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In den letz­ten Wochen und Mona­ten the­ma­ti­sier­ten – wie zuvor auch schon – anläss­lich von Novel­lie­run­gen der Lehr­plä­ne für das Fach Geschich­te in eini­gen deut­schen Bun­des­län­dern, Arti­kel in ver­schie­de­nen über­re­gio­na­len Tages- und Wochen­zei­tun­gen einen fach­di­dak­ti­schen wie poli­ti­schen Streit über Funk­ti­on, Ziel und Prag­ma­tik die­ses Faches. Ein wesent­li­cher Streit­punkt in die­ser Debat­te ist der Stel­len­wert von „Fak­ten“ im Geschichts­un­ter­richt. Damit erweist sie sich als die Fort­set­zung eines Dau­er­bren­ners, der in viel­fa­cher Form geführt wird, wobei sich als Grund­li­nie her­aus­ar­bei­ten lässt, dass die Ver­fech­ter eines „fak­ten­ori­en­tier­ten“ Unter­richts jeweils gegen unter­schied­li­che moder­ne Kon­zep­tio­nen und Inno­va­tio­nen des Geschichts­un­ter­richts ste­hen. Ihre Argu­men­te blei­ben dabei weit­ge­hend kon­stant (und unplausibel).

Die gegen­wär­ti­ge Run­de der Debat­te wie sie hier auf­ge­grif­fen wird, soll auf Sei­ten der „Fakten“-Verfechter anhand von drei Prot­ago­nis­ten dar­ge­stellt wer­den, näm­lich einem Jour­na­lis­ten (Tho­mas Vitzt­hum, Poli­tik­re­dak­teur bei DIE WELT), einem Leh­rer­ver­bands­funk­tio­när (Hans-Peter Mei­din­ger, Bun­des­vor­sit­zen­der des Phi­lo­lo­gen­ver­ban­des) und einem His­to­ri­ker und Geschichts­di­dak­ti­ker (Tho­mas Sand­küh­ler von der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät Ber­lin). Der Zusam­men­hang stellt sich zum einen dadurch her, dass Vitzt­hum in zwei Arti­keln des letz­ten Jah­res1 (neben ande­ren wie etwa Klaus Schroe­der) sowohl Sand­küh­ler als auch Mei­din­ger als Gewährs­leu­te sei­ner Kri­tik an ver­meint­lich nega­ti­ven Ent­wick­lun­gen in Bezug auf den Geschichts­un­ter­richt zitiert, zum ande­ren dadurch, dass Sand­küh­ler selbst in einem „Gast­bei­trag“ in DIE ZEIT kri­tisch auf einen Arti­kel repli­ziert hat, wel­cher in Ableh­nung der „Fakten“-Orientierung die im neu­en Lehr­plan von Sach­sen-Anhalt geplan­ten Ände­run­gen des Geschichts­un­ter­richts vor­stellt und dabei sowohl einen der Mit­au­toren (Dirck Hein­ecke) wie auch Sand­küh­lers Ber­li­ner Kol­le­gen (von der Frei­en Uni­ver­si­tät) Mar­tin Lücke zu Wort kom­men lässt.2

Was ist dran an die­sen Kri­ti­ken – und was ist von ihnen zu halten?

Sandkühlers Kritik an Louisa Reichstetters Artikel

Begin­nen wir mit Sand­küh­lers Kri­tik am ZEIT-Arti­kel von Loui­sa Reich­stet­ter: Loui­sa Reich­stet­ter berich­tet in ihrem stre­cken­wei­se iro­nisch-salopp geschrie­be­nen Arti­kel über die Reform­be­stre­bun­gen in Sach­sen-Anhalt zunächst über eine Unter­richts­stun­de. Da ver­set­zen sich Schü­le­rin­nen und Schü­ler in die Rol­le his­to­ri­scher Akteu­re (Rosa Luxem­burg und Phil­ipp Schei­de­mann) in einem aller­dings fik­tio­nal aktua­li­sier­ten Set­ting, näm­lich einer Talk­show mit Publi­kums­be­fra­gung. Wer sich Geschichts­un­ter­richt nur als Aktua­li­sie­rung (auch im Detail) ver­bürg­ter Ereig­nis­se vor­stel­len kann, dem dürf­te die­ses Insze­nie­rung in der Tat wie eine Bedro­hung vor­kom­men. Ver­steht man Unter­richt aber (auch) als Raum, in wel­chem Her­aus­for­de­run­gen eige­nen Den­kens insze­niert wer­den, in wel­chem Schü­le­rin­nen und Schü­ler nicht nur wie­der­ge­ben oder (ggf. per­spek­ti­visch) vari­ie­ren, was sie aus Quel­len und mög­lichst „neu­tra­len“ Dar­stel­lun­gen (dazu s.u.) über­nom­men haben, son­dern in wel­chen sie selbst den­ken, inter­pre­tie­ren und urtei­len müs­sen, der wird sol­chen Arran­ge­ments deut­lich posi­ti­ver gegen­über stehen.

Aller­dings beruht Sand­küh­lers Kri­tik am Arti­kel Reich­stet­ters auf durch­aus frag­wür­di­ger Lek­tü­re und Zitier­wei­se. Er schreibt etwa gleich im drit­ten Absatz:

„‘Ein­füh­lung‘ in Epo­chen, lesen wir, sei sol­chem ‚Fak­ten­wis­sen‘ vor­zu­zie­hen. ‚Ein­füh­lung‘ ist jedoch eine Kunst aus der Mot­ten­kis­te des 19. Jahr­hun­derts, als die Ver­tre­ter des His­to­ris­mus mein­ten, die Dif­fe­renz zwi­schen Ges­tern und Heu­te durch eben­die­se Eigen­schaft über­win­den zu kön­nen.“3

Bei letz­te­rem ist Sand­küh­ler durch­aus und unum­wun­den zuzu­stim­men. „Ein­füh­lung“ in Epo­chen ist Unsinn. Nicht nur, dass ers­tens die his­to­ris­ti­sche Metho­de der Ein­füh­lung aus heu­ti­ger erkennt­nis­theo­re­ti­scher Sicht nicht halt­bar ist, zwei­tens selbst Leo­pold von Ran­ke als der wohl bekann­tes­te Advo­kat des Ide­als, sich selbst gleich­sam aus­zu­lö­schen, die Unmög­lich­keit die­ses Unter­fan­gens (das gleich­wohl sein Ide­al blieb) ein­sah, bezog sie immer auf Per­so­nen, nicht aber auf Abs­trak­ta wie Insti­tu­tio­nen und Epo­chen, denn die zugrun­de­lie­gen­de Ver­ste­hens­leh­re pos­tu­liert die Gleich­heit mensch­li­chen Füh­lens und Wol­lens über die Zei­ten hin­weg : Jeg­li­cher Ver­such der „Ein­füh­lung“ setz­te die inten­si­ve Aus­ein­an­der­set­zung mit den Lebens- und Lei­dens­be­din­gun­gen sowie mehr noch den ihnen zuge­hö­ri­gen Äuße­run­gen in Form von Doku­men­ten vor­aus (was Droy­sen spä­ter als „for­schend zu ver­ste­hen“ umschrieb). Die aber ist gera­de in einem Geschichts­un­ter­richt auf der Basis mög­lichst objek­ti­ver, geklär­ter Infor­ma­tio­nen nicht mög­lich. Ein­füh­lung (in wen oder was auch immer) auf der Basis von 1 ½ Sei­ten Dar­stel­lungs­text und drei bis vier Quel­len­aus­zü­gen in gegen­wär­ti­ger Spra­che wäre auch bei Gel­tung der his­to­ris­ti­schen Theo­rie Unsinn. Das aber ist gar nicht das Pro­blem. Es besteht viel­mehr dar­in, dass eine Ein­füh­lung in Epo­chen im Text von Reich­stet­ter gar nicht gefor­dert oder über eine ent­spre­chen­de For­de­rung berich­tet wird. Eine For­mu­lie­rung die­ser Art fin­det sich ledig­lich (in der gedruck­ten Fas­sung) links neben der beglei­ten­den Illus­tra­ti­on in Form der Fra­ge „Muss man in Geschich­te Fak­ten wis­sen? Oder geht es dar­um, sich in Epo­chen ein­zu­füh­len?“4 und wird im Text weder zustim­mend noch ableh­nend, ja nicht ein­mal erwä­gend auf­ge­grif­fen. Es scheint sich um eine eher pro­vo­ka­tiv gemein­te redak­tio­nel­le Auf­lo­cke­rung zu handeln.

