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In den gegen­wär­ti­gen Debat­ten um die Neu- und Umge­stal­tung der Leh­rer­per­so­nen­bil­dung ange­sichts des Man­gels las­sen sich inzwi­schen eini­ge kon­tro­vers dis­ku­tier­te Fra­gen zu Struk­tu­rie­rungs- und Etschei­dungs­mo­men­ten erken­nen. Eine (unvoll­stä­di­ge und unab­ge­schlos­se­ne) Rei­he davon möch­te ich hier sam­meln und dazu ein paar The­sen formulieren.

  1. Fra­gen an die Lehr­per­so­nen­bil­dung ange­sichts des Mangels
    1. Was wird jeweils unter “Theo­rie” bzw. auf Theo­rie ori­en­tier­ten Pha­sen bzw. Modu­len ver­stan­den? Inwie­fern geht es dabei (jeweils) um 
      1. Anlei­tun­gen, Rezep­te und dergleichen …?
      2. Kon­zep­te /​ Begrif­fe als Grund­la­ge für die sys­te­ma­ti­sche Wahr­neh­mung und Refle­xi­on von diver­sen (u.a. gesell­schaft­li­chen, media­len, insti­tu­tio­nel­len, admi­nis­tra­ti­ven, dis­zi­pli­nä­ren, päd­ago­gi­schen ethi­schen) Bedin­gun­gen und Fak­to­ren fach­li­chen (hier: päd­ago­gi­schen, erzie­he­ri­schen, didak­ti­schen) Han­delns nicht nur im unmit­tel­ba­ren Hand­lungs­feld “schu­li­scher Unterrichts”?
    2. Was genau wird in der Dis­kus­si­on um die Lehr­per­so­nen­bil­dung unter “Pra­xis” ver­stan­den? Wel­che Band­brei­te von insti­tu­tio­nel­len Ein­bin­dun­gen und Tätig­kei­ten umfasst die­ser Begriff jeweils? Inwie­fern jeweils geht es um 
      1. eigen­stän­di­ge und eigen­ver­ant­wort­li­che Aus­übung der­je­ni­gen Tätigkeit(en), die das Ziel des Bil­dungs­pro­zes­ses sein sol­len, also um eigen­stän­di­ge und ver­ant­wort­li­che Unterrichts‑, Bewertungs‑, Evaluations‑, Bera­tungs- und Erzie­hungs­tä­tig­keit samt Eltern­ar­beit, Schul- und Lehr­plan­ent­wick­lung — oder von Tei­len davon;
      2. ange­lei­te­te, nicht-ver­ant­wort­li­che, aber in einem rea­len insti­tu­tio­nel­len Zusam­men­hang statt­fin­den­de Tätig­keit in die­sem Hand­lungs­feld und die­sen Tätig­kei­ten unter Bedin­gun­gen einer Bewer­tung durch Anleiter*innen /​ Ausbilder*innen, mit dem Ziel des “Fer­tig­wer­dens”,
      3. ange­lei­te­te, nicht-ver­ant­wort­li­che, im rea­len insti­tu­tio­nel­len Zusam­men­hang statt­fin­den­de Tätig­keit in die­sem Hand­lungs­feld und die­sen Tätig­kei­ten (oder eini­gen von ihnen) mit dem Zweck der Wahr­neh­mung der die­se Tätig­keit bestim­men­den Fak­to­ren und Bedin­gun­gen sowie der eige­nen Bezü­ge dazu (Fähig­kei­ten, Rol­len­ver­ständ­nis, auch “Eig­nung”), mit dem Ziel der Refle­xi­on die­ser Fak­to­ren und Bedin­gun­gen sowie Deter­mi­nan­ten und der Ent­wick­lung von Per­spek­ti­ven auf die eige­ne (wei­te­re) Aus­bil­dung? Eine Klä­rung des jewei­li­gen Ver­ständ­nis­ses ist m.E. zwin­gend geboten.
    3. Wel­che Vor­stel­lung von “Pro­fes­sio­na­li­tät” bzw. “Pro­fes­sio­na­li­sie­rung” liegt den jewei­li­gen Posi­tio­nen und Kon­zep­ten zugrun­de? Inwie­fern wird dar­un­ter mehr 
      1. die Fähig­keit zur Anwen­dung auf wis­sen­schaft­li­chem Wege (von ande­ren) ent­wi­ckel­ter und evaluierter/​sanktionierter Kon­zep­te und Ver­fah­ren zur Gewin­nung von Infor­ma­tio­nen sowie Prin­zi­pi­en und Metho­den zur Bear­bei­tung ent­spre­chen­der im Grun­de anti­zi­pier­ter (ver­gleich­ba­rer) Situa­tio­nen und Her­aus­for­de­run­gen ver­stan­den, oder
      2. die Fähig­keit zu eigen­stän­di­ger und eigen­ver­ant­wort­li­cher Ana­ly­se auf­grund gesell­schaft­li­cher Kom­ple­xi­tät, Indi­vi­dua­li­tät der Adressat*innen (Ler­nen­den) und des kon­sti­tu­ti­ven Wan­dels von Gesell­schaft, Wis­sen­schaft und Medi­en grund­sätz­lich nicht anti­zi­pier­ba­rer fach­li­cher Her­aus­for­de­run­gen auf der Basis umfang­rei­cher theo­rie­för­mi­ger Kon­zep­te und zur auf die­ser Grund­la­ge eigen­ver­ant­wort­li­chem Han­deln (vgl. F.O. Rad­tke 1999/​2000)?
    4. Wel­ches Kon­zept von “Bil­dung”, “Aus­bil­dung”, und “Stu­di­um” lie­gen den jewei­li­gen Kon­zep­tio­nen zugrunde?

      1. Inwie­fern etwa wird die Lehr­per­so­nen­bil­dung eher als eine fest geglie­der­te, eher eng struk­tu­rier­te Aus­bil­dung ver­stan­den, in wel­cher bestimm­te Ele­men­te und Fak­to­ren in vor­ge­dach­ten Bezü­gen zuein­an­der ste­hen und the­ma­ti­siert bzw. adres­siert wer­den, bzw.
      2. inwie­fern wird sie (ggf. in Pha­sen unter­schied­lich) als ein Stu­di­um kon­zi­piert, in wel­chem den künf­ti­gen Lehr­per­so­nen zwar wesent­lich auch ver­pflich­ten­de Ange­bo­te gemacht wer­den, die kon­kre­ten Ver­knüp­fun­gen und die Gewin­nung von ein­zel­ne The­men über­schrei­ten­den bzw. die­se zusam­men­füh­ren­den Ein­sich­ten und Posi­tio­nen die­sen auch selbst zuge­stan­den und ‑gemu­tet wird.
    5. Inwie­fern wird Lehr­per­so­nen­bil­dung in den jewei­li­gen Kon­zep­ten gedacht als 
      1. vor­nehm­lich eine wis­sen­schaft­lich fun­dier­te Aus­bil­dung zur Aus­füh­rung kom­ple­xer Hand­lun­gen unter gegen­wär­ti­gen Bedin­gun­gen und nach gegen­wär­tig gül­ti­gen, wis­sen­schaft­lich sank­tio­nier­ten Prin­zi­pi­en, oder aber
      2. als nicht nur auf das Han­deln unter gegen­wär­ti­gen Bedin­gun­gen und gegen­wär­tig gül­ti­gen Prin­zi­pi­en vor­be­rei­ten­de, son­dern ange­sichts sowohl grund­le­gen­der Kom­ple­xi­tät von Hand­lungs­si­tua­tio­nen als auch grund­sätz­lich, nicht aber kon­kret erwart­ba­rem Wan­del der Bedin­gun­gen in abseh­ba­rer Zukunft als Befä­hi­gung sowohl zu eigen­stän­di­ger und ‑ver­ant­wort­li­cher Adap­ti­on wie auch zur pro­fes­sio­nel­len Teil­ha­be und ‑nah­me an der Wei­ter­ent­wick­lung des Hand­lungs­fel­des, sei­ner Insti­tu­tio­nen und der dort gel­ten­den Prin­zi­pi­en etc.?
    6. Wie wird der Fort­schritt indi­vi­du­el­ler Pro­fes­sio­na­li­sie­rung bzw. (Aus-)Bildung in der Lehr­per­so­nen­bil­dung gedacht und in wel­chem Ver­hält­nis ste­hen die jewei­li­gen Kon­zep­te zu den Anfor­de­run­gen des Bil­dungs­sys­tems an Deckung von Betreu­ungs- und Unterrichtsbedarf? 
      1. Wie wird das Ver­hält­nis von “Theo­rie” und Pra­xis” jeweils gedacht — und in wel­chem Ver­hält­nis ste­hen die jewei­li­gen Kon­zep­tio­nen zu Fra­gen der Lern- bzw. Pro­fes­sio­na­li­sie­rungs­pro­gres­si­on bzw. Sequenzierung?

      2. zum Einen sys­te­ma­tisch — etwa hin­sicht­lich von Theo­rie als Grund­la­ge für und Anlei­tung von Praxis

      3. zum Ande­ren hin­sicht­lich der Sequenzierung?

    7. Was wird jeweils unter dem (zumeist posi­tiv gebrauch­ten) Kon­zept der “Ver­schrän­kung” von “Theo­rie” und “Pra­xis” ver­stan­den? Inwie­fern kann oder muss ein enger Bezug ggf. auch (eher nega­tiv) als “Ver­qui­ckung” ver­stan­den werden?

    8. Inwie­fern wer­den “Theo­rie” und “Pra­xis” als nur kon­sti­tu­tiv auf­ein­an­der bezo­gen und mit­ein­an­der zu leh­ren und ent­wi­ckeln gedacht — bzw. inwie­fern wird ihnen jeweils (bzw. in ver­schie­de­nen Pha­sen unter­schied­lich) auch ein “Eigen­wert” zugestanden?

  1. The­sen zur Lehr­per­so­nen­bil­dung ange­sichts des Mangels
    1. Lehr­per­so­nen­bil­dung darf nicht unfach­lich sein. In den meis­ten Schu­len ist ein Groß­teil des Unter­richts­ge­sche­hens sowohl päd­ago­gisch als auch spe­zi­fisch fach­lich aus­ge­rich­tet. Ohne eine deut­li­che Fokus­sie­rung auf fach­di­dak­ti­sche Fra­gen und The­men darf kei­ne Lehr­per­so­nen­bil­dung orga­ni­siert werden.

      • Fach­di­dak­tik ist nicht nur in der For­schung, son­dern auch in der Lehr­per­so­nen­bil­dung etwas ande­res als nur eine Brü­cke zwi­schen oder eine Ver­bin­dung von Fach­wis­sen­schaft und Erzie­hungs­wis­sen­schaft oder Päd­ago­gik oder ihrer “Wis­sens­be­stän­de”. Sie stellt viel­mehr eine eige­ne Per­spek­ti­ve dar auf die genann­ten Berei­che und auf die Bedin­gun­gen, in denen fach­li­ches Wis­sen und Kön­nen in der gegen­wär­ti­gen Gesell­schaft (u.a. als Lebens­welt der Ler­nen­den) nötig und wirk­sam ist und unter denen es erwor­ben und wei­ter ent­wi­ckelt wird.

      • “Fach­lich­keit” ist im Rah­men von Schu­li­schem bzw. außer­schu­li­schen Bil­dungs­pro­zes­sen und der Lehr­per­so­nen­bil­dung somit von For­men der Fach­lich­keit etwa der fach­wis­sen­schaft­li­chen For­schung nicht abge­kop­pelt, wohl aber von ihr zu unter­schei­den — wie auch von Aus­prä­gun­gen von Fach­lich­keit in ande­ren beruf­li­chen Anforderungssituationen/​Handlungsfeldern. Der Lehr­per­so­nen­bil­dung muss somit eine Form der für das Hand­lungs­feld Schu­le spe­zi­fi­schen Fach­lich­keit zugrun­de gelegt wer­den — das umschließt neben den enge­ren Tätig­kei­ten des Unter­rich­tens auch jene der Eva­lua­ti­on, der Schul‑, Unter­richts- und Norm­ent­wick­lung (Lehr­plan­ar­beit), wie schul­be­zo­ge­ner Forschung.

      • Gleich­zei­tig darf die berufs­feld­spe­zi­fi­sche Fach­lich­keit des Lehr­be­rufs nicht von jenen der Lebens­welt und der fach­wiss­sen­schaft­li­chen For­schung abge­kop­pelt wer­den, benö­tigt fach­li­ches Ler­nen doch immer der dop­pel­ten Ver­an­ke­rung in den dis­zi­plin- bzw. domä­nen­spe­zi­fi­schen Erkenntnis‑, Metho­den- und Grund­la­gen­dis­kus­sio­nen einer- wie den gesell­schaft­lich wirk­sa­men For­men lebens­welt­li­chen und insti­tu­tio­nel­len Wis­sens ande­rer­seits: schu­li­sches Wis­sen ist rela­tio­na­les Wis­sen 1.

      • Schu­lisch hand­lungs­feld­spe­zi­fi­sche Fach­lich­keit bzw. die ihr zuzu­rech­nen­den For­men der Wahr­neh­mungs- und Analyse‑, Reflexions‑, Ent­schei­dungs- und Hand­lungs­fä­hig­keit und ‑fer­tig­keit las­sen sich (wie auch jene der ande­ren Dimen­sio­nen des Lehr­be­rufs) nicht in Form ein­zel­ner, jeweils in sich abge­schlos­se­ner Modu­le erwer­ben. Ohne dass die hoch­schu­li­sche Orga­ni­sa­ti­ons­form der Zusam­men­füh­rung von Lehr­ver­an­stal­tun­gen in Modu­le damit aus­ge­schlos­sen wür­de, ist aber zu for­dern, dass auch für die fach­di­dak­ti­schen Stu­di­en- bzw. Bil­dungs­an­tei­le über die Modu­le hin­weg län­ge­re Sequen­zen mit Wech­sel und Kom­bi­na­tio­nen von Pra­xis- Beobachtung/​Wahrnehmung, Refle­xi­on und Sys­te­ma­ti­sie­rung und wie­der­um zu Fra­gen an Fach, Päd­ago­gik, Insti­tu­ti­on und Didak­tik füh­ren­den Erpro­bun­gen ein­ge­rich­tet werden.

      • Ein wesent­li­ches Struk­tur­mo­ment heu­ti­ger Gesell­schaf­ten ist ihr deut­li­cher Wan­del in meh­re­ren Hin­sich­ten (Hete­ro­ge­ni­tät, Medi­en, Diver­si­tät, Plu­ra­li­tät). Damit Lehr­per­so­nen­bil­dung zukunfts­fä­hig gelingt, d.h. künf­ti­ge Lehr­per­so­nen nicht nur auf die Durch­füh­rung von Unter­richt und päd­ago­gi­sches Han­deln unter gegen­wär­ti­gen Bedin­gun­gen vor­be­rei­tet (“aus­ge­bil­det”) wer­den, son­dern befä­higt zur pro­fes­sio­nel­len Mit­ge­stal­tung der not­wen­di­gen Wei­ter­ent­wick­lun­gen wäh­rend ihrer Dienst­zeit, darf unter dem Druck täg­li­cher Bewäh­rung  ste­hen­de Pra­xi­s­tä­tig­keit in der Leh­rer­bil­dung weder früh noch zu früh umfäng­lich vor­kom­men. Viel­mehr muss es vor der Beglei­tung beim oder Füh­rung der Stu­die­ren­den zum Per­spek­ti­ven­wech­sel von der Schüler*innen- in die ver­ant­wort­li­che Lehr-Per­spek­ti­ve und ‑rol­le der Ermög­li­chung und För­de­rung einer die­se ergän­zen­den und den Auf­bau der letz­te­ren als refle­xiv ermög­li­chen­den distan­zier­ten, sys­te­ma­ti­sie­ren­den Per­spek­ti­ve der Sys­te­ma­ti­sie­rung und der Refle­xi­on. Auch vor die­sem Hin­ter­grund sind lan­ge Sequen­zen in allen Teil­be­rei­chen (Fach­wis­sen­schaf­ten, Erziehungswissenschaften/​Pädagogik, Fach­di­dak­ti­ken) einer Aggre­ga­ti­on jeweils kur­zer, aber in sich abge­schlos­se­ner Modu­le vorzuziehen.

      • Lehr­per­so­nen­bil­dung soll­te somit grund­sätz­lich und nach Mög­lich­keit “von Anfang an” statt­fin­den, d.h. nicht erst nach einer durch Hand­lungs­feld­ent­kopp­lung künst­lich “poly­va­lent” gemach­ten Ein­gangs­pha­se die Hand­lungs­feld­per­spek­ti­ve auf­sat­teln. Gleich­zei­tig soll­ten die fach­li­chen Antei­le nicht künst­lich von jenen ande­rer Stu­di­en­gän­ge voll­stän­dig abge­kop­pelt wer­den. Obwohl es hier fach­spe­zi­fi­sche Unter­schie­de gibt und wohl auch geben muss, ist eine Inte­gra­ti­on der fach­wis­sen­schaft­li­chen Stu­di­en von Lehr­amts­stu­die­ren­den mit jenen der Fach­wis­sen­schaft zumin­dest zu Beginn und spä­ter punk­tu­ell nötig, um die Rela­tio­na­li­tät des schu­li­schen Wis­sens und der schu­li­schen Wis­sens­ver­mitt­lung zu gewährleisten.

      • Schu­li­sche Pra­xis­an­tei­le in der Lehr­per­so­nen­bil­dung sol­len bereits früh im Stu­di­um nicht nur all­ge­mein-päd­ago­gisch und psy­cho­lo­gisch aus­ge­rich­tet und allein auf eine Berufs­feld- und ‑bild- sowie Rol­len­er­kun­dung aus­ge­rich­tet sein, son­dern schon in frü­hen Semes­tern auch fach­li­chen Unter­richt in den Blick neh­men. Gera­de zu Anfang wird es dabei nicht um Bewäh­rung (“Unter­rich­ten ler­nen”) gehen, son­dern um ein Beob­ach­ten und punk­tu­el­les Aus­pro­bie­ren sowie Reflek­tie­ren mit dem Ziel, Fra­gen an das eige­ne Ver­ständ­nis, die eige­ne Bil­dung, aber auch an Fach, Insti­tu­ti­on und Päd­ago­gik zu gewin­nen, die in fol­gen­den, pra­xis­fer­nen Pha­sen sys­te­ma­ti­siert und bear­bei­tet wer­den kön­nen, bevor wei­te­re Pra­xis­pha­sen die Gewich­te der wei­ter­hin refle­xi­ons­ori­en­tier­ten Tätig­kei­ten verschieben.

      • Fach­di­dak­ti­sche Beglei­tung vor­nehm­lich refle­xi­ons­ori­en­tier­ter Aus­rich­tung ist — ins­be­son­de­re bei allen For­men ver­kürz­ter For­men von Lehr­per­so­nen­bil­dung — eben­so nach der Zwei­ten bzw. einer Berufs­ein­stiegs­pha­se nötig.

    2. In Zei­ten, in denen Stu­die­ren­de auch ohne orga­ni­sa­to­ri­sche Pla­nung bereits früh ver­ant­wort­lich unter­rich­ten, muss man wohl expli­zit ent­schei­den, ob man das als Struk­tur­ele­ment als gesetzt anneh­men will und die Lehr­per­so­nen­bil­dung gewis­ser­ma­ßen dar­auf aus­rich­ten will, oder ob man Grün­de hat, die­sem auch ggf. etwas ent­ge­gen zu set­zen.2 Sicher zei­gen Aus­bil­dungs­re­gimes ande­rer Län­der, dass auch die Zwei­pha­sig­keit nicht die ein­zig mög­li­che Form ist, aber sie des­halb auf­ge­ben zu wol­len, fän­de ich vor­schnell und unklug.

    3. Mei­nes Erach­tens ist die Zwei­pha­sig­keit eine struk­tu­rel­le Mög­lich­keit, eine sehr früh­zei­ti­ge und sys­te­ma­ti­sche Ver­qui­ckung (als Gegen­ter­mi­nus zur posi­tiv kon­no­tier­ten “Ver­schrän­kung”) von Bewäh­rungs­druck unter gegen­wär­ti­gen Pra­xis­be­din­gun­gen einer­seits und sys­te­ma­ti­scher Erfas­sung, Refle­xi­on und Durch­drin­gung der wis­sen­schaft­lich-fach­li­chen, insti­tu­tio­nel­len, gesell­schaft­li­chen und media­len Grund­la­gen zu ver­mei­den. Gera­de wenn frü­he bewäh­rungs­druck­be­frach­te­te Pra­xis statt­fin­det, muss es For­men und Pha­sen geben, in denen von sol­chem Druck befrei­te wis­sen­schaft­li­che Pra­xis und Refle­xi­on im Vor­der­grund steht. Die Zwei­pha­sig­keit ermög­licht es zumin­dest (garan­tiert es aber lei­der auch nicht), dass zumin­dest wesent­li­che Tei­le des Stu­di­ums von sol­chem Pra­xis­druck befreit wer­den, und dass die Grund­le­gung und der Erwerb von Kon­zep­ten für die Beob­ach­tung und Refle­xi­on von Pra­xis vor ihrer “Ein­übung” stattfinden.

    4. Wenn man das nicht per Zwei­pha­sig­keit orga­ni­sie­ren will, muss man inner­halb der einen Pha­se für eine deut­li­che Tren­nung von “Pra­xis-” und Refle­xi­ons­pha­sen sor­gen, wobei gera­de ers­te­re gera­de in frü­hen Sta­di­en der indi­vi­du­el­len Bil­dungs­gän­ge nicht Bewährungs‑, son­dern Beob­ach­tungs- und Reflexions-“Praxis” sein soll und auch nicht durch par­al­le­le Pra­xis­be­wäh­rung unter­lau­fen wer­den sollte.

    5. His­to­risch war/​ist die Zwei­pha­sig­keit auch wesent­li­ches Ele­ment der Voll-Aka­de­mi­sie­rung der nicht-gym­na­sia­len Lehr­per­so­nen­bil­dung, d.h. ihrer Auf­wer­tung und Gleich­stel­lung mit der­je­ni­gen für die gym­na­sia­len Lehr­äm­ter. Das wie­der­um war/​ist auch wesent­li­ches Ele­men­te der Attrak­ti­vi­tät des Lehr­be­rufs abseits der Stu­di­en­rats-Posi­tio­nen. Mit die­ser Voll-Aka­de­mi­sie­rung ging/​geht m.E: auch ein min­des­tens sym­bo­li­scher, aber wohl doch auch real wirk­sa­mer Anspruch an “Pro­fes­sio­na­li­sie­rung” und Ver­ant­wort­lich­keit, gewis­ser­ma­ßen wis­sen­schaft­lich-pro­fes­sio­nel­ler Zustän­dig­keit und Mün­dig­keit ein­her, der durch eine Rück­kehr zu einer ein­pha­si­gen “Aus”-Bildung auch wie­der gefähr­det sein kann.

    6. Gera­de die­se Mün­dig­keit, Zustän­dig­keit und Pro­fes­sio­na­li­tät wird aber — so mei­ne Vor­stel­lung — in einer heu­te noch unab­seh­ba­ren Zukunft, d.h. zur wei­ter­ent­wi­ckeln­den Gestal­tung von Bil­dungs­in­sti­tu­tio­nen, Fächern, Fach­di­dak­ti­ken und Metho­di­ken, usw. benötigt.

Anmer­kun­gen /​ Refe­ren­ces
  1. Zzu let­ze­rem: Gram­mes, T. (1998). Kom­mu­ni­ka­ti­ve Fach­di­dak­tik. Poli­tik — Geschich­te — Recht — Wirt­schaft (Schrif­ten zur poli­ti­schen Didak­tik, Bd. 25). Opla­den: Les­ke + Bud­rich; S. 70[]
  2. Vgl. etwa:

    „Das Risi­ko, dass auf­grund feh­len­der Kom­pe­ten­zen Prak­ti­ken unre­flek­tiert nach­ge­ahmt wer­den und sich ver­meint­lich funk­tio­nie­ren­de, aber gleich­wohl lern­hin­der­li­che Rou­ti­nen ein­schlei­fen, ist groß (Hascher & Kit­tin­ger, 2014).“[]

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