Arbeitsbereich Geschichtsdidaktik / History Education, Universität Hamburg

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Lehrkräftemangel: Aktivierung von Pensionär*innen — ja, gern, aber anders!

22. März 2023 Andreas Körber Keine Kommentare

Das fol­gen­de ist ein (leicht über­ar­bei­te­ter) Aus­zug aus einem frü­he­ren Blog-Ein­trag, der dort viel­leicht eher unsicht­bar bleibt, weil er wei­ter unten steht.

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Die Stän­di­ge Wis­sen­schaft­li­che Kom­mis­si­on (SWK) der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz emp­fiehlt in ihrer Emp­feh­lun­gen zum bil­dungs­ad­mi­nis­tra­ti­ven Umgang mit dem der­zei­ti­gen Lehr­käf­te­man­gel1 neben­ein­an­der den (begrenz­ten) Ein­satz nicht-fer­tig aka­de­misch aus­ge­bil­de­ter Stu­die­ren­der als Lehr­kräf­te, jenen von Quer- und Seiteneinsteiger:innen mit eben­falls nicht ange­schlos­se­ner (eher “on the Job” und par­al­lel dazu zu absol­vie­ren­der und ver­kürz­ter) päd­ago­gisch-fach­di­dak­ti­scher Aus­bil­dung und die Reak­ti­vie­rung bereits pen­sio­nier­ter Lehrkräfte.

Jeder die­ser Maß­nah­men erscheint zunächst — in deut­li­chen Gren­zen — sinn­voll. Alle zusam­men wer­fen u.a. die Fra­ge auf, wie aktu­el­les bzw. rezen­tes fach­li­ches und fach­di­dak­ti­sches, aber auch schul­päd­ago­gi­sches und erzie­hungs­wis­sen­schaft­li­ches Wis­sen, das “voll aus­ge­bil­de­ten”) Stu­die­ren­den im Rah­men ihrer uni­ver­si­tä­ren ers­ten Pha­se begeg­net und von ihnen im Rah­men von Prak­ti­ka vor allem aber im Vor­be­rei­tungs­dienst und in ihrer spä­te­ren Tätig­keit in die Schu­len getra­gen wor­den wäre, auch die­sen ver­kürzt und ohne inten­si­ven Kon­takt zu aktu­el­ler wis­sen­schaft­li­cher For­schung und Dis­kus­si­on im Unterrcht ein­ge­setz­ten Lehr­kräf­ten nahe gebracht und in ihre Über­le­gun­gen ein­be­zo­gen wer­den kann.

Zudem hat jede die­ser Maß­nah­men nicht nur mög­li­che Fol­gen, son­dern auch Bedin­gun­gen ihrer Umset­zung. Das gilt ins­be­son­de­re auch für die zuletzt­ge­nann­te Maß­nah­me der Reak­ti­vie­rung erfah­re­ner pen­sio­nier­ter Lehr­kräf­te. Wäh­rend abschre­cken­de finan­zi­el­le Hür­den (etwa mög­li­che Anrech­nun­gen der Hono­ra­re auf die Pen­si­on) admi­nis­tra­tiv besei­tigt wer­den kön­nen oder schon wur­den, ist die Vor­stel­lung der Attrak­ti­vi­tät einer erneu­ten Unter­richts­träg­keit zumin­dest für eini­ge erfah­re­ne Lehr­kräf­te nicht ungebrochen.

Wäh­rend aus mei­nem Bekann­ten­kreis eini­ge durch­aus bestä­ti­gen, dass die Vor­stel­lung, wie­der päd­ago­gisch und unter­richts­nah tätig zu sein, durch­aus attrak­tiv ist, schreckt vie­le doch die jene eines erneu­ten voll ver­ant­wort­li­chen Ein­sat­zes ab, wozu meh­re­re Aspek­te bei­tra­gen, näm­lich neben unsi­che­rer eige­ner Gesund­heit und gerin­ger Nei­gung, in nen­nens­wer­tem Umfang unter gegen­wär­ti­gen (und zum Teil bereits als ver­än­dert wahr­ge­nom­me­nen Bedin­gun­gen) täg­li­che Ver­ant­wor­tung tra­gen zu müs­sen bis hin zur deut­li­chen Ein­schrän­kung der mit der Pen­sio­nie­rung gewon­ne­nen zeit­li­chen Flexibilität.

Vor die­sem Hin­ter­grund gebe ich zu erwä­gen, ob nicht etwa die von der SWK for­mu­lier­te Leit­li­nie, nicht-fer­tig aus­ge­bil­de­ten Lehr­kräf­te, wie auch Quer- und Seiteneinsteiger*innen erfah­re­ne (akti­ven) Lehr­kräf­te zur Sei­te zu stel­len im Sin­ne eines “Men­to­ring” und ins­be­son­de­re zur Unter­stüt­zung bei der Unter­richts­pla­nung, dahin­ge­hend abzu­wan­deln, gera­de für die­se Auf­ga­be pen­sio­nier­te Lehr­kräf­te abzu­wer­ben und ein­zu­set­zen, und die­se Tätig­keit wie­der­um ein ein Unter­tüt­zungs­sys­tem ein­zu­bin­den. Auf die­se Wei­se kann die Exper­ti­se der pen­so­nier­ten Lehr­kräf­te genutzt und in Wert gesetzt wer­den, ohne dass sie selbst mit täg­li­cher Ver­pflich­tung gegen­über Schüler:innen und Eltern “in die Bütt” müss­ten. Sie könn­ten viel­mehr als Exper­ten bera­tend tätig wer­den gegen­über nicht voll und nicht fer­tig aus­ge­bil­de­ten Lehr­kräf­ten — etwa im Rah­men wöchent­li­cher grup­pen­wei­se “Peer-Super­vi­si­on”, in wel­cher letz­te­re sowohl Fra­gen der Uner­richts­pla­nung, aber auch von Unter­richts­er­fah­run­gen (bis hin zu “Fall­be­spre­chun­gen”) sowohl unter- und mit­ein­an­der als auch mit den erfah­re­nen Lehr­kräf­ten bespre­chen und ent­wi­ckeln können.

Ergänzt wer­den könn­te (und soll­te) die­ses Sys­tem durch eine Art kas­ka­die­ren­der Betreu­ung auch die­ser Mentor*innen und ihrer Grup­pen durch Per­so­nal aus der Lehr­kräf­te­fort­bil­dung und der Uni­ver­si­tät — etwa durch etwa 6‑wöchentliche Mentor:innen-Beratungen und zusätz­li­che the­men­spe­zi­fi­sche Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen, die gera­de auch fach-didak­tisch aus­ge­rich­tet wer­den — zu lei­ten unter wesent­li­cher Betei­li­gung der Uni­ver­si­tä­ten und dort der Fach­di­dak­ti­ken. Hier­für wäre es ins­be­son­de­re sehr ange­bracht, wenn für jedes Fach ein­zel­ne akti­ve Lehr­per­so­nen zur Betei­li­gung an der uni­ver­si­tä­ren Leh­re in der Fach­di­dak­tik (25%) und zur Betreu­ung fach­spe­zi­fi­scher sol­cher Betreu­ungs­grup­pen (25%) abge­stellt würden.

Die Kon­struk­ti­on könn­te also so aus­se­hen, dass eine sol­che fach­spe­zi­fi­sche pha­sen- und insti­tu­tio­nen-per­spek­ti­ven ver­schrän­ken­de (PIPV) Betreu­ungs­grup­pe von einer akti­ven, in die Fach­di­dak­tik der Uni­ver­si­tät ein­ge­bun­de­nen Lehr­kraft und eine:r pen­sio­nier­ten Praktiker:in (ggf. wech­selnd) gelei­tet wür­den und an ihnen eine Zahl bereits unter­rich­ten­der Stu­die­ren­der und Quer- bzw. Seiteneinsteiger:innen teil­neh­men, wie auch fest ange­stell­te Lehr­kräf­te in der Drit­ten, der Berufs­ein­gangs­pha­se, in der sie mit 25% ihres Depu­tats für (unter ande­rem) für die­se Super­vi­si­ons- und Ent­wick­lungs­grup­pen frei­ge­stellt würden.

Die dazu nöti­ge Reduk­ti­on ihrer Unter­richts­ver­pflich­tung der Lehr­kräf­te in der Berufs­ein­gangs­pha­se, der Quer- und Seiteneinsteiger:innen und der Lehr­be­auf­trag­ten für die­se Grup­pen wäre eine gute Inves­ti­ti­on in die Qua­li­täts-Siche­rung und Ent­wick­lung. Sie könn­te durch eine Ent­las­tung der Lehr­kräf­te von unter­richts­fer­nen (admi­nis­tra­ti­ven) Auf­ga­ben zumin­dest teil­wei­se kom­pen­siert werden.

Die akti­ven wie pen­sio­nier­ten Mentor:innen in die­sem Sys­tem wie­der­um soll­ten ihrer­seits an (evtl. abwech­selnd schul­päd­a­gisch, ‑psy­cho­lo­gisch und fach­di­dak­tisch) aus­ge­rich­te­ten Refle­xi­ons- und Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen teil­neh­men und zudem (etwa vier­tel- oder hab­jähr­lich) Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen zu neu­en The­men (Digi­ta­li­sie­rung, Inklu­si­on, kul­tu­rel­le Hete­ro­ge­ni­tät, fach­li­che Fra­gen) orga­ni­siert wer­den. Damit wür­de eine Kom­bi­na­ti­on der Wei­ter­ga­be von Erfah­rungs­wis­sen und Rou­ti­nen einer- und evi­denz­ba­sier­tem wie aktu­el­len Theo­rie­wis­sen und neu­en Per­spek­ti­ven ande­rer­seits auch unter den Bedin­gun­gen des Lehr­kräf­te­man­gels gesichert.

Anmer­kun­gen /​ Refe­ren­ces
  1. Köl­ler, Olaf; Thiel, Feli­ci­tas; van Acke­ren-Mindl, Isa­bell; Anders, Yvonne; Becker-Mrot­zek, Micha­el; Cress, Ulri­ke et al. (2023): Emp­feh­lun­gen zum Umgang mit dem aku­ten Lehr­kräf­te­man­gel. Stel­lung­nah­me der Stän­di­gen Wis­sen­schaft­li­chen Kom­mis­si­on der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz. Stel­lung­nah­me der Stän­di­gen Wis­sen­schaft­li­chen Kom­mis­si­on der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz. Unter Mit­ar­beit von DIPF | Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­for­schung und Bil­dungs­in­for­ma­ti­on und Stän­di­ge Wis­sen­schaft­li­che Kom­mis­si­on der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz (SWK). https://​www​.kmk​.org/​f​i​l​e​a​d​m​i​n​/​D​a​t​e​i​e​n​/​p​d​f​/​K​M​K​/​S​W​K​/​2​0​2​3​/​S​W​K​-​2​0​2​3​-​S​t​e​l​l​u​n​g​n​a​h​m​e​_​L​e​h​r​k​r​a​e​f​t​e​m​a​n​g​e​l​.​pdf; gele­sen 30.1.2023[]
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Lehrkräftemangel: Anmerkungen und Fragen anlässlich der Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz — samt einem abgewandelten Vorschlag.

31. Januar 2023 Andreas Körber Keine Kommentare

Einleitende Anmerkungen zur SWK-Stellungnahme und ihrem Anlass

Vor weni­gen Tagen hat die Stän­di­ge Wis­sen­schaft­li­che Kom­mis­si­on (SWK) der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz ihre Stel­lung­nah­me bzw. Emp­feh­lun­gen zum bil­dungs­ad­mi­nis­tra­ti­ven Umgang mit dem der­zei­ti­gen Lehr­käf­te­man­gel1 vorgelegt.

Die eigent­lich wesent­li­chen Aus­sa­gen der Exper­ti­se lie­gen denn auch weni­ger in der Zusam­men­stel­lung sol­cher mög­li­cher Maß­nah­men, son­dern in deren Qua­li­fi­ka­ti­on. Die Kom­mis­si­on for­mu­liert selbst kaum selbst belast­ba­re quan­ti­ta­ti­ve Abschät­zun­gen der mög­li­chen Wir­kun­gen der jewei­li­gen Maß­nah­men auf die Unter­richts­ver­sor­gung. Dazu hät­te es auch weni­ger einer sol­chen Kom­mis­si­on bedurft, die neben Bildungsökonom:innen und Expert:innen für die Steue­rung des Bil­dungs­we­sens auch ins­be­son­de­re erzie­hungs­wis­sen­schaft­li­che, all­ge­mein­di­dak­ti­sche (schul­päd­ago­gi­sche) und fach­di­dak­ti­sche Exper­ti­se umfasst. Viel mehr bedarf es für die Bera­tung bil­dungs­ad­mi­nis­tra­ti­ver Maß­nah­men ange­sichts des Man­gels ins­be­son­de­re einer Qua­li­fi­ka­ti­on nicht nur der Abwä­gung ihrer mög­li­chen und zu erwar­ten­den kurz­fris­ti­gen quan­ti­ta­ti­ven Wir­kun­gen auf die Unter­richts­ver­sor­gung, son­dern auch der Iden­ti­fi­ka­ti­on und Erwä­gung ent­spre­chen­der lang­fris­ti­ger Aus­wir­kun­gen sowohl auf die quan­ti­ta­ti­ven wie auch eine gan­ze Rei­he unter­schied­li­cher (der­zeit) eher qua­li­ta­tiv zu fas­sen­der Wir­kun­gen samt ihrer Interaktionen.

Sol­che Aus­sa­gen fin­den sich in dem Papier durch­aus — wenn auch weni­ger umfang­reich und sys­te­ma­tisch als man es sich wün­schen könn­te. Ins­be­son­de­re zu mit­tel- und lang­fris­ti­gen mög­li­chen Wir­kun­gen von Maß­nah­men auf nicht-quan­ti­ta­ti­ve Aspek­te der Unter­richts­ver­sor­gung, etwa die Qua­li­tät und Dau­er der Lehr­kräf­te­bil­dung und wie­der­um deren spä­te­re Aus­wir­kun­gen auf die Adap­ti­vi­tät und Qua­li­tät von Unter­richt unter der­zeit kaum abseh­ba­ren gesell­schaft­li­chen und media­len Bedin­gun­gen und auf Wech­sel­wir­kun­gen ein­zel­ner Maß­nah­men wären wei­ter­ge­hen­de Aus­sa­gen wün­schens­wert. Sofern sie in die­sem Papier nicht vor­lie­gen, sind sie für die in der kom­men­den Zeit nöti­gen zu erwar­ten­den Stel­lung­nah­men und Erwä­gun­gen sowohl der SWK und der KMK selbst, aber auch wei­te­rer Akteu­re und Ver­bän­de drin­gend erwünscht.

Erfreu­lich und mit Nach­druck zu begrü­ßen ist aus fach­di­dak­ti­scher Sicht ins­be­son­de­re der Hin­weis auf mög­li­che Aus­wir­kun­gen des sehr frü­hen bedarfs­de­cken­den und somit ver­ant­wort­li­chen Ein­sat­zes von Stu­die­ren­den im Unter­richt auf ihre Pro­fes­sio­na­li­tät, nament­lich ein ver­früh­tes “Ein­schlei­fen” ver­meint­lich erfolg­rei­cher, tat­säch­lich aber eher lern­hin­der­li­cher Rou­ti­nen auf­grund unre­flek­tier­ter Nach­ah­mung von Prak­ti­ken (SWK 2023, S. 19). Die­ser Hin­weis ver­weist dar­auf, dass es sich bei der Pro­fes­sio­na­li­tät, die im Lehr­be­ruf gefragt ist, kei­nes­wegs um eine Fra­ge von Rou­ti­ni­sie­rung han­delt, son­dern auf­grund der Viel­falt, Kom­ple­xi­tät und Nicht-Stand­a­drdi­sier­bar­keit päd­ago­gi­scher und didak­ti­scher Situa­tio­nen und Hand­lungs­her­aus­for­de­run­gen bereits unter gegen­wär­ti­gen Bedin­gun­gen um die Fähig­keit, Fer­tig­keit und Bereit­schaft hoch­gra­dig eigen­stän­di­gen und selbst auch per­sön­lich ver­ant­wor­te­ten Han­delns vor dem Hin­ter­grund umfas­sen­den Theo­rie­wis­sens — nicht zuletzt, weil und inso­fern (eigen­ver­ant­wort­li­ches) Lehr­han­deln tief in Lebens­chan­cen von Ler­nen­den ein­greift, aber auch, weil sich nicht nur in der Ver­gan­gen­heit, son­dern auch in der Gegen­wart und abs­trakt, nicht aber kon­kret erwart­ba­rer­wei­se sowohl die gesell­schaft­li­chen Bedin­gun­gen, aus sich wel­chen Lehr-/Lern­be­dürf­nis­se und somit Zie­le gera­de nicht von selbst erge­ben, son­dern wis­sen­schaft­lich reflek­tiert ana­ly­siert und for­mu­liert wer­den müs­sen, unter denen ent­spre­chen­des Han­deln aber zudem statt­fin­den, deut­lich ver­än­dert haben und ver­än­dern werden.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist die Tat­sa­che, dass die SWK (auch) gera­de in die­sem Punkt nicht nur den Ein­satz nicht-fer­tig aus­ge­bil­de­ter Stu­die­ren­der als Lehr­per­so­nal nicht nur als eine Mög­lich­keit der Ver­brei­te­rung der Kapa­zi­tä­ten anführt, son­dern kon­kre­te und nicht nur quan­ti­ta­ti­ve (max 10 Unter­richts­stun­den Depu­tat) , son­dern auch qua­li­ta­ti­ve Begren­zun­gen für die Nut­zung die­ser Maß­nah­me (erst ab der Mas­ter­pha­se des Stu­di­um) for­mu­liert, sehr zu begrü­ßen und zu unter­stüt­zen. Gleich­wohl wird sich zei­gen müs­sen, inwie­fern die­se Leit­li­li­en von den ver­ant­wot­li­chen Bil­dungs­ver­wal­tun­gen auch respek­tiert und ein­ge­hal­ten wer­den (der­zei­ti­ge Pra­xis geht dem Ver­neh­men nach bereits deut­lich dar­über hin­aus), und inwie­fern sie ausreichen.

Ver­gleich­ba­res gilt für den Ein­satz von sog. Quer- und Seiteneinsteiger:innen, je nach kon­kre­tem Fall in gestei­ger­tem Maße.

Es ist also deut­lich zu for­dern, dass bereits der­zeit geüb­te Prak­ti­ken der Rekru­tie­rung von Lehr­per­so­nal vor dem Hin­ter­grund die­ser Maß­ga­be und ent­spre­chen­der, noch zu for­mu­lie­ren­der Gesichts­punk­te über­prüft und ggf. kor­ri­giert wird, und dass ent­spre­chen­de Maß­nah­me mit wei­te­ren Maß­nah­men flan­kiert wer­den, wel­che geeig­net sind, etwa­ige mög­li­che Pro­ble­ma­ti­ken abzufangen.

Daher wäre es wün­schens­wert, wenn dem Papier der SWK wei­te­re Kon­kre­ti­sie­run­gen fol­gen wür­den (sei es durch die sel­bee Kom­mis­si­on oder auch durch ande­re Gre­mi­en und Instan­zen), wel­che die ein­zel­nen Maß­nah­men hin­sicht­lich kurz‑, aber auch mit­tel- und lang­fris­ti­ger Wir­kun­gen und Fol­gen, Inter­ak­tio­nen und ‑feren­zen zwi­schen ihnen reflek­tie­ren und ent­spre­chen­de Kri­te­ri­en und Leit­li­ni­en for­mu­lie­ren. Die­se dür­fen (wie bei gege­be­nen Bei­spiel ja auch) gera­de nicht nur sol­che der quan­ti­ta­ti­ven Sicher­stel­lung von Unter­richts­ver­sor­gung sein, son­dern müs­sen eben­so qua­li­ta­ti­ve Fra­gen betref­fen (sie­he unten für eine selbst noch weit unfer­ti­ge Rei­he von Fra­gen und Gesichtspunkten).

(Gegen-)Vorschlag: Phasen- und Institutionen-Perspektiven verschränkende (PIPV) Betreuungsgruppen statt einfacher Aktivierung aller Reserven und Ressourcen

Der­ar­ti­ge Über­le­gun­gen kann und soll­te ggf. auch dazu füh­ren, dass das von der SWK auf­ge­grif­fe­ne und aus­ge­brei­te­te Instru­men­ta­ri­um selbst nicht nur indi­vi­du­ell reflek­tiert und bewer­tet wird, son­dern auch Ada­pa­tio­nen for­mu­liert und über­legt wer­den. Ein Bei­spiel dafür sei gege­ben, wobei vor­an­ge­schickt wer­den muss, dass die­se selbst nicht auf Ergeb­nis­sen wis­sen­schaft­li­cher For­schung beru­hen, son­dern auf­grund ers­ter per­sön­li­cher Gesprä­che mit ggf. Betrof­fe­nen und somit auf “anek­do­ti­scher Evi­denz” basie­ren. Ernst­haf­te wis­sen­schaft­lich Evi­denz ist der­zeit auch inso­fern schwie­rig, dass ein Groß­teil von For­schun­gen noch noch nicht vor dem Hin­ter­grund der aku­ten und umfas­sen­den Lehr­kräf­te­man­gel­si­tua­ti­on erho­ben wur­de. Das betrifft etwa die Fra­ge der Qua­li­fi­ka­ti­on von Sei­ten- und Quereinstieger*innen und ihrer Bewäh­rung im Unter­richt. Für Situa­tio­nen, in denen der­ar­ti­ges Lehr­per­so­nal nicht eine klei­nen Teil von Unter­richt, son­dern vie­lehr wesent­li­che Antei­le der “Grund­last” über­nimmt, und in denen somit auch Beglei­tun­gen durch erfah­re­ne Lehr­kräf­te auf­grund derer (u.U. auch erhöh­ter) Unter­richts­be­las­tung eher unwahr­schein­lich wer­den, lie­gen m.W. wenig empi­ri­sche Erkennt­nis­se vor.

Aber zum kon­kre­ten Beispiel:

Die SWK emp­fiehlt neben­ein­an­der den (begrenz­ten) Ein­satz nicht-fer­tig aus­ge­bil­de­ter Stu­die­ren­der als Lehr­kräf­te, jenen von Quer- und Seiteneinsteiger:innen mit eben­falls nicht ange­schlos­se­ner (eher “on the Job” und par­al­lel dazu zu absol­vie­ren­der und ver­kürz­ter) päd­ago­gisch-fach­di­dak­ti­scher Aus­bil­dung und die Reak­ti­vie­rung bereits pen­sio­nier­ter Lehrkräfte.

Jeder die­ser Maß­nah­men erscheint zunächst — in deut­li­chen Gren­zen — sinn­voll. Alle zusam­men wer­fen u.a. die Fra­ge auf, wie aktu­el­les bzw. rezen­tes fach­li­ches und fach­di­dak­ti­sches, aber auch schul­päd­ago­gi­sches und erzie­hungs­wis­sen­schaft­li­ches Wis­sen, das “voll aus­ge­bil­de­ten”) Stu­die­ren­den im Rah­men ihrer uni­ver­si­tä­ren ers­ten Pha­se begeg­net und von ihnen im Rah­men von Prak­ti­ka vor allem aber im Vor­be­rei­tungs­dienst und in ihrer spä­te­ren Tätig­keit in die Schu­len getra­gen wor­den wäre, auch die­sen ver­kürzt und ohne inten­si­ven Kon­takt zu aktu­el­ler wis­sen­schaft­li­cher For­schung und Dis­kus­si­on im Unterrcht ein­ge­setz­ten Lehr­kräf­ten nahe gebracht und in ihre Über­le­gun­gen ein­be­zo­gen wer­den kann.

Zudem hat jede die­ser Maß­nah­men nicht nur mög­li­che Fol­gen, son­dern auch Bedin­gun­gen ihrer Umset­zung. Das gilt ins­be­son­de­re auch für die zuletzt­ge­nann­te Maß­nah­me der Reak­ti­vie­rung erfah­re­ner pen­sio­nier­ter Lehr­kräf­te. Wäh­rend abschre­cken­de finan­zi­el­le Hür­den (etwa mög­li­che Anrech­nun­gen der Hono­ra­re auf die Pen­si­on) admi­nis­tra­tiv besei­tigt wer­den kön­nen oder schon wur­den, ist die Vor­stel­lung der Attrak­ti­vi­tät einer erneu­ten Unter­richts­träg­keit zumin­dest für eini­ge erfah­re­ne Lehr­kräf­te nicht ungebrochen.

Wäh­rend aus mei­nem Bekann­ten­kreis eini­ge durch­aus bestä­ti­gen, dass die Vor­stel­lung, wie­der päd­ago­gisch und unter­richts­nah tätig zu sein, durch­aus attrak­tiv ist, schreckt vie­le doch die jene eines erneu­ten voll ver­ant­wort­li­chen Ein­sat­zes ab, wozu meh­re­re Aspek­te bei­tra­gen, näm­lich neben unsi­che­rer eige­ner Gesund­heit und gerin­ger Nei­gung, in nen­nens­wer­tem Umfang unter gegen­wär­ti­gen (und zum Teil bereits als ver­än­dert wahr­ge­nom­me­nen Bedin­gun­gen) täg­li­che Ver­ant­wor­tung tra­gen zu müs­sen bis hin zur deut­li­chen Ein­schrän­kung der mit der Pen­sio­nie­rung gewon­ne­nen zeit­li­chen Flexibilität.

Hier­zu gebe ich zu erwä­gen, ob nicht etwa die von der SWK for­mu­lier­te Leit­li­nie, nicht-fer­tig aus­ge­bil­de­ten Lehr­kräf­te, wie auch Quer- und Seiteneinsteiger*innen erfah­re­ne (akti­ven) Lehr­kräf­te zur Sei­te zu stel­len im Sin­ne eines “Men­to­ring” und ins­be­son­de­re zur Unter­stüt­zung bei der Unter­richts­pla­nung, dahin­ge­hend abzu­wan­deln, gera­de für die­se Auf­ga­be pen­sio­nier­te Lehr­kräf­te abzu­wer­ben und ein­zu­set­zen, und die­se Tätig­keit wie­der­um ein ein Unter­tüt­zungs­sys­tem ein­zu­bin­den. Auf die­se Wei­se kann die Exper­ti­se der pen­so­nier­ten Lehr­kräf­te genutzt und in Wert gesetzt wer­den, ohne dass sie selbst mit täg­li­cher Ver­pflich­tung gegen­über Schüler:innen und Eltern “in die Bütt” müss­ten. Sie könn­ten viel­mehr als Exper­ten bera­tend tätig wer­den gegen­über nicht voll und nicht fer­tig aus­ge­bil­de­ten Lehr­kräf­ten — etwa im Rah­men wöchent­li­cher grup­pen­wei­se “Peer-Super­vi­si­on”, in wel­cher letz­te­re sowohl Fra­gen der Uner­richts­pla­nung, aber auch von Unter­richts­er­fah­run­gen (bis hin zu “Fall­be­spre­chun­gen”) sowohl unter- und mit­ein­an­der als auch mit den erfah­re­nen Lehr­kräf­ten bespre­chen und ent­wi­ckeln können.

Ergänzt wer­den könn­te (und soll­te) die­ses Sys­tem durch eine Art kas­ka­die­ren­der Betreu­ung auch die­ser Mentor*innen und ihrer Grup­pen durch Per­so­nal aus der Lehr­kräf­te­fort­bil­dung und der Uni­ver­si­tät — etwa durch etwa 6‑wöchentliche Mentor:innen-Beratungen und zusätz­li­che the­men­spe­zi­fi­sche Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen, die gera­de auch fach-didak­tisch aus­ge­rich­tet wer­den — zu lei­ten unter wesent­li­cher Betei­li­gung der Uni­ver­si­tä­ten und dort der Fach­di­dak­ti­ken. Hier­für wäre es ins­be­son­de­re sehr ange­bracht, wenn für jedes Fach ein­zel­ne akti­ve Lehr­per­so­nen zur Betei­li­gung an der uni­ver­si­tä­ren Leh­re in der Fach­di­dak­tik (25%) und zur Betreu­ung fach­spe­zi­fi­scher sol­cher Betreu­ungs­grup­pen (25%) abge­stellt würden.

Die Kon­struk­ti­on könn­te also so aus­se­hen, dass eine sol­che fach­spe­zi­fi­sche pha­sen- und insti­tu­tio­nen-per­spek­ti­ven ver­schrän­ken­de (PIPV) Betreu­ungs­grup­pe von einer akti­ven, in die Fach­di­dak­tik der Uni­ver­si­tät ein­ge­bun­de­nen Lehr­kraft und eine:r pen­sio­nier­ten Praktiker:in (ggf. wech­selnd) gelei­tet wür­den und an ihnen eine Zahl bereits unter­rich­ten­der Stu­die­ren­der und Quer- bzw. Seiteneinsteiger:innen teil­neh­men, wie auch fest ange­stell­te Lehr­kräf­te in der Drit­ten, der Berufs­ein­gangs­pha­se, in der sie mit 25% ihres Depu­tats für (unter ande­rem) für die­se Super­vi­si­ons- und Ent­wick­lungs­grup­pen frei­ge­stellt würden.

Die dazu nöti­ge Reduk­ti­on ihrer Unter­richts­ver­pflich­tung der Lehr­kräf­te in der Berufs­ein­gangs­pha­se, der Quer- und Seiteneinsteiger:innen und der Lehr­be­auf­trag­ten für die­se Grup­pen wäre eine gute Inves­ti­ti­on in die Qua­li­täts-Siche­rung und Ent­wick­lung. Sie könn­te durch eine Ent­las­tung der Lehr­kräf­te von unter­richts­fer­nen (admi­nis­tra­ti­ven) Auf­ga­ben zumin­dest teil­wei­se kom­pen­siert werden.

Die akti­ven wie pen­sio­nier­ten Mentor:innen in die­sem Sys­tem wie­der­um soll­ten ihrer­seits an (evtl. abwech­selnd schul­päd­a­gisch, ‑psy­cho­lo­gisch und fach­di­dak­tisch) aus­ge­rich­te­ten Refle­xi­ons- und Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen teil­neh­men und zudem (etwa vier­tel- oder hab­jähr­lich) Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen zu neu­en The­men (Digi­ta­li­sie­rung, Inklu­si­on, kul­tu­rel­le Hete­ro­ge­ni­tät, fach­li­che Fra­gen) orga­ni­siert wer­den. Damit wür­de eine Kom­bi­na­ti­on der Wei­ter­ga­be von Erfah­rungs­wis­sen und Rou­ti­nen einer- und evi­denz­ba­sier­tem wie aktu­el­len Theo­rie­wis­sen und neu­en Per­spek­ti­ven ande­rer­seits auch unter den Bedin­gun­gen des Lehr­kräf­te­man­gels gesichert.

Weiterführende Fragen und Perspektiven (zur Diskussion, unfertig)

Im Fol­gen­den lis­te ich eini­ge Fra­gen auf, die m.E. an die Ver­wen­dung der von der SWK emp­foh­le­nen Maß­nah­men zu stel­len sind, bzw. sich aus ihnen erge­ben oder auch all­ge­mei­ner den Umgang mit dem Lrhr­käf­te­man­gel betref­fen. Die­se Fra­gen sind noch unfer­tig und unvollständig.