Im Text wer­den als inno­va­ti­ve Ansät­ze viel­mehr durch­aus anspruchs­vol­le Vor­stel­lun­gen von Zie­len his­to­ri­schen Ler­nens zitiert und (über­wie­gend) mit dem Kon­zept der „Kom­pe­ten­zen“ ver­bun­den. Das umfasst in der gegen­wär­ti­gen plu­ra­len Mei­nungs- und Aus­hand­lungs­ge­sell­schaft drin­gend Benö­tig­tes. Geschichts­un­ter­richt soll demnach

„in Jugend­li­chen vor allem ein kri­ti­sches Geschichts­be­wusst­sein wecken, ihnen einen Sinn ver­mit­teln für die Inter­pre­ta­ti­on von Zei­ten und Fak­ten, für das Poli­ti­sche, für Iden­ti­tä­ten und Gerech­tig­keit. Im bes­ten Fal­le ent­wi­ckeln Schü­ler dann die Fähig­keit, nicht nur selbst zu for­mu­lie­ren und zusam­men­zu­fas­sen, son­dern bestehen­de Nar­ra­ti­ve und ver­meint­li­che Fak­ten zu hin­ter­fra­gen. Im aller­bes­ten Fal­le wer­den aus ihnen auf die­se Wei­se kri­ti­sche Köp­fe, die die Ursa­chen der kom­ple­xen poli­ti­schen Sach­ver­hal­te ihrer Gegen­wart dis­ku­tie­ren und sich nicht von bil­li­gen Paro­len begeis­tern las­sen. So gese­hen ist Geschich­te eines der wich­tigs­ten Fächer im Kanon überhaupt. “

Soweit Sand­küh­lers Kri­tik sich also nicht auf die durch­aus pro­ble­ma­ti­schen Ten­den­zen der Ver­kür­zung des zu the­ma­ti­sie­ren­den Zeit­ho­ri­zon­tes bezieht, die im Arti­kel auch als Mei­din­gers Kri­tik­punk­te zitiert wer­den (wenn auch kei­nes­wegs zustim­mend), fehlt ihr die Grund­la­ge. Bleibt aller­dings der zwei­te Punkt, der Stel­len­wert von „Fak­ten­wis­sen“.

So kri­ti­siert Sand­küh­ler an der von Reich­stet­ter geschil­der­ten Sze­ne, die Schü­le­rin­nen und Schü­ler bräuch­ten zuvor erwor­be­nes Wis­sen, um Luxem­burg und Schei­de­mann dar­stel­len zu kön­nen. Woher er aller­dings die Infor­ma­ti­on nimmt, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in der geschil­der­ten Sze­ne dies nicht zuvor getan haben, bleibt sein Geheim­nis. Immer­hin ist von „Papie­ren“ die Rede, von denen die Dar­stel­len­den ihren „Text“ able­sen. Die Dar­stel­lung ist ja offen­kun­dig (soweit aus der äußerst kur­zen Schil­de­rung abzu­le­sen) auch gar nicht das Zen­trum der Stun­de. Ob Luxem­burg und Schei­de­mann über­haupt in einer sol­chen Kon­stel­la­ti­on hät­ten dis­ku­tie­ren kön­nen, wo doch der eine „am 9. Novem­ber 1918 die Repu­blik aus­rief“ die ande­re „am 15. Janu­ar 1919 ermor­det wur­de“, wie ihm wich­tig erscheint; ist für die Stun­de wohl eher zweit­ran­gig. Es geht dem Leh­rer um die Erar­bei­tung der unter­schied­li­chen zeit­ge­nös­si­schen Vor­stel­lun­gen von Repu­blik, wel­che ins­be­son­de­re die ande­ren Mit­glie­der der Klas­sen aus den gespiel­ten Argu­men­ta­tio­nen her­aus­ar­bei­ten sol­len. Inwie­fern dies den „his­to­ri­schen Per­so­nen“ weni­ger „gerecht“ wer­den kann als etwa eine qua­si objek­ti­ve Dar­stel­lung die­ser poli­ti­schen Vor­stel­lun­gen in einem tro­cke­nen Autoren­text in einem Schul­buch, ist doch durch­aus fraglich.

Es geht aber wohl weni­ger um akti­ve, täti­ge und ein­fach rezi­pie­ren­de Schü­le­rin­nen und Schü­ler als um die Zie­le und Gelin­gens­be­din­gun­gen his­to­ri­scher Bil­dung und his­to­ri­schen Ler­nens. Was also ist der Kern von Geschichts­un­ter­richt? Die Ver- oder bes­ser Über­mitt­lung eines fest­ste­hen­den, als „geklärt“ gel­ten­den Kanons an Wis­sen und Deu­tun­gen – oder die Befä­hi­gung zu eige­nem kri­ti­schen Den­ken?5

Vitzthum, Meidinger, Sandkühler und die „Fakten“

Grund­li­nie der Argu­men­ta­tio­nen Vitzth­ums, Mei­din­gers und Sand­küh­lers in allen hier betrach­te­ten Arti­keln ist die Beto­nung der Bedeu­tung im Geschichts­un­ter­richt zu ver­mit­teln­der „Fak­ten“ und des chro­no­lo­gi­schen Auf­baus des Geschichts­un­ter­richts andererseits.

Begon­nen sei mit dem jüngs­ten der vier aus­ge­wähl­ten Arti­kel, in wel­chem Vitzt­hum gegen den neu­en Geschichts­lehr­plan von Sach­sen-Anhalt und das dort fokus­sier­te Kon­zept „nar­ra­ti­ver Kom­pe­tenz“ pole­mi­siert. Kern der Pole­mik ist die von Vitzt­hum zitier­te Kom­pe­tenz­de­fi­ni­ti­on, die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sol­len „auf der Grund­la­ge der Aus­sa­gen von Zeit­zeu­gen eine bio­gra­phi­sche oder the­ma­ti­sche Dar­stel­lung ver­fas­sen“ sowie „auf der Grund­la­ge der Aus­sa­gen von Zeit­zeu­gen die Per­spek­ti­vi­tät auf den Pro­zess der Ver­ei­ni­gung bei­der deut­scher Staa­ten her­aus­ar­bei­ten“ kön­nen.6

Bevor sei­ne Dia­gno­se, dar­in kom­me ein „Miss­trau­en gegen­über einer all­ge­mein­gül­ti­gen his­to­ri­schen Erzäh­lung“ zum Aus­druck ana­ly­siert wer­den soll und die fol­gen­de Ent­ge­gen­set­zung von Kom­pe­ten­zen und Wis­sen und der Kri­tik, letz­te­re sei­en wich­ti­ger als Wis­sen, sei die kon­kre­te Kom­men­tie­rung der bei­den Zita­te genau­er betrach­tet. Vitzt­hum schreibt:

„Klingt nach Kul­tus­bü­ro­kra­ten­deutsch, ist aber gleich­wohl auf­schluss­reich. Offen­sicht­lich hat man sich in Sach­sen-Anhalt ent­schie­den, das für die Lebens­welt der Jugend­li­chen noch immer zen­tra­le Ereig­nis der Wie­der­ver­ei­ni­gung vor­nehm­lich durch die Erzäh­lun­gen jener zu beleuch­ten, die es erlebt haben.

Klar, eine sol­che Her­an­ge­hens­wei­se hat etwas für sich. Sie wirkt authen­tisch, leben­dig, unmit­tel­bar. Aber sie ist auch in höchs­tem Maße sub­jek­tiv, gefärbt durch rein per­sön­li­che Erfah­run­gen. Zudem sind Zeit­zeu­gen oft nicht die­je­ni­gen, die Geschich­te gemacht, son­dern jene, die sie erlebt haben oder gar erle­ben mussten.“

Hier­an ist (min­des­tens) zwei­er­lei zu bemer­ken. Da ist zunächst der letz­te Satz, der die Vali­di­tät der Zeit­zeu­gen­er­zäh­lun­gen als Infor­ma­ti­ons­quel­le für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in Zwei­fel zieht, weil die­se „in höchs­tem Maße sub­jek­tiv“ sei­en, „gefärbt durch rein per­sön­li­che Erfah­run­gen“. Dass die­se Eigen­schaf­ten kei­nes­wegs nur Zeit­zeu­gen­er­zäh­lun­gen zuer­kannt wer­den müs­sen, son­dern einem Groß­teil auch von tra­di­tio­nel­len schrift­li­chen Quel­len, etwa Brie­fen, Tage­buch­auf­zeich­nun­gen usw., ist nur das eine. Offen­kun­dig will Vitzt­hum die­se aber auch gar nicht den Quel­len gegen­über stel­len, son­dern den Dar­stel­lun­gen, die somit im Umkehr­schluss als „objek­tiv“ und nicht gefärbt aus­ge­ge­ben wer­den. Dass auch dies nur in begrenz­tem Maße zutrifft, dass viel­mehr Per­spek­ti­vi­tät und Deu­tungs­cha­rak­ter auch die­sen zukommt, ist eine Ein­sicht, die Schü­le­rin­nen und Schü­ler gar nicht früh genug gewin­nen kön­nen. Die Geschichts­di­dak­tik hat dar­aus auch schon vor lan­ger Zeit die For­de­rung abge­lei­tet, nicht nur mit Blick auf die Quel­len, son­dern auch die Dar­stel­lun­gen habe das Prin­zip der Mul­ti­per­spek­ti­vi­tät zu gel­ten, das in Bezug auf letz­te­re als „Kon­tro­ver­si­tät“ bezeich­net wird. Bei­de, die For­de­rung nach der Nut­zung von Quel­len aus meh­re­ren rele­vant am jeweils dama­li­gen Gesche­hen betei­lig­ten oder sich auf es bezie­hen­den, wie auch nach ihrer Beleuch­tung nicht nur aus einer, son­dern meh­re­ren zurück­bli­cken­den Per­spek­ti­ven, ist dabei die Kon­se­quenz aus der Ein­sicht, dass eine „objek­ti­ve“, nicht in irgend­ei­ner Wei­se gefärb­te „pure“ Prä­sen­ta­ti­on gar nicht denk­bar ist, sowie (und das ist fast noch wich­ti­ger), dass Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen müs­sen, die Unter­schied­lich­keit von Sicht­wei­sen auf Ver­gan­gen­heit und Geschich­te, die ihnen zugrun­de­lie­gen­den Per­spek­ti­ven, die Bedeu­tung der­sel­ben für Inter­pre­ta­tio­nen und Wer­tun­gen zu erken­nen und damit umzu­ge­hen. Ein Unter­richt, der Per­spek­ti­vi­tät leug­net, sie hin­ter „objek­ti­ver“ Dar­stel­lung zu ver­ste­cken sucht, ver­hin­dert gera­de­zu die Ent­wick­lung der Befä­hi­gung zu ver­ant­wort­li­chem und (quel­len- wie darstellungs-)kritischem his­to­ri­schem Denken.

Es kommt aber noch mehr dazu. Vitzth­ums Wie­der­ga­be der Zie­le ist nicht wirk­lich red­lich und erweist sich selbst als eben­so per­spek­ti­visch, inter­es­sen­ge­lei­tet. Im Lehr­plan wird näm­lich kei­nes­wegs gefor­dert, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler allein „auf der Grund­la­ge der Aus­sa­gen von Zeit­zeu­gen eine bio­gra­phi­sche oder the­ma­ti­sche Dar­stel­lung ver­fas­sen“. Die­se Kom­pe­tenz­for­mu­lie­rung steht viel­mehr im engen Zusam­men­hang mit der­je­ni­gen, „auf der Grund­la­ge der Aus­sa­gen von Zeit­zeu­gen die sub­jek­ti­ve Sicht auf den Pro­zess der Ver­ei­ni­gung bei­der deut­scher Staa­ten her­aus­ar­bei­ten“ und auch (über die Zeit­zeu­gen­the­ma­ti­sie­rung hin­aus­füh­rend) „die aktu­el­le öffent­li­che Wider­spie­ge­lung der deutsch-deut­schen Geschich­te unter­su­chen und pro­ble­ma­ti­sie­ren (z. B. öffent­li­che Debat­te, Muse­um)“ zu kön­nen.7

Hier wird deut­lich, dass der Lehr­plan die Zeit­zeu­gen­er­zäh­lun­gen gera­de nicht als die allei­ni­ge und zen­tra­le Infor­ma­ti­ons- und Deu­tungs­quel­le vor­se­hen, der die Schü­le­rin­nen und Schü­ler qua­si aus­ge­lie­fert wären, son­dern sie eben­so als Gegen­stand der Ana­ly­se und Refle­xi­on vor­schrei­ben. Ob die­se schie­fe Dar­stel­lung dar­an liegt, dass Vitzt­hum sich (aus eige­ner Erfah­rung?) einen Geschichts­un­ter­richt nicht vor­stel­len kann oder will, in wel­chem die Schü­le­rin­nen und Schü­ler den ihnen prä­sen­tier­ten Mate­ria­li­en gegen­über nicht nur eine rezi­pie­ren­de Hal­tung ein­neh­men, son­dern ler­nen (und sich trau­en), die­se auch auf ihre jewei­li­gen Perspektive(n) und die dar­in zum Aus­druck kom­men­den Inter­es­sen, Deu­tun­gen und Wer­tun­gen her­aus­zu­ar­bei­ten (ohne sie damit not­wen­di­ger­wei­se zu dele­gi­ti­mie­ren), wird nicht deut­lich – wohl aber, dass der Lehr­plan deut­lich stär­ker zur Befä­hi­gung der Schü­le­rin­nen und Schü­ler zum eigen­stän­di­gen Den­ken anlei­tet – Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung eben. Die­ser gegen­über aber kommt in Vitzth­ums Text ein „all­ge­mei­nes Miss­trau­en“ zum Aus­druck, vor allem dar­in, dass er sich his­to­ri­sches Den­ken und Geschichts­be­wusst­sein nicht als gleich­wer­ti­ge Dimen­si­on his­to­ri­schen Ler­nens begrei­fen kann oder will, son­dern als ver­meint­lich fest­ste­hen­dem Wis­sen unterzuordnen.

Damit steht er nicht allein, wie in sei­nem abschlie­ßen­den Zitat aus der Replik Tho­mas Sand­küh­lers auf Reich­stet­ter deut­lich wird:

„Der Ber­li­ner Geschichts­di­dak­ti­ker Tho­mas Sand­küh­ler ver­tei­digt in der ‚Zeit‘ das Fak­ten­wis­sen. ‚Ohne Inhal­te kann man aber kei­ne Kom­pe­ten­zen erwer­ben‘, schreibt er. Er sieht die Gefahr, dass die Refor­men genau das nicht bewir­ken, was sie ver­spre­chen: Mehr Men­schen mit Geschichts­be­wusst­sein her­vor­zu­brin­gen. ‚His­to­ri­sche Bil­dung wird immer mehr zum Pri­vi­leg gebil­de­ter Schich­ten, die ihren eige­nen Wer­tehim­mel reproduzieren.‘“

Über den letz­te­ren Gedan­ken, dass die Ori­en­tie­rung von Geschichts­un­ter­richt bestimm­te „Schich­ten“ der Bevöl­ke­rung pri­vi­le­giert, lässt sich tat­säch­lich pro­duk­tiv nach­den­ken. Ob aller­dings die Vor­ga­be eines Kanons von „Wis­sen“, der aus einer bür­ger­li­chen Per­spek­ti­ve tra­di­tio­nal fort­ge­schrie­ben wur­de und als „objek­tiv“ gilt, nicht eben die­sen Effekt haben muss, näm­lich die Per­spek­ti­ven, die Inter­es­sen, die Fra­gen und Deu­tun­gen vie­ler Schü­le­rin­nen und Schü­ler, die nicht bereits einen sol­chen Hin­ter­grund haben (und viel­leicht auch ihre) sowie die von ihnen aus ihren sozia­len und kul­tu­rel­len (und wei­te­ren) Bezugs­rah­men mit­ge­brach­ten und auch in ihnen wich­ti­gen Per­spek­ti­ven aus­zu­blen­den, gering­zu­ach­ten und sie auf ande­re Wei­se zu benach­tei­li­gen, muss eben­so gefragt wer­den. Das Fol­gen­de kann und soll die­se Fra­ge nicht klä­ren, wohl aber dazu beitragen:

Fakten, Wissen und Kompetenzen: Eine Frage der Hierarchie?

Zur Fra­ge der „Fak­ten“: Mei­din­ger und Sand­küh­ler beto­nen, dass Schü­le­rin­nen und Schü­ler sol­che „ver­mit­telt“ bekom­men müss­ten, weil ihnen sonst eine Grund­ori­en­tie­rung eben­so fehl­te wie die Grund­la­ge für eige­ne his­to­ri­sche Denk­leis­tun­gen. Hier­zu ist zu bemer­ken, dass die über­wie­gen­de Zahl der His­to­ri­ker wie auch ins­be­son­de­re die Geschichts­theo­rie inzwi­schen sehr deut­lich her­aus­ge­ar­bei­tet hat und akzep­tiert, dass es „Fak­ten“ im Sin­ne unab­hän­gi­ger Aus­sa­gen in der Dis­zi­plin Geschich­te nicht geben kann. Dies basiert auf der grund­le­gen­den Ein­sicht, dass unter­schie­den wer­den muss zwi­schen der „Ver­gan­gen­heit“ als der grund­le­gen­den Ein­gen­schaft aller gewe­se­nen Ge- und Bege­ben­hei­ten und im Über­tra­ge­nen Sin­ne auch ihrer Gesamt­heit einer­seits und „Geschich­te“ ander­seits als der­je­ni­gen Form, in wel­cher in jeder Gegen­wart auf Ver­gan­ge­nes und Ver­gan­gen­heit Bezug genom­men wer­den kann. Letz­te­re ist immer (unter ande­rem) selek­tiv, par­ti­ku­lar und vor allem sprach­lich kon­stru­iert. Was immer über Ver­gan­ge­nes aus­ge­sagt wer­den kann, ist zutiefst geprägt von heu­ti­gen Denk­wei­sen und Begrif­fen sowie vom Wis­sen um die spä­te­ren Entwicklungen.

Selbst dort, wo Historiker:innen im Sin­ne der Ethik des deut­schen His­to­ris­mus (der geschichts­wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­theo­rie und Schu­le des spä­ten 19. und frü­hen 20. Jahr­hun­derts) ver­su­chen, die­se ihre eige­nen Prä­gun­gen zu über­win­den und das Ver­gan­ge­ne „aus sich her­aus“ zu ver­ste­hen, kön­nen sie die­se Per­spek­ti­ve nicht able­gen, die im Übri­gen nicht nur eine zeit­lich-retro­spek­ti­ve ist, son­dern auch sozia­le, kul­tu­rel­le, poli­ti­sche und ande­re Ele­men­te ent­hält. Die Vor­stel­lung unab­hän­gi­ger, gesi­cher­ter „Fak­ten“ als Gegen­stand des Geschichts­un­ter­richts ver­kennt, dass alle For­mu­lie­run­gen sol­cher Fak­ten jeweils bestimm­ten Per­spek­ti­ven, Erkennt­nis­in­ter­es­sen und Wer­te­sys­te­men und aus ihnen her­aus for­mu­lier­ten Erkennt­nis­in­ter­es­sen sind.8

Die­se Ein­sicht erfor­dert als Kon­se­quenz kei­nes­wegs – wie zuwei­len ande­ren didak­ti­schen Kon­zep­ten vor­ge­wor­fen – eine Ver­nach­läs­si­gung von Wis­sen und Kennt­nis­sen, wohl aber das Prin­zip, Wis­sen und Erkennt­nis­se nur so zu ver­mit­teln, dass ihre Per­spek­ti­vi­tät, ihre Zeit­ge­bun­den­heit und damit auch ihr erkennt­nis­theo­re­ti­scher Sta­tus nicht ver­deckt wer­den. Das aber geschieht, wenn die Ver­mitt­lung und Kennt­nis von „Fak­ten“ als Vor­aus­set­zung und Grund­la­ge gefor­dert wird und die­je­ni­ge der fach­spe­zi­fi­schen Metho­den sowie Ope­ra­tio­nen des gegen­warts­be­zo­ge­nen Ori­en­tie­rens ihn unter- oder nach­ge­ord­net wer­den. Alle Pos­tu­la­te „erst die Fak­ten – dann das Den­ken“ ver­de­cken die grund­le­gen­de Eigen­schaft allen Wis­sens, per­spek­ti­ven- und erkennt­nis­ab­hän­gig zu sein.

Wenn aber ver­meint­lich “objek­ti­ve Fak­ten” die „Inhal­te“ (bes­ser: Gegen­stän­de) des Geschichts­un­ter­richts dar­stel­len, wer­den die Ler­nen­den nur als Rezi­pi­en­ten ver­meint­lich fest­ste­hen­den Wis­sens ange­se­hen und ange­spro­chen, eines Wis­sens, das nicht nur ihren eige­nen kul­tu­rel­len, sozia­len und ande­ren Posi­tio­nen und Per­spek­ti­ven ent­frem­det ist, son­dern auch denen der viel­fäl­ti­gen Akteu­re der Vergangenheit.

Wor­auf es dem­ge­gen­über aber ankä­me, ist, die Ler­nen­den als den­ken­de Sub­jek­te anzu­se­hen und anzu­spre­chen, um sie zu befä­hi­gen, nicht nur Wis­sen zu erwer­ben, son­dern die dar­in jeweils erkenn­ba­ren Per­spek­ti­ven und Deu­tun­gen eben­so zu erken­nen, wie ihre eige­nen, auf die Bedeu­tung die­ser Per­spek­ti­vi­tät zu reflek­tie­ren und schließ­lich die dazu erfor­der­li­chen Fähig­kei­ten zu verbessern.

Die theo­re­ti­sche Ein­sicht in die Per­spek­ti­vi­tät his­to­ri­schen Wis­sens und his­to­ri­scher Ein­sich­ten in Ver­bin­dung mit der Erkennt­nis der Viel­falt der Per­spek­ti­ven soll­te es somit eigent­lich ver­bie­ten soll­te, ein für alle ver­bind­li­ches „Fakten“-Wissen vor­zu­ge­ben. Dar­an ändern auch etwa­ige Ziel­set­zun­gen nichts, durch eine sol­che ver­bind­li­che, gemein­sa­me Fak­ten­grund­la­ge und Geschich­te den sozia­len Zusam­men­halt zu för­dern oder über­haupt erst her­zu­stel­len, oder auch den Schü­le­rin­nen und Schü­lern wenigs­tens die „bes­te“ jeweils „ver­füg­ba­re“ Geschich­te (Seix­as) zu präsentieren.

Glei­ches gilt im Übri­gen für die Metho­den­ori­en­tie­rung, sofern sie Arbeits­wei­sen wie etwa die Quel­len­ori­en­tie­rung und die Inter­pre­ta­ti­on als Gegen­stän­de von Geschichts­un­ter­richt nur mit ihrer Her­kunft aus der aka­de­mi­schen Geschichts­wis­sen­schaft begrün­det. Auch dies trennt die Ein­sich­ten in die Kon­struk­ti­ons­be­din­gun­gen his­to­ri­schen Wis­sens von den Pro­duk­ten. Das wird ins­be­son­de­re dort augen­fäl­lig, wenn – wie etwa im Ent­wurf des Geschichts­leh­rer­ver­ban­des für „Bil­dungs­stan­dards“ von 2006 und 2010/​11 vor­ge­schla­gen wird, die zu ver­mit­teln­den „Medi­en- und Metho­den­kom­pe­tenz“ an ande­ren Inhal­ten und Wis­sens­be­stän­den zu the­ma­ti­sie­ren als die „inhalt­li­che Ori­en­tie­rungs­kom­pe­tenz“. Letz­te­re soll offen­kun­dig als nicht zu hin­ter­fra­gen­des Grund­ge­rüst bestehen bleiben.

In Vitzth­ums älte­rem Arti­kel – in wel­chem einer­seits durch­aus eini­ge sehr beden­kens­wer­te Fehl­ent­wick­lun­gen benannt wer­den, wie etwa die wei­te­re Reduk­ti­on des Faches Geschich­te im Umfang, ande­rer­seits aber auch völ­lig kri­tik­los auf metho­disch äußerst frag­wür­di­ger Basis for­mu­lier­te und Kennt­nis­se mit Deu­tun­gen unzu­läs­sig ver­men­gen­de Kri­tik von Klaus Schroe­der am Ergeb­nis von Schul­un­ter­richt nach­ge­be­tet wird – wird ent­spre­chend Hans-Peter Mei­din­ger mit der For­mu­lie­rung zitiert, „Inhal­te“ wür­den „ver­han­del­bar“, weil sie „nur einem Zweck“ dien­ten, näm­lich der „Kom­pe­tenz­ver­mitt­lung“.9

Das ist eine böse Kari­ka­tur der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Sie über­trägt offen­kun­dig ahnungs­los an der all­ge­mei­nen Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung des Bil­dungs­we­sens nach PISA geäu­ßer­te Kri­tik einer Reduk­ti­on der Bil­dung auf „Mess­ba­res“ auf das Fach Geschich­te. Es ist hier nicht der Ort, dar­über zu befin­den, ob sol­che Kri­tik mit Bezug auf ande­re Schul­fä­cher berech­tigt ist oder nicht. Im Bereich der Geschichts­di­dak­tik gibt es kein mir bekann­tes Kom­pe­tenz­mo­dell, wel­ches eine ein­fa­che „Output“-Orientierung im Sin­ne eines Trai­nings inhalts­un­ab­hän­gi­ger Fer­tig­kei­ten for­dern oder beför­dern wür­de.10 Die aller­meis­ten von ihnen model­lie­ren anspruchs­vol­le For­men der Aus­ein­an­der­set­zung mit his­to­ri­schen Inhal­ten, kei­nes ver­langt eine Zurück­stel­lung von Inhal­ten zuguns­ten von Kom­pe­ten­zen – auch nicht das von mir mit ver­ant­wor­te­te Kom­pe­tenz­mo­dell „his­to­ri­sches Den­ken“, wel­ches wohl am deut­lichs­ten die Beson­der­heit der Kompetenz(en) als auf unter­schied­li­che Gegen­stän­de zum Zwe­cke der Ori­en­tie­rung anzu­wen­den­de Kom­ple­xe aus Fähig­kei­ten, Fer­tig­kei­ten und Wis­sen her­aus­stellt.11

Fach­lich wie geschichts­di­dak­tisch vali­der wie auch päd­ago­gisch ehr­li­cher als die von Vitzt­hum im Anschluss an Mei­din­ger prä­sen­tier­te Ent­ge­gen­set­zung von „Wis­sen“ und „Kom­pe­ten­zen“ sind sol­che Kon­zep­tio­nen, in denen Wis­sen in Form von Kennt­nis­sen von Ein­zel­hei­ten und Zusam­men­hän­gen kei­nes­wegs aus­ge­spart und ver­nach­läs­sigt wer­den, aber weder prio­ri­tär gegen­über noch sepa­riert von Fähig­kei­ten his­to­ri­schen Den­kens geför­dert wer­den, und zwar sol­chen, wel­che den Schü­le­rin­nen nicht nur den Nach­voll­zug der Erkennt­nis­se von His­to­ri­kern ermög­li­chen, son­dern eben­so und beson­ders, ihre eige­nen Per­spek­ti­ven auf die Ver­gan­gen­heit und die Bedeu­tung der­sel­ben für sie und ihre Lebens­welt zu reflek­tie­ren. Das wäre im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung, näm­lich die Beför­de­rung der Fähig­kei­ten, Fer­tig­kei­ten und auch der Bereit­schaft der Schü­le­rin­nen und Schü­ler, selbst­stän­dig his­to­risch zu den­ken, und dabei Wis­sen und Ein­sich­ten zu erwer­ben sowie wei­ter auf- und umzu­bau­en nicht als ver­meint­lich fest­ste­hen­de „Fak­ten“, son­dern als immer wie­der zu beden­ken­de Inter­pre­ta­tio­nen. Kom­pe­tenz­ori­en­tier­ter Unter­richt ist dann alles ande­re als „Stri­cken ohne Wol­le“, aber eben auch (um im Bild zu blei­ben) kei­ne rei­ne Pull­over­kun­de, son­dern Befähigung.

Die Illusion des chronologisch zu erwerbenden Chronologiegerüsts

Als letz­ter Aspekt der genann­ten Zei­tungs­bei­trä­ge und der Dis­kus­si­on über den Geschichts­un­ter­richt ist die in den letz­ten Jah­ren mehr­fach in der Bericht­erstat­tung vor­ge­brach­te Argu­men­ta­ti­on zu prü­fen, Schü­le­rin­nen und Schü­ler benö­tig­ten als Grund­ge­rüst des his­to­ri­schen Den­kens die Chro­no­lo­gie. Sie schient nicht nur in Mei­din­gers und Vitzth­ums Argu­men­ta­ti­on sowie in Sand­küh­lers Fra­ge an Reich­stet­ter durch, ob mit dem von ihr abge­lehn­ten „alten chro­no­lo­gi­schen Durch­gang“ „etwa“ das Fak­ten­wis­sen gemeint sei, war aber auch im Umfeld der öffent­li­chen und poli­ti­schen Dis­kus­si­on um die neu­en Fach­anfor­de­run­gen für den Geschichts­un­ter­richt in Schles­wig-Hol­stein wie um die neu­en Bil­dungs­plä­ne in Ber­lin und Bran­den­burg deut­lich zu hören.12 Der dor­ti­ge Lan­de­vor­sit­zen­de des Phi­lo­lo­gen­ver­ban­des, Hel­mut Sieg­mon, wird – neben dem Fach­vor­sit­zen­den eines Kie­ler Gym­na­si­ums – dazu von Franz Jung in einem Bericht über die Anhö­run­gen mit den Wor­ten zitiert, wol­le man „his­to­ri­sche Ent­wick­lun­gen begrei­fen, brau­che man die Kau­sal­ket­te der zeit­li­chen Abläu­fe.“13

An der Fest­stel­lung, die Chro­no­lo­gie sei nun ein­mal die Kern­di­men­si­on des Faches Geschich­te, sei­ner Bezugs­dis­zi­plin, der Geschichts­wis­sen­schaft, oder bes­ser: der Domä­ne des his­to­ri­schen Den­kens, ist über­haupt nichts aus­zu­set­zen – im Gegen­teil. Die den­ken­de, inter­pre­tie­ren­de und ori­en­tie­ren­de Ver­ar­bei­tung zeit­be­zo­ge­ner Infor­ma­tio­nen über Zei­ten, die nicht nur im Rah­men der eige­nen Bio­gra­phie zu ver­or­ten sind, son­dern weit dar­über hin­aus in der Ver­gan­gen­heit wei­sen, ist in der Tat das Pro­pri­um des Faches und die von kei­nem ande­ren Fach, kei­ner ande­ren Dis­zi­plin und Domä­ne als Kern­be­reich the­ma­ti­sier­te Fähig­keit. Dar­aus aber zu fol­gern, dass es sinn­voll ist, die­se zeit­be­zo­ge­nen Infor­ma­tio­nen den Ler­nen­den auch in chro­no­lo­gi­scher Rei­hen­fol­ge zu prä­sen­tie­ren, ist durch­aus gro­tesk. Das „chro­no­lo­gi­sche Prin­zip“ ist daher in den letz­ten Jahr­zehn­ten auch zuneh­mend in die Kri­tik gera­ten.14

Dafür ist zum Teil ver­ant­wort­lich, dass es (nicht zu Unrecht) mit dem oben kri­ti­sier­ten Kon­zept von Geschichts­un­ter­richt ver­bun­den wird,15 den Schü­le­rin­nen und Schü­lern eine fest­ste­hen­de Nar­ra­ti­on, einen Bestand an Wis­sen und Deu­tun­gen zur Über­nah­me vor­zu­ge­ben. Der­zeit ist die­se Struk­tur in den Schul­bü­chern nur noch in durch metho­den- und kom­pe­tenz­ori­en­tier­te Ein­schü­be unter­bro­che­ner Form prä­sent, was wohl auf sei­ne letzt­lich unge­bro­che­ne Prä­senz in den Bil­dungs- und Lehr­plä­nen zurück­zu­füh­ren ist. Gera­de die­se Dop­pel­struk­tur, wie auch die Tat­sa­che, dass die ver­blei­ben­den chro­no­lo­gi­schen Kapi­tel kei­nes­wegs (mehr?) eine (gar lücken­los) zusam­men­hän­gen­de Geschich­te prä­sen­tie­ren, son­dern jeweils in sich zusam­men­hän­gen­den The­men­kom­ple­xen glei­chen mit mehr oder weni­ger gro­ßen Lücken dazwi­schen, die zudem in zeit­li­cher, räum­li­cher Hin­sicht sowie zwi­schen Sek­to­ren der Geschich­te (Poli­tik, Kul­tur, Wirt­schaft, Ideen­ge­schich­te, All­tags­ge­schich­te usw.) eini­ger­ma­ßen groß­zü­gig sprin­gen und wech­seln, zeigt die Absur­di­tät beson­ders deutlich.

Gat­tungs­ge­schicht­lich scheint die chro­no­lo­gi­sche Kon­zep­ti­on des Geschichts­un­ter­richts auf die Figur der Erzäh­lung der „eige­nen“ Geschich­te eines Vol­kes, einer sozia­len Grup­pe zurück­zu­ge­hen, mit denen die alten den jun­gen Mit­glie­dern eine zeit­lich ori­en­tier­te und ori­en­tie­ren­de Vor­stel­lung gemein­sa­mer Her­kunft und der Ent­ste­hung und Ent­wick­lung der Gemein­schaft gaben. In fami­liä­ren Zusam­men­hän­gen gibt es sol­ches als Erzäh­lung durch die Groß­el­tern gegen­über den Enkeln wohl auch heu­te noch. Aber abge­se­hen davon, dass es sich dabei um jeweils klei­ne Grup­pen han­delt, haben die­se Erzäh­lun­gen zwar zumeist chro­no­lo­gi­sche Struk­tur, wer­den aber kaum über meh­re­re Jah­re hin­weg ver­teilt erzählt, son­dern viel­mehr in vie­len kür­ze­ren „Por­tio­nen“, die jeweils the­ma­tisch ange­legt sind sowie sich in ihrer Form und den Anfor­de­run­gen, die sie an die Zuhö­rer stel­len, an jene anpas­sen. Kaum ein Opa wird sei­nem Enkel zuerst von den ältes­ten Zei­ten erzäh­len und alle Fra­gen zum Heu­te auf einen Jah­re spä­ter statt­fin­den­den Ter­min ver­trös­ten, oder bei Fra­gen nach einem Vor­her dar­auf ver­wei­sen, dass das schon frü­her „dran“ gewe­sen wäre.

Bestehen schon hin­sicht­lich der Funk­ti­on von Geschich­te als Erzähl­ver­an­stal­tung in klei­nen, über­schau­ba­ren Ein­hei­ten schwe­re Beden­ken an der Sinn­haf­tig­keit einer Par­al­le­li­sie­rung von Lern- und Erzähl­zeit in Form des chro­no­lo­gi­schen Prin­zips, so ist die Über­tra­gung die­ses Ver­fah­rens auf gro­ße Ziel­grup­pen (die jun­ge Gene­ra­ti­on), gro­ße sozia­le For­men (Klas­sen­ver­bän­de) und vor allem auch gro­ße zu the­ma­ti­sie­ren­de Zeit­räu­me erst recht pro­ble­ma­tisch. Das Erzäh­len der Geschich­te einer (moder­nen) Nati­on oder einer post-tra­di­tio­na­len,16 plu­ra­len Gesell­schaft erfor­dert grund­sätz­lich den Gebrauch von abs­trak­ten Begrif­fen nicht nur für Akteu­re (Staat, Volk, Nati­on) und Kon­zep­te (Herr­schaft, Krieg, Demo­kra­tie), son­dern auch für die Bezeich­nung von Zeit. Sol­che Begrif­fe aber und beson­ders auch das Kon­zept eines durch sie erschlos­se­nen linea­ren Zusam­men­hangs (der moder­nen Natio­nal­ge­schich­ten zu Grun­de liegt) kön­nen nicht vor­aus­ge­setzt, son­dern müs­sen selbst nach und nach, schritt­wei­se, erwor­ben wer­den – und das nicht als ver­meint­lich gege­be­ne Grö­ßen, son­dern als zwar nicht unsin­ni­ge, aber doch kon­tin­gen­te, kon­ven­tio­nel­le Kon­zep­te und Begriffe.

Wenn man nun moder­ne und/​oder post-tra­di­tio­na­le Geschichte(n) in die­sem Sin­ne über meh­re­re Jah­re hin­weg chro­no­lo­gisch erzählt (was in die­ser ein­fa­chen Form wohl nie­mand mehr tut) oder „erar­bei­ten lässt“ mit Hil­fe von Quel­len und ande­ren Mate­ria­li­en, dann ver­deckt man viel­mehr durch das Vor­aus­set­zen der Chro­no­lo­gie und durch ihre Ver­tei­lung über den gesam­ten Erzähl- oder Lern­zeit­raum ihre eige­ne Qua­li­tät und ihre Stel­lung das das zen­tra­le Orga­ni­sa­ti­ons­prin­zip. Es ist gar nicht so sehr die Unfair­nis, von Schü­le­rin­nen und Schü­lern zu erwar­ten, dass sie eine Zeit­vor­stel­lung rein addi­tiv mit „Inhalt“ fül­len und dabei „schon gehab­tes“ über Jah­re hin­weg behal­ten und prä­sent haben („das hat­tet ihr schon“) sowie Gegen­warts­be­zü­ge und Vor­grif­fe abzu­tun („das kommt spä­ter“) als viel­mehr die Nicht-Expli­zie­rung der die Chro­no­lo­gie kon­sti­tu­ie­ren­den und struk­tu­rie­ren­den Prinzipien.

Chro­no­lo­gie ist also zu wich­tig, als dass man sie als impli­zi­tes Prin­zip nut­zen dürf­te. Das gilt ins­be­son­de­re des­halb, weil unser heu­ti­ges Chro­no­lo­gie­kon­zept ja kei­nes­wegs ein­fach ist. Die Unter­tei­lung der Zeit nicht nur mit­tels nume­ri­scher Ska­len (Jah­re), die auf­grund der Unter­tei­lung in „v.Chr.“ und „n. Chr.“ (bzw. „u.Z.“) und der damit ver­bun­de­nen nega­ti­ven Zah­len schon kei­nes­wegs ein­fach ist (von unter­schied­li­chen Null­punk­ten in Her­kunfts- und Reli­gi­ons­kul­tu­ren man­cher Schü­le­rin­nen und Schü­ler sowie abwei­chen­den Bezeich­nun­gen der Jahr­hun­der­te ganz abge­se­hen), reicht ja für ein chro­no­lo­gi­sches „Grund­ge­rüst“ kei­nes­wegs aus. Hin­zu kom­men eine Rei­he durch­aus unter­schied­li­cher (und kei­nes­wegs ein­deu­ti­ger) Peri­odi­sie­run­gen wis­sen­schaft­li­cher („Vor­ge­schich­te“, „Früh­ge­schich­te“, „Antike“/“Altertum“, „Mit­tel­al­ter“, „Frü­he Neu­zeit“, „Vor­mo­der­ne“, „Neu­zeit“, „Moder­ne“, , „Zeit­ge­schich­te“, „Gegen­wart“,) mit ihren kei­nes­wegs ein­deu­ti­gen Abgren­zun­gen und kul­tu­rel­len Kon­no­ta­tio­nen (man den­ke an Peter von Moos‘ „Gefah­ren des Mit­tel­al­ter­be­griffs“, aber auch die unter­schied­li­chen Bestim­mun­gen der „Zeit­ge­schich­te“), sowie nicht-sys­te­ma­ti­scher Bezeich­nun­gen („Römer­zeit“, „Zwi­schen­kriegs­zeit“, „Nach­kriegs­zeit“). Dass uns wie die­se zu nicht „wis­sen­schaft­li­chen“, kul­tu­rell aber bedeut­sa­men Zeit­be­zeich­nun­gen ste­hen („vor dem Krieg“, „1968“, „zur Zeit des Pro­phe­ten“, „als Uroma geflo­hen ist“) , wel­chen Logi­ken sie jeweils fol­gen, usw., ist nicht wirk­lich en pas­sant zu erwer­ben, wenn sie jeweils „chro­no­lo­gisch dran“ sind. Das Argu­ment, dass fast alle die­se Bezeich­nun­gen den Schü­le­rin­nen und Schü­lern im All­tag wie in den Medi­en immer schon begeg­net sind, bevor letz­te­res der Fall ist, braucht wohl gar nicht mehr erwähnt zu werden.

Chro­no­lo­gie als Kon­zept und als sta­bi­les Gerüst erwirbt man wohl am bes­ten nicht dadurch, dass im Zuge einer ansons­ten (weit­ge­hend) unver­än­der­ten der Prä­sen­ta­ti­on von kon­ven­tio­nel­ler nar­ra­ti­ver Deu­tung (im Autoren­text), der Ein­übung in zen­tra­le Begrif­fe und der exem­pla­ri­schen Inter­pre­ta­ti­on von Quel­len sowie der immer wie­der ein­mal statt­fin­den­den Dis­kus­si­on offe­ner Fra­gen inner­halb die­ser Kom­ple­xe die „Daten“ und „Fak­ten“ nach­ein­an­der auf­ge­nom­men und anein­an­der gehängt werden.

Hin­zu kommt, dass das impli­zi­te Vor­aus­set­zen der chro­no­lo­gi­schen Abfol­ge nicht nur gera­de nicht in der Sache selbst gege­be­nen und daher selbst­ver­ständ­li­chen, son­dern fach­lich wie kul­tu­rell in durch­aus unter­schied­li­chen For­men und unter­schied­li­cher Qua­li­tät ent­wi­ckel­ten Kon­zep­te zeit­li­cher Ord­nung gera­de­zu aus der Auf­merk­sam­keit der Schü­le­rin­nen und Schü­ler her­aus­nimmt – es sug­ge­riert auch, dass in der chro­no­lo­gi­schen Abfol­ge eine Not­wen­dig­keit lie­ge. Wenn schon der Vor­sit­zen­de des schles­wig-hol­stei­ni­schen Phi­lo­lo­gen­ver­ban­des die chro­no­lo­gi­sche Anord­nung der Ereig­nis­sen umstands­los und ein­zig als „Kau­sal­ket­te“ anspricht und somit ent­we­der (wohl mehr nolens als volens) ein „post hoc ergo prop­ter hoc“ unter­stellt, wenn nicht gar eine mate­ria­le Geschichts­phi­lo­so­phie, dann wird die­ser Ein­druck bei Schü­le­rin­nen und Schü­lern wohl noch deut­li­cher ent­ste­hen. Als gäbe es nicht auch eine gan­ze Rei­he ande­rer For­men zeit­li­cher Zusam­men­hän­ge, die es zu beden­ken und zu prü­fen gäbe als nur kau­sa­le.17

Viel plau­si­bler ist dage­gen ein Erwerb eines Grund­be­stan­des an „Fak­ten“ (hier: von Kennt­nis­sen über Ver­gan­ge­nes) und auch einer vali­den, nicht-tri­via­len und vor allem belast­ba­ren Vor­stel­lung eines zeit­li­chen Grund­ge­rüsts als zuneh­men­de Aus­dif­fe­ren­zie­rung über eine Abfol­ge meh­re­rer the­ma­ti­scher Ein­hei­ten hin­weg, die jeweils zwar nicht das gan­ze “Uni­ver­sum des His­to­ri­schen” umfas­sen, wohl aber wesent­li­che Abschnit­te des­sel­ben. Bei Anfän­gern (wohl den jün­ge­ren Schü­lern) wären somit eher gro­be, dafür aber kei­nes­wegs ein­ge­schränk­te Ein­tei­lun­gen von Zeit. Im Schul­al­ter dürf­te das wohl nicht erst bei einer dicho­to­men Unter­schei­dung von „heu­te“ und „frü­her“ anfan­gen, wohl aber muss auch die­se mög­lich sein. Mehr­fa­che fol­gen­de Aus­dif­fe­ren­zie­run­gen des tem­po­ra­len Gerüsts und immer wie­der statt­fin­den­de Ver­glei­che der chro­no­lo­gi­schen Kon­zep­te und Ter­mi­no­lo­gie unter­ein­an­der ermög­li­chen dann den kumu­la­ti­ven (nicht addi­ti­ven) Auf­bau eines fle­xi­blen, ope­ra­blen Kon­zepts von Zeit. Das ist mög­lich, indem Geschichts­un­ter­richt nicht mehr chro­no­lo­gisch vor­geht, son­dern in Form einer Anein­an­der­rei­hung von soge­nann­ten „Längs­schnit­ten“, die sich jeweils the­ma­tisch unter­schei­den, aber auch dar­in, dass quer zu ihnen (über sie hin­weg) der Grad der Dif­fe­ren­zie­rung von chro­no­lo­gi­scher und „sach­be­zo­ge­ner“ Ter­mi­no­lo­gie, der Anspruch an die Ver­fü­gung über Kon­zep­te, Fähig­kei­ten und Metho­den­be­herr­schung sowie schließ­lich an Refle­xi­vi­tät schritt­wei­se erhöht wird.18

Chro­no­lo­gi­sche Rück- und Vor­auf­be­zü­ge erfor­dern dann kei­nes­wegs Erin­ne­rungs- und War­tel­eis­tun­gen über meh­re­re Jah­re, viel­mehr kön­nen (und müs­sen) die Schü­le­rin­nen und Schü­ler jeweils Bezug auf die vor­he­ri­gen, die „gan­ze“ Zeit­ska­la umfas­sen­den Kennt­nis­se zurück­grei­fen. Die Lern­pro­gres­si­on des Geschichts­un­ter­richts liegt dann nicht mehr ent­lang, son­dern quer zur Chro­no­lo­gie. Auch das wird einem Geschichts­ler­nen gerecht, das sich als Befä­hi­gung zum Den­ken, nicht als Vor­ga­be und Rezep­ti­on einer kon­ven­tio­nel­len Deu­tung versteht.

Gera­de wer der Mei­nung ist, dass die Chro­no­lo­gie das unver­zicht­ba­re Grund­ge­rüst ist, müss­te sich im Inter­es­se eines sys­te­ma­ti­schen Auf­baus belast­ba­rer Chro­no­lo­gie­kon­zep­te vom her­kömm­li­chen chro­no­lo­gi­schen Unter­richt verabschieden.

Zitier­te Lite­ra­tur

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Jung, Frank (2015): Wir­bel um Geschich­te ohne Zeit­ge­rüst. Das Bil­dungs­mi­nis­te­ri­um will in dem Fach in der Ober­stu­fe auf die zeit­li­che Abfol­ge ver­zich­ten. Schul-Prak­ti­ker äußern erheb­li­che Kri­tik. In: sh.z, 21.09.2015, S. 6.

Kör­ber, Andre­as (2004): “His­to­ri­sches Den­ken als Ent­wick­lungs-Hil­fe und Ent­wick­lungs-Auf­ga­be. Über­le­gun­gen zum Geschichts­ler­nen im Bil­dungs­gang,”. In: Mat­thi­as Traut­mann (Hg.): Ent­wick­lungs­auf­ga­ben im Bil­dungs­gang. 1. Aufl. Wies­ba­den: VS Ver­lag für Sozi­al­wis­sen­schaf­ten (Stu­di­en zur Bil­dungs­gang­for­schung, Bd. 5), S. 241 – 269.

Kör­ber, Andre­as (2018): “Kom­pe­ten­zen his­to­ri­schen Den­kens – Bestands­auf­nah­me nach zehn Jah­ren.” In: Wal­traud Schrei­ber, Béa­tri­ce Zieg­ler und Chris­toph Küh­ber­ger (Hg.): Geschichts­di­dak­ti­scher Zwi­schen­halt. Bei­trä­ge aus der Tagung “Kom­pe­tent machen für ein Leben in, mit und durch Geschich­te” in Eich­stätt vom Novem­ber 2017. Müns­ter, New York: Wax­mann, S. 71 – 87.

Kör­ber, Andre­as (2021a; i.Dr.): “Kom­pe­tenz­mo­del­le in der Geschichts­di­dak­tik.” In: Georg Wei­ße­no und Béa­tri­ce Zieg­ler (Hg.): Hand­buch Geschichts- und Poli­tik­di­dak­tik. Wies­ba­den: Springer.

Kör­ber, Andre­as (2021b): “Chro­no­lo­gie ja – aber anders. Plä­doy­er für einen nicht-chro­no­lo­gi­schen Geschichts­un­ter­richt im Inter­es­se der Chro­no­lo­gie.” In: Lars Dei­le, Peter Rie­del und Jörg van Nor­den (Hg.): Brenn­punk­te heu­ti­gen Geschichts­un­ter­richts. Joa­chim Roh­lfes zum 90. Geburts­tag. Frank­furt am Main: Wochen­schau Ver­lag, S. 53 – 63.

Kör­ber, Andre­as; Schrei­ber, Wal­traud; Schö­ner, Alex­an­der (Hg.) (2007): Kom­pe­ten­zen his­to­ri­schen Den­kens. Ein Struk­tur­mo­dell als Bei­trag zur Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung in der Geschichts­di­dak­tik. Neu­ried: ars una (Kom­pe­ten­zen, 2).

Pan­del, Hans-Jür­gen (2006): Didak­ti­sche Dar­stel­lungs­prin­zi­pi­en. Ein alter Sach­ver­halt in neu­em Licht. In: Mar­kus Bern­hardt, Ger­hard Hen­ke-Bock­schatz und Micha­el Sau­er (Hg.): Bil­der — Wahr­neh­mun­gen — Kon­struk­tio­nen. Refle­xio­nen über Geschich­te und his­to­ri­sches Ler­nen. Fest­schrift für Ulrich May­er zum 65. Geburts­tag. Unter Mit­ar­beit von Ulrich May­er. Schwalbach/​Ts: Wochen­schau-Ver­lag (Wochen­schau Geschich­te), S. 152 – 168.

Pohl, Karl Hein­rich (2016): ‘Denk­fach Geschich­te’. Über­le­gun­gen zu den Anfor­de­run­gen an das Fach Geschich­te in der Ober­stu­fe. Die neu­en Fach­anfor­de­run­gen Geschich­te in der Dis­kus­si­on „Lehr­plä­ne” für einen zeit­ge­mä­ßen, kom­pe­tenz­ori­en­tier­ten Geschichts­un­ter­richt in Schles­wig-Hol­stein? In: Demo­kra­ti­sche Geschich­te 26, S. 287 – 300. Online ver­füg­bar unter http://​www​.izrg​.de/​f​i​l​e​a​d​m​i​n​/​d​o​w​n​l​o​a​d​s​/​D​i​d​a​k​t​i​s​c​h​e​s​_​F​o​r​u​m​_​F​a​c​h​a​n​f​o​r​d​e​r​u​n​g​e​n​.​pdf.

Reich­stet­ter, Loui­sa (2016): Was geschah vor 1789? Nicht so wich­tig! Was Schü­ler im Geschichts­un­ter­richt ler­nen sol­len, ist umstrit­ten wie nie. In: DIE ZEIT, 04.08.2016 (33), S. 61. Online ver­füg­bar unter http://​www​.zeit​.de/​2​0​1​6​/​3​3​/​g​e​s​c​h​i​c​h​t​s​u​n​t​e​r​r​i​c​h​t​-​s​c​h​u​l​e​-​g​e​s​c​h​i​c​h​t​e​-​l​e​h​r​e​r​-​s​c​h​u​e​ler.

Sand­küh­ler, Tho­mas (2016): Schü­ler müs­sen Fak­ten ler­nen. In: DIE ZEIT Online, 01.09.2016 (35). Online ver­füg­bar unter http://​www​.zeit​.de/​2​0​1​6​/​3​5​/​g​e​s​c​h​i​c​h​t​s​u​n​t​e​r​r​i​c​h​t​-​f​a​k​t​e​n​-​a​u​s​w​e​n​d​i​g​-​l​e​r​n​e​n​-​v​e​r​s​t​a​e​n​d​nis.

Schwa­be, Astrid (2016): Eine Ein­füh­rung. Die neu­en Fach­anfor­de­run­gen Geschich­te in der Dis­kus­si­on „Lehr­plä­ne” für einen zeit­ge­mä­ßen, kom­pe­tenz­ori­en­tier­ten Geschichts­un­ter­richt in Schles­wig-Hol­stein? In: Demo­kra­ti­sche Geschich­te 26, S. 271 – 273.

Seix­as, Peter; Mor­ton, Tom (2013): The Big Six. His­to­ri­cal Thin­king Con­cepts. Toron­to: Nel­son Education.

Stel­lo, Ben­ja­min (2016): Didak­ti­sche Grund­prin­zi­pi­en der neu­en Fach­anfor­de­run­gen Geschich­te für Schles­wig-Hol­stein. (Die neu­en Fach­anfor­de­run­gen Geschich­te in der Dis­kus­si­on „Lehr­plä­ne” für einen zeit­ge­mä­ßen, kom­pe­tenz­ori­en­tier­ten Geschichts­un­ter­richt in Schles­wig-Hol­stein?). In: Demo­kra­ti­sche Geschich­te 26, S. 275 – 285. Online ver­füg­bar unter http://​www​.izrg​.de/​f​i​l​e​a​d​m​i​n​/​d​o​w​n​l​o​a​d​s​/​D​i​d​a​k​t​i​s​c​h​e​s​_​F​o​r​u​m​_​F​a​c​h​a​n​f​o​r​d​e​r​u​n​g​e​n​.​pdf.

Süss­mann, Johan­nes (2000): Geschichts­schrei­bung oder Roman? Zur Kon­sti­tu­ti­ons­lo­gik von Geschichts­er­zäh­lun­gen zwi­schen Schil­ler und Ran­ke ; (1780 — 1824). Techn. Univ., Diss. – Ber­lin, 1998. Stutt­gart: Stei­ner (Frank­fur­ter his­to­ri­sche Abhand­lun­gen, 41).

Vitzt­hum, Tho­mas (2015): Der fata­le Nie­der­gang des Schul­fa­ches Geschich­te. Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on, Wei­ma­rer Repu­blik, DDR: Immer mehr deut­sche Schü­ler wis­sen dar­über – nichts. Geschich­te kommt an vie­len Schu­len mit Sys­tem zu kurz. Es droht ver­brei­te­te his­to­ri­sche Amne­sie. In: Die Welt, 14.12.2015. Online ver­füg­bar unter http://​www​.welt​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​d​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​/​a​r​t​i​c​l​e​1​4​9​9​0​9​2​2​7​/​D​e​r​-​f​a​t​a​l​e​-​N​i​e​d​e​r​g​a​n​g​-​d​e​s​-​S​c​h​u​l​f​a​c​h​s​-​G​e​s​c​h​i​c​h​t​e​.​h​tml.

Vitzt­hum, Tho­mas (2016): Wenn im Geschichts­un­ter­richt Jah­res­zah­len egal sind. In: DIE WELT [online], 22.08.2016. Online ver­füg­bar unter http://​www​.welt​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​d​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​/​a​r​t​i​c​l​e​1​5​7​8​0​7​7​7​4​/​W​e​n​n​-​i​m​-​G​e​s​c​h​i​c​h​t​s​u​n​t​e​r​r​i​c​h​t​-​J​a​h​r​e​s​z​a​h​l​e​n​-​e​g​a​l​-​s​i​n​d​.​h​tml.

Völ­kel, Bär­bel (2011): Immer mehr des­sel­ben? Ein­la­dung zu einer kri­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung mit dem chro­no­lo­gi­schen Geschichts­un­ter­richt. In: GWU 62 (2011), S. 353 – 362.

Anmer­kun­gen /​ Refe­ren­ces
  1. Vitzt­hum 2015; Vitzt­hum 2016. []
  2. Sand­küh­ler 2016 als Replik auf Reich­stet­ter 2016. []
  3. Sand­küh­ler 2016. []
  4. Reich­stet­ter 2016. []
  5. Es han­delt sich natür­lich nicht um ein­fa­che Alter­na­ti­ven. Man kann sie auch als Kom­po­nen­ten begrei­fen, aus denen in unter­schied­li­chen Zusam­men­set­zun­gen jeder (?) Geschichts­un­ter­richt zusam­men­ge­setzt ist. Aller­dings ist dann frag­lich, ob es nicht noch ande­re sol­che Kom­pe­ten­zen gibt, und ob sol­che Zusam­men­set­zun­gen nicht inne­re Wider­sprü­che auf­wei­sen (kön­nen). Die Fra­ge reicht etwa bis hin­ein in die Ter­mi­no­lo­gie, ob man von „Struk­tu­rie­rungs­kon­zep­ten“ oder „Dar­stel­lungs­kon­zep­ten“ spre­chen soll (vgl. den m.E. fal­schen Ter­mi­no­lo­gