kräf­te unter­schied­li­cher Schul­stu­fen und ‑for­men unter­ein­an­der. Eine frü­he und deut­li­che Sepa­rie­rung birgt durch­aus die Gefahr, dass ein Ver­ständ­nis der Lehr­kräf­te sowohl für die Spe­zi­fi­ka der Bil­dungs-Bedin­gun­gen und ‑auf­trä­ge als auch für die Anschluss­stel­len („Tran­si­ti­ons­wis­sen“, wie Frau Gün­ther das nann­te) zwi­schen den Pha­sen gar nicht erst ent­steht. Pro­fes­sio­na­li­tät bedeu­tet auch in die­sem Sin­ne die Befä­hi­gung zu spe­zi­fi­schem Han­deln auf der Basis eines brei­ten, nicht vor­schnell fokus­sier­ten Theo­rie- und Kategorienwissens.

  1. Zur Fra­ge der Ver­or­tung und Aus­stat­tung der Fachdidaktiken

In der Anhö­rung waren sich die Exper­ten Prof. Kipf und Prof. Bau­mert einig, dass eine for­schungs­fä­hi­ge Aus­stat­tung und Auf­stel­lung unab­ding­bar sei. Prof. Kipf mahn­te in die­sem Zusam­men­hang an, dass die Fach­di­dak­ti­ken jeweils mit einer/​m Hochschullehrer(in) ver­se­hen sein müss­ten. Das ist ange­sichts sowohl der Not­wen­dig­keit der Nach­wuchs­bil­dung in die­sen Berei­chen als auch auf­grund der Not­wen­dig­keit, dass Stu­die­ren­de for­schungs­ori­en­tier­te Abschluss­ar­bei­ten gera­de auch in den Didak­ti­ken schrei­ben (kön­nen) sol­len, unab­ding­bar. Lehr­be­auf­trag­te sind nicht prü­fungs­be­rech­tigt. Der­ar­ti­ge Prü­fun­gen durch Hochschullehrer(innen) der Nach­bar­fä­cher mit betreu­en zu las­sen, wäre eine wesent­li­che Ein­schrän­kung der ein­hel­lig befür­wor­te­ten Fach­lich­keit (s.o.).

Die Fra­ge der Lozie­rung der Fach­di­dak­ti­ken wur­de von ihnen hin­ge­gen durch­aus unter­schied­lich beant­wor­tet. Wäh­rend Prof. Kipf ein deut­li­ches Plä­doy­er für die Lozie­rung bei den Fach­wis­sen­schaf­ten hielt, beur­teil­te Prof. Bau­mert die der­zei­ti­ge Lozie­rung bei den Erzie­hungs­wis­sen­schaf­ten als ein gut funk­tio­nie­ren­des Sys­tem. Ers­te­re Posi­ti­on begrün­de­te Prof. Kipf u.a. damit, dass die Sozie­tä­ten als Koor­di­nie­rungs­gre­mi­en nicht gut funk­tio­nier­ten (sie sei­en „zu lang­sam“) und stell­ten letzt­lich „wei­te Wege“ dar für eine Zusam­men­ar­beit, die im Rah­men eines gemein­sa­men Insti­tuts ein­fa­cher und schnel­ler zu haben wäre.

In Bezug auf Fra­gen der Leh­re ist an die­sem Argu­ment eini­ges dran. Aller­dings ist die Leh­re und die Betei­li­gung der Fach­wis­sen­schaf­ten dar­an nur einer der Punk­te. In eini­gen Fächern ist das Inter­es­se der Fach­wis­sen­schaft­lern an ech­ter Koope­ra­ti­on mit den Fach­di­dak­ti­ken auch kaum gege­ben, wäh­rend die­se Koope­ra­ti­on in ande­ren Fächern bes­ser funk­tio­niert. Solan­ge die Fach­di­dak­ti­ken aller­dings mit nur 3 eige­nen LV (nach neu­em Modell wohl 4) in zwei Modu­len gegen­über weit­aus grö­ße­ren Ange­bo­ten sowie mit deut­lich gerin­ge­rer per­so­nel­ler Aus­stat­tung (zuwei­len nur 1 Per­son und mit hohen Lehr­auf­trags­an­tei­len) den Fach­wis­sen­schaf­ten gegen­über sehr eng auf­ge­stellt sind, kön­nen sol­che Koope­ra­tio­nen auch in der Leh­re nur punk­tu­ell gesche­hen. Das gilt um so mehr, wenn die Fach­di­dak­tik auf­grund gro­ßer Grup­pen­grö­ßen jeweils nur eine ein­zi­ge Lehr­ver­an­stal­tung pro Typ anzu­bie­ten hat.

In Bezug auf die For­schung ist dem Plä­doy­er von Prof. Kipf aber ent­ge­gen­zu­hal­ten, dass die fach­di­dak­ti­schen For­schung der­zeit wesent­lich erzie­hungs­wis­sen­schaft­li­chen Cha­rak­ter hat, weni­ger in der fach­li­cher Kon­zep­te in die schu­li­sche Leh­re betrifft. Idea­ler­wei­se ver­bin­det fach­di­dak­ti­sche For­schung fach­li­che Spe­zi­fik mit einem for­schen­den Blick auf Lehr-Lern­pro­zes­se, deren Bedin­gun­gen und Wir­kun­gen. Es geht also zum einen um qua­li­ta­ti­ve und quan­ti­ta­ti­ve sozi­al­wis­sen­schaft­li­che For­schung zu fach­spe­zi­fi­schen Fra­ge­stel­lun­gen eben­so wie um didak­ti­sche Inter­ven­ti­ons­for­schun­gen mit eben­falls sozi­al­wis­sen­schaft­lich oder psy­cho­lo­gi­schen Metho­den. Hier ist eine Koope­ra­ti­on mit ähn­lich arbei­ten­den Erzie­hungs- und Bil­dungs­for­schern vor­ran­gig. Genu­in fach­li­che Metho­den sind dabei weni­ger gefragt – um so mehr grund­le­gend fach­li­che Kon­zep­te bei der Erstel­lung von Fra­ge­stel­lun­gen und Ope­ra­tio­na­li­sie­run­gen sowie der Auswertung.

  1. Leis­tungs­punkt­aus­stat­tung der Fachdidaktiken

Prof. Kipf erwähn­te eine LP-Aus­stat­tung in Ber­lin von 30 LP pro Fach.10 Dage­gen fällt Ham­burg mit der­zeit 11 LP und dem­nächst 14 LP pro Fach deut­lich zurück. Die­se Erhö­hung der LP-Antei­le der Fach­di­dak­ti­ken reicht gera­de ein­mal zur Ein­rich­tung eines wei­te­ren 2‑stündigen Semi­nars im Rah­men eines bestehen­den Moduls, d.h. ohne eige­ne Modul­prü­fung, son­dern mit allen­falls eine kur­zen Stu­di­en­leis­tung aus.

Durch die expli­zi­te Zuwei­sung der Auf­ga­ben der The­ma­ti­sie­rung von Umgang mit Hete­ro­ge­ni­tät, Bega­bungs­för­de­rung, Inklu­si­on und För­der­dia­gnos­tik eben­so wie Leh­ren, Ler­nen und Bil­dung in der digi­ta­len Welt sowie Bil­dung für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung11 wird die­se Stär­kung der Fach­di­dak­ti­ken mehr als auf­ge­fan­gen. Das bedeu­tet, dass der Anteil genu­in fach­di­dak­ti­scher Per­spek­ti­ven (und damit eines wesent­li­chen Teils der Fach­lich­keit) eher gesenkt wird als gestärkt.

Das wird beson­ders deut­lich, wenn man sich vor Augen führt, dass die Fach­di­dak­ti­ken im Stu­di­um bis­lang ohne Pra­xis­pha­sen mit 11 LP ledig­lich drei Lehr­ver­an­stal­tun­gen (Vor­le­sung, BA-Semi­nar; M.Ed.-Seminar), zzgl. des Begleit­se­mi­nars zum Kern­prak­ti­kum anbie­ten konn­ten, die­sen Semi­na­ren aber neben den eigent­li­chen fach­di­dak­ti­schen The­ma­ti­ken die o.g. Quer­schnitt­auf­ga­ben und die Auf­ga­be der Koope­ra­ti­on mit den Fach­wis­sen­schaf­ten zuge­wie­sen ist.

In eini­gen fach­wis­sen­schaft­li­chen Stu­di­en­gän­gen sind ein­zel­ne Lehr­ver­an­stal­tun­gen oder Modu­le mit 10 LP bei 2 oder 3 SWS Prä­senz­leh­re kei­ne Sel­ten­heit. Das bedeu­tet, dass Stu­die­ren­de sich neben der The­ma­ti­sie­rung im Semi­nar umfäng­lich und selbst­stän­dig refle­xiv mit den The­men­stel­lun­gen befas­sen kön­nen. Zuwei­len wer­den auch – wie Frau Gün­ther berich­te­te – Leis­tungs­punk­te für selbst­stän­di­ge Lek­tü­ren ver­ge­ben. Dies alles ist in den Fach­di­dak­ti­ken der­zei­ti­gen Zuschnitts über­haupt nicht mög­lich. Die Bereit­stel­lung von 6 LP für unbe­dingt nöti­ge 4 SWS Leh­re im BA und 5 LP für 3 SWS Semi­nar im M.Ed. ermög­licht nur sehr begrenz­te eige­ne Aus­ein­an­der­set­zun­gen – zumin­dest im Ver­gleich mit den Antei­len der Fachwissenschaften.

  1. Zur Fra­ge der Praxisphasen

In der Anhö­rung wur­de auf Fra­ge von Herrn Oet­zel (FDP) sowohl von Herrn Prof. Kipf, Prof. Bau­mert und auch aus eige­ner Erfah­rung durch Frau Gün­ther die der­zei­ti­ge Gestal­tung der Pra­xis­pha­sen als sehr sinn­voll und erfolg­reich her­vor­ge­ho­ben. Ins­be­son­de­re sei­en die Stu­die­ren­den hoch zufrie­den. Die von Prof. Kipf ange­mahn­te pha­sen­über­grei­fen­de Zusam­men­ar­beit dabei ist in Ham­burg gera­de mit der nun­mehr auch fach­li­chen Koor­di­na­ti­on von fach­di­dak­ti­schem Begleit- und vom Lan­des­in­sti­tut durch­ge­führ­tem Refle­xi­ons­se­mi­nar struk­tu­rell fest verankert.

Her­vor­ge­ho­ben wur­de beson­ders von Prof. Bau­mert der auf die Gewin­nung aka­de­misch zu reflek­tie­ren­der Erfah­run­gen aus­ge­rich­te­te Zweck der Prak­ti­ka. Auch sie soll­ten nicht zu einer Unter­richts­fer­tig­keit füh­ren, die der aka­de­mi­schen Bil­dung auch nicht ange­mes­sen sein, son­dern dazu die­nen, Erfah­run­gen zu machen mit kon­kre­ten Anfor­de­run­gen und Bedin­gun­gen sowie mit der eige­nen Pro­fes­sio­na­li­tät, die es zunächst noch im aka­de­mi­schen Modus der Ers­ten Pha­se zu reflek­tie­ren gel­te. Das Ham­bur­ger Kern­prak­ti­kum ist – gera­de auch mit­tels sei­nes zen­tra­len Instru­ments des Refle­xi­ons­port­fo­li­os – genau in die­ser Rich­tung angelegt.

Aller­dings ist anzu­mer­ken, dass in der Senats­druck­sa­che nicht nur (u.a.) den Fach­di­dak­ti­ken all­ge­mein, son­dern auch dem Kern­prak­ti­kum im Beson­de­ren die Befas­sung mit Hete­ro­ge­ni­tät, Bin­nen­dif­fe­ren­zie­rung, Inklu­si­on und Bega­bungs­för­de­rung zuge­wie­sen.12

Es besteht deut­lich die Gefahr, dass nicht nur den „genu­in“ fach­di­dak­ti­schen Lehr­ver­an­stal­tun­gen, son­dern gera­de auch den Kern­prak­ti­ka als Fach­prak­ti­ka und somit auch den fach­di­dak­ti­schen Begleit­se­mi­na­ren eine Rei­he von jeweils für sich sinn­vol­len, in der Addi­ti­on aber Per­spek­ti­ven und Fra­ge­stel­lun­gen auf­ge­setzt wer­den, hin­ter denen die fach­li­che Per­spek­ti­ve zurücktritt.

Dass sich (nicht allein, son­dern auch) Fach­di­dak­ti­ken und Prak­ti­ka mit den Her­aus­for­de­run­gen der genann­ten Quer­schnitt­auf­ga­ben befas­sen – dage­gen ist nichts ein­zu­wen­den – im Gegen­teil. Dies muss aber unter zwei Bedin­gun­gen geschehen:

  • unter Beach­tung der eige­nen Digni­tät der fach­li­chen Per­spek­ti­ven. Gera­de in der fach­di­dak­ti­schen The­ma­ti­sie­rung von Bedin­gun­gen, didak­ti­schen Ansät­zen und Metho­den zum Umgang mit die­sen Her­aus­for­de­run­gen kann es nicht dar­um gehen, das Fach ledig­lich zum Sub­strat und Übungs­feld all­ge­mei­ner Ein­sich­ten, Prin­zi­pi­en und Metho­den zu machen, son­dern sie spe­zi­fi­schen Aus­prä­gun­gen, Span­nun­gen und Her­aus­for­de­run­gen erkenn- und reflek­tier­bar zu machen, die sich aus Ansprü­chen der Fach­lich­keit und der beson­de­ren Per­spek­ti­ven ergeben.