(unfer­tig)

Zu den durch den aktu­el­len Lehr­käf­te­man­gel auf­ge­wor­fe­nen Fra­gen neben sol­chen der unmit­tel­ba­ren Unter­richts­ver­sor­gung und der Unter­richts­qua­li­tät nach der­zeit gül­ti­gen sowie wis­sen­schaft­lich dis­ku­tier­ten – gera­de auch fach­di­dak­ti­schen – Maß­stä­ben auch sol­cher der Aus­wir­kun­gen auf die Leh­rer­bil­dung selbst, und zwar in mehr­fa­cher Hin­sicht, nämlich

  • auf die Dau­er und Qua­li­tät lau­fen­der Stu­di­en und ‑abschlüs­se (etwa:
    • Inwie­fern bewirkt ein nen­nens­wer­ter bedarfs­de­cken­der Ein­satz von Stu­die­ren­den im Unter­richt mit den Fol­gen täg­li­cher und lang­fris­ti­ger Bin­dung wesent­li­cher Antei­le ihres Zeit­bud­gets und ihrer Auf­merk­sam­keit durch täg­li­che sowie insti­tu­tio­nell und per­so­nal mit hoher Ver­ant­wor­tung ver­bun­de­ner Tätig­kei­ten sowohl auf die Orga­ni­sier­bar­keit und Dau­er des Stu­di­ums wie von Abschluss­ar­bei­ten – nicht zuletzt auch hin­sicht­lich der zu wis­sen­schaft­li­cher Arbeit ins­be­son­de­re in den Abschluss­pha­sen nöti­gen men­ta­len Kon­zen­tra­ti­on und Frei­heit – von Zeit- und Orga­ni­sa­ti­ons­auf­wand nicht nur empi­ri­scher Abschluss­ar­bei­ten abgesehen?
    • Inwie­fern ver­schiebt frü­he ver­ant­wort­li­che Pra­xis­er­fah­rung die Bereit­schaft Stu­die­ren­der, sich auf theo­re­ti­sche und kri­tisch-refle­xi­ve Per­spek­ti­ven auf Zie­le, Bedin­gun­gen und Prak­ti­ken erzie­hungs­wis­sen­schaft­li­chen Han­delns ein­schließ­lich ihrer fach­li­chen, gesell­schaft­li­chen insti­tu­tio­nel­len und phi­lo­so­phi­schen Dimen­sio­nen ein­zu­las­sen im Ver­hält­nis zu Bedürf­nis­sen unmit­tel­bar prak­ti­scher (pra­xeo­lo­gi­scher) Anlei­tung erfolg­rei­chen Handelns?
    • Inwie­fern ist somit zu gewär­ti­gen, dass ein nen­nens­wer­ter frü­her Ein­satz nicht fer­tig wis­sen­schaft­lich (aus-)gebildeten Lehr­per­so­nals Über­zeu­gun­gen von der Natur päd­ago­gisch-didak­ti­schem Han­deln als eher rou­ti­n­ege­lei­te­ter und for­ma­li­sier­ba­rer Tätig­keit („Job“) zu beför­dern im Gegen­satz zu nöti­gen Über­zeu­gun­gen der Cha­rak­te­ris­tik die­ser Tätig­keit als kom­plex und tief in Lebens­chan­cen ande­re Men­schen (hier: Ler­nen­der) ein­grei­fend und somit mit hoher insti­tu­tio­nel­ler wie per­so­na­ler Ver­ant­wor­tung gegen­über einer kom­ple­xen Rei­he von Instan­zen (Ler­nen­de, Eltern, Insti­tu­ti­on, Gesell­schaft, Ethik …) ver­se­hen („Pro­fes­si­on“; vgl. Rad­tke 1999/​2000)2?
    • Inwie­fern ist zu erwar­ten, dass frü­hes eige­nes prak­ti­sches päd­ago­gisch-didak­ti­sches Han­deln unter gegen­wär­ti­gen Rah­men­be­din­gun­gen zu vor­schnel­ler Sät­ti­gung sub­jek­ti­ver Erfolgs­er­fah­run­gen mit Hand­lungs­prin­zi­pi­en und ‑rou­ti­nen führt, die sich ent­we­der schon unter den der­zei­ti­gen Bedin­gun­gen als nur ver­meint­lich bzw. kurz­fris­tig lern­för­der­lich erwei­sen oder aber dies unter noch nicht abseh­ba­ren künf­ti­gen Ver­än­de­run­gen von Anfor­de­run­gen und Bedin­gun­gen zu wer­den drohen?
    • Inwie­fern bringt somit der Ein­satz nicht (fer­tig und wis­sen­schaft­lich-refle­xiv) gebil­de­ter Lehr­kräf­te zwar ggf. kurz­fris­tig eine will­kom­me­ne und ggf. auch wenig schäd­li­che Ent­las­tung der Unter­richts­ver­sor­gung mit sich, gefähr­det aber zugleich die Kom­pe­ten­zen päd­ago­gisch-didak­tisch Täti­ger, sich pro­fes­sio­nell an der Wei­ter­ent­wick­lung von Per­spek­ti­ven, Gesichts­punk­ten, Nor­men, Prin­zi­pi­en, Metho­den und Eva­lua­ti­ons­kri­te­ri­en pro­fes­sio­nell zu beteiligen?
    • Inwie­fern gefähr­det somit ein sol­cher Ein­satz in nen­nens­wer­tem Umfang den Grad der Pro­fes­sio­na­li­tät der­zeit und vor allem künf­tig (schul-)pädagogisch und (fach)didaktisch Han­deln­der in dem Sin­ne ihrer Befä­hi­gung, Fer­tig­keit und Bereit­schaft zu eigen­ver­ant­wort­li­chem Han­deln in immer neu­en und kom­ple­xen (nie iden­ti­schen, for­ma­li­sier­ba­ren) und zudem wesent­li­chen Wand­lun­gen unter­wor­fe­nen Situa­tio­nen auf der Basis umfas­sen­den Theo­rie­wis­sens (Rad­tke 1999/​2000).
  • auf die nicht nur quan­ti­ta­ti­ve Qua­li­tät von (Fach-)Unterricht:
    • Inwie­fern birgt ein ins­be­son­de­re frü­her, bedarfs­de­cken­der Unter­richts­ein­satz nicht-fer­tig bzw. nicht wis­sen­schaft­lich-fach­li­cher und fach­di­dak­tisch aus­ge­bil­de­ter Lehr­kräf­te die Gefahr der Ver­ste­ti­gung bzw. Repro­duk­ti­on und Fes­ti­gung als pro­ble­ma­tisch erwie­se­ner, über­kom­me­ner all­ge­mein schul­päd­ago­gi­scher /​ all­ge­mein­di­dak­ti­scher Kon­zep­te ins­be­son­de­re fach­li­chen Unter­richts? Dies betrifft etwa die theo­re­ti­sche wie ope­ra­ble Ver­fü­gung von Lehr­per­so­nen über 
      • Kon­zep­te von Ler­nen als eines akti­ven, kon­struk­ti­ven, nicht vor­nehm­lich rezep­ti­vem und über­neh­men­den Vor­gangs, und somit die Ver­fü­gung über Kon­zep­te kogni­ti­ver Akti­vie­rung, koope­ra­ti­ven und kol­la­bo­ra­ti­ven Ler­nens, min­des­tens neben Kon­zep­ten direk­ter Instruktion,
      • über unter­schied­li­che Auf­ga­ben­kul­tu­ren und ‑kon­zep­te, etwa der Unter­schei­dung von Lern- und Leis­tungs­auf­ga­ben samt ihren Gren­zen, über Kon­zep­te akti­vie­ren­den und refle­xi­ven Ler­nens (Task Based Lear­ning; vgl. SWK, S. 21) sowie ggf. fach­li­cher Adap­tio­nen (für Geschich­te TBHL, Kör­ber et al. 20213),
    • Inwie­fern birgt ein ins­be­son­de­re frü­her, bedarfs­de­cken­der Unter­richts­ein­satz nicht-fer­tig bzw. nicht wis­sen­schaft­lich-fach­li­cher und fach­di­dak­tisch aus­ge­bil­de­ter Lehr­kräf­te die Gefahr der Ver­ste­ti­gung bzw. Repro­duk­ti­on und Fes­ti­gung als pro­ble­ma­tisch erwie­se­ner, über­kom­me­ner Kon­zep­te fach­li­chen Unter­richts? Das betrifft etwa 
      • unter­schied­li­che Kon­zep­te von Mathe­ma­tik­un­ter­richt zwi­schen Rech­nen, Ein­übung eta­blier­ter Ver­fah­ren vs. Model­lie­ren­der Erschlie­ßung kom­ple­xer mathe­ma­ti­scher Auf­ga­ben und des Auf­baus mathe­ma­ti­scher Kompetenzen,
      • die Ver­fü­gung über jeweils meh­re­re fach­di­dak­tisch eta­blier­te Kon­zep­te von Wis­sen (etwa in Geschich­te über die Unter­schei­dung und Bedeu­tung sub­stan­ti­ven, pro­ze­du­ra­lem und kon­zep­tua­lem Wis­sen ers­ter und zwei­ter Ordnung),
      • die Ver­fü­gung über fach­spe­zi­fi­sche Kon­zep­te von Pro­blem­ori­en­tie­rung und jeweils rele­van­ter und auch aktu­el­ler bil­dungs­re­le­van­ter Pro­ble­me („epo­che­ty­pi­scher Schlüs­sel­pro­ble­me“ nach Klaf­ki oder ande­re Konzeptualisierungsformen),
      • die reflek­tier­ten bzw. refle­xi­ven Ver­fü­gung über jeweils meh­re­re fach­spe­zi­fi­sche Lern- und Lehr­be­grif­fe (d.h. der Fähig­keit ihrer Iden­ti­fi­ka­ti­on in Mate­ria­li­en ud Unter­richts­kon­zep­ten und ihrer kri­ti­schen Reflexion),
  • auf die Mög­lich­kei­ten anspruchs­vol­ler, der skiz­zier­ten Cha­rak­te­ris­tik des Lehr­be­rufs als Pro­fes­si­on ange­mes­se­ner, Orga­ni­sa­ti­on der (Aus-)bildung, insbesondere 
    • auf die Mög­lich­keit und (rela­ti­ve) Frei­heit einer ers­ten, wis­sen­schaft­lich-aka­de­mi­schen Pha­se zur Gewin­nung nicht allein oder vor­nehm­lich von den eige­nen Erfah­run­gen mit Schu­le und Unter­richt als Ler­nen­de bzw. ander­wei­ti­gen, nicht kri­tisch-refle­xiv reflek­tier­ten Über­zeu­gun­gen gepräg­ten, son­dern wis­sen­schaft­li­chen Per­spek­ti­ven auf die all­ge­mei­nen gesell­schaft­li­chen, tech­ni­schen, media­len Bedin­gun­gen und Zie­le sowie Orga­ni­sa­ti­ons­for­men, Prin­zi­pi­en und Prak­ti­ken (hier: staat­lich ver­ant­wor­te­ter) schu­li­scher Erzie­hung und Bildung,
    • auf die Mög­lich­kei­ten und Prin­zi­pi­en der kon­kre­ten Gestal­tung von Stu­di­en­gän­gen und Lehr­an­ge­bo­ten in nicht allein oder vor­nehm­lich auf die Lehr­per­so­nen­bil­dung aus­ge­rich­te­ter und somit auch ande­ren Logi­ken und Prin­zi­pi­en ver­pflich­te­ten aka­de­mi­schen Insti­tu­tio­nen – ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der (der­zei­ti­gen) Aus­ge­stal­tung sowohl der erzie­hungs- und fach­wis­sen­schaft­li­chen Stu­di­en als Voll­zeit-Ange­bo­te mit Zeit­rhyth­men, die gera­de nicht mit den Erfor­der­nis­sen von Tätig­kei­ten in Schu­le koor­di­niert sind,
    • auf die Mög­lich­kei­ten der Orga­ni­sa­ti­on von Pra­xis­er­fah­run­gen bereits in einer nicht der Beför­de­rung bzw. Her­stel­lung unmit­tel­ba­rer Unter­richts­fer­tig­keit die­nen­den ers­ten (aka­de­mi­schen) Pha­se, die nicht als Ein­übung in Rou­ti­nen aus­ge­stal­tet sind, aber auch nicht als sol­che wahr­ge­nom­men und genutzt wer­den, son­dern als zur Gewin­nung wis­sen­schaft­li­cher Auf­ar­bei­tung und Refle­xi­on zuzu­füh­ren­der Erfahrungen;
  • auf die Mög­lich­kei­ten der Berück­sich­ti­gung und des Ein­be­zugs nicht-her­kömm­li­cher und bereits rou­ti­ni­sier­ter The­ma­ti­ken und Per­spek­ti­ven auf fach­li­ches, päd­ago­gi­sches und fach­di­dak­ti­sches Wis­sen und Kön­nen bei Maß­nah­men der Bewäl­ti­gung des Lehr­kräf­te­man­gels, die wesent­lich auf der Gewin­nung von Kapa­zi­tä­ten durch Rekru­tie­rung nicht-fer­tig aus­ge­bil­de­ter und der Reak­ti­vie­rung erfah­re­ner, bereits pen­sio­nier­ter Lehr­per­so­nen beruht? 
    • Wel­che Mög­lich­kei­ten gibt es, sowohl nicht-fer­tig aus­ge­bil­de­te wie erfah­re­ne, aber bereits pen­sio­nier­te Lehr­kräf­te in ihrer Tätig­keit so zu unter­stüt­zen, dass weder unre­flek­tier­te über­kom­me­ne Rou­ti­nen noch allein päd­ago­gisch-didak­tisch gesät­tig­te und gut eta­blier­te Erfah­run­gen allein bestim­mend blei­ben, son­dern auch neue Her­aus­for­de­run­gen und Ansät­ze auf­ge­grif­fen und ver­ar­bei­tet wer­den können?
    • Wie kann es gelin­gen, Fort­bil­dun­gen und Beglei­tun­gen für nicht fer­tig aus­ge­bil­de­te Lehr­kräf­te wie für reak­ti­vier­te erfah­re­ne Lehr­per­so­nen so zu gestal­ten, dass sie in ihrer Tätig­keit auch aktu­el­le und rezen­te Fra­ge­stel­lun­gen und Ent­wick­lun­gen ein­be­zie­hen kön­nen und gleich­zei­tig ihre Exper­ti­se bei deren Auf­grei­fen wert­ge­schätzt wird?
  • zu Leit­vor­stel­lun­gen von Lehrerbildung? 
    • Inwie­fern sind Maß­nah­men zum Umgang mit dem Lehr­kräf­te­man­gel , ins­be­son­de­re zur kurz­fris­ti­gen Sicher­stel­lung der Unter­richts­ver­sor­gung geeignet, 
      • die Attrak­ti­vi­tät des Lehr­be­rufs als eines aka­de­mi­schen, pro­fes­sio­na­li­sier­ten und mit selbst­stän­di­ger Hand­lungs­er­mäch­ti­gung (aus­ge­stat­te­ten) voll­aka­de­mi­schen Berufs in Fra­ge zu stel­len zu Guns­ten von Vor­stel­lun­gen eher unselbst­stän­di­ger, vor­ge­ge­be­ne Kon­zep­te umset­zen­der Tätigkeiten?
      • ggf. eine “Zwei-Klassen”-Gesellschaft von Lehr­kräf­ten zu eta­blie­ren mit ent­we­der einer sub­sta­ti­el­len aus­bil­dungs­be­ding­ten Unter­schei­dung der Auf­ga­ben­pro­fi­le und Selbst­ver­ständ­nis­se schu­lisch-unte­richt­lich Han­deln­der (etwa durch Kon­zen­tra­ti­on der Tätig­kei­ten gering/​nicht fer­tig aus­ge­bil­de­ter Lehr­kräf­te auf das Tätig­keits­feld “Unter­rich­ten” und ihren weit­ge­hen­den Aus­schluss von Tätig­keits­fel­dern der Schul‑, Unter­richts-und Lehr­plan­ent­wick­lung sowie ggf. höhe­ren Prü­fun­gen sowie von der Betei­li­gung an didak­ti­schen Ent­wick­lun­gen; oder aber der Beför­de­rung einer Abwer­tung und Inat­trak­ti­vi­tät der auf­wän­di­ge­ren und län­ge­ren Aus­bil­dung, wenn ent­spre­chen­de Auf­ga­ben-und Kom­pe­tenz-Dif­fe­ren­zie­run­gen auf­grund fort­ge­setz­ten Man­gels auch in die­sen Tätig­keits­fel­dern oder auf­grund poli­ti­schen Wil­lens ausbleiben?
      • lang­jäh­rig eta­blier­te Errun­gen­schaf­ten der Auf­wer­tung des Lehr­be­rufs durch Voll­aka­de­mi­sie­rung und Pro­fes­sio­na­li­sie­rung, sowie durch eine Anglei­chung der Aus­bil­dungs- und Tätig­keits­pro­fi­le zuvor schul­form­spe­zi­fisch unter­schied­li­cher Aus­bil­dun­gen durch “Päd­ago­gi­sie­rung” und Didak­ti­sie­rung des höhe­ren (gym­na­sia­len) und fach­li­cher Auf­wer­tung des vor­ab “nie­de­ren” (Volks- bzw. Haupt­chul-Lehr­amts) zu gefähr­den, deren letz­te­re gera­de nicht allein stan­des­po­li­ti­schen Bestre­bun­gen der Volks­schu­leh­rer­schaft (allein) zuzu­schrei­ben sind, son­dern deren bei­de grund­le­gen­den päd­ago­gi­schen und bil­dungs­po­li­ti­schen Erwä­gun­gen ange­sichts ver­än­der­ter gesell­schaft­li­cher Anfor­de­run­gen an schu­li­sche Bil­dung (Stich­wort: Ver­wis­sen­schaft­li­chung) zu ver­dan­ken sind.4

Referenzen

Anmer­kun­gen /​ Refe­ren­ces
  1. Köl­ler, Olaf; Thiel, Feli­ci­tas; van Acke­ren-Mindl, Isa­bell; Anders, Yvonne; Becker-Mrot­zek, Micha­el; Cress, Ulri­ke et al. (2023): Emp­feh­lun­gen zum Umgang mit dem aku­ten Lehr­kräf­te­man­gel. Stel­lung­nah­me der Stän­di­gen Wis­sen­schaft­li­chen Kom­mis­si­on der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz. Stel­lung­nah­me der Stän­di­gen Wis­sen­schaft­li­chen Kom­mis­si­on der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz. Unter Mit­ar­beit von DIPF | Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­for­schung und Bil­dungs­in­for­ma­ti­on und Stän­di­ge Wis­sen­schaft­li­che Kom­mis­si­on der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz (SWK). https://​www​.kmk​.org/​f​i​l​e​a​d​m​i​n​/​D​a​t​e​i​e​n​/​p​d​f​/​K​M​K​/​S​W​K​/​2​0​2​3​/​S​W​K​-​2​0​2​3​-​S​t​e​l​l​u​n​g​n​a​h​m​e​_​L​e​h​r​k​r​a​e​f​t​e​m​a​n​g​e​l​.​pdf; gele­sen 30.1.2023[]
  2. Rad­tke, Frank-Olaf (2000): Pro­fes­sio­na­li­sie­rung der Leh­rer­bil­dung durch Auto­no­mi­sie­rung, Entstaatlichung,Modularisierung. In: Sowi Online­Jour­nal (0), S. 1 – 8. http://​www​.sowi​-online​.de/​s​i​t​e​s​/​d​e​f​a​u​l​t​/​f​i​l​e​s​/​r​a​d​t​k​e​.​pdf; sowie ders. (1999): Auto­no­mi­sie­rung, Ent­staat­li­chung, Modu­la­ri­sie­rung. Neue Argu­men­te in der Leh­rer­bil­dungs­dis­kus­si­on? Anstel­le einer Ein­lei­tung. In: Frank-Olaf Rad­tke (Hg.): Leh­rer­bil­dung an der Uni­ver­si­tät. Zur Wis­sens­ba­sis päd­ago­gi­scher Pro­fes­sio­na­li­tät. Doku­men­ta­ti­on des Tages der Leh­rer­bil­dung an der Johann-Wolf­gang-Goe­the-Uni­ver­si­tät, Frank­furt am Main, 16. Juni 1999. Frankfurt/​Main: Fach­be­reich Erzie­hungs­wiss. der Johann-Wolf­gang-Goe­the-Univ (Frank­fur­ter Bei­trä­ge zur Erzie­hungs­wis­sen­schaft Rei­he Kol­lo­qui­en, 2), S. 9 – 22.[]
  3. Kör­ber, Andre­as; Gärt­ner, Niko; Stork, Anni­ka; Hart­mann, Han­na (2021): Task-Based Histo­ry Lear­ning (TBHL) – ein Kon­zept für refle­xi­ve Lern­auf­ga­ben im Geschichts­un­ter­richt? In: ZfGd 20 (1), S. 197 – 212. DOI: 10.13109/zfgd.2021.20.1.197.[]
  4. Kör­ber, Andre­as (2022): Uni­ver­si­tä­res Lehr­amts­stu­di­um: Voll-Aka­de­mi­sie­rung als Wis­sen­schafts­fun­die­rung der Pra­xis­ori­en­tie­rung? In: Rai­ner Nico­lay­sen, Eck­art Krau­se und Gun­nar B. Zim­mer­mann (Hg.): 100 Jah­re Uni­ver­si­tät Ham­burg. Stu­di­en zur Ham­bur­ger Uni­ver­si­täts- und Wis­sen­schafts­ge­schich­te in vier Bän­den. Bd. 3. Göt­tin­gen: Wall­stein Ver­lag, S. 88 – 124.[]
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Stellungnahme zum “KMK-Kerncurriculum” für das Geschichtsstudium

17. September 2009 Andreas Körber Keine Kommentare

Kör­ber, Andre­as u. Mit­arb. v. Jan-Patrick Bau­er, Wal­traud Schrei­ber und Bodo von Bor­ries (2008):  Stel­lung­nah­me zum Ent­wurf der „Län­der­ge­mein­sa­men inhalt­li­chen Anfor­de­run­gen für die Fach­wis­sen­schaf­ten und Fach­di­dak­ti­ken in der Leh­re­rin­nen- und Leh­rer­bil­dung“ für das Fach Geschichte.

Stellungnahme_​KMK_​Bildungsstandards_​Lehrerbildung_​2008_​8

 

Stel­lung­nah­me zum Ent­wurf der „Län­der­ge­mein­sa­men inhalt­li­chen Anfor­de­run­gen für die Fach­wis­sen­schaf­ten und Fach­di­dak­ti­ken in der Leh­re­rin­nen- und Leh­rer­bil­dung“ für das Fach Geschich­te1

unter Mit­ar­beit von Jan-Patrick Bau­er (Ham­burg), Wal­traud Schrei­ber (Eich­stätt); Bodo von Bor­ries (Ham­burg)

Glie­de­rung

1 Ein­lei­ten­de Bemer­kun­gen 1

2 Anmer­kun­gen zu den Kom­pe­tenz­for­mu­lie­run­gen 2

3 Anmer­kun­gen zu den Stu­di­en­in­hal­ten 5

4 Alter­na­tiv­for­mu­lie­run­gen 7

5 Lite­ra­tur 10

  1. Ein­lei­ten­de Bemerkungen

Der Ent­wurf der fach­spe­zi­fi­schen Bil­dungs­stan­dards für die Leh­rer­aus­bil­dung im Fach Geschich­te folgt mit sei­ner Ein­tei­lung in ein „fach­spe­zi­fi­sches Kom­pe­tenz­pro­fil“ (7.1) und „Stu­di­en­in­hal­te“ (7.2) offen­kun­dig einer für das gan­ze Doku­ment gül­ti­gen Glie­de­rung. Die­se Ter­mi­no­lo­gie selbst soll daher hier nicht eigens kri­ti­siert wer­den. Es sei nur dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Begriff „Kom­pe­tenz­pro­fil“ hier in einer Art und Wei­se ver­wen­det wird, die zumin­dest in der neue­ren Debat­te um Kom­pe­ten­zen und Bil­dungs­stan­dards unüb­lich ist.2 Der zu kom­men­tie­ren­de Text basiert hin­ge­gen nicht auf einem der­ar­ti­gen aus­for­mu­lier­ten Kom­pe­tenz­mo­dell, son­dern ist allen­falls eine Vor­ar­beit zu einem sol­chen. Die in ihm (7.1) for­mu­lier­ten Fähig­kei­ten stel­len somit das Rudi­ment eines Kom­pe­tenz­mo­dells dar, noch nicht aber ein Kompetenzprofil.

Eine wei­te­re Vor­be­mer­kung erscheint nötig: Die für alle Fächer gemein­sa­me tabel­la­ri­sche Struk­tur mit nur stich­punkt­ar­ti­ger (Kom­pe­ten­zen) und gar stich­wort­ar­ti­ger (Stu­di­en­in­hal­te) Auf­lis­tung bringt ein Pro­blem mit sich, näm­lich das der Balan­ce zwi­schen bei­na­he über­flüs­si­ger All­ge­mein­heit einer- und einer die wis­sen­schaft­li­che Lehr­frei­heit beein­träch­ti­gen­den Fest­le­gung ande­rer­seits. An einem Bei­spiel: Die Fest­le­gung, zum Stu­di­um einer (Teil-)Disziplin gehör­ten „zen­tra­le Kate­go­rien, Ansät­ze und Kon­zep­te“ der­sel­ben, ist ent­we­der über­flüs­sig, weil ohne die­se eine wis­sen­schaft­li­che Bil­dung nicht zu haben ist, oder aber nicht hin­rei­chend, weil mit ihr nicht fest­ge­legt wird, wel­che Art von Kon­zep­ten, Theo­rien und Kate­go­rien gefor­dert wer­den. Das ist gera­de mit Blick auf die Fach­di­dak­ti­ken ein wesent­li­cher Punkt, weil sich hier das jewei­li­ge Ver­ständ­nis von Fach­di­dak­tik wider­spie­gelt. Ob und inwie­fern unter den „zen­tra­len Kate­go­rien, Ansät­zen und Kon­zep­ten“ sol­che der Prag­ma­tik gemeint sind, also fach­be­zo­ge­ne Lehr- und Lern­kon­zep­te, methodische 

Groß­for­men usw., oder ob dar­un­ter auch sol­cher der fach­di­dak­ti­schen bzw. fach- oder domä­nen­spe­zi­fi­schen Empi­rie und Theo­rie fal­len, wird gera­de nicht deut­lich. Im Sin­ne der Siche­rung der Wis­sen­schaft­lich­keit auch der fach­di­dak­ti­schen Aus­bil­dung erscheint es daher sinn­voll, in einem sol­chen Papier eher kon­kre­te­re Anga­ben zu ver­lan­gen, die dann aber nicht nur hin­sicht­lich der ein­zel­nen For­mu­lie­run­gen, son­dern auch in der Zusam­men­schau dahin­ge­hend beur­teilt wer­den müs­sen, wel­ches Fach- und Dis­zi­plin­ver­ständ­nis sie aus­wei­sen. Es ist daher durch­aus denk­bar und sogar wahr­schein­lich, dass ein Teil der im Fol­gen­den kri­ti­sier­ten Ein­zel­hei­ten eher mit den struk­tu­rel­len Vor­ga­ben zu erklä­ren ist als mit einem pro­ble­ma­ti­schen Fach- und Lehr­ver­ständ­nis der Autoren. 

  1. Anmer­kun­gen zu den Kompetenzformulierungen

Die Ent­ge­gen­stel­lung von „wis­sen­schaft­lich“ und „fach­di­dak­tisch“ im ers­ten Satz von 7.1 ist dis­zi­plin­theo­re­tisch wie ‑poli­tisch nicht halt­bar. Sie greift auf ein ver­al­te­tes und zumin­dest in der Geschichts­di­dak­tik seit Mit­te der 1970er Jah­re über­hol­tes Ver­ständ­nis der eige­nen Dis­zi­plin als einer nicht wis­sen­schaft­li­chen Orga­ni­sa­ti­ons­form zurück. Auch wenn die­se Denk­wei­se in der Fach­wis­sen­schaft immer wie­der vor­zu­fin­den ist,3 kann ihr jedoch nicht zuge­stimmt wer­den. Die­ses Ver­ständ­nis von Fach­di­dak­tik all­ge­mein und Geschichts­di­dak­tik im Beson­de­ren wird weder den dis­zi­plin­theo­re­ti­schen Erkennt­nis­sen der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te noch den bil­dungs­wis­sen­schaft­lich-päd­ago­gi­schen Erfor­der­nis­sen der Jah­re seit PISA gerecht. Selbst wenn Geschichts­di­dak­tik hier als „Didak­tik des Schul­fa­ches Geschich­te“ ver­stan­den wird, kann und muss sie unter den domä­nen­spe­zi­fi­schen epis­te­mo­lo­gi­schen Bedin­gun­gen im Rah­men post­tra­di­tio­na­ler und hete­ro­ge­ner Gesell­schaf­ten als wis­sen­schaft­li­che Dis­zi­plin kon­zi­piert sein. Das bedeu­tet, dass sie sowohl die Refle­xi­on des gesam­ten Fel­des his­to­ri­schen Den­kens und Wis­sens einer Gesell­schaft und ihrer Teil­grup­pen, ihrer For­men und Funk­tio­nen, sei­ner Ent­ste­hung und Tra­die­rung (u.a. durch For­schung, aber auch durch For­men des kol­lek­ti­ven Gedächt­nis­ses und Erin­nerns) wie auch der Pro­zes­se von Auf- und Umbau der hier­zu nöti­gen Fähig­kei­ten wis­sen­schaft­lich in den Blick neh­men muss,4 gera­de weil his­to­ri­sches Ler­nen in der moder­nen Gesell­schaft nur inner­halb die­ses Rah­men statt­fin­den kann. In ihren Zustän­dig­keits­be­reich fal­len daher sowohl auf die Ver­gan­gen­heit bezo­ge­ne (d.h. im enge­ren Sin­ne „fach­wis­sen­schaft­li­che“) theo­re­ti­sche und empi­ri­sche Ver­fah­ren und Aus­sa­gen als auch auf die Gegen­wart bezo­ge­ne Fra­gen von Theo­rie, Metho­dik und Ergeb­nis­sen his­to­ri­schen Den­kens in der Gesellschaft. 

Die erwähn­te For­mu­lie­rung impli­ziert die erneu­te Fokus­sie­rung der Auf­ga­be von Fach­di­dak­tik auf die Ver­mitt­lung ander­wei­tig, d.h. von der his­to­ri­schen For­schung erar­bei­te­ten Wis­sens in insti­tu­tio­nel­len Lern- und Bil­dungs­pro­zes­sen und somit die Aus­blen­dung von außer­wis­sen­schaft­li­chen Pro­zes­sen his­to­ri­scher Ori­en­tie­rung. Damit aber ist eine für post­tra­di­tio­na­le und hete­ro­ge­ne, plu­ra­le Gesell­schaf­ten schäd­li­che Ein­schrän­kung mög­li­cher und not­wen­di­ger Ziel­set­zun­gen his­to­ri­schen Ler­nens ver­bun­den: Eine Geschichts­di­dak­tik, die sich nur auf die in den inkri­mi­nier­ten For­mu­lie­run­gen ange­deu­te­te Ver­mitt­lungs­funk­ti­on bzw. die Befä­hi­gung von Leh­rern zur Aus­übung die­ser Funk­ti­on beschränkt, ver­liert aus dem Blick, dass his­to­ri­sches Wis­sen und Ler­nen den „Adres­sa­ten“ (bes­ser: Sub­jek­ten) his­to­ri­scher Bil­dungs­pro­zes­se heut­zu­ta­ge in ganz ande­ren Lebens­zu­sam­men­hän­gen und For­men begeg­net, und dass his­to­ri­sche Lern­pro­zes­se somit nicht in der mög­lichst opti­mier­ten Ver­mitt­lung fer­ti­gen Wis­sens bestehen kön­nen, son­dern auf die Befä­hi­gung zur Teil­ha­be an plu­ra­lem und kon­tro­ver­sem gesell­schaft­li­chen Umgang mit Geschich­te vor­be­rei­ten müssen.

Hin­ter­grund die­ses Ver­ständ­nis­ses von Geschichts­di­dak­tik und geschichts­di­dak­ti­schem Stu­di­um ist die Ein­sicht, dass Leh­re­rin­nen und Leh­rer in der plu­ra­len und hete­ro­ge­nen Gesell­schaft, in wel­cher auf demo­kra­ti­schem Wege um his­to­ri­sche Deu­tun­gen und ihre Ver­bind­lich­keit (Geschichts­po­li­tik) gerun­gen wird, ihre Auf­ga­be nicht erfül­len kön­nen ohne die durch wis­sen­schaft­li­che Bil­dung erwor­be­ne grund­le­gen­de Fähig­kei­ten und Fer­tig­kei­ten und die Bereit­schaft, die­se Debat­ten selbst nach- und mit­zu­voll­zie­hen, sich an ihnen zu betei­li­gen, sowie die kul­tu­rell und sozi­al gepräg­ten Geschichts­be­dürf­nis­se und ‑ver­ständ­nis­se der Schü­le­rin­nen und Schü­ler wie auch ihrer Eltern zu ver­ste­hen und sich zu ihnen zu ver­hal­ten. Gera­de auch die Mit­ar­beit von Leh­re­rin­nen und Leh­rern an zukünf­ti­gen Wei­ter­ent­wick­lun­gen der Geschichts­di­dak­tik wie der Richt­li­ni­en erfor­dert die­se wis­sen­schaft­li­chen Fähig­kei­ten der Ana­ly­se und Teil­ha­be an der gesell­schaft­li­chen Geschichts­kul­tur. Geschichts­di­dak­tik ist auch für die zukünf­ti­gen Leh­rer nicht (mehr) „Anwen­dungs­wis­sen­schaft“, son­dern eine wis­sen­schaft­li­che Zugangs­wei­se zum eige­nen „Fach“.5

Das glei­che pro­ble­ma­ti­sche Ver­ständ­nis des Ver­hält­nis­ses und Zusam­men­han­ges von Fach­wis­sen­schaft und Fach­di­dak­tik bzw. der Kon­sti­tu­ti­on der Dis­zi­plin und der Stu­di­en­fä­cher liegt offen­kun­dig auch den in 7.2 zusam­men­ge­stell­ten „Stu­di­en­in­hal­ten“ zu Grun­de. In 7.1 auf­ge­stell­te For­de­run­gen wer­den durch die Auf­zäh­lung der Inhal­te in 7.2 nicht ein­ge­löst, das anvi­sier­te Niveau wird deut­lich unter­schrit­ten, etwa indem moder­ne, v.a. kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Kon­zep­te his­to­ri­scher For­schung weit­ge­hend feh­len. Es fin­det sich zwar die For­de­rung, dass ver­schie­de­ne „Ansät­ze und Kon­zep­te der Geschichts­di­dak­tik“ eben­so the­ma­ti­siert wer­den sol­len, wie die „kogni­ti­ve, emo­tio­na­le und sozia­le Dimen­si­on“ sowohl der „Aneig­nung von his­to­ri­schem Wis­sen“ wie auch der „Mani­fes­ta­ti­on von sozialer/​kultureller Erin­ne­rung“, jedoch ste­hen die­se Stu­di­en­in­hal­te addi­tiv neben einer gera­de­zu posi­ti­vis­ti­schen Auf­lis­tung fach­wis­sen­schaft­li­cher Inhalte. 

Ver­bin­dun­gen zwi­schen bei­den Wis­sens­be­stän­den feh­len gänz­lich. Dies sug­ge­riert zumin­dest, dass die auf­ge­zähl­ten fach­wis­sen­schaft­li­chen Stu­di­en­in­hal­te als Wis­sens­be­stän­de als fest­ste­hen­de und einer wei­te­ren Legi­ti­ma­ti­on nicht bedürf­ti­ge Inhal­te ange­se­hen wer­den. Eine For­de­rung, dass die Stu­di­en­ab­sol­ven­ten in der Lage sein soll­ten, die gegen­wär­ti­ge Bedeu­tung kon­kre­ter his­to­ri­scher The­men in der Gesell­schaft selbst­stän­dig zu reflek­tie­ren, kon­tro­ver­se Deu­tun­gen und ihre Funk­ti­on für aktu­el­le (auch poli­ti­sche) Ori­en­tie­rung zu reflek­tie­ren, und Lern­pro­zes­se von die­ser Ana­ly­se der Gegen­warts­be­deu­tung her zu kon­zi­pie­ren, fehlt völ­lig, bzw. wird für die Sekun­dar­stu­fe II nur sehr leicht angedeutet.

Zu die­sem Befund trägt bei, dass gera­de auch beim „fach­spe­zi­fi­schen Kom­pe­tenz­pro­fil“ jeg­li­che For­mu­lie­rung einer Fähig­keit zur Wahr­neh­mung, Refle­xi­on und Beur­tei­lung der gesell­schaft­li­chen Rele­vanz his­to­ri­schen Wis­sens und der Nut­zung die­ses Wis­sens für die Kon­zep­ti­on und Pla­nung kon­kre­ter Lern­pro­zes­se fehlt. (Fach-)historisches Wis­sen und fach­di­dak­ti­sches Wis­sen erschei­nen hier als zwei von­ein­an­der getrenn­te Wis­sens­be­rei­che, die in einem funk­tio­na­len Ablei­tungs­ver­hält­nis zuein­an­der ste­hen: Didak­tik ist die Fähig­keit, das eige­ne, erwor­be­ne (und selbst­stän­dig erwei­ter­te) Fach­wis­sen in Lern­pro­zes­se umzu­set­zen. Auch hier zeigt sich die ver­kür­zen­de Ten­denz des Tex­tes, Fach­di­dak­tik als eine (allen­falls moder­ni­sier­te) Fach­me­tho­dik zu ver­ste­hen und die von ihr in den Blick zu neh­men­den Lern­pro­zes­se in der Schu­le als Ver­mitt­lung fest­ste­hen­den Wis­sens an Schü­le­rin­nen und Schü­ler als „Adres­sa­ten“. Die­ses Ver­ständ­nis unter­läuft die geschichts­di­dak­ti­schen und geschichts­wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­se der Gegen­warts­ge­bun­den­heit und des Gegen­warts- und Lebens­welt­be­zu­ges allen his­to­ri­schen Wis­sens und Ler­nens, der per­spek­ti­vi­schen Kon­struk­ti­vi­tät die­ses Wis­sens wie auch päd­ago­gi­sche, bes. lern­theo­re­ti­sche und lern­psy­cho­lo­gi­sche Erkennt­nis­se von Schülerorientierung.

In die­ses Bild passt des Wei­te­ren, dass unter den fach­spe­zi­fi­schen Kom­pe­ten­zen zwar das Wis­sen um Pro­blem­stel­lun­gen auf­ge­führt ist (7.1.2), dass hier­un­ter aber gera­de nicht die Fähig­keit begrif­fen wird, neu auf­tre­ten­de Pro­blem­stel­lun­gen und Dis­kus­sio­nen zu reflek­tie­ren, son­dern dass es nur um die Erkennt­nis von Per­sis­tenz fach­wis­sen­schaft­li­cher Pro­ble­me geht.

Cha­rak­te­ris­tisch hier­für ist eben­so, dass an kei­ner Stel­le ein­ge­for­dert wird, die erkennt­nis­theo­re­ti­schen Grund­la­gen der eige­nen Dis­zi­plin und ihre lei­ten­den Begrif­fe und Kon­zep­te reflek­tie­ren zu kön­nen. Dies betrifft ins­be­son­de­re (aber nicht aus­schließ­lich) die orga­ni­sie­ren­den und struk­tu­rie­ren­den Kon­zep­te und Kate­go­rien des Faches. Der Ver­weis auf „Grund­wis­sen aus allen his­to­ri­schen Epo­chen“ und allen räum­li­chen Maß­stab­s­ebe­nen bedürf­te drin­gend einer Ergän­zung um die For­de­rung, die Grund­la­gen der­ar­ti­ger Ein­tei­lun­gen (Epo­chen­be­grif­fe, Sek­to­ren der Dis­zi­plin etc.) selbst zu reflek­tie­ren. Die in der Fach­wis­sen­schaft mit dem Schlag­wort vom „Ende der gro­ßen Erzäh­lun­gen“ mar­kier­ten Ein­sich­ten, die kate­go­ria­len Fra­ge­stel­lun­gen, fin­den hier kei­ne Berück­sich­ti­gung. Auch hier ent­steht der Ein­druck, dass von zukünf­ti­gen Geschichts­leh­rern zwar eine dif­fe­ren­zier­te und im Ansatz (fach-)problemorientierte Geschichtskun­de erwar­tet wer­den soll als Vor­aus­set­zung für die Pla­nung einer Ver­mitt­lung die­ses Wis­sens an die jün­ge­re Gene­ra­ti­on, nicht aber die Fähig­keit zur Refle­xi­on des erkennt­nis­theo­re­ti­schen Sta­tus die­ses Wis­sens und sei­ner Struk­tu­rie­rungs­for­men selbst. Letz­te­res ist aber gera­de in post­tra­di­tio­na­len und hete­ro­ge­nen Gesell­schaf­ten drin­gend erfor­der­lich, in denen kei­nes­wegs von einem ein­heit­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­raum mit umfas­sen­dem „com­mon ground“ der Mit­glie­der aus­ge­gan­gen wer­den kann. Weder kön­nen Geschichts­leh­rer in Zukunft davon aus­ge­hen, dass alle Schü­le­rin­nen und Schü­ler von zu Hau­se das glei­che ter­mi­no­lo­gi­sche und kon­zep­tu­el­le Instru­men­ta­ri­um „mit­brin­gen“, noch, dass sie in ihrer nach­schu­li­schen Zukunft mit dem klas­si­schen Voka­bu­lar und den klas­si­schen Kon­zep­ten der west­lich-euro­päi­schen oder gar der deut­schen Geschichts­wis­sen­schaft aus­kom­men. Die For­de­rung nach der Beherr­schung der „Metho­den und Arbeits­tech­ni­ken“ des Faches muss also drin­gend ergänzt wer­den um die For­de­rung nach der Beherr­schung erkennt­nis­theo­re­ti­scher und fach­kon­sti­tu­ti­ver Kon­zep­te und Kate­go­rien, der Befä­hi­gung zur Refle­xi­on und ggf. Über­set­zung von Fra­ge­stel­lun­gen und Erkennt­nis­pro­ble­men aus der Fach- in die ver­schie­de­nen Lebens­welt­spra­chen der Schü­le­rin­nen und Schüler.

Eben­so cha­rak­te­ris­tisch ist die in 7.1.7 for­mu­lier­te For­de­rung, das „Wis­sen um die his­to­ri­sche Prä­gung der Gegen­wart“ ver­mit­teln zu kön­nen als Bei­trag zur poli­ti­schen Par­ti­zi­pa­ti­ons­fä­hig­keit. Die­se For­de­rung ist sicher­lich rich­tig, aber sie hal­biert die Anfor­de­rung. Zur Par­ti­zi­pa­ti­ons­fä­hig­keit in unse­rer Gesell­schaft gehört nicht nur, um ihre „his­to­ri­sche Prä­gung“ zu wis­sen, son­dern auch die Prä­gung der Geschichts­bil­der und der his­to­ri­schen Auf­fas­sun­gen durch die gegen­wär­ti­gen Per­spek­ti­ven (im Plu­ral) reflek­tie­ren zu kön­nen. Wenn nicht gar von Schü­le­rin­nen und Schü­lern als zukünf­ti­gen Bür­gern der Gesell­schaft, so doch zumin­dest von den Geschichts­leh­rern muss ver­langt wer­den, dass sie auch über die Prä­gung der Geschich­te (als mit Sinn ver­se­he­ner re-kon­stru­ier­ter Ver­gan­gen­heit) durch gegen­wär­ti­ge Fra­gen, Sinn­an­ge­bo­te etc. reflek­tie­ren können. 

Glei­ches gilt für die For­mu­lie­rung, die Absol­ven­ten von Lehr­amts­stu­di­en­gän­gen müss­ten „rele­van­te fach­li­che For­schungs­er­geb­nis­se und Dis­kur­se“ (immer­hin) in Gegen­stän­de his­to­ri­schen Ler­nens „umwan­deln“ kön­nen. Das ist sicher­lich eine berech­tig­te For­de­rung – aber ohne die kor­re­spon­die­ren­de Qua­li­fi­ka­ti­on, auch aus lebens­welt­li­chen und gesell­schaft­li­chen Fra­ge­stel­lun­gen his­to­ri­sche Lern­ge­gen­stän­de (bes­ser: The­men) kon­zi­pie­ren zu kön­nen, und dazu fach­wis­sen­schaft­li­che Fra­ge­stel­lun­gen, Dis­kur­se und Ergeb­nis­se eigen­stän­dig und durch­aus auch kri­tisch zu nut­zen, bleibt es Aus­weis einer abbild­di­dak­ti­schen Konzeption.

Das die­sen Anfor­de­run­gen offen­kun­dig zu Grun­de lie­gen­de Lern­kon­zept kann mit „Ler­nen machen“ im Sin­ne einer Über­mitt­lung von Kennt­nis­sen, Ein­sich­ten (und wohl auch Wer­ten) an die Rezi­pi­en­ten umschrie­ben wer­den. Es wider­spricht damit moder­nen Erkennt­nis­sen der Lern­psy­cho­lo­gie, ins­be­son­de­re zur Aneig­nung, Reprä­sen­ta­ti­on und Kon­struk­ti­on domä­nen­spe­zi­fi­schen Wis­sens, dem­zu­fol­ge Ler­nen ein an Inter­es­sen und Bedürf­nis­sen aus­ge­rich­te­ter, kom­ple­xer Kon­struk­ti­ons­pro­zess ist.

Aus spe­zi­fisch päd­ago­gi­scher Per­spek­ti­ve ist zu bemän­geln, dass den Autoren des Ent­wurfs die Lern­mo­ti­va­ti­on der Schü­le­rin­nen und Schü­ler offen­kun­dig nur als Funk­ti­on des Grund­wis­sens des Leh­rers vor­stell­bar ist (7.1.8). Schü­le­rin­nen und Schü­ler müs­sen ihnen zufol­ge offen­kun­dig zwin­gend extrin­sisch moti­viert wer­den und die zen­tra­le Varia­ble dafür ist das ver­füg­ba­re Grund­wis­sen des Leh­rers. Dass hier Ler­nen ten­den­zi­ell nicht als ein akti­ver Kon­struk­ti­ons­pro­zess von Welt gese­hen und die Rol­le des Leh­rers weni­ger als Lern­pla­ner und ‑beglei­ter ange­se­hen wird, ist deut­lich. Dem Ent­wurf der Bil­dungs­stan­dards liegt somit offen­kun­dig eine ver­al­te­te Lehr-/Lern­theo­rie zu Grunde.

Unter den Mate­ria­li­en und Medi­en, mit denen Absol­ven­ten eines his­to­ri­schen Lehr­amts­stu­di­ums umge­hen kön­nen müs­sen, sind im Ent­wurf nur „his­to­ri­sche Quel­len“ und „Ergeb­nis­se der For­schung“ benannt. Abge­se­hen davon, dass von einer refle­xi­ven Ver­fü­gung über die­se erkennt­nis­theo­re­ti­schen Kon­zep­te kei­ne Rede ist, ist zu kon­sta­tie­ren, dass offen­kun­dig von einem sehr ein­ge­schränk­ten Gegen­stands­feld his­to­ri­schen Den­kens als schul- und lern­re­le­vant aus­ge­gan­gen wird. Publi­zis­ti­sche und poli­ti­sche Tex­te his­to­ri­schen Inhalts wer­den hier eben­so wenig erwähnt, wie geschichts­kul­tu­rel­le (Re-)Präsentationsformen. Letz­te­re sol­len aus­weis­lich der Auf­lis­tung der Stu­di­en­in­hal­te in 7.2 (bemer­kens­wer­ter­wei­se nur im Bereich der Didak­tik) zwar the­ma­ti­siert wer­den, fach­li­che Kom­pe­tenz­an­for­de­run­gen gene­rie­ren sich offen­kun­dig dar­aus für die Autoren der Stan­dards nicht. Wie steht es also mit den Anfor­de­run­gen an zukünf­ti­ge Leh­rer wie an zukünf­ti­ge Mit­glie­der der Gesell­schaft, etwa kom­pe­tent mit Muse­en umzu­ge­hen, Pro­zes­se der Musea­li­sie­rung reflek­tie­ren zu kön­nen, alte und neue For­men öffent­li­cher Geschichts­prä­sen­ta­ti­on reflek­tie­ren und nut­zen zu können?

Die Anfor­de­run­gen in 7.1 sind immer­hin weit­ge­hend kom­pe­tenz­ori­en­tier­te, d.h. posi­tiv anschluss­fä­hi­ge Kön­nens- und Ver­fü­gens-For­mu­lie­run­gen, kei­ne defi­zit­ori­en­tier­ten Beschrei­bun­gen. Das bleibt aber inso­fern ohne Bedeu­tung, als dass kei­ner­lei Anga­ben über das Aus­maß der Beherr­schung der jewei­li­gen Fähig­kei­ten gemacht wer­den, und eini­ge der Anfor­de­run­gen in nicht-ope­ra­tio­na­li­sier­ter Form for­mu­liert sind (“ken­nen und erkennen”).

  1. Anmer­kun­gen zu den Studieninhalten

Auf den ers­ten Blick ist posi­tiv fest­zu­hal­ten, dass in der Grund­struk­tur (lei­der nicht durch­gän­gig) von einem gemein­sa­men Kompetenz“profil” der Absol­ven­ten für die unter­schied­li­chen Lehr­äm­ter (Sek I /​ Sek II) aus­ge­gan­gen wird, inso­fern grund­sätz­lich die glei­chen Stu­di­en­in­hal­te für alle Lehr­äm­ter vor­ge­se­hen sind, inner­halb derer eine Abstu­fung der Stu­di­en­um­fän­ge vor­ge­se­hen ist.

Aller­dings wird die­ser posi­ti­ve ers­te Ein­druck bei nähe­rem Hin­se­hen deut­lich getrübt, denn die kon­kre­te Aus­füh­rung der Stu­di­en­gangs­un­ter­schie­de befrie­digt nicht, und zwar in mehr­fa­cher Hinsicht:

Für die Absol­ven­ten der Sek II-Stu­di­en­gän­ge wird in vie­len Berei­chen ledig­lich ein “grö­ße­rer Ver­tie­fungs­grad” vor­ge­se­hen, ohne dass ange­ge­ben wür­de, in wel­cher Hin­sicht hier eine Ver­tie­fung mög­lich oder sinn­voll ist. Geht es nur um ein “Mehr” an Bei­spie­len oder kon­kre­ten Gegen­stän­den – oder um eine qua­li­ta­ti­ve Veränderung?

In for­ma­ler Hin­sicht fällt auf, dass hier unter den Stu­di­en­in­hal­ten eini­ge For­mu­lie­run­gen nicht Inhal­te benen­nen, son­dern (lei­der unscharf und nicht ope­ra­tio­na­li­sier­bar for­mu­lier­te) Zie­le: “Erfas­sen von …”. Wich­ti­ger ist aller­dings, dass der­ar­ti­ge For­mu­lie­run­gen nur für die Sek-II-Stu­die­ren­den vor­ge­se­hen sind. Falls das aus­sa­gen soll, dass den Sek‑I Stu­die­ren­den die in der lin­ken Spal­te auf­ge­führ­ten Inhal­te nur im Sin­ne fer­ti­gen dekla­ra­ti­ven Wis­sens prä­sen­tiert und ledig­lich ihre Repro­duk­ti­on erwar­tet wer­den sol­len, woge­gen die Sek-II-Absol­ven­ten eigen­stän­di­ge per­for­ma­ti­ve Leis­tun­gen erbrin­gen sol­len, ist dem ent­schie­den entgegenzutreten.

Wo kon­kre­te Ände­run­gen ange­ge­ben wer­den, wird das unter III.1 posi­tiv erwähn­te Prin­zip durch­bro­chen, indem doch wie­der ein­zel­ne Erkennt­nis­be­rei­che nur den Leh­rern für die Sekun­dar­stu­fe II vor­be­hal­ten wer­den. Das gilt beson­ders für fol­gen­de Punkte:

  • “Metho­den und Ansät­ze der selbstständige[n] For­schung” gel­ten offen­kun­dig als für Leh­rer der Sekun­dar­stu­fe I unnö­tig. Wie ist die­ses begrün­det? Gera­de unter dem Gesichts­punkt einer heut­zu­ta­ge allent­hal­ben gefor­der­ten Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung und der Aus­rich­tung auf his­to­ri­sche Erkennt­nis­leis­tun­gen müs­sen auch die Leh­rer der Sekun­dar­stu­fe I über grund­le­gen­de Fähig­kei­ten eige­ner For­schung ver­fü­gen. Dies ergibt sich zum Einen aus den Auf­ga­ben im Beruf:
    • In vie­len Lehr­plä­nen und Schul­bü­chern ist – sinn­vol­ler­wei­se – gera­de in den Anfangs­klas­sen eine Ein­füh­run­gen in den Gegen­stand Geschich­te vor­ge­se­hen, die die­se Leh­re­rin­nen und Leh­rer durch­zu­füh­ren haben.
    • Sowohl dabei, aber auch als eigen­stän­di­ge Metho­den und etwa im Rah­men des Geschichts­wett­be­werbs des Bun­des­prä­si­den­ten ist Pro­jekt­ar­beit im Sin­ne einer ele­men­ta­ri­sier­ten eige­nen For­schungs­ar­beit der Schü­le­rin­nen und Schü­ler gefor­dert. Hier­für müs­sen gera­de auch Sek-I-Leh­rer aus­ge­bil­det werden.
  • “Theo­rien des his­to­ri­schen Gedächt­nis­ses” soll­ten eben­falls nicht nur den Sek-II-Leh­rern ver­mit­telt und mit ihnen dis­ku­tiert wer­den. Dies wür­de bedeu­ten, dass ein wesent­li­cher Teil der Lehr­kräf­te, und mit ihnen die gro­ße Mehr­heit der Schü­le­rin­nen und Schü­ler, mit die­sem in den letz­ten Jah­ren ver­stärkt öffent­lich dis­ku­tier­ten The­men­be­reich, der gera­de auch als Gegen­stand der Fach­wis­sen­schaft eta­bliert ist und der Geschichts­kul­tur zuzu­rech­nen ist, nicht kate­go­ri­al befasst werden.

Eben­falls unver­ständ­lich ist, war­um nur Sek.-II-Lehrer “Kon­ti­nui­tä­ten und Dis­kon­ti­nui­tä­ten” erfas­sen kön­nen sol­len (dies betrifft alle Epo­chen). Beim his­to­ri­schen Den­ken geht es immer und kon­sti­tu­tiv dar­um, wahr­ge­nom­me­ne Ver­än­de­run­gen von (Lebens-)Verhältnissen im Zeit­ab­lauf erklär­bar zu machen, indem eine „Kon­ti­nui­täts­vor­stel­lung“ her­ge­stellt wird, d.h. um die Ver­ar­bei­tung zeit­li­cher Kon­tin­genz. Dass die Fähig­keit, die­ses selbst reflek­tiert zu voll­zie­hen, nur den Absol­ven­ten des höhe­ren Lehr­amts ver­mit­telt und abver­langt wer­den soll, ist schlech­ter­dings inak­zep­ta­bel. Leh­re­rin­nen und Leh­rer, die Ler­nen­de bei der Ent­wick­lung ihrer eige­nen Fähig­keit zu his­to­ri­schem Den­ken hel­fen sol­len, müs­sen die­se Fähig­keit alle in beson­de­rer Aus­prä­gung besit­zen. Ent­ge­gen der Ten­denz in der Vor­la­ge ist ggf. sogar dar­über nach­zu­den­ken, inwie­fern von den Sek-I-Leh­re­rin­nen und Leh­rern ein höhe­res, d.h. ela­bo­rier­te­res Niveau die­ser Kom­pe­tenz ver­langt wer­den soll, näm­lich eines, wel­ches kon­sti­tu­tiv die Fähig­keit zu kon­zep­tu­el­ler und begriff­li­cher Ele­men­ta­ri­sie­rung und zur Kon­struk­ti­on von Bei­spie­len beinhal­tet, die auch auf bil­dungs­fer­ne­re und jün­ge­re, d.h. weni­ger „fort­ge­schrit­te­ne“ Schü­lern zuge­schnit­ten sind. Ins­ge­samt zeigt sich, dass das gewähl­te Kri­te­ri­um der Abgren­zung der Stu­di­en­um­fän­ge wenig sinn­voll ist. 

Die Auf­zäh­lung der Stu­di­en­in­hal­te ist auch hin­sicht­lich der For­mu­lie­run­gen äußerst dis­pa­rat. Zum Teil wer­den schlicht Gegen­stän­de im Sin­ne ein­deu­tig begrenz­ter Ereig­nis- (“For­mie­rung Euro­pas”, “Ent­ste­hung der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka”) oder Struk­tur­kom­ple­xe (“Staat und Kir­che”) for­mu­liert und erwe­cken den Ein­druck von Über­schrif­ten zu fest­ste­hen­den Wis­sens­be­stän­den, die nur zu ver­mit­teln bzw. zu erwer­ben, nicht aber kate­go­ri­al und hin­sicht­lich der Kon­sti­tu­ti­on die­ses Wis­sens zu reflek­tie­ren sind. Dies betrifft beson­ders den Bereich der Alten Geschich­te, aber auch ein­zel­ne Inhal­te im Bereich der Neu­zeit („Ent­ste­hung der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka; Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on“). Ande­re Inhal­te sind eher kate­go­ri­al gefasst (“Krieg, Kon­flikt und Frie­den”). Sie kön­nen als Über­schrif­ten zu längs­schnitt­ar­ti­gen his­to­ri­schen Pro­ble­ma­ti­sie­run­gen („Ver­än­de­run­gen von …”) oder aber zu erkennt­nis­theo­re­tisch fun­dier­ten Refle­xi­ons­not­wen­dig­kei­ten (vor allem hin­sicht­lich der Pas­sung heu­ti­ger Kon­zep­te auf zeit­ge­nös­si­sche Denk- und Hand­lungs­wei­sen) gele­sen wer­den. Letz­te­res ist der über­le­ge­ne Zugang, wenn es um die (Aus-)Bildung von Leh­rern geht, d.h. von Orga­ni­sa­to­ren his­to­ri­scher Lern­pro­zes­se, und nicht von Ver­mitt­lern fest­ste­hen­der Wissensbestände. 

Die tabel­la­ri­sche Form der Auf­lis­tung der Stu­di­en­in­hal­te ver­hin­dert zwar kein pro­blem­ori­en­tier­tes und etwa längs­schnitt­ar­ti­ge Ver­glei­che kon­stru­ie­ren­des Stu­di­um – ein sol­ches wird bei intel­li­gen­ter Nut­zung der “epo­chen­über­grei­fen­den The­men” und ent­spre­chen­dem Ange­bot viel­leicht sogar ermög­licht – doch es wird an kei­ner Stel­le eine der­ar­ti­ge Pro­blem­ori­en­tie­rung vor­ge­se­hen. Die For­mu­lie­rung einer abge­schlos­se­nen Lis­te spe­zi­fi­scher “epo­chen­über­grei­fen­de The­men” lässt sogar befürch­ten, ande­re epo­chen­über­grei­fen­de Fra­ge­stel­lun­gen sei­en gar nicht erwünscht.

Gera­de ange­sichts der zuneh­men­den Hete­ro­ge­ni­tät der Schü­ler­schaft und der Not­wen­dig­keit der Her­stel­lung einer Kom­pa­ti­bi­li­tät (nicht: Iden­ti­tät) der his­to­ri­schen Denk­wei­sen der Schü­le­rin­nen und Schü­ler unter­ein­an­der wie mit ihren Eltern­häu­sern und ande­ren gesell­schaft­li­chen Grup­pen, ist die trotz aller struk­tur­ge­schicht­li­chen Prä­gung ver­blei­ben­de euro­zen­tri­sche Prä­gung zu bedau­ern. In die­ser Hin­sicht ver­langt der vor­lie­gen­de Ent­wurf von den zukünf­ti­gen Leh­rern kon­sti­tu­tiv weni­ger als die gül­ti­gen „ein­heit­li­chen Prü­fungs­an­for­de­run­gen für die Abitur­prü­fung“ (EPA 2005) von den Schü­lern – wenn auch ‘nach Mög­lich­keit’ und unter dem Vor­be­halt län­der­spe­zi­fi­scher Rege­lun­gen –, denen die Behand­lung eines außer­eu­ro­päi­schen Kul­tur­raums abver­langt wird.6

Aus dem glei­chen Gesichts­punkt her­aus ist das Feh­len jeg­li­cher Ver­pflich­tung auf irgend­ei­ne Beschäf­ti­gung mit gesell­schaft­li­cher Viel­falt (sozia­le, kul­tu­rel­le, sprach­li­che, geschlecht­li­che Hete­ro­ge­ni­tät sowohl in der Geschich­te als auch in ihrer Bedeu­tung für his­to­ri­sches Ler­nen) eigent­lich pro­ble­ma­tisch.7

In die­ser Hin­sicht ist das Feh­len jeg­li­cher For­de­rung, die Theo­rien, Ansät­ze, Fra­ge- und und For­schungs­kon­zep­tio­nen des Faches selbst zum Gegen­stand zu machen, ein wei­te­rer Aus­weis eines äußerst pro­ble­ma­ti­schen Ver­ständ­nis­ses von Fach und fach­li­chem schu­li­schen Ler­nen. Nicht nur sol­len offen­kun­dig für Schu­le die Ergeb­nis­se der fach­li­chen For­schung unab­hän­gig von den Prä­mis­sen, Fra­ge­stel­lun­gen, metho­di­schen Kon­zep­tio­nen ihrer Gewin­nung als qua­si objek­ti­ve und unbe­frag­ba­re Wis­sens­be­stän­de gel­ten, für zukünf­ti­ge Leh­re­rin­nen und Leh­rer scheint sogar die Fähig­keit, die­se metho­di­schen und kon­zep­tio­nel­len Vor­aus­set­zun­gen wis­sen­schaft­lich gewon­ne­nen his­to­ri­schen Wis­sens zu reflek­tie­ren ent­we­der nicht für nötig befun­den zu wer­den. Es fehlt also sowohl unter den Kom­pe­ten­zen wie unter den Stu­di­en­in­hal­ten der wich­ti­ge Hin­weis auf die theo­re­ti­schen Grund­la­gen des Faches und sei­ne Struk­tu­rie­rung, auf die Not­wen­dig­keit einer Beschäf­ti­gung mit Sek­to­ren, Ansät­zen, Theo­rien und „Schu­len“ und die Fähig­keit, die­ses Wis­sen bei der Refle­xi­on his­to­ri­scher Kennt­nis­se zu nutzen.

Ins­ge­samt ist die Auf­zäh­lung der Stu­di­en­in­hal­te noch viel zu posi­ti­vis­tisch gedacht. Dass und wie die­se his­to­ri­schen Gegen­stän­de zu The­men his­to­ri­schen Den­kens wer­den, auf Grund wel­cher gegen­wär­ti­ger Pro­blem­la­ge und Inter­es­sen sie für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ori­en­tie­rungs­re­le­vant wer­den, und mit wel­chem didak­tisch infor­mier­tem Blick­win­kel sie daher für Lehr­amts­an­wär­ter zu stu­die­ren wären, wird nicht deutlich. 

Die Stu­di­en­in­hal­te zum The­men­be­reich “Geschichts­di­dak­tik” sind ihrer­seits der moder­nen Geschichts­di­dak­tik inso­fern nicht ange­mes­sen, als sie offen­kun­dig grund­le­gend von Pro­zes­sen der Ver- oder gar Über­mitt­lung fest­ste­hen­der Wis­sens- und Deu­tungs­be­stän­de an die Schü­le­rin­nen und Schü­ler aus­ge­hen, und somit einem ver­al­te­ten Lern­be­griff fol­gen. Sowohl aus der erzie­hungs­wis­sen­schaft­li­chen wie auch aus der geschichts­di­dak­ti­schen und ‑theo­re­ti­schen Debat­te der letz­ten Jah­re müss­te die Kon­se­quenz gezo­gen wer­den, dass zwar Geschichts­wis­sen ver­mit­telt wer­den kann, die­ses aber solan­ge afunk­tio­nal bleibt, wie es dekla­ra­ti­ves Wis­sen bleibt; Geschichts­be­wusst­sein aber im Sin­ne eines Kom­ple­xes von Wahr­neh­mun­gen, Deu­tun­gen und Erwar­tun­gen, von Ein­sich­ten und Fähig­kei­ten aber kann – ent­ge­gen der For­mu­lie­rung im Ent­wurf – nicht “ver­mit­telt” wer­den, son­dern muss vom ein­zel­nen Ler­nen­den aktiv auf­ge­baut, kon­stru­iert wer­den. Ein der­ar­ti­ger Lern­be­griff ver­langt aber von den Lehr­kräf­ten ande­re Wis­sens­be­stän­de und Fähig­kei­ten als nur die Kennt­nis effek­ti­ver Vermittlungsstrategien. 

Die vor­lie­gen­de Auf­tei­lung der Stu­di­en­in­hal­te ver­kennt oder ver­deckt somit, dass didak­ti­sche Kom­pe­tenz mehr umfasst als die Fähig­keit, Lern­pro­zes­se zu pla­nen, durch­zu­füh­ren und zu ana­ly­sie­ren, son­dern dass sie grund­le­gen­de Fähig­kei­ten der Refle­xi­on über die Funk­ti­on und die Mög­lich­kei­ten his­to­ri­schen Den­kens und Erken­nens umfasst. Neben den in der Vor­la­ge unter „Geschichts­di­dak­tik“ auf­ge­führ­ten Stu­di­en­in­hal­ten müss­te daher – Fach­wis­sen­schaft sowie Didak­tik umgrei­fend bzw. mit­ein­an­der ver­bin­dend – die Anfor­de­rung auf­ge­führt wer­den, dass die Stu­die­ren­den über belast­ba­re Kon­zep­te und Begrif­fe zum Gegen­stand „Geschich­te“ und sei­ner indi­vi­du­el­len und kol­lek­ti­ven Funk­ti­on, zu erkennt­nis­theo­re­ti­schen Pro­ble­men ver­fü­gen sol­len, spe­zi­ell aber zum Kon­zept “Geschichts­be­wusst­sein”, zum Nar­ra­ti­vi­täts­kon­zept, zu Kom­pe­ten­zen his­to­ri­schen Den­kens (Kom­pe­tenz­mo­del­le mit Berei­chen und Niveaus), zur Dia­gnos­tik his­to­ri­scher Kom­pe­ten­zen und Fähigkeiten.

Auf der ande­ren Sei­te erscheint die For­mu­lie­rung „Pro­zes­se und Medi­en der Ver­mitt­lung von Geschichts­wis­sen und Geschichts­be­wusst­sein“ zu all­ge­mein. Hier wären auch in prag­ma­ti­scher Hin­sicht kon­kre­te­re For­mu­lie­run­gen wün­schens­wert, wie etwa „Metho­den und Medi­en insti­tu­tio­nel­len his­to­ri­schen Ler­nens“, aber auch – die­ser Aspekt fehlt eben­falls – „Kon­zep­te und Metho­den der Dia­gnos­tik his­to­ri­scher Kom­pe­tenz und der Leis­tungs­über­prü­fung“ und ähn­li­che Formulierungen.

  1. Alternativformulierungen

Im Rah­men die­ses Kom­men­tars kann und soll kein voll­stän­di­ger Alter­na­tiv­ent­wurf gelie­fert wer­den. Die fol­gen­den For­mu­lie­run­gen grei­fen auch (noch) nicht die Sprach­form und das tabel­la­ri­sche Lay­out der fächer­über­grei­fend ver­ein­heit­li­chen Vor­la­ge auf. Sie stre­ben kei­ne Voll­stän­dig­keit an (sind an vie­len Stel­len auch noch wei­ter aus­zu­dif­fe­ren­zie­ren), son­dern sol­len an eini­gen weni­gen Bei­spie­len die Rich­tung auf­zei­gen, in der unse­res Erach­tens bei einer Über­ar­bei­tung der Vor­la­ge zu den­ken ist. Auch dies kön­nen nur ers­te Anre­gun­gen für eine brei­te­re Dis­kus­si­on sein.

Fach­spe­zi­fi­sche Kompetenzen

Die Stu­di­en­ab­sol­ven­tin­nen und ‑absol­ven­ten der ers­ten Pha­se eines Lehr­amts­stu­di­en­gangs mit dem Fach Geschichte

  • ver­fü­gen über grund­le­gen­de Kom­pe­ten­zen des his­to­ri­schen Den­kens auf ela­bo­rier­tem Niveau,8 d.h.,
    • sie sind in der Lage, Fra­gen an Ver­gan­gen­heit und Geschich­te zu for­mu­lie­ren – u.a. aus gegen­wär­ti­gen eige­nen und frem­den (gesell­schaft­li­che) Ori­en­tie­rungs­be­dürf­nis­sen und Pro­blem­la­gen her­aus – und dabei gesell­schaft­lich anschluss­fä­hi­ge Kon­zep­te und Begrif­fe zu benut­zen, deren Exten­si­on und Inten­si­on sowie poli­ti­sche Bedeu­tung sie kri­tisch reflek­tie­ren können;
    • sie kön­nen grund­sätz­lich den Pro­zess der fach­wis­sen­schaft­li­chen Erstel­lung his­to­ri­schen Wis­sens skiz­zie­ren und nach­voll­zie­hen, an begrenz­ten aus­ge­wähl­ten Bei­spie­len auch selbst durch­füh­ren, und die Ergeb­nis­se der­ar­ti­ger For­schungs­ar­beit hin­sicht­lich ihrer Trag­fä­hig­keit und gesell­schaft­li­chen Rele­vanz reflektieren.
    • sie kön­nen wesent­li­che bei der his­to­ri­schen For­schungs­ar­beit ver­wen­de­te Metho­den und Arbeits­tech­ni­ken sowie die ihnen zu Grun­de lie­gen­den erkennt­nis­theo­re­ti­schen Prä­mis­sen erläu­tern und par­ti­ell selbst anwen­den sowie reflektieren.
    • sie sind in der Lage, ihnen und den Schü­le­rin­nen und Schü­lern in außer­schu­li­schen All­tag wie in der Schu­le begeg­nen­de his­to­ri­sche Aus­sa­gen und Dar­stel­lun­gen unter Rück­griff auf ein­ge­führ­te Ein­tei­lun­gen (etwa nach Gat­tun­gen, Sinn­bil­dungs­struk­tu­ren, Trif­tig­keits­kri­te­ri­en usw.) zu ana­ly­sie­ren (u.a. auf ihre jewei­li­gen Ent­ste­hungs­be­din­gun­gen, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­lo­gi­ken und ‑absich­ten) und ihren Gegen­warts­be­zug selbst­stän­dig zu formulieren.
    • sie sind in der Lage, in der eige­nen Gesell­schaft und in wesent­li­chen Teil­ge­sell­schaf­ten (Sub­kul­tu­ren) ver­wen­de­te Kon­zep­te zur Struk­tu­rie­rung und Kom­mu­ni­ka­ti­on his­to­ri­schen Wis­sens kor­rekt anzu­wen­den und kri­tisch zu reflektieren.
  • ver­fü­gen über grund­le­gen­des Wis­sen über und meh­re­re wis­sen­schaft­li­che und gesell­schaft­lich wirk­sa­me Theo­rien zu Funk­tio­nen und Ver­wen­dungs­wei­sen his­to­ri­schen Wis­sens in der Gesell­schaft. Sie ver­fü­gen über einen reflek­tier­ten Begriff his­to­ri­scher Bil­dung resp. des Bil­dungs­bei­tra­ges des Faches Geschichte,
  • ver­fü­gen über das in der nar­ra­ti­vis­ti­schen Geschichts­theo­rie zen­tra­le Kon­zept der Her­stel­lung von Vor­stel­lun­gen über den Zusam­men­hang zwi­schen unter­schied­li­chen Zeiten,
  • ken­nen Kon­zep­te der Her­stel­lung sozia­ler Kohä­renz und Iden­ti­tät durch Her­stel­lung gemein­sa­mer Geschichtsauffassungen,
  • kön­nen ver­gan­ge­ne und aktu­el­le Dis­kus­sio­nen und Bestim­mun­gen über den Bil­dungs­wert des Faches sowie Zie­le und Inhal­te his­to­ri­schen Ler­nens mit- und nach­voll­zie­hen und ein eige­nes Urteil zu die­sen Fra­gen begründen.
  • ver­fü­gen über einen wis­sen­schaft­lich fun­dier­ten, reflek­tier­ten und dif­fe­ren­zier­ten Begriff der Gegen­stän­de „Geschich­te“, „Ver­gan­gen­heit“ und „His­to­ri­sches Denken“;
  • ver­fü­gen über wis­sen­schaft­lich fun­dier­te Kon­zep­te zur Beschrei­bung und Kate­go­ri­sie­rung mensch­li­cher Lern­pro­zes­se und ihrer Bedin­gun­gen und For­men, d.h. sie
    • ver­fü­gen über ein Kon­zept der Unter­schei­dung unter­schied­li­cher Kennt­nis- und Fähig­keits­stän­de (bzw. „Kom­pe­tenz­ni­veaus“);
    • sind in der Lage, Ver­fah­ren der Kom­pe­tenz­dia­gnos­tik (Fest­stel­lung der Ver­fü­gung über bestimm­te Niveaus kon­kre­ter Kom­pe­ten­zen) und der Leis­tungs­mes­sung begrün­det für spe­zi­fi­sche Zwe­cke aus­zu­wäh­len und auf die jewei­li­ge Lern­grup­pe und den Gegen­stand hin auszuarbeiten;
    • gege­be­ne his­to­ri­sche Gegen­stän­de unter Rück­griff auf aner­kann­te Kon­zep­te und auf eige­ne Beur­tei­lun­gen der Kom­pe­tenz­ni­veaus der Schü­le­rin­nen und Schü­ler didak­tisch analysieren,
    • zu gege­be­nen oder selbst dia­gnos­ti­zier­ten Lern­not­wen­dig­kei­ten und ‑bedürf­nis­sen his­to­ri­sche Gegen­stän­de aus­wäh­len und didak­tisch-metho­disch strukturieren;
    • Die Absol­ven­tin­nen und Absol­ven­ten ver­fü­gen über die in der Gesell­schaft wie in der Fach­wis­sen­schaft ein­schlä­gi­gen und ver­brei­te­ten Struk­tu­rie­rungs- und Gegen­stands­be­grif­fe und kön­nen die­se zur eigen­stän­di­gen Erwei­te­rung ihres eige­nen his­to­ri­schen Fach­wis­sens nutzen.
    • Sie sind in der Lage, die in Fach­wis­sen­schaft wie außer­wis­sen­schaft­lich ver­brei­te­ten Medi­en his­to­ri­scher Kom­mu­ni­ka­ti­on kri­tisch zu nutzen.
    • ver­fü­gen über meh­re­re theo­re­tisch abge­si­cher­te Lern­be­grif­fe (etwa: Ler­nen als Infor­ma­ti­ons­an­eig­nung, Nach­ah­mungs­ler­nen, Ler­nen als Ver­hal­tens­än­de­rung; Ler­nen als akti­ver Auf­bau sinn­haf­ter Vor­stel­lun­gen über Wirk­lich­keit; …) und sind in der Lage, mit ihrer Hil­fe his­to­ri­sches Ler­nen zu pla­nen und zu analysieren;
    • ver­fü­gen über wis­sen­schaft­lich fun­dier­tes theo­re­ti­sches und empi­ri­sches Wis­sen über For­men his­to­ri­schen Den­kens und über die Fähig­keit, Niveaus his­to­ri­scher Denk­fä­hig­kei­ten bei Ler­nen­den unter Rück­griff auf wis­sen­schaft­li­che Kon­zep­te zu dia­gnos­ti­zie­ren, d.h. sie
    • ver­fü­gen über die Fähig­keit, gesell­schaft­li­che Bedin­gun­gen insti­tu­tio­na­li­sier­ter wie infor­mel­ler Pro­zes­se his­to­ri­schen Ler­nens zu ana­ly­sie­ren und auf ihrer Basis kon­kre­te Lern­pro­zes­se zu pla­nen; d.h., sie können

Stu­di­en­in­hal­te

Ver­fü­gen über

  • Epis­te­mo­lo­gi­sche und gegen­stands­struk­tu­rie­ren­de Kon­zep­te, z.B.
    • ein grund­le­gen­des Ver­ständ­nis von Geschich­te als eines nar­ra­tiv ver­fass­ten Wis­sens über Ver­gan­ge­nes, das (u.a.) zur Ori­en­tie­rung in der Gegen­wart und Zukunft dient
    • „Quel­le“, „Dar­stel­lung“, „Tra­di­ti­on“, „Über­rest“, „Doku­ment“, „Monu­ment“
    • ein reflek­tier­tes Kon­zept spe­zi­fisch his­to­ri­scher Objek­ti­vi­tät und ihrer Siche­rung (Wahr­heit, Objek­ti­vi­tät, Triftigkeiten)
    • Medi­en und Gattungen
    • Peri­odi­sie­run­gen, Epocheneinteilungen
    • einen wis­sen­schaft­lich fun­dier­ten Über­blick über Sek­to­ren und Ansät­ze der Geschichts­wis­sen­schaft samt der Fähig­keit, ihre jewei­li­gen Prä­mis­sen und Erkennt­nis­mög­lich­kei­ten zu reflek­tie­ren und auf eige­ne Fra­ge­stel­lun­gen zu beziehen.
  • Erkennt­nis­theo­rie, Metho­den und Arbeitsweisen
    • Re-Kon­struk­ti­on his­to­ri­scher Zusam­men­hän­ge auf der Basis eige­ner quel­len­ge­stütz­ter For­schung an begrenz­ten Fachgebieten
    • De-Kon­struk­ti­on his­to­ri­scher Dar­stel­lun­gen und Argu­men­ta­tio­nen zu brei­te­ren Themenspektren
  • Ori­en­tie­rungs­wis­sen
    • Kennt­nis meh­re­rer gän­gi­ger Peri­odi­sie­run­gen der euro­päi­schen Geschich­te (incl. Kunst­ge­schich­te und geschichts­kul­tu­rell ver­wen­de­ter) samt den ihnen zu Grun­de lie­gen­den Kri­te­ri­en und Per­spek­ti­ven und ihren Problemen.
    • Kennt­nis der wich­tigs­ten Cha­rak­te­ris­ti­ka der durch der­ar­ti­ge Peri­odi­sie­run­gen kon­sti­tu­ier­ten Epo­chen in jeweils meh­re­ren Sektoren
    • Kennt­nis der wesent­li­chen Sek­to­ren und Teil­dis­zi­pli­nen der aktu­el­len Geschichts­wis­sen­schaft samt ihren Prä­mis­sen und Fragestellungen;
    • Kennt­nis der wich­tigs­ten For­men und Pro­zes­se his­to­ri­scher Über­lie­fe­rung und Tra­die­rung (wis­sen­schaft­lich wie erin­ne­rungs- und geschichts­kul­tu­rell) samt ihrer Cha­rak­te­ris­ti­ken und Wirkungsweisen.

Literatur

Freie und Han­se­stadt Ham­burg, Behör­de für Bil­dung und Sport (2004): Bil­dungs­plan Acht­stu­fi­ges Gym­na­si­um. Sekun­dar­stu­fe I. Rah­men­plan Auf­ga­ben­ge­bie­te. Ham­burg: Behör­de für Bil­dung und Sport. <Online: http://​www​.ham​bur​ger​-bil​dungs​ser​ver​.de/​b​i​l​d​u​n​g​s​p​l​a​e​n​e​/​S​e​k​-​I​_​G​y​8​/​A​G​G​_​G​y​8​.​pdf>.

Freie und Han­se­stadt Ham­burg; Senat (2006): Mit­tei­lung des Senats an die Bür­ger­schaft: Reform der Leh­rer­bil­dung in Ham­burg.<Online: http://​www​.li​-ham​burg​.de/​f​i​x​/​f​i​l​e​s​/​d​o​c​/06 – 02-28-DRS-Lehrerbildung.3.pdf>.

Ham­mann, Mar­cus (2004): “Kom­pe­tenz­ent­wick­lungs­mo­del­le.” In: Der mathe­ma­ti­sche und natur­wis­sen­schaft­li­che Unter­richt 57; 4; S. 196 – 203.

Ham­mann, Mar­cus (2006): “Kom­pe­tenz­för­de­rung und Auf­ga­ben­ent­wick­lung.” In: Der mathe­ma­ti­sche und natur­wis­sen­schaft­li­che Unter­richt 59; 2; S. 85 – 95.

Kör­ber, Andre­as; Schrei­ber, Wal­traud; Schö­ner, Alex­an­der (Hrsg.; 2007): Kom­pe­ten­zen His­to­ri­schen Den­kens. Ein Struk­tur­mo­dell als Bei­trag zur Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung in der Geschichts­di­dak­tik. Neu­ried: ars una (Kom­pe­ten­zen: Grund­la­gen – Ent­wick­lung – För­de­rung; 2).

Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz (2005): “Ein­heit­li­che Prü­fungs­an­for­de­run­gen in der Abitur­prü­fung. Geschich­te. Beschluss vom 10.2.2005. Online unter: http://​www​.kmk​.org/​d​o​c​/​b​e​s​c​h​l​/​196 – 13_EPA-Geschichte-Endversion-formatiert.pdf (gele­sen 24.5.2005).

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1Ad-hoc-Arbeits­grup­pe „Inhalt­li­che Anfor­de­run­gen“ der KMK (17.06.2008): Län­der­ge­mein­sa­me inhalt­li­che Anfor­de­run­gen für die Fach­wis­sen­schaf­ten und Fach­di­dak­ti­ken in der Leh­re­rin­nen- und Leh­rer­bil­dung; Dar­in. Kap.7: Fun­ke, Peter; Schna­bel-Schü­le, Hel­ga; u. Mit­wir­kung v. Schö­ne­mann, Bernd: „Geschich­te“ (Kap. 7) (S. 20/​21).

2Der Begriff bezeich­net übli­cher­wei­se die bei kon­kre­ten Indi­vi­du­en vor­find­li­che Kom­bi­na­ti­on von Aus­prä­gun­gen ver­schie­de­ner Kom­pe­tenz­be­rei­che auf der Basis eines aus­ge­ar­bei­te­ten Kom­pe­tenz­mo­dells, wel­ches ver­schie­de­ne Kom­pe­tenz­be­rei­che oder auch ein­zel­ne Kom­pe­ten­zen und ver­schie­de­ne mög­li­che Niveaus (Aus­prä­gun­gen) die­ser Kom­pe­ten­zen aus­weist; vgl. Ham­mann, Mar­cus (2004): “Kom­pe­tenz­ent­wick­lungs­mo­del­le.” In: Der mathe­ma­ti­sche und natur­wis­sen­schaft­li­che Unter­richt 57; 4; S. 196 – 203.Ham­mann, Mar­cus (2004): “Kom­pe­tenz­ent­wick­lungs­mo­del­le.” In: Der mathe­ma­ti­sche und natur­wis­sen­schaft­li­che Unter­richt 57; 4; S. 196 – 203; Ham­mann, Mar­cus (2006): “Kom­pe­tenz­för­de­rung und Auf­ga­ben­ent­wick­lung.” In: Der mathe­ma­ti­sche und natur­wis­sen­schaft­li­che Unter­richt 59; 2; S. 85 – 95.Ders. (2006): “Kom­pe­tenz­för­de­rung und Auf­ga­ben­ent­wick­lung.” In: Der mathe­ma­ti­sche und natur­wis­sen­schaft­li­che Unter­richt 59; 2; S. 85 – 95.

3Zuletzt dezi­diert Sab­row, Mar­tin (2005): “Nach dem Pyr­rhus­sieg. Bemer­kun­gen zur Zeit­ge­schich­te der Geschichts­di­dak­tik.” In: Zeit­his­to­ri­sche For­schun­gen 2; 2; S. 268 – 273.Sab­row, Mar­tin (2005): “Nach dem Pyr­rhus­sieg. Bemer­kun­gen zur Zeit­ge­schich­te der Geschichts­di­dak­tik.” In: Zeit­his­to­ri­sche For­schun­gen 2; 2; S. 268 – 273.; vgl. dazu Schö­ne­mann, Bernd (2007): “Zum Stand der Dis­zi­plin.” In: Schö­ne­mann, Bernd; Voit, Hart­mut (Hrsg.; 2007): Euro­pa in his­to­risch-didak­ti­schen Per­spek­ti­ven (clo­ne).1. Aufl. Aufl. Idstein: Schulz-Kirch­ner (Schrif­ten zur Geschichts­di­dak­tik; 22), S. 11 – 20.Schö­ne­mann, Bernd (2007): “Zum Stand der Dis­zi­plin.” In: Schö­ne­mann, Bernd; Voit, Hart­mut (Hrsg.; 2007): Euro­pa in his­to­risch-didak­ti­schen Per­spek­ti­ven. 1. Aufl. Idstein: Schulz-Kirch­ner (Schrif­ten zur Geschichts­di­dak­tik; 22), S. 11 – 20, hier S. 15f.

4Die­sen engen und die Exis­tenz der Dis­zi­plin begrün­den­den Bezug auf das Schul­fach hat die Geschichts­di­dak­tik zu Recht seit meh­re­ren Jahr­zehn­ten über­wun­den. Ihr Objekt ist nicht (allein) das Ler­nen im Fach Geschich­te in der Schu­le, son­dern der indi­vi­du­el­le und gesell­schaft­li­che Umgang mit Geschich­te, bei dem das schu­li­sche Geschichts­ler­nen aller­dings immer noch eine her­aus­ra­gen­de, weil staat­lich insti­tu­tio­na­li­sier­te und mit einem Lern­an­spruch ver­bun­de­ne Ver­an­stal­tung ist. 

5In die­sem Sin­ne ist eine Unter­schei­dung zwi­schen schu­li­schem „Fach“ und „Domä­ne“ (his­to­ri­sches Den­ken) vor­zu­zie­hen, so dass sich die fach­li­che und didak­ti­sche Aus­bil­dung auf die Domä­ne bezieht, um zur Pla­nung domä­nen­spe­zi­fi­scher Lern­pro­zes­se auch in unter­schied­li­chen Fächer­kon­stel­la­tio­nen (Geschich­te, Geschichte/​Politik, Gemein­schafts­kun­de etc.) zu befähigen.

6Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz (2005): “Ein­heit­li­che Prü­fungs­an­for­de­run­gen in der Abitur­prü­fung. Geschich­te. Beschluss vom 10.2.2005. Online unter: http://​www​.kmk​.org/​d​o​c​/​b​e​s​c​h​l​/​196 – 13_EPA-Geschichte-Endversion-formatiert.pdf (gele­sen 24.5.2005).Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz (2005): “Ein­heit­li­che Prü­fungs­an­for­de­run­gen in der Abitur­prü­fung. Geschich­te. Beschluss vom 10.2.2005. Online unter: http://​www​.kmk​.org/​d​o​c​/​b​e​s​c​h​l​/​196 – 13_EPA-Geschichte-Endversion-formatiert.pdf (gele­sen 24.5.2005), S. 4.

7Ver­wie­sen sei hier dar­auf, dass etwa in Ham­burg die Beschäf­ti­gung mit Hete­ro­ge­ni­tät (Glo­ba­les Ler­nen, Inter­kul­tu­rel­les Ler­nen, Sexu­al­erzie­hung) als „Auf­ga­ben­ge­biet“ allen Fächern in der Schu­le auf­ge­ge­ben (Vgl. Freie und Han­se­stadt Ham­burg, Behör­de für Bil­dung und Sport (2004): Bil­dungs­plan Acht­stu­fi­ges Gym­na­si­um. Sekun­dar­stu­fe I. Rah­men­plan Auf­ga­ben­ge­bie­te. Ham­burg: Behör­de für Bil­dung und Sport. <Online: http://​www​.ham​bur​ger​-bil​dungs​ser​ver​.de/​b​i​l​d​u​n​g​s​p​l​a​e​n​e​/​S​e​k​-​I​_​G​y​8​/​A​G​G​_​G​y​8​.​pdf>.Freie und Han­se­stadt Ham­burg, Behör­de für Bil­dung und Sport (2004): Bil­dungs­plan Acht­stu­fi­ges Gym­na­si­um. Sekun­dar­stu­fe I. Rah­men­plan Auf­ga­ben­ge­bie­te. Ham­burg: Behör­de für Bil­dung und Sport. <Online: http://​www​.ham​bur​ger​-bil​dungs​ser​ver​.de/​b​i​l​d​u​n​g​s​p​l​a​e​n​e​/​S​e​k​-​I​_​G​y​8​/​A​G​G​_​G​y​8​.​pdf>) und fol­ge­rich­tig in Form von „Umgang mit kul­tu­rel­ler und sozia­ler Hete­ro­ge­ni­tät“ als „prio­ri­tä­res [Querschnitts-]Thema“ in der Leh­rer­bil­dung aller Fächer sowohl in den Fach­wis­sen­schaf­ten als auch der Erzie­hungs­wis­sen­schaft und den Didak­ti­ken zu behan­deln ist (Freie und Han­se­stadt Ham­burg; Senat (2006): Mit­tei­lung des Senats an die Bür­ger­schaft: Reform der Leh­rer­bil­dung in Ham­burg.<Online: http://​www​.li​-ham​burg​.de/​f​i​x​/​f​i​l​e​s​/​d​o​c​/06 – 02-28-DRS-Lehrerbildung.3.pdf>.Freie und Han­se­stadt Ham­burg; Senat (2006): Mit­tei­lung des Senats an die Bür­ger­schaft: Reform der Leh­rer­bil­dung in Ham­burg.<Online: http://​www​.li​-ham​burg​.de/​f​i​x​/​f​i​l​e​s​/​d​o​c​/06 – 02-28-DRS-Lehrerbildung.3.pdf>, S. 2, 4ff). Dass „Ungleich­hei­ten“ auch in der Fach­wis­sen­schaft eine Rol­le spie­len, ver­deut­licht (hof­fent­lich) der dies­jäh­ri­ge Historikertag.

8Hier wird aus prag­ma­ti­schen Grün­den die Ter­mi­no­lo­gie eines (unse­res eige­nen) Kom­pe­tenz­mo­dells zu Grun­de gelegt; dies soll kei­ne Fest­le­gung bedeu­ten; viel­mehr muss es zu den (aller­dings an ande­rer Stel­le auf­zu­lis­ten­den) Kom­pe­ten­zen der zukünf­ti­gen Geschichts­leh­re­rin­nen und ‑leh­rer gehö­ren, die ver­schie­de­nen Kom­pe­tenz­mo­del­le und Theo­rien his­to­ri­schen Den­kens zu ver­glei­chen, ihre Über­schnei­dun­gen und Spe­zi­fi­ka zu reflek­tie­ren und für das eige­ne geschichts­di­dak­ti­sche Den­ken nutz­bar zu machen. Aller­dings ist zu beach­ten, dass die Kom­pe­tenz­mo­del­le zur zeit nur par­ti­ell inein­an­der über­führ­bar sind und ihnen eben­falls durch­aus par­ti­ell unter­schied­li­che Vor­stel­lun­gen his­to­ri­schen Ler­nens zu Grun­de lie­gen. Vgl. zu unse­rem Kom­pe­tenz­mo­dell Kör­ber, Andre­as; Schrei­ber, Wal­traud; Schö­ner, Alex­an­der (Hrsg.; 2007): Kom­pe­ten­zen His­to­ri­schen Den­kens. Ein Struk­tur­mo­dell als Bei­trag zur Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung in der Geschichts­di­dak­tik. Neu­ried: ars una (Kom­pe­ten­zen: Grund­la­gen – Ent­wick­lung – För­de­rung; 2).Körber, Andre­as; Schrei­ber, Wal­traud; Schö­ner, Alex­an­der (Hrsg.; 2007): Kom­pe­ten­zen His­to­ri­schen Den­kens. Ein Struk­tur­mo­dell als Bei­trag zur Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung in der Geschichts­di­dak­tik. Neu­ried: ars una (Kom­pe­ten­zen: Grund­la­gen – Ent­wick­lung – För­de­rung; 2), dar­in auch ein Über­blick über wei­te­re Kom­pe­tenz­mo­del­le der Geschichts­di­dak­tik. Der Tagungs­band der Zwei­jah­res­ta­gung 2007 der Kon­fe­renz für Geschichts­di­dak­tik wird eben­falls eini­ge der gän­gi­gen Kom­pe­tenz­mo­del­le in der Anwen­dung auf das Arbeits­feld des his­to­ri­schen Ler­nens im Muse­um vorstellen.