  • Da die Kern­prak­ti­ka die beson­de­ren Fach­prak­ti­ka sind, muss in ihnen neben der The­ma­ti­sie­rung der beson­de­ren Her­aus­for­de­run­gen genü­gend Raum blei­ben. Gera­de wenn die Fach­spe­zi­fik von Lern­pro­zes­sen her­aus­ge­stellt wird, deren Akzep­tanz im Übri­gen auch dem Auf­trag fach­spe­zi­fi­scher Kom­pe­tenz­mo­del­le durch die Kli­e­me-Exper­ti­se (Kli­e­me et al. 2003) zu Grun­de lag, bedarf es umfäng­li­cher Gele­gen­hei­ten, sol­che Lern­pro­zes­se zu beob­ach­ten, zu ana­ly­sie­ren, selbst pro­be­wei­se zu gestal­ten und unter päd­ago­gi­schen, fach­li­chen und v.a. fach­di­dak­ti­schen Per­spek­ti­ven zu analysieren.

  • Es ist drin­gend zu über­le­gen, die Fach­lich­keit auch in den Inte­grier­ten Schul­prak­ti­ka (ISP, bei Bau­mert: „Ori­en­tie­rungs­prak­ti­ka“) wie­der zu stär­ken – gera­de auch um bestimm­te Per­spek­ti­ven auf fach­li­che Lern­pro­zes­se bereits früh pra­xis-erfah­rungs­ba­siert zu gewinnen.

Lite­ra­tur­ver­zeich­nis

Anmer­kun­gen

1Ter­hart et al. 2017.

2Ham­burg und Senat der Frei­en und Han­se­stadt 2018.

3Vgl. jetzt Ham­bur­gi­sche Bür­ger­schaft und Aus­schuss für Wis­sen­schaft und Gleich­stel­lung 2018a. Die vor­lie­gen­den Anmer­kun­gen wur­den noch vor Vor­la­ge des Pro­to­kolls ver­fasst auf­grund eige­ner Wahr­neh­mun­gen in die­ser ers­ten Anhörung.

4Ham­bur­gi­sche Bür­ger­schaft und Aus­schuss für Wis­sen­schaft und Gleich­stel­lung 2018b.

5Kut­ter 2018.

6Rad­tke 1999, S. 13.

7Rad­tke 1999, S. 14: „Pro­fes­sio­nel­le in dem ange­deu­te­ten Ver­ständ­nis neh­men ihre Auf­ga­ben in einer beson­de­ren, dop­pelt ver­an­ker­ten Hand­lungs­lo­gik vor: Sie müs­sen (1) situa­tiv (und intui­tiv) zu indi­vi­du­el­lem Fall­ver­ste­hen in der Lage sein; sie kön­nen dies (2) in her­me­neu­ti­scher Hal­tung auf der Basis uni­ver­sel­len Regel­wis­sens, also wis­sen­schaft­li­cher Theo­rien und Erklä­rungs­mo­del­le. Die ‚Ver­mitt­lung‘ von Theo­rie und Pra­xis fin­det in der Per­son der Pro­fes­sio­nel­len statt. Sie appli­zie­ren ihr theo­re­ti­sches, situa­ti­ons­un­ab­hän­gi­ges Wis­sen bei der Inter­pre­ta­ti­on von Situa­tio­nen, bei der stell­ver­tre­ten­den Deu­tung von Pro­ble­men ihrer Kli­en­ten und bei der For­mu­lie­rung des Ange­bots von […] Lösungs­stra­te­gien […]. Pro­fes­sio­nel­le müs­sen die Fol­gen ihrer Handlungen/​Eingriffe abschät­zen und sie zu ver­ant­wor­ten wis­sen. Dazu bedarf es neben ethi­scher Selbst­bin­dun­gen und insti­tu­tio­nell gestütz­ter Hand­lungs­si­cher­heit in ers­ter Linie eines beson­de­ren Beobachtungs‑, Wahr­neh­mungs- und Beur­tei­lungs­ver­mö­gens, aber auch eines sys­te­ma­ti­sier­ten Refle­xi­ons­wis­sens, daß die eige­nen Ent­schei­dun­gen zu begrün­den und zu legi­ti­mie­ren, zu kon­trol­lie­ren und gege­be­nen­falls zu kor­ri­gie­ren vermag.“

8Dazu ein Bei­spiel aus mei­nem Fach, der Geschich­te: Lehr­kräf­te müs­sen selbst­stän­dig in der Lage sein, zu beur­tei­len, in wel­cher Form die heu­ti­ge geschichts­wis­sen­schaft­li­che Medi­ävis­tik den Anfor­de­run­gen his­to­ri­schen Ler­nens in einer kei­nes­wegs mehr unfrag­lich ein­heit­lich christ­li­chen Gesell­schaft gerecht wer­den kann. Sie müs­sen in der Lage sein, die in der Gesell­schaft wie auch ihren Lern­grup­pen erkenn­ba­ren, ggf. gegen­über den klas­si­schen wis­sen­schaft­li­chen Fra­ge­stel­lun­gen abstän­di­gen For­men von Inter­es­sen und Fra­gen an, Per­spek­ti­ven auf und Norm­vor­stel­lun­gen in Bezug auf eine gemeinsam/​geteilte Ver­gan­gen­heit für die Erschlie­ßung der fach­wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­se und Mate­ria­li­en nutz­bar zu machen. Dazu müs­sen Lehr­kräf­te über Ein­sich­ten in die Natur his­to­ri­schen Den­kens und Wis­sens ver­fü­gen, die über das nor­ma­le „fach­wis­sen­schaft­li­che Wis­sen“ hin­aus­ge­hen und mehr den Berei­chen einer Ana­ly­ti­schen Phi­lo­so­phie der Geschich­te und einer Theo­rie der Funk­ti­on von Geschich­te zuge­hö­ren. Ähn­li­ches gilt für die Fra­ge nach den Spe­zi­fi­ka his­to­ri­schen Wis­sens und his­to­ri­scher Kom­mu­ni­ka­ti­on mit­tels digi­ta­ler Medi­en in Zei­ten gesell­schaft­lich stark aus­ge­dehn­ter Wis­sens- und Deutungsproduktion.

9Mei­ner Beob­ach­tung nach ging die Bei­trä­ge der Exper­ten Heinz-Die­ter Mei­din­ger, Prä­si­dent des Deut­schen Leh­rer­ver­ban­des, und Hel­ge Pep­per­ling, er Leh­rer­ver­band Ham­burg, sowie Diet­mar Wag­ner, über ent­spre­chen­de Behaup­tun­gen nicht hinaus.

10Vgl. Stän­di­ge Kon­fe­renz der Kul­tus­mi­nis­ter der Län­der in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land 2017, 30ff.

11Ham­burg und Senat der Frei­en und Han­se­stadt 2018, S. 6.

12Ham­burg und Senat der Frei­en und Han­se­stadt 2018, S. 6: „Die bis­he­ri­gen Pra­xis­pha­sen wer­den in Umfang und orga­ni­sa­to­ri­scher Aus­ge­stal­tung bei­be­hal­ten. Die Pra­xis­pha­sen ermög­li­chen den Stu­die­ren­den im Bache­lor­stu­di­en­gang im Rah­men der Eig­nungs­re­fle­xi­on eine fun­dier­te Ent­schei­dung für den wei­te­ren Bil­dungs­ver­lauf und den Über­gang in ein Mas­ter­stu­di­um. Ers­te Pra­xis­er­fah­run­gen wer­den daher in den ers­ten Semes­tern des Stu­di­ums ange­legt. Die umfäng­li­chen Pra­xis­pha­sen des Mas­ters wer­den ins­be­son­de­re zur Befas­sung mit den The­men „hete­ro­ge­ne Lern­grup­pen“, „Bin­nen­dif­fe­ren­zie­rung“, „Inklu­si­on“ und „Bega­bungs­för­de­rung“ genutzt.“

Projektbericht

05. Dezember 2017 Andreas Körber Keine Kommentare

Kör­ber, Andre­as (2017): „Erin­ne­rungs­kul­tu­ren in Dar es Salaam und Ham­burg“. Ein inter­kul­tu­rel­les und post­ko­lo­nia­les Leh­rer­bil­dungs­pro­jekt mit Schul­pra­xis und inter­kul­tu­rel­ler Begeg­nung zum Gegen­stand Kolo­ni­al­erin­ne­run­gen. In Rei­ner Leh­ber­ger (Ed.): Koope­ra­tio­nen in der Leh­rer­bil­dung. Ein Pro­jekt im Rah­men der “Leh­rer-Initia­ti­ve” des Stif­ter­ver­bands und der Heinz Nix­dorf Stif­tung an der Uni­ver­si­tät Ham­burg. 1. Auf­la­ge. Nor­der­stedt: Books on Demand, pp. 136 – 146.

Eine “(fach-)didaktische Wesensgehaltsgarantie” (nicht nur) für inklusives Geschichtslernen?

30. November 2016 Andreas Körber Keine Kommentare

Im Rah­men der Dis­kus­si­on um die Inklu­si­on wer­den der­zeit auch für das Fach Geschich­te didak­ti­sche und metho­di­sche Kon­zep­te ent­wi­ckelt, erprobt und eva­lu­iert – etwa die Ver­wen­dung “leich­ter Spra­che”, mit dem Ziel einer Ver­bes­se­rung der Zugäng­lich­keit his­to­ri­scher Sach­ver­hal­te für Schüler(innen), die der oft abs­trak­ten his­to­ri­schen Bil­dungs­spra­che nicht in dem als fach­lich nötig gel­ten­den Maße fol­gen und sich dar­in ver­stän­di­gen können.

Gleich­zei­tig wird befürch­tet, die spe­zi­fi­schen Cha­rak­te­ris­ti­ka der “Leich­ten Spra­che”, etwa der (weit­ge­hen­de) Ver­zicht auf das Prä­ter­itum und den Kon­junk­tiv, genüg­ten nicht fach­li­chen Anfor­de­run­gen des his­to­ri­schen Den­kens als eines auf die (proto-)sprachliche Kon­struk­ti­on der ver­gan­ge­nen Gegen­stän­de und die sprach­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on dar­über gerich­te­ten, wesent­lich nar­ra­ti­ven Vor­gangs. Der Vor­teil ver­bes­ser­ten “Zugangs” wer­de durch Tri­via­li­sie­rung gefähr­det — bis hin zum (unge­woll­ten) Rück­fall in eine sim­pli­fi­zier­te “Kun­de” über Vergangenes.

Die mir bekann­ten Bei­spie­le zei­gen bei­des – sowohl eine “Eröff­nung” des “his­to­ri­schen Uni­ver­sums” und der Dimen­si­on zeit­be­zo­ge­ner Refle­xi­on für Men­schen, denen die­ses zuvor viel­leicht nicht zuge­traut, zumin­dest nicht spe­zi­fisch ermög­licht wor­den war, wie auch eine Gefähr­dung des sprach­li­chen Aus­drucks his­to­ri­scher Sach­ver­hal­te in ihrer ori­en­tie­rungs- und iden­ti­täts­re­le­van­ten Dimensionen.

Es ist also die Fra­ge zu stel­len, was inklu­si­ves Geschichts­ler­nen aus­ma­chen soll: Geht es um die Erwei­te­rung des Krei­ses der­je­ni­gen, die sich an einem als struk­tu­rell unver­än­dert gedach­ten Geschichts­un­ter­richt und der unver­än­der­ten Geschichts­kul­tur betei­li­gen kön­nen, also vor­nehm­lich um die Besei­ti­gung der “Bar­rie­ren” zwi­schen dem eta­blier­ten Fach und Gegen­stand “Geschich­te” einer­seits und eini­gen bis­her exklu­dier­ten Grup­pen von Ler­nen­den ande­rer­seits – oder auch um eine Ände­rung der Kon­sti­tu­ti­on des Faches in Schu­le und Wissenschaft?

Ein Ansatz wäre, die Befä­hi­gung zum „his­to­ri­schen Den­ken“, zur eigen­stän­di­gen zeit­li­chen Ori­en­tie­rung, Erschlie­ßung der (plu­ra­len) Geschichts­kul­tur und zur Par­ti­zi­pa­ti­on stär­ker in den Vor­der­grund des Geschichts­un­ter­richts zu stel­len – inklu­si­ve des Auf­baus eines kom­ple­xen “his­to­ri­schen Uni­ver­sums” an ereig­nis- und zustands­be­zo­ge­nem Wis­sen und Einsichten.

Die­se Bestim­mung his­to­ri­schen Ler­nens hat den Vor­teil, ele­men­ta­ri­sier­bar zu sein. Mir ihr kann gefragt wer­den, inwie­fern neben einer aus­ge­prägt ela­bo­rier­ten Form his­to­ri­schen Den­kens auch sol­che mit gerin­ge­rer Ori­en­tie­rungs­tie­fe, Selbst­stän­dig­keit, Kom­ple­xi­tät geben soll. Sie ermög­licht zudem, nicht nur über Ver­rin­ge­run­gen (und Erhö­hun­gen) von Kom­ple­xi­tät nach­zu­den­ken, son­dern auch über den Ein­be­zug von wei­te­ren Per­spek­ti­ven auf die Geschich­te – etwa beson­de­rer Ori­en­tie­rungs­be­dürf­nis­se, Fra­ge­stel­lun­gen, Deu­tungs­tra­di­tio­nen ein­zel­ner “Min­der­hei­ten”, Iden­ti­tä­ten (etwa LGBTQ), die ggf. auch bestimm­te “För­der­be­dar­fe” defi­nie­ren, wie etwa bei Ange­hö­ri­gen der “Gehör­lo­sen­kul­tur”.1

Gera­de mit die­ser “hori­zon­ta­len” Dimen­si­on bedeu­tet inklu­si­ves his­to­ri­sches Den­ken und Ler­nen nicht nur den Zugang zu einem als gege­ben gedach­ten “his­to­ri­schen Uni­ver­sum” zu ermög­li­chen, son­dern gemein­sa­me den­ken­de Aus­ein­an­der­set­zung mit dem “gemein­sa­men Gegen­stand”.2

Nicht nur beim Ansatz der “Leich­ten Spra­che” stellt sich aber die Fra­ge, wann die Nut­zung kon­kre­ter Maß­nah­men zur Ermög­li­chung der Teil­ha­be “umschlägt” in eine Ver­let­zung des Kerns fach­li­chen Ler­nens als „Betei­li­gung am Ver­ste­hens­pro­zess“.3

Kon­kret wird die Gren­ze nicht zu bestim­men sein. Auch sind har­te Kri­te­ri­en schwie­rig. Viel­leicht aber hilft das Vor­bild des Art. 19 des deut­schen Grund­ge­set­zes. Ihm zufol­ge dür­fen die dort garan­tier­ten Grund­rech­te zwar durch bzw. auf Grund eines Geset­zes ein­ge­schränkt (Art 19 I GG), nicht aber in ihrem „Wesens­ge­halt ange­tas­tet wer­den” (Art 19 II GG). Ent­spre­chend könn­te etwa for­mu­liert wer­den, didak­ti­sche Maß­nah­men zum Abbau von Bar­rie­ren und zur Schaf­fung und Erleich­te­rung von Zugäng­lich­keit sowie zur Gestal­tung von Lehr- und Lern­pro­zes­sen dürf­ten die sach­lich bzw. fach­lich defi­nier­ten Lern- und/​oder Leis­tungs­an­for­de­run­gen zwar dif­fe­ren­zie­ren sowie dabei be- und ein­schrän­ken, ver­än­dern und fokus­sie­ren, nie­mals aber in ihrem didak­ti­schen Kern antasten.

Das bedeu­tet kon­kret, dass durch alle sol­chen alle didak­ti­schen und metho­di­schen Maß­nah­men den Ler­nen­den die den­ken­de, deu­ten­de und ler­nen­de Aus­ein­an­der­set­zung mit Ver­gan­ge­nem und sei­ner Bedeu­tung für die Gegen­wart den Schü­le­rin­nen und Schü­lern ent­we­der gänz­lich abge­nom­men (also das Ergeb­nis vor­ge­ge­ben) oder gar nicht erst ange­bo­ten wer­den darf.

Ein­zel­nen Schüler(innen) etwa nur noch das Aus­ma­len von Pyra­mi­den auf­zu­ge­ben, wäh­rend die ande­ren über deren Bedeu­tung für das dama­li­ge Ägyp­ten wie für unser heu­ti­ges Bild davon han­deln, ver­stie­ße gegen die­sen Grund­satz. Ein sol­cher Unter­richt wäre viel­leicht sozi­al inklu­siv, nicht aber fach­lich. Eine Mal­auf­ga­be als Kom­ple­xi­täts- und Abs­trak­ti­ons­re­duk­ti­on hin­ge­gen, die eini­gen Schüler(innen) über­haupt erst die Betei­li­gung am Deu­tungs­pro­zess ermög­licht, die­sen dann aber auch vor­sieht, ist auch fach­lich sinnvoll.

Ein ande­rer Ver­stoß wäre dann gege­ben, wenn dif­fe­ren­zie­ren­de Maß­nah­men zur Her­stel­lung von Zugäng­lich­keit ihre Adres­sa­ten gänz­lich von sol­cher Unter­stüt­zung abhän­gig mach­ten und somit unmün­dig hielten.

Die „didak­ti­sche Wesens­ge­halts­ga­ran­tie“ erzwingt nicht unbe­dingt ziel­glei­ches Ler­nen, son­dern ist ein Kri­te­ri­um, wann zwar von Inklu­si­on, nicht aber von inklu­si­vem Fach­ler­nen gespro­chen wer­den kann.

1vgl. http://​www​.tau​ben​schlag​.de; Flat­ken, Regi­na (2013): His­to­ri­sche Iden­ti­täts­ar­beit als Bei­trag zur Inklu­si­on. Erar­bei­tung von Kri­te­ri­en für Mate­ria­li­en zur Geschich­te und Kul­tur von Men­schen mit Hör­schä­di­gung zur Nut­zung im inklu­si­ven Geschichts­un­ter­richt. BA-Arbeit. Uni­ver­si­tät Ham­burg, Ham­burg. Fakul­tät für Erzie­hungs­wis­sen­schaft; AB Geschichts­di­dak­tik.; dies. (2016): Gehör­lo­se his­to­ri­sche Iden­ti­tät? Erkun­dun­gen zu his­to­ri­schen Lern­in­ter­es­sen und ‑erfah­run­gen gehör­lo­ser Schü­le­rin­nen und Schü­ler. M.Ed.-Schrift. Uni­ver­si­tät Ham­burg, Ham­burg. Fakul­tät für Erziehungswissenschaft.

2Feu­ser, Georg (2007): Ler­nen am Gemein­sa­men Gegen­stand. Vor­trag im Rah­men der Vor­trags­rei­he “Offe­ner Unter­richt — Ant­wort auf Hete­ro­ge­ni­tät” der Päd­ago­gi­schen Hoch­schu­le Zen­tral­schweiz. Luzern, 2/​11/​2007.

3Vgl. Lan­des­in­sti­tut für Leh­rer­bil­dung und Schul­ent­wick­lung Ham­burg (o. J.): Pro­fes­si­ons­pro­fil einer inklu­si­ve den­ken­den und han­deln­den Lehr­kraft im Vor­be­rei­tungs­dienst [Ent­wurf], S. 1f.

Stellungnahme zum “KMK-Kerncurriculum” für das Geschichtsstudium

17. September 2009 Andreas Körber Keine Kommentare

Kör­ber, Andre­as u. Mit­arb. v. Jan-Patrick Bau­er, Wal­traud Schrei­ber und Bodo von Bor­ries (2008):  Stel­lung­nah­me zum Ent­wurf der „Län­der­ge­mein­sa­men inhalt­li­chen Anfor­de­run­gen für die Fach­wis­sen­schaf­ten und Fach­di­dak­ti­ken in der Leh­re­rin­nen- und Leh­rer­bil­dung“ für das Fach Geschichte.

Stellungnahme_​KMK_​Bildungsstandards_​Lehrerbildung_​2008_​8

 

Stel­lung­nah­me zum Ent­wurf der „Län­der­ge­mein­sa­men inhalt­li­chen Anfor­de­run­gen für die Fach­wis­sen­schaf­ten und Fach­di­dak­ti­ken in der Leh­re­rin­nen- und Leh­rer­bil­dung“ für das Fach Geschich­te1

unter Mit­ar­beit von Jan-Patrick Bau­er (Ham­burg), Wal­traud Schrei­ber (Eich­stätt); Bodo von Bor­ries (Ham­burg)

Glie­de­rung

1 Ein­lei­ten­de Bemer­kun­gen 1

2 Anmer­kun­gen zu den Kom­pe­tenz­for­mu­lie­run­gen 2

3 Anmer­kun­gen zu den Stu­di­en­in­hal­ten 5

4 Alter­na­tiv­for­mu­lie­run­gen 7

5 Lite­ra­tur 10

  1. Ein­lei­ten­de Bemerkungen

Der Ent­wurf der fach­spe­zi­fi­schen Bil­dungs­stan­dards für die Leh­rer­aus­bil­dung im Fach Geschich­te folgt mit sei­ner Ein­tei­lung in ein „fach­spe­zi­fi­sches Kom­pe­tenz­pro­fil“ (7.1) und „Stu­di­en­in­hal­te“ (7.2) offen­kun­dig einer für das gan­ze Doku­ment gül­ti­gen Glie­de­rung. Die­se Ter­mi­no­lo­gie selbst soll daher hier nicht eigens kri­ti­siert wer­den. Es sei nur dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Begriff „Kom­pe­tenz­pro­fil“ hier in einer Art und Wei­se ver­wen­det wird, die zumin­dest in der neue­ren Debat­te um Kom­pe­ten­zen und Bil­dungs­stan­dards unüb­lich ist.2 Der zu kom­men­tie­ren­de Text basiert hin­ge­gen nicht auf einem der­ar­ti­gen aus­for­mu­lier­ten Kom­pe­tenz­mo­dell, son­dern ist allen­falls eine Vor­ar­beit zu einem sol­chen. Die in ihm (7.1) for­mu­lier­ten Fähig­kei­ten stel­len somit das Rudi­ment eines Kom­pe­tenz­mo­dells dar, noch nicht aber ein Kompetenzprofil.

Eine wei­te­re Vor­be­mer­kung erscheint nötig: Die für alle Fächer gemein­sa­me tabel­la­ri­sche Struk­tur mit nur stich­punkt­ar­ti­ger (Kom­pe­ten­zen) und gar stich­wort­ar­ti­ger (Stu­di­en­in­hal­te) Auf­lis­tung bringt ein Pro­blem mit sich, näm­lich das der Balan­ce zwi­schen bei­na­he über­flüs­si­ger All­ge­mein­heit einer- und einer die wis­sen­schaft­li­che Lehr­frei­heit beein­träch­ti­gen­den Fest­le­gung ande­rer­seits. An einem Bei­spiel: Die Fest­le­gung, zum Stu­di­um einer (Teil-)Disziplin gehör­ten „zen­tra­le Kate­go­rien, Ansät­ze und Kon­zep­te“ der­sel­ben, ist ent­we­der über­flüs­sig, weil ohne die­se eine wis­sen­schaft­li­che Bil­dung nicht zu haben ist, oder aber nicht hin­rei­chend, weil mit ihr nicht fest­ge­legt wird, wel­che Art von Kon­zep­ten, Theo­rien und Kate­go­rien gefor­dert wer­den. Das ist gera­de mit Blick auf die Fach­di­dak­ti­ken ein wesent­li­cher Punkt, weil sich hier das jewei­li­ge Ver­ständ­nis von Fach­di­dak­tik wider­spie­gelt. Ob und inwie­fern unter den „zen­tra­len Kate­go­rien, Ansät­zen und Kon­zep­ten“ sol­che der Prag­ma­tik gemeint sind, also fach­be­zo­ge­ne Lehr- und Lern­kon­zep­te, methodische 

Groß­for­men usw., oder ob dar­un­ter auch sol­cher der fach­di­dak­ti­schen bzw. fach- oder domä­nen­spe­zi­fi­schen Empi­rie und Theo­rie fal­len, wird gera­de nicht deut­lich. Im Sin­ne der Siche­rung der Wis­sen­schaft­lich­keit auch der fach­di­dak­ti­schen Aus­bil­dung erscheint es daher sinn­voll, in einem sol­chen Papier eher kon­kre­te­re Anga­ben zu ver­lan­gen, die dann aber nicht nur hin­sicht­lich der ein­zel­nen For­mu­lie­run­gen, son­dern auch in der Zusam­men­schau dahin­ge­hend beur­teilt wer­den müs­sen, wel­ches Fach- und Dis­zi­plin­ver­ständ­nis sie aus­wei­sen. Es ist daher durch­aus denk­bar und sogar wahr­schein­lich, dass ein Teil der im Fol­gen­den kri­ti­sier­ten Ein­zel­hei­ten eher mit den struk­tu­rel­len Vor­ga­ben zu erklä­ren ist als mit einem pro­ble­ma­ti­schen Fach- und Lehr­ver­ständ­nis der Autoren. 

  1. Anmer­kun­gen zu den Kompetenzformulierungen

Die Ent­ge­gen­stel­lung von „wis­sen­schaft­lich“ und „fach­di­dak­tisch“ im ers­ten Satz von 7.1 ist dis­zi­plin­theo­re­tisch wie ‑poli­tisch nicht halt­bar. Sie greift auf ein ver­al­te­tes und zumin­dest in der Geschichts­di­dak­tik seit Mit­te der 1970er Jah­re über­hol­tes Ver­ständ­nis der eige­nen Dis­zi­plin als einer nicht wis­sen­schaft­li­chen Orga­ni­sa­ti­ons­form zurück. Auch wenn die­se Denk­wei­se in der Fach­wis­sen­schaft immer wie­der vor­zu­fin­den ist,3 kann ihr jedoch nicht zuge­stimmt wer­den. Die­ses Ver­ständ­nis von Fach­di­dak­tik all­ge­mein und Geschichts­di­dak­tik im Beson­de­ren wird weder den dis­zi­plin­theo­re­ti­schen Erkennt­nis­sen der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te noch den bil­dungs­wis­sen­schaft­lich-päd­ago­gi­schen Erfor­der­nis­sen der Jah­re seit PISA gerecht. Selbst wenn Geschichts­di­dak­tik hier als „Didak­tik des Schul­fa­ches Geschich­te“ ver­stan­den wird, kann und muss sie unter den domä­nen­spe­zi­fi­schen epis­te­mo­lo­gi­schen Bedin­gun­gen im Rah­men post­tra­di­tio­na­ler und hete­ro­ge­ner Gesell­schaf­ten als wis­sen­schaft­li­che Dis­zi­plin kon­zi­piert sein. Das bedeu­tet, dass sie sowohl die Refle­xi­on des gesam­ten Fel­des his­to­ri­schen Den­kens und Wis­sens einer Gesell­schaft und ihrer Teil­grup­pen, ihrer For­men und Funk­tio­nen, sei­ner Ent­ste­hung und Tra­die­rung (u.a. durch For­schung, aber auch durch For­men des kol­lek­ti­ven Gedächt­nis­ses und Erin­nerns) wie auch der Pro­zes­se von Auf- und Umbau der hier­zu nöti­gen Fähig­kei­ten wis­sen­schaft­lich in den Blick neh­men muss,4 gera­de weil his­to­ri­sches Ler­nen in der moder­nen Gesell­schaft nur inner­halb die­ses Rah­men statt­fin­den kann. In ihren Zustän­dig­keits­be­reich fal­len daher sowohl auf die Ver­gan­gen­heit bezo­ge­ne (d.h. im enge­ren Sin­ne „fach­wis­sen­schaft­li­che“) theo­re­ti­sche und empi­ri­sche Ver­fah­ren und Aus­sa­gen als auch auf die Gegen­wart bezo­ge­ne Fra­gen von Theo­rie, Metho­dik und Ergeb­nis­sen his­to­ri­schen Den­kens in der Gesellschaft. 

Die erwähn­te For­mu­lie­rung impli­ziert die erneu­te Fokus­sie­rung der Auf­ga­be von Fach­di­dak­tik auf die Ver­mitt­lung ander­wei­tig, d.h. von der his­to­ri­schen For­schung erar­bei­te­ten Wis­sens in insti­tu­tio­nel­len Lern- und Bil­dungs­pro­zes­sen und somit die Aus­blen­dung von außer­wis­sen­schaft­li­chen Pro­zes­sen his­to­ri­scher Ori­en­tie­rung. Damit aber ist eine für post­tra­di­tio­na­le und hete­ro­ge­ne, plu­ra­le Gesell­schaf­ten schäd­li­che Ein­schrän­kung mög­li­cher und not­wen­di­ger Ziel­set­zun­gen his­to­ri­schen Ler­nens ver­bun­den: Eine Geschichts­di­dak­tik, die sich nur auf die in den inkri­mi­nier­ten For­mu­lie­run­gen ange­deu­te­te Ver­mitt­lungs­funk­ti­on bzw. die Befä­hi­gung von Leh­rern zur Aus­übung die­ser Funk­ti­on beschränkt, ver­liert aus dem Blick, dass his­to­ri­sches Wis­sen und Ler­nen den „Adres­sa­ten“ (bes­ser: Sub­jek­ten) his­to­ri­scher Bil­dungs­pro­zes­se heut­zu­ta­ge in ganz ande­ren Lebens­zu­sam­men­hän­gen und For­men begeg­net, und dass his­to­ri­sche Lern­pro­zes­se somit nicht in der mög­lichst opti­mier­ten Ver­mitt­lung fer­ti­gen Wis­sens bestehen kön­nen, son­dern auf die Befä­hi­gung zur Teil­ha­be an plu­ra­lem und kon­tro­ver­sem gesell­schaft­li­chen Umgang mit Geschich­te vor­be­rei­ten müssen.

Hin­ter­grund die­ses Ver­ständ­nis­ses von Geschichts­di­dak­tik und geschichts­di­dak­ti­schem Stu­di­um ist die Ein­sicht, dass Leh­re­rin­nen und Leh­rer in der plu­ra­len und hete­ro­ge­nen Gesell­schaft, in wel­cher auf demo­kra­ti­schem Wege um his­to­ri­sche Deu­tun­gen und ihre Ver­bind­lich­keit (Geschichts­po­li­tik) gerun­gen wird, ihre Auf­ga­be nicht erfül­len kön­nen ohne die durch wis­sen­schaft­li­che Bil­dung erwor­be­ne grund­le­gen­de Fähig­kei­ten und Fer­tig­kei­ten und die Bereit­schaft, die­se Debat­ten selbst nach- und mit­zu­voll­zie­hen, sich an ihnen zu betei­li­gen, sowie die kul­tu­rell und sozi­al gepräg­ten Geschichts­be­dürf­nis­se und ‑ver­ständ­nis­se der Schü­le­rin­nen und Schü­ler wie auch ihrer Eltern zu ver­ste­hen und sich zu ihnen zu ver­hal­ten. Gera­de auch die Mit­ar­beit von Leh­re­rin­nen und Leh­rern an zukünf­ti­gen Wei­ter­ent­wick­lun­gen der Geschichts­di­dak­tik wie der Richt­li­ni­en erfor­dert die­se wis­sen­schaft­li­chen Fähig­kei­ten der Ana­ly­se und Teil­ha­be an der gesell­schaft­li­chen Geschichts­kul­tur. Geschichts­di­dak­tik ist auch für die zukünf­ti­gen Leh­rer nicht (mehr) „Anwen­dungs­wis­sen­schaft“, son­dern eine wis­sen­schaft­li­che Zugangs­wei­se zum eige­nen „Fach“.5

Das glei­che pro­ble­ma­ti­sche Ver­ständ­nis des Ver­hält­nis­ses und Zusam­men­han­ges von Fach­wis­sen­schaft und Fach­di­dak­tik bzw. der Kon­sti­tu­ti­on der Dis­zi­plin und der Stu­di­en­fä­cher liegt offen­kun­dig auch den in 7.2 zusam­men­ge­stell­ten „Stu­di­en­in­hal­ten“ zu Grun­de. In 7.1 auf­ge­stell­te For­de­run­gen wer­den durch die Auf­zäh­lung der Inhal­te in 7.2 nicht ein­ge­löst, das anvi­sier­te Niveau wird deut­lich unter­schrit­ten, etwa indem moder­ne, v.a. kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Kon­zep­te his­to­ri­scher For­schung weit­ge­hend feh­len. Es fin­det sich zwar die For­de­rung, dass ver­schie­de­ne „Ansät­ze und Kon­zep­te der Geschichts­di­dak­tik“ eben­so the­ma­ti­siert wer­den sol­len, wie die „kogni­ti­ve, emo­tio­na­le und sozia­le Dimen­si­on“ sowohl der „Aneig­nung von his­to­ri­schem Wis­sen“ wie auch der „Mani­fes­ta­ti­on von sozialer/​kultureller Erin­ne­rung“, jedoch ste­hen die­se Stu­di­en­in­hal­te addi­tiv neben einer gera­de­zu posi­ti­vis­ti­schen Auf­lis­tung fach­wis­sen­schaft­li­cher Inhalte. 

Ver­bin­dun­gen zwi­schen bei­den Wis­sens­be­stän­den feh­len gänz­lich. Dies sug­ge­riert zumin­dest, dass die auf­ge­zähl­ten fach­wis­sen­schaft­li­chen Stu­di­en­in­hal­te als Wis­sens­be­stän­de als fest­ste­hen­de und einer wei­te­ren Legi­ti­ma­ti­on nicht bedürf­ti­ge Inhal­te ange­se­hen wer­den. Eine For­de­rung, dass die Stu­di­en­ab­sol­ven­ten in der Lage sein soll­ten, die gegen­wär­ti­ge Bedeu­tung kon­kre­ter his­to­ri­scher The­men in der Gesell­schaft selbst­stän­dig zu reflek­tie­ren, kon­tro­ver­se Deu­tun­gen und ihre Funk­ti­on für aktu­el­le (auch poli­ti­sche) Ori­en­tie­rung zu reflek­tie­ren, und Lern­pro­zes­se von die­ser Ana­ly­se der Gegen­warts­be­deu­tung her zu kon­zi­pie­ren, fehlt völ­lig, bzw. wird für die Sekun­dar­stu­fe II nur sehr leicht angedeutet.

Zu die­sem Befund trägt bei, dass gera­de auch beim „fach­spe­zi­fi­schen Kom­pe­tenz­pro­fil“ jeg­li­che For­mu­lie­rung einer Fähig­keit zur Wahr­neh­mung, Refle­xi­on und Beur­tei­lung der gesell­schaft­li­chen Rele­vanz his­to­ri­schen Wis­sens und der Nut­zung die­ses Wis­sens für die Kon­zep­ti­on und Pla­nung kon­kre­ter Lern­pro­zes­se fehlt. (Fach-)historisches Wis­sen und fach­di­dak­ti­sches Wis­sen erschei­nen hier als zwei von­ein­an­der getrenn­te Wis­sens­be­rei­che, die in einem funk­tio­na­len Ablei­tungs­ver­hält­nis zuein­an­der ste­hen: Didak­tik ist die Fähig­keit, das eige­ne, erwor­be­ne (und selbst­stän­dig erwei­ter­te) Fach­wis­sen in Lern­pro­zes­se umzu­set­zen. Auch hier zeigt sich die ver­kür­zen­de Ten­denz des Tex­tes, Fach­di­dak­tik als eine (allen­falls moder­ni­sier­te) Fach­me­tho­dik zu ver­ste­hen und die von ihr in den Blick zu neh­men­den Lern­pro­zes­se in der Schu­le als Ver­mitt­lung fest­ste­hen­den Wis­sens an Schü­le­rin­nen und Schü­ler als „Adres­sa­ten“. Die­ses Ver­ständ­nis unter­läuft die geschichts­di­dak­ti­schen und geschichts­wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­se der Gegen­warts­ge­bun­den­heit und des Gegen­warts- und Lebens­welt­be­zu­ges allen his­to­ri­schen Wis­sens und Ler­nens, der per­spek­ti­vi­schen Kon­struk­ti­vi­tät die­ses Wis­sens wie auch päd­ago­gi­sche, bes. lern­theo­re­ti­sche und lern­psy­cho­lo­gi­sche Erkennt­nis­se von Schülerorientierung.

In die­ses Bild passt des Wei­te­ren, dass unter den fach­spe­zi­fi­schen Kom­pe­ten­zen zwar das Wis­sen um Pro­blem­stel­lun­gen auf­ge­führt ist (7.1.2), dass hier­un­ter aber gera­de nicht die Fähig­keit begrif­fen wird, neu auf­tre­ten­de Pro­blem­stel­lun­gen und Dis­kus­sio­nen zu reflek­tie­ren, son­dern dass es nur um die Erkennt­nis von Per­sis­tenz fach­wis­sen­schaft­li­cher Pro­ble­me geht.

Cha­rak­te­ris­tisch hier­für ist eben­so, dass an kei­ner Stel­le ein­ge­for­dert wird, die erkennt­nis­theo­re­ti­schen Grund­la­gen der eige­nen Dis­zi­plin und ihre lei­ten­den Begrif­fe und Kon­zep­te reflek­tie­ren zu kön­nen. Dies betrifft ins­be­son­de­re (aber nicht aus­schließ­lich) die orga­ni­sie­ren­den und struk­tu­rie­ren­den Kon­zep­te und Kate­go­rien des Faches. Der Ver­weis auf „Grund­wis­sen aus allen his­to­ri­schen Epo­chen“ und allen räum­li­chen Maß­stab­s­ebe­nen bedürf­te drin­gend einer Ergän­zung um die For­de­rung, die Grund­la­gen der­ar­ti­ger Ein­tei­lun­gen (Epo­chen­be­grif­fe, Sek­to­ren der Dis­zi­plin etc.) selbst zu reflek­tie­ren. Die in der Fach­wis­sen­schaft mit dem Schlag­wort vom „Ende der gro­ßen Erzäh­lun­gen“ mar­kier­ten Ein­sich­ten, die kate­go­ria­len Fra­ge­stel­lun­gen, fin­den hier kei­ne Berück­sich­ti­gung. Auch hier ent­steht der Ein­druck, dass von zukünf­ti­gen Geschichts­leh­rern zwar eine dif­fe­ren­zier­te und im Ansatz (fach-)problemorientierte Geschichtskun­de erwar­tet wer­den soll als Vor­aus­set­zung für die Pla­nung einer Ver­mitt­lung die­ses Wis­sens an die jün­ge­re Gene­ra­ti­on, nicht aber die Fähig­keit zur Refle­xi­on des erkennt­nis­theo­re­ti­schen Sta­tus die­ses Wis­sens und sei­ner Struk­tu­rie­rungs­for­men selbst. Letz­te­res ist aber gera­de in post­tra­di­tio­na­len und hete­ro­ge­nen Gesell­schaf­ten drin­gend erfor­der­lich, in denen kei­nes­wegs von einem ein­heit­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­raum mit umfas­sen­dem „com­mon ground“ der Mit­glie­der aus­ge­gan­gen wer­den kann. Weder kön­nen Geschichts­leh­rer in Zukunft davon aus­ge­hen, dass alle Schü­le­rin­nen und Schü­ler von zu Hau­se das glei­che ter­mi­no­lo­gi­sche und kon­zep­tu­el­le Instru­men­ta­ri­um „mit­brin­gen“, noch, dass sie in ihrer nach­schu­li­schen Zukunft mit dem klas­si­schen Voka­bu­lar und den klas­si­schen Kon­zep­ten der west­lich-euro­päi­schen oder gar der deut­schen Geschichts­wis­sen­schaft aus­kom­men. Die For­de­rung nach der Beherr­schung der „Metho­den und Arbeits­tech­ni­ken“ des Faches muss also drin­gend ergänzt wer­den um die For­de­rung nach der Beherr­schung erkennt­nis­theo­re­ti­scher und fach­kon­sti­tu­ti­ver Kon­zep­te und Kate­go­rien, der Befä­hi­gung zur Refle­xi­on und ggf. Über­set­zung von Fra­ge­stel­lun­gen und Erkennt­nis­pro­ble­men aus der Fach- in die ver­schie­de­nen Lebens­welt­spra­chen der Schü­le­rin­nen und Schüler.

Eben­so cha­rak­te­ris­tisch ist die in 7.1.7 for­mu­lier­te For­de­rung, das „Wis­sen um die his­to­ri­sche Prä­gung der Gegen­wart“ ver­mit­teln zu kön­nen als Bei­trag zur poli­ti­schen Par­ti­zi­pa­ti­ons­fä­hig­keit. Die­se For­de­rung ist sicher­lich rich­tig, aber sie hal­biert die Anfor­de­rung. Zur Par­ti­zi­pa­ti­ons­fä­hig­keit in unse­rer Gesell­schaft gehört nicht nur, um ihre „his­to­ri­sche Prä­gung“ zu wis­sen, son­dern auch die Prä­gung der Geschichts­bil­der und der his­to­ri­schen Auf­fas­sun­gen durch die gegen­wär­ti­gen Per­spek­ti­ven (im Plu­ral) reflek­tie­ren zu kön­nen. Wenn nicht gar von Schü­le­rin­nen und Schü­lern als zukünf­ti­gen Bür­gern der Gesell­schaft, so doch zumin­dest von den Geschichts­leh­rern muss ver­langt wer­den, dass sie auch über die Prä­gung der Geschich­te (als mit Sinn ver­se­he­ner re-kon­stru­ier­ter Ver­gan­gen­heit) durch gegen­wär­ti­ge Fra­gen, Sinn­an­ge­bo­te etc. reflek­tie­ren können. 

Glei­ches gilt für die For­mu­lie­rung, die Absol­ven­ten von Lehr­amts­stu­di­en­gän­gen müss­ten „rele­van­te fach­li­che For­schungs­er­geb­nis­se und Dis­kur­se“ (immer­hin) in Gegen­stän­de his­to­ri­schen Ler­nens „umwan­deln“ kön­nen. Das ist sicher­lich eine berech­tig­te For­de­rung – aber ohne die kor­re­spon­die­ren­de Qua­li­fi­ka­ti­on, auch aus lebens­welt­li­chen und gesell­schaft­li­chen Fra­ge­stel­lun­gen his­to­ri­sche Lern­ge­gen­stän­de (bes­ser: The­men) kon­zi­pie­ren zu kön­nen, und dazu fach­wis­sen­schaft­li­che Fra­ge­stel­lun­gen, Dis­kur­se und Ergeb­nis­se eigen­stän­dig und durch­aus auch kri­tisch zu nut­zen, bleibt es Aus­weis einer abbild­di­dak­ti­schen Konzeption.

Das die­sen Anfor­de­run­gen offen­kun­dig zu Grun­de lie­gen­de Lern­kon­zept kann mit „Ler­nen machen“ im Sin­ne einer Über­mitt­lung von Kennt­nis­sen, Ein­sich­ten (und wohl auch Wer­ten) an die Rezi­pi­en­ten umschrie­ben wer­den. Es wider­spricht damit moder­nen Erkennt­nis­sen der Lern­psy­cho­lo­gie, ins­be­son­de­re zur Aneig­nung, Reprä­sen­ta­ti­on und Kon­struk­ti­on domä­nen­spe­zi­fi­schen Wis­sens, dem­zu­fol­ge Ler­nen ein an Inter­es­sen und Bedürf­nis­sen aus­ge­rich­te­ter, kom­ple­xer Kon­struk­ti­ons­pro­zess ist.

Aus spe­zi­fisch päd­ago­gi­scher Per­spek­ti­ve ist zu bemän­geln, dass den Autoren des Ent­wurfs die Lern­mo­ti­va­ti­on der Schü­le­rin­nen und Schü­ler offen­kun­dig nur als Funk­ti­on des Grund­wis­sens des Leh­rers vor­stell­bar ist (7.1.8). Schü­le­rin­nen und Schü­ler müs­sen ihnen zufol­ge offen­kun­dig zwin­gend extrin­sisch moti­viert wer­den und die zen­tra­le Varia­ble dafür ist das ver­füg­ba­re Grund­wis­sen des Leh­rers. Dass hier Ler­nen ten­den­zi­ell nicht als ein akti­ver Kon­struk­ti­ons­pro­zess von Welt gese­hen und die Rol­le des Leh­rers weni­ger als Lern­pla­ner und ‑beglei­ter ange­se­hen wird, ist deut­lich. Dem Ent­wurf der Bil­dungs­stan­dards liegt somit offen­kun­dig eine ver­al­te­te Lehr-/Lern­theo­rie zu Grunde.

Unter den Mate­ria­li­en und Medi­en, mit denen Absol­ven­ten eines his­to­ri­schen Lehr­amts­stu­di­ums umge­hen kön­nen müs­sen, sind im Ent­wurf nur „his­to­ri­sche Quel­len“ und „Ergeb­nis­se der For­schung“ benannt. Abge­se­hen davon, dass von einer refle­xi­ven Ver­fü­gung über die­se erkennt­nis­theo­re­ti­schen Kon­zep­te kei­ne Rede ist, ist zu kon­sta­tie­ren, dass offen­kun­dig von einem sehr ein­ge­schränk­ten Gegen­stands­feld his­to­ri­schen Den­kens als schul- und lern­re­le­vant aus­ge­gan­gen wird. Publi­zis­ti­sche und poli­ti­sche Tex­te his­to­ri­schen Inhalts wer­den hier eben­so wenig erwähnt, wie geschichts­kul­tu­rel­le (Re-)Präsentationsformen. Letz­te­re sol­len aus­weis­lich der Auf­lis­tung der Stu­di­en­in­hal­te in 7.2 (bemer­kens­wer­ter­wei­se nur im Bereich der Didak­tik) zwar the­ma­ti­siert wer­den, fach­li­che Kom­pe­tenz­an­for­de­run­gen gene­rie­ren sich offen­kun­dig dar­aus für die Autoren der Stan­dards nicht. Wie steht es also mit den Anfor­de­run­gen an zukünf­ti­ge Leh­rer wie an zukünf­ti­ge Mit­glie­der der Gesell­schaft, etwa kom­pe­tent mit Muse­en umzu­ge­hen, Pro­zes­se der Musea­li­sie­rung reflek­tie­ren zu kön­nen, alte und neue For­men öffent­li­cher Geschichts­prä­sen­ta­ti­on reflek­tie­ren und nut­zen zu können?

Die Anfor­de­run­gen in 7.1 sind immer­hin weit­ge­hend kom­pe­tenz­ori­en­tier­te, d.h. posi­tiv anschluss­fä­hi­ge Kön­nens- und Ver­fü­gens-For­mu­lie­run­gen, kei­ne defi­zit­ori­en­tier­ten Beschrei­bun­gen. Das bleibt aber inso­fern ohne Bedeu­tung, als dass kei­ner­lei Anga­ben über das Aus­maß der Beherr­schung der jewei­li­gen Fähig­kei­ten gemacht wer­den, und eini­ge der Anfor­de­run­gen in nicht-ope­ra­tio­na­li­sier­ter Form for­mu­liert sind (“ken­nen und erkennen”).

  1. Anmer­kun­gen zu den Studieninhalten

Auf den ers­ten Blick ist posi­tiv fest­zu­hal­ten, dass in der Grund­struk­tur (lei­der nicht durch­gän­gig) von einem gemein­sa­men Kompetenz“profil” der Absol­ven­ten für die unter­schied­li­chen Lehr­äm­ter (Sek I /​ Sek II) aus­ge­gan­gen wird, inso­fern grund­sätz­lich die glei­chen Stu­di­en­in­hal­te für alle Lehr­äm­ter vor­ge­se­hen sind, inner­halb derer eine Abstu­fung der Stu­di­en­um­fän­ge vor­ge­se­hen ist.

Aller­dings wird die­ser posi­ti­ve ers­te Ein­druck bei nähe­rem Hin­se­hen deut­lich getrübt, denn die kon­kre­te Aus­füh­rung der Stu­di­en­gangs­un­ter­schie­de befrie­digt nicht, und zwar in mehr­fa­cher Hinsicht:

Für die Absol­ven­ten der Sek II-Stu­di­en­gän­ge wird in vie­len Berei­chen ledig­lich ein “grö­ße­rer Ver­tie­fungs­grad” vor­ge­se­hen, ohne dass ange­ge­ben wür­de, in wel­cher Hin­sicht hier eine Ver­tie­fung mög­lich oder sinn­voll ist. Geht es nur um ein “Mehr” an Bei­spie­len oder kon­kre­ten Gegen­stän­den – oder um eine qua­li­ta­ti­ve Veränderung?

In for­ma­ler Hin­sicht fällt auf, dass hier unter den Stu­di­en­in­hal­ten eini­ge For­mu­lie­run­gen nicht Inhal­te benen­nen, son­dern (lei­der unscharf und nicht ope­ra­tio­na­li­sier­bar for­mu­lier­te) Zie­le: “Erfas­sen von …”. Wich­ti­ger ist aller­dings, dass der­ar­ti­ge For­mu­lie­run­gen nur für die Sek-II-Stu­die­ren­den vor­ge­se­hen sind. Falls das aus­sa­gen soll, dass den Sek‑I Stu­die­ren­den die in der lin­ken Spal­te auf­ge­führ­ten Inhal­te nur im Sin­ne fer­ti­gen dekla­ra­ti­ven Wis­sens prä­sen­tiert und ledig­lich ihre Repro­duk­ti­on erwar­tet wer­den sol­len, woge­gen die Sek-II-Absol­ven­ten eigen­stän­di­ge per­for­ma­ti­ve Leis­tun­gen erbrin­gen sol­len, ist dem ent­schie­den entgegenzutreten.

Wo kon­kre­te Ände­run­gen ange­ge­ben wer­den, wird das unter III.1 posi­tiv erwähn­te Prin­zip durch­bro­chen, indem doch wie­der ein­zel­ne Erkennt­nis­be­rei­che nur den Leh­rern für die Sekun­dar­stu­fe II vor­be­hal­ten wer­den. Das gilt beson­ders für fol­gen­de Punkte:

  • “Metho­den und Ansät­ze der selbstständige[n] For­schung” gel­ten offen­kun­dig als für Leh­rer der Sekun­dar­stu­fe I unnö­tig. Wie ist die­ses begrün­det? Gera­de unter dem Gesichts­punkt einer heut­zu­ta­ge allent­hal­ben gefor­der­ten Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung und der Aus­rich­tung auf his­to­ri­sche Erkennt­nis­leis­tun­gen müs­sen auch die Leh­rer der Sekun­dar­stu­fe I über grund­le­gen­de Fähig­kei­ten eige­ner For­schung ver­fü­gen. Dies ergibt sich zum Einen aus den Auf­ga­ben im Beruf:
    • In vie­len Lehr­plä­nen und Schul­bü­chern ist – sinn­vol­ler­wei­se – gera­de in den Anfangs­klas­sen eine Ein­füh­run­gen in den Gegen­stand Geschich­te vor­ge­se­hen, die die­se Leh­re­rin­nen und Leh­rer durch­zu­füh­ren haben.
    • Sowohl dabei, aber auch als eigen­stän­di­ge Metho­den und etwa im Rah­men des Geschichts­wett­be­werbs des Bun­des­prä­si­den­ten ist Pro­jekt­ar­beit im Sin­ne einer ele­men­ta­ri­sier­ten eige­nen For­schungs­ar­beit der Schü­le­rin­nen und Schü­ler gefor­dert. Hier­für müs­sen gera­de auch Sek-I-Leh­rer aus­ge­bil­det werden.
  • “Theo­rien des his­to­ri­schen Gedächt­nis­ses” soll­ten eben­falls nicht nur den Sek-II-Leh­rern ver­mit­telt und mit ihnen dis­ku­tiert wer­den. Dies wür­de bedeu­ten, dass ein wesent­li­cher Teil der Lehr­kräf­te, und mit ihnen die gro­ße Mehr­heit der Schü­le­rin­nen und Schü­ler, mit die­sem in den letz­ten Jah­ren ver­stärkt öffent­lich dis­ku­tier­ten The­men­be­reich, der gera­de auch als Gegen­stand der Fach­wis­sen­schaft eta­bliert ist und der Geschichts­kul­tur zuzu­rech­nen ist, nicht kate­go­ri­al befasst werden.

Eben­falls unver­ständ­lich ist, war­um nur Sek.-II-Lehrer “Kon­ti­nui­tä­ten und Dis­kon­ti­nui­tä­ten” erfas­sen kön­nen sol­len (dies betrifft alle Epo­chen). Beim his­to­ri­schen Den­ken geht es immer und kon­sti­tu­tiv dar­um, wahr­ge­nom­me­ne Ver­än­de­run­gen von (Lebens-)Verhältnissen im Zeit­ab­lauf erklär­bar zu machen, indem eine „Kon­ti­nui­täts­vor­stel­lung“ her­ge­stellt wird, d.h. um die Ver­ar­bei­tung zeit­li­cher Kon­tin­genz. Dass die Fähig­keit, die­ses selbst reflek­tiert zu voll­zie­hen, nur den Absol­ven­ten des höhe­ren Lehr­amts ver­mit­telt und abver­langt wer­den soll, ist schlech­ter­dings inak­zep­ta­bel. Leh­re­rin­nen und Leh­rer, die Ler­nen­de bei der Ent­wick­lung ihrer eige­nen Fähig­keit zu his­to­ri­schem Den­ken hel­fen sol­len, müs­sen die­se Fähig­keit alle in beson­de­rer Aus­prä­gung besit­zen. Ent­ge­gen der Ten­denz in der Vor­la­ge ist ggf. sogar dar­über nach­zu­den­ken, inwie­fern von den Sek-I-Leh­re­rin­nen und Leh­rern ein höhe­res, d.h. ela­bo­rier­te­res Niveau die­ser Kom­pe­tenz ver­langt wer­den soll, näm­lich eines, wel­ches kon­sti­tu­tiv die Fähig­keit zu kon­zep­tu­el­ler und begriff­li­cher Ele­men­ta­ri­sie­rung und zur Kon­struk­ti­on von Bei­spie­len beinhal­tet, die auch auf bil­dungs­fer­ne­re und jün­ge­re, d.h. weni­ger „fort­ge­schrit­te­ne“ Schü­lern zuge­schnit­ten sind. Ins­ge­samt zeigt sich, dass das gewähl­te Kri­te­ri­um der Abgren­zung der Stu­di­en­um­fän­ge wenig sinn­voll ist. 

Die Auf­zäh­lung der Stu­di­en­in­hal­te ist auch hin­sicht­lich der For­mu­lie­run­gen äußerst dis­pa­rat. Zum Teil wer­den schlicht Gegen­stän­de im Sin­ne ein­deu­tig begrenz­ter Ereig­nis- (“For­mie­rung Euro­pas”, “Ent­ste­hung der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka”) oder Struk­tur­kom­ple­xe (“Staat und Kir­che”) for­mu­liert und erwe­cken den Ein­druck von Über­schrif­ten zu fest­ste­hen­den Wis­sens­be­stän­den, die nur zu ver­mit­teln bzw. zu erwer­ben, nicht aber kate­go­ri­al und hin­sicht­lich der Kon­sti­tu­ti­on die­ses Wis­sens zu reflek­tie­ren sind. Dies betrifft beson­ders den Bereich der Alten Geschich­te, aber auch ein­zel­ne Inhal­te im Bereich der Neu­zeit („Ent­ste­hung der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka; Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on“). Ande­re Inhal­te sind eher kate­go­ri­al gefasst (“Krieg, Kon­flikt und Frie­den”). Sie kön­nen als Über­schrif­ten zu längs­schnitt­ar­ti­gen his­to­ri­schen Pro­ble­ma­ti­sie­run­gen („Ver­än­de­run­gen von …”) oder aber zu erkennt­nis­theo­re­tisch fun­dier­ten Refle­xi­ons­not­wen­dig­kei­ten (vor allem hin­sicht­lich der Pas­sung heu­ti­ger Kon­zep­te auf zeit­ge­nös­si­sche Denk- und Hand­lungs­wei­sen) gele­sen wer­den. Letz­te­res ist der über­le­ge­ne Zugang, wenn es um die (Aus-)Bildung von Leh­rern geht, d.h. von Orga­ni­sa­to­ren his­to­ri­scher Lern­pro­zes­se, und nicht von Ver­mitt­lern fest­ste­hen­der Wissensbestände. 

Die tabel­la­ri­sche Form der Auf­lis­tung der Stu­di­en­in­hal­te ver­hin­dert zwar kein pro­blem­ori­en­tier­tes und etwa längs­schnitt­ar­ti­ge Ver­glei­che kon­stru­ie­ren­des Stu­di­um – ein sol­ches wird bei intel­li­gen­ter Nut­zung der “epo­chen­über­grei­fen­den The­men” und ent­spre­chen­dem Ange­bot viel­leicht sogar ermög­licht – doch es wird an kei­ner Stel­le eine der­ar­ti­ge Pro­blem­ori­en­tie­rung vor­ge­se­hen. Die For­mu­lie­rung einer abge­schlos­se­nen Lis­te spe­zi­fi­scher “epo­chen­über­grei­fen­de The­men” lässt sogar befürch­ten, ande­re epo­chen­über­grei­fen­de Fra­ge­stel­lun­gen sei­en gar nicht erwünscht.

Gera­de ange­sichts der zuneh­men­den Hete­ro­ge­ni­tät der Schü­ler­schaft und der Not­wen­dig­keit der Her­stel­lung einer Kom­pa­ti­bi­li­tät (nicht: Iden­ti­tät) der his­to­ri­schen Denk­wei­sen der Schü­le­rin­nen und Schü­ler unter­ein­an­der wie mit ihren Eltern­häu­sern und ande­ren gesell­schaft­li­chen Grup­pen, ist die trotz aller struk­tur­ge­schicht­li­chen Prä­gung ver­blei­ben­de euro­zen­tri­sche Prä­gung zu bedau­ern. In die­ser Hin­sicht ver­langt der vor­lie­gen­de Ent­wurf von den zukünf­ti­gen Leh­rern kon­sti­tu­tiv weni­ger als die gül­ti­gen „ein­heit­li­chen Prü­fungs­an­for­de­run­gen für die Abitur­prü­fung“ (EPA 2005) von den Schü­lern – wenn auch ‘nach Mög­lich­keit’ und unter dem Vor­be­halt län­der­spe­zi­fi­scher Rege­lun­gen –, denen die Behand­lung eines außer­eu­ro­päi­schen Kul­tur­raums abver­langt wird.6

Aus dem glei­chen Gesichts­punkt her­aus ist das Feh­len jeg­li­cher Ver­pflich­tung auf irgend­ei­ne Beschäf­ti­gung mit gesell­schaft­li­cher Viel­falt (sozia­le, kul­tu­rel­le, sprach­li­che, geschlecht­li­che Hete­ro­ge­ni­tät sowohl in der Geschich­te als auch in ihrer Bedeu­tung für his­to­ri­sches Ler­nen) eigent­lich pro­ble­ma­tisch.7

In die­ser Hin­sicht ist das Feh­len jeg­li­cher For­de­rung, die Theo­rien, Ansät­ze, Fra­ge- und und For­schungs­kon­zep­tio­nen des Faches selbst zum Gegen­stand zu machen, ein wei­te­rer Aus­weis eines äußerst pro­ble­ma­ti­schen Ver­ständ­nis­ses von Fach und fach­li­chem schu­li­schen Ler­nen. Nicht nur sol­len offen­kun­dig für Schu­le die Ergeb­nis­se der fach­li­chen For­schung unab­hän­gig von den Prä­mis­sen, Fra­ge­stel­lun­gen, metho­di­schen Kon­zep­tio­nen ihrer Gewin­nung als qua­si objek­ti­ve und unbe­frag­ba­re Wis­sens­be­stän­de gel­ten, für zukünf­ti­ge Leh­re­rin­nen und Leh­rer scheint sogar die Fähig­keit, die­se metho­di­schen und kon­zep­tio­nel­len Vor­aus­set­zun­gen wis­sen­schaft­lich gewon­ne­nen his­to­ri­schen Wis­sens zu reflek­tie­ren ent­we­der nicht für nötig befun­den zu wer­den. Es fehlt also sowohl unter den Kom­pe­ten­zen wie unter den Stu­di­en­in­hal­ten der wich­ti­ge Hin­weis auf die theo­re­ti­schen Grund­la­gen des Faches und sei­ne Struk­tu­rie­rung, auf die Not­wen­dig­keit einer Beschäf­ti­gung mit Sek­to­ren, Ansät­zen, Theo­rien und „Schu­len“ und die Fähig­keit, die­ses Wis­sen bei der Refle­xi­on his­to­ri­scher Kennt­nis­se zu nutzen.

Ins­ge­samt ist die Auf­zäh­lung der Stu­di­en­in­hal­te noch viel zu posi­ti­vis­tisch gedacht. Dass und wie die­se his­to­ri­schen Gegen­stän­de zu The­men his­to­ri­schen Den­kens wer­den, auf Grund wel­cher gegen­wär­ti­ger Pro­blem­la­ge und Inter­es­sen sie für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ori­en­tie­rungs­re­le­vant wer­den, und mit wel­chem didak­tisch infor­mier­tem Blick­win­kel sie daher für Lehr­amts­an­wär­ter zu stu­die­ren wären, wird nicht deutlich. 

Die Stu­di­en­in­hal­te zum The­men­be­reich “Geschichts­di­dak­tik” sind ihrer­seits der moder­nen Geschichts­di­dak­tik inso­fern nicht ange­mes­sen, als sie offen­kun­dig grund­le­gend von Pro­zes­sen der Ver- oder gar Über­mitt­lung fest­ste­hen­der Wis­sens- und Deu­tungs­be­stän­de an die Schü­le­rin­nen und Schü­ler aus­ge­hen, und somit einem ver­al­te­ten Lern­be­griff fol­gen. Sowohl aus der erzie­hungs­wis­sen­schaft­li­chen wie auch aus der geschichts­di­dak­ti­schen und ‑theo­re­ti­schen Debat­te der letz­ten Jah­re müss­te die Kon­se­quenz gezo­gen wer­den, dass zwar Geschichts­wis­sen ver­mit­telt wer­den kann, die­ses aber solan­ge afunk­tio­nal bleibt, wie es dekla­ra­ti­ves Wis­sen bleibt; Geschichts­be­wusst­sein aber im Sin­ne eines Kom­ple­xes von Wahr­neh­mun­gen, Deu­tun­gen und Erwar­tun­gen, von Ein­sich­ten und Fähig­kei­ten aber kann – ent­ge­gen der For­mu­lie­rung im Ent­wurf – nicht “ver­mit­telt” wer­den, son­dern muss vom ein­zel­nen Ler­nen­den aktiv auf­ge­baut, kon­stru­iert wer­den. Ein der­ar­ti­ger Lern­be­griff ver­langt aber von den Lehr­kräf­ten ande­re Wis­sens­be­stän­de und Fähig­kei­ten als nur die Kennt­nis effek­ti­ver Vermittlungsstrategien. 

Die vor­lie­gen­de Auf­tei­lung der Stu­di­en­in­hal­te ver­kennt oder ver­deckt somit, dass didak­ti­sche Kom­pe­tenz mehr umfasst als die Fähig­keit, Lern­pro­zes­se zu pla­nen, durch­zu­füh­ren und zu ana­ly­sie­ren, son­dern dass sie grund­le­gen­de Fähig­kei­ten der Refle­xi­on über die Funk­ti­on und die Mög­lich­kei­ten his­to­ri­schen Den­kens und Erken­nens umfasst. Neben den in der Vor­la­ge unter „Geschichts­di­dak­tik“ auf­ge­führ­ten Stu­di­en­in­hal­ten müss­te daher – Fach­wis­sen­schaft sowie Didak­tik umgrei­fend bzw. mit­ein­an­der ver­bin­dend – die Anfor­de­rung auf­ge­führt wer­den, dass die Stu­die­ren­den über belast­ba­re Kon­zep­te und Begrif­fe zum Gegen­stand „Geschich­te“ und sei­ner indi­vi­du­el­len und kol­lek­ti­ven Funk­ti­on, zu erkennt­nis­theo­re­ti­schen Pro­ble­men ver­fü­gen sol­len, spe­zi­ell aber zum Kon­zept “Geschichts­be­wusst­sein”, zum Nar­ra­ti­vi­täts­kon­zept, zu Kom­pe­ten­zen his­to­ri­schen Den­kens (Kom­pe­tenz­mo­del­le mit Berei­chen und Niveaus), zur Dia­gnos­tik his­to­ri­scher Kom­pe­ten­zen und Fähigkeiten.

Auf der ande­ren Sei­te erscheint die For­mu­lie­rung „Pro­zes­se und Medi­en der Ver­mitt­lung von Geschichts­wis­sen und Geschichts­be­wusst­sein“ zu all­ge­mein. Hier wären auch in prag­ma­ti­scher Hin­sicht kon­kre­te­re For­mu­lie­run­gen wün­schens­wert, wie etwa „Metho­den und Medi­en insti­tu­tio­nel­len his­to­ri­schen Ler­nens“, aber auch – die­ser Aspekt fehlt eben­falls – „Kon­zep­te und Metho­den der Dia­gnos­tik his­to­ri­scher Kom­pe­tenz und der Leis­tungs­über­prü­fung“ und ähn­li­che Formulierungen.

  1. Alternativformulierungen

Im Rah­men die­ses Kom­men­tars kann und soll kein voll­stän­di­ger Alter­na­tiv­ent­wurf gelie­fert wer­den. Die fol­gen­den For­mu­lie­run­gen grei­fen auch (noch) nicht die Sprach­form und das tabel­la­ri­sche Lay­out der fächer­über­grei­fend ver­ein­heit­li­chen Vor­la­ge auf. Sie stre­ben kei­ne Voll­stän­dig­keit an (sind an vie­len Stel­len auch noch wei­ter aus­zu­dif­fe­ren­zie­ren), son­dern sol­len an eini­gen weni­gen Bei­spie­len die Rich­tung auf­zei­gen, in der unse­res Erach­tens bei einer Über­ar­bei­tung der Vor­la­ge zu den­ken ist. Auch dies kön­nen nur ers­te Anre­gun­gen für eine brei­te­re Dis­kus­si­on sein.

Fach­spe­zi­fi­sche Kompetenzen

Die Stu­di­en­ab­sol­ven­tin­nen und ‑absol­ven­ten der ers­ten Pha­se eines Lehr­amts­stu­di­en­gangs mit dem Fach Geschichte

  • ver­fü­gen über grund­le­gen­de Kom­pe­ten­zen des his­to­ri­schen Den­kens auf ela­bo­rier­tem Niveau,8 d.h.,
    • sie sind in der Lage, Fra­gen an Ver­gan­gen­heit und Geschich­te zu for­mu­lie­ren – u.a. aus gegen­wär­ti­gen eige­nen und frem­den (gesell­schaft­li­che) Ori­en­tie­rungs­be­dürf­nis­sen und Pro­blem­la­gen her­aus – und dabei gesell­schaft­lich anschluss­fä­hi­ge Kon­zep­te und Begrif­fe zu benut­zen, deren Exten­si­on und Inten­si­on sowie poli­ti­sche Bedeu­tung sie kri­tisch reflek­tie­ren können;
    • sie kön­nen grund­sätz­lich den Pro­zess der fach­wis­sen­schaft­li­chen Erstel­lung his­to­ri­schen Wis­sens skiz­zie­ren und nach­voll­zie­hen, an begrenz­ten aus­ge­wähl­ten Bei­spie­len auch selbst durch­füh­ren, und die Ergeb­nis­se der­ar­ti­ger For­schungs­ar­beit hin­sicht­lich ihrer Trag­fä­hig­keit und gesell­schaft­li­chen Rele­vanz reflektieren.
    • sie kön­nen wesent­li­che bei der his­to­ri­schen For­schungs­ar­beit ver­wen­de­te Metho­den und Arbeits­tech­ni­ken sowie die ihnen zu Grun­de lie­gen­den erkennt­nis­theo­re­ti­schen Prä­mis­sen erläu­tern und par­ti­ell selbst anwen­den sowie reflektieren.
    • sie sind in der Lage, ihnen und den Schü­le­rin­nen und Schü­lern in außer­schu­li­schen All­tag wie in der Schu­le begeg­nen­de his­to­ri­sche Aus­sa­gen und Dar­stel­lun­gen unter Rück­griff auf ein­ge­führ­te Ein­tei­lun­gen (etwa nach Gat­tun­gen, Sinn­bil­dungs­struk­tu­ren, Trif­tig­keits­kri­te­ri­en usw.) zu ana­ly­sie­ren (u.a. auf ihre jewei­li­gen Ent­ste­hungs­be­din­gun­gen, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­lo­gi­ken und ‑absich­ten) und ihren Gegen­warts­be­zug selbst­stän­dig zu formulieren.
    • sie sind in der Lage, in der eige­nen Gesell­schaft und in wesent­li­chen Teil­ge­sell­schaf­ten (Sub­kul­tu­ren) ver­wen­de­te Kon­zep­te zur Struk­tu­rie­rung und Kom­mu­ni­ka­ti­on his­to­ri­schen Wis­sens kor­rekt anzu­wen­den und kri­tisch zu reflektieren.
  • ver­fü­gen über grund­le­gen­des Wis­sen über und meh­re­re wis­sen­schaft­li­che und gesell­schaft­lich wirk­sa­me Theo­rien zu Funk­tio­nen und Ver­wen­dungs­wei­sen his­to­ri­schen Wis­sens in der Gesell­schaft. Sie ver­fü­gen über einen reflek­tier­ten Begriff his­to­ri­scher Bil­dung resp. des Bil­dungs­bei­tra­ges des Faches Geschichte,
  • ver­fü­gen über das in der nar­ra­ti­vis­ti­schen Geschichts­theo­rie zen­tra­le Kon­zept der Her­stel­lung von Vor­stel­lun­gen über den Zusam­men­hang zwi­schen unter­schied­li­chen Zeiten,
  • ken­nen Kon­zep­te der Her­stel­lung sozia­ler Kohä­renz und Iden­ti­tät durch Her­stel­lung gemein­sa­mer Geschichtsauffassungen,
  • kön­nen ver­gan­ge­ne und aktu­el­le Dis­kus­sio­nen und Bestim­mun­gen über den Bil­dungs­wert des Faches sowie Zie­le und Inhal­te his­to­ri­schen Ler­nens mit- und nach­voll­zie­hen und ein eige­nes Urteil zu die­sen Fra­gen begründen.
  • ver­fü­gen über einen wis­sen­schaft­lich fun­dier­ten, reflek­tier­ten und dif­fe­ren­zier­ten Begriff der Gegen­stän­de „Geschich­te“, „Ver­gan­gen­heit“ und „His­to­ri­sches Denken“;
  • ver­fü­gen über wis­sen­schaft­lich fun­dier­te Kon­zep­te zur Beschrei­bung und Kate­go­ri­sie­rung mensch­li­cher Lern­pro­zes­se und ihrer Bedin­gun­gen und For­men, d.h. sie
    • ver­fü­gen über ein Kon­zept der Unter­schei­dung unter­schied­li­cher Kennt­nis- und Fähig­keits­stän­de (bzw. „Kom­pe­tenz­ni­veaus“);
    • sind in der Lage, Ver­fah­ren der Kom­pe­tenz­dia­gnos­tik (Fest­stel­lung der Ver­fü­gung über bestimm­te Niveaus kon­kre­ter Kom­pe­ten­zen) und der Leis­tungs­mes­sung begrün­det für spe­zi­fi­sche Zwe­cke aus­zu­wäh­len und auf die jewei­li­ge Lern­grup­pe und den Gegen­stand hin auszuarbeiten;
    • gege­be­ne his­to­ri­sche Gegen­stän­de unter Rück­griff auf aner­kann­te Kon­zep­te und auf eige­ne Beur­tei­lun­gen der Kom­pe­tenz­ni­veaus der Schü­le­rin­nen und Schü­ler didak­tisch analysieren,
    • zu gege­be­nen oder selbst dia­gnos­ti­zier­ten Lern­not­wen­dig­kei­ten und ‑bedürf­nis­sen his­to­ri­sche Gegen­stän­de aus­wäh­len und didak­tisch-metho­disch strukturieren;
    • Die Absol­ven­tin­nen und Absol­ven­ten ver­fü­gen über die in der Gesell­schaft wie in der Fach­wis­sen­schaft ein­schlä­gi­gen und ver­brei­te­ten Struk­tu­rie­rungs- und Gegen­stands­be­grif­fe und kön­nen die­se zur eigen­stän­di­gen Erwei­te­rung ihres eige­nen his­to­ri­schen Fach­wis­sens nutzen.
    • Sie sind in der Lage, die in Fach­wis­sen­schaft wie außer­wis­sen­schaft­lich ver­brei­te­ten Medi­en his­to­ri­scher Kom­mu­ni­ka­ti­on kri­tisch zu nutzen.
    • ver­fü­gen über meh­re­re theo­re­tisch abge­si­cher­te Lern­be­grif­fe (etwa: Ler­nen als Infor­ma­ti­ons­an­eig­nung, Nach­ah­mungs­ler­nen, Ler­nen als Ver­hal­tens­än­de­rung; Ler­nen als akti­ver Auf­bau sinn­haf­ter Vor­stel­lun­gen über Wirk­lich­keit; …) und sind in der Lage, mit ihrer Hil­fe his­to­ri­sches Ler­nen zu pla­nen und zu analysieren;
    • ver­fü­gen über wis­sen­schaft­lich fun­dier­tes theo­re­ti­sches und empi­ri­sches Wis­sen über For­men his­to­ri­schen Den­kens und über die Fähig­keit, Niveaus his­to­ri­scher Denk­fä­hig­kei­ten bei Ler­nen­den unter Rück­griff auf wis­sen­schaft­li­che Kon­zep­te zu dia­gnos­ti­zie­ren, d.h. sie
    • ver­fü­gen über die Fähig­keit, gesell­schaft­li­che Bedin­gun­gen insti­tu­tio­na­li­sier­ter wie infor­mel­ler Pro­zes­se his­to­ri­schen Ler­nens zu ana­ly­sie­ren und auf ihrer Basis kon­kre­te Lern­pro­zes­se zu pla­nen; d.h., sie können

Stu­di­en­in­hal­te

Ver­fü­gen über

  • Epis­te­mo­lo­gi­sche und gegen­stands­struk­tu­rie­ren­de Kon­zep­te, z.B.
    • ein grund­le­gen­des Ver­ständ­nis von Geschich­te als eines nar­ra­tiv ver­fass­ten Wis­sens über Ver­gan­ge­nes, das (u.a.) zur Ori­en­tie­rung in der Gegen­wart und Zukunft dient
    • „Quel­le“, „Dar­stel­lung“, „Tra­di­ti­on“, „Über­rest“, „Doku­ment“, „Monu­ment“
    • ein reflek­tier­tes Kon­zept spe­zi­fisch his­to­ri­scher Objek­ti­vi­tät und ihrer Siche­rung (Wahr­heit, Objek­ti­vi­tät, Triftigkeiten)
    • Medi­en und Gattungen
    • Peri­odi­sie­run­gen, Epocheneinteilungen
    • einen wis­sen­schaft­lich fun­dier­ten Über­blick über Sek­to­ren und Ansät­ze der Geschichts­wis­sen­schaft samt der Fähig­keit, ihre jewei­li­gen Prä­mis­sen und Erkennt­nis­mög­lich­kei­ten zu reflek­tie­ren und auf eige­ne Fra­ge­stel­lun­gen zu beziehen.
  • Erkennt­nis­theo­rie, Metho­den und Arbeitsweisen
    • Re-Kon­struk­ti­on his­to­ri­scher Zusam­men­hän­ge auf der Basis eige­ner quel­len­ge­stütz­ter For­schung an begrenz­ten Fachgebieten
    • De-Kon­struk­ti­on his­to­ri­scher Dar­stel­lun­gen und Argu­men­ta­tio­nen zu brei­te­ren Themenspektren
  • Ori­en­tie­rungs­wis­sen
    • Kennt­nis meh­re­rer gän­gi­ger Peri­odi­sie­run­gen der euro­päi­schen Geschich­te (incl. Kunst­ge­schich­te und geschichts­kul­tu­rell ver­wen­de­ter) samt den ihnen zu Grun­de lie­gen­den Kri­te­ri­en und Per­spek­ti­ven und ihren Problemen.
    • Kennt­nis der wich­tigs­ten Cha­rak­te­ris­ti­ka der durch der­ar­ti­ge Peri­odi­sie­run­gen kon­sti­tu­ier­ten Epo­chen in jeweils meh­re­ren Sektoren
    • Kennt­nis der wesent­li­chen Sek­to­ren und Teil­dis­zi­pli­nen der aktu­el­len Geschichts­wis­sen­schaft samt ihren Prä­mis­sen und Fragestellungen;
    • Kennt­nis der wich­tigs­ten For­men und Pro­zes­se his­to­ri­scher Über­lie­fe­rung und Tra­die­rung (wis­sen­schaft­lich wie erin­ne­rungs- und geschichts­kul­tu­rell) samt ihrer Cha­rak­te­ris­ti­ken und Wirkungsweisen.

Literatur

Freie und Han­se­stadt Ham­burg, Behör­de für Bil­dung und Sport (2004): Bil­dungs­plan Acht­stu­fi­ges Gym­na­si­um. Sekun­dar­stu­fe I. Rah­men­plan Auf­ga­ben­ge­bie­te. Ham­burg: Behör­de für Bil­dung und Sport. <Online: http://​www​.ham​bur​ger​-bil​dungs​ser​ver​.de/​b​i​l​d​u​n​g​s​p​l​a​e​n​e​/​S​e​k​-​I​_​G​y​8​/​A​G​G​_​G​y​8​.​pdf>.

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Sab­row, Mar­tin (2005): “Nach dem Pyr­rhus­sieg. Bemer­kun­gen zur Zeit­ge­schich­te der Geschichts­di­dak­tik.” In: Zeit­his­to­ri­sche For­schun­gen 2; 2; S. 268 – 273.

Schö­ne­mann, Bernd (2007): “Zum Stand der Dis­zi­plin.” In: Schö­ne­mann, Bernd; Voit, Hart­mut (Hrsg.; 2007): Euro­pa in his­to­risch-didak­ti­schen Per­spek­ti­ven (clo­ne).1. Aufl. Aufl. Idstein: Schulz-Kirch­ner (Schrif­ten zur Geschichts­di­dak­tik; 22), S. 11 – 20.

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1Ad-hoc-Arbeits­grup­pe „Inhalt­li­che Anfor­de­run­gen“ der KMK (17.06.2008): Län­der­ge­mein­sa­me inhalt­li­che Anfor­de­run­gen für die Fach­wis­sen­schaf­ten und Fach­di­dak­ti­ken in der Leh­re­rin­nen- und Leh­rer­bil­dung; Dar­in. Kap.7: Fun­ke, Peter; Schna­bel-Schü­le, Hel­ga; u. Mit­wir­kung v. Schö­ne­mann, Bernd: „Geschich­te“ (Kap. 7) (S. 20/​21).

2Der Begriff bezeich­net übli­cher­wei­se die bei kon­kre­ten Indi­vi­du­en vor­find­li­che Kom­bi­na­ti­on von Aus­prä­gun­gen ver­schie­de­ner Kom­pe­tenz­be­rei­che auf der Basis eines aus­ge­ar­bei­te­ten Kom­pe­tenz­mo­dells, wel­ches ver­schie­de­ne Kom­pe­tenz­be­rei­che oder auch ein­zel­ne Kom­pe­ten­zen und ver­schie­de­ne mög­li­che Niveaus (Aus­prä­gun­gen) die­ser Kom­pe­ten­zen aus­weist; vgl. Ham­mann, Mar­cus (2004): “Kom­pe­tenz­ent­wick­lungs­mo­del­le.” In: Der mathe­ma­ti­sche und natur­wis­sen­schaft­li­che Unter­richt 57; 4; S. 196 – 203.Ham­mann, Mar­cus (2004): “Kom­pe­tenz­ent­wick­lungs­mo­del­le.” In: Der mathe­ma­ti­sche und natur­wis­sen­schaft­li­che Unter­richt 57; 4; S. 196 – 203; Ham­mann, Mar­cus (2006): “Kom­pe­tenz­för­de­rung und Auf­ga­ben­ent­wick­lung.” In: Der mathe­ma­ti­sche und natur­wis­sen­schaft­li­che Unter­richt 59; 2; S. 85 – 95.Ders. (2006): “Kom­pe­tenz­för­de­rung und Auf­ga­ben­ent­wick­lung.” In: Der mathe­ma­ti­sche und natur­wis­sen­schaft­li­che Unter­richt 59; 2; S. 85 – 95.

3Zuletzt dezi­diert Sab­row, Mar­tin (2005): “Nach dem Pyr­rhus­sieg. Bemer­kun­gen zur Zeit­ge­schich­te der Geschichts­di­dak­tik.” In: Zeit­his­to­ri­sche For­schun­gen 2; 2; S. 268 – 273.Sab­row, Mar­tin (2005): “Nach dem Pyr­rhus­sieg. Bemer­kun­gen zur Zeit­ge­schich­te der Geschichts­di­dak­tik.” In: Zeit­his­to­ri­sche For­schun­gen 2; 2; S. 268 – 273.; vgl. dazu Schö­ne­mann, Bernd (2007): “Zum Stand der Dis­zi­plin.” In: Schö­ne­mann, Bernd; Voit, Hart­mut (Hrsg.; 2007): Euro­pa in his­to­risch-didak­ti­schen Per­spek­ti­ven (clo­ne).1. Aufl. Aufl. Idstein: Schulz-Kirch­ner (Schrif­ten zur Geschichts­di­dak­tik; 22), S. 11 – 20.Schö­ne­mann, Bernd (2007): “Zum Stand der Dis­zi­plin.” In: Schö­ne­mann, Bernd; Voit, Hart­mut (Hrsg.; 2007): Euro­pa in his­to­risch-didak­ti­schen Per­spek­ti­ven. 1. Aufl. Idstein: Schulz-Kirch­ner (Schrif­ten zur Geschichts­di­dak­tik; 22), S. 11 – 20, hier S. 15f.

4Die­sen engen und die Exis­tenz der Dis­zi­plin begrün­den­den Bezug auf das Schul­fach hat die Geschichts­di­dak­tik zu Recht seit meh­re­ren Jahr­zehn­ten über­wun­den. Ihr Objekt ist nicht (allein) das Ler­nen im Fach Geschich­te in der Schu­le, son­dern der indi­vi­du­el­le und gesell­schaft­li­che Umgang mit Geschich­te, bei dem das schu­li­sche Geschichts­ler­nen aller­dings immer noch eine her­aus­ra­gen­de, weil staat­lich insti­tu­tio­na­li­sier­te und mit einem Lern­an­spruch ver­bun­de­ne Ver­an­stal­tung ist. 

5In die­sem Sin­ne ist eine Unter­schei­dung zwi­schen schu­li­schem „Fach“ und „Domä­ne“ (his­to­ri­sches Den­ken) vor­zu­zie­hen, so dass sich die fach­li­che und didak­ti­sche Aus­bil­dung auf die Domä­ne bezieht, um zur Pla­nung domä­nen­spe­zi­fi­scher Lern­pro­zes­se auch in unter­schied­li­chen Fächer­kon­stel­la­tio­nen (Geschich­te, Geschichte/​Politik, Gemein­schafts­kun­de etc.) zu befähigen.

6Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz (2005): “Ein­heit­li­che Prü­fungs­an­for­de­run­gen in der Abitur­prü­fung. Geschich­te. Beschluss vom 10.2.2005. Online unter: http://​www​.kmk​.org/​d​o​c​/​b​e​s​c​h​l​/​196 – 13_EPA-Geschichte-Endversion-formatiert.pdf (gele­sen 24.5.2005).Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz (2005): “Ein­heit­li­che Prü­fungs­an­for­de­run­gen in der Abitur­prü­fung. Geschich­te. Beschluss vom 10.2.2005. Online unter: http://​www​.kmk​.org/​d​o​c​/​b​e​s​c​h​l​/​196 – 13_EPA-Geschichte-Endversion-formatiert.pdf (gele­sen 24.5.2005), S. 4.

7Ver­wie­sen sei hier dar­auf, dass etwa in Ham­burg die Beschäf­ti­gung mit Hete­ro­ge­ni­tät (Glo­ba­les Ler­nen, Inter­kul­tu­rel­les Ler­nen, Sexu­al­erzie­hung) als „Auf­ga­ben­ge­biet“ allen Fächern in der Schu­le auf­ge­ge­ben (Vgl. Freie und Han­se­stadt Ham­burg, Behör­de für Bil­dung und Sport (2004): Bil­dungs­plan Acht­stu­fi­ges Gym­na­si­um. Sekun­dar­stu­fe I. Rah­men­plan Auf­ga­ben­ge­bie­te. Ham­burg: Behör­de für Bil­dung und Sport. <Online: http://​www​.ham​bur​ger​-bil​dungs​ser​ver​.de/​b​i​l​d​u​n​g​s​p​l​a​e​n​e​/​S​e​k​-​I​_​G​y​8​/​A​G​G​_​G​y​8​.​pdf>.Freie und Han­se­stadt Ham­burg, Behör­de für Bil­dung und Sport (2004): Bil­dungs­plan Acht­stu­fi­ges Gym­na­si­um. Sekun­dar­stu­fe I. Rah­men­plan Auf­ga­ben­ge­bie­te. Ham­burg: Behör­de für Bil­dung und Sport. <Online: http://​www​.ham​bur​ger​-bil​dungs​ser​ver​.de/​b​i​l​d​u​n​g​s​p​l​a​e​n​e​/​S​e​k​-​I​_​G​y​8​/​A​G​G​_​G​y​8​.​pdf>) und fol­ge­rich­tig in Form von „Umgang mit kul­tu­rel­ler und sozia­ler Hete­ro­ge­ni­tät“ als „prio­ri­tä­res [Querschnitts-]Thema“ in der Leh­rer­bil­dung aller Fächer sowohl in den Fach­wis­sen­schaf­ten als auch der Erzie­hungs­wis­sen­schaft und den Didak­ti­ken zu behan­deln ist (Freie und Han­se­stadt Ham­burg; Senat (2006): Mit­tei­lung des Senats an die Bür­ger­schaft: Reform der Leh­rer­bil­dung in Ham­burg.<Online: http://​www​.li​-ham​burg​.de/​f​i​x​/​f​i​l​e​s​/​d​o​c​/06 – 02-28-DRS-Lehrerbildung.3.pdf>.Freie und Han­se­stadt Ham­burg; Senat (2006): Mit­tei­lung des Senats an die Bür­ger­schaft: Reform der Leh­rer­bil­dung in Ham­burg.<Online: http://​www​.li​-ham​burg​.de/​f​i​x​/​f​i​l​e​s​/​d​o​c​/06 – 02-28-DRS-Lehrerbildung.3.pdf>, S. 2, 4ff). Dass „Ungleich­hei­ten“ auch in der Fach­wis­sen­schaft eine Rol­le spie­len, ver­deut­licht (hof­fent­lich) der dies­jäh­ri­ge Historikertag.

8Hier wird aus prag­ma­ti­schen Grün­den die Ter­mi­no­lo­gie eines (unse­res eige­nen) Kom­pe­tenz­mo­dells zu Grun­de gelegt; dies soll kei­ne Fest­le­gung bedeu­ten; viel­mehr muss es zu den (aller­dings an ande­rer Stel­le auf­zu­lis­ten­den) Kom­pe­ten­zen der zukünf­ti­gen Geschichts­leh­re­rin­nen und ‑leh­rer gehö­ren, die ver­schie­de­nen Kom­pe­tenz­mo­del­le und Theo­rien his­to­ri­schen Den­kens zu ver­glei­chen, ihre Über­schnei­dun­gen und Spe­zi­fi­ka zu reflek­tie­ren und für das eige­ne geschichts­di­dak­ti­sche Den­ken nutz­bar zu machen. Aller­dings ist zu beach­ten, dass die Kom­pe­tenz­mo­del­le zur zeit nur par­ti­ell inein­an­der über­führ­bar sind und ihnen eben­falls durch­aus par­ti­ell unter­schied­li­che Vor­stel­lun­gen his­to­ri­schen Ler­nens zu Grun­de lie­gen. Vgl. zu unse­rem Kom­pe­tenz­mo­dell Kör­ber, Andre­as; Schrei­ber, Wal­traud; Schö­ner, Alex­an­der (Hrsg.; 2007): Kom­pe­ten­zen His­to­ri­schen Den­kens. Ein Struk­tur­mo­dell als Bei­trag zur Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung in der Geschichts­di­dak­tik. Neu­ried: ars una (Kom­pe­ten­zen: Grund­la­gen – Ent­wick­lung – För­de­rung; 2).Körber, Andre­as; Schrei­ber, Wal­traud; Schö­ner, Alex­an­der (Hrsg.; 2007): Kom­pe­ten­zen His­to­ri­schen Den­kens. Ein Struk­tur­mo­dell als Bei­trag zur Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung in der Geschichts­di­dak­tik. Neu­ried: ars una (Kom­pe­ten­zen: Grund­la­gen – Ent­wick­lung – För­de­rung; 2), dar­in auch ein Über­blick über wei­te­re Kom­pe­tenz­mo­del­le der Geschichts­di­dak­tik. Der Tagungs­band der Zwei­jah­res­ta­gung 2007 der Kon­fe­renz für Geschichts­di­dak­tik wird eben­falls eini­ge der gän­gi­gen Kom­pe­tenz­mo­del­le in der Anwen­dung auf das Arbeits­feld des his­to­ri­schen Ler­nens im Muse­um vorstellen. 

Allgemeine Didaktik und Fachdidaktik: Kompetenzen und Standards

01. Dezember 2008 Andreas Körber Keine Kommentare

Kör­ber, Andre­as; Bor­ries, Bodo von (2008): “His­to­ri­sches Den­ken – Zur Bestim­mung all­ge­mei­ner und domä­nen­spe­zi­fi­scher Kom­pe­ten­zen und Stan­dards.” In: Hel­le­kamps, Ste­pha­nie; Pren­zel, Man­fred; Mey­er, Mei­nert A. (2008; Hgg.): Per­spek­ti­ven der Didak­tik. (Zeit­schrift für Erzie­hungs­wis­sen­schaft. Son­der­heft 9); ISBN: 9783531154947; S. 293 – 311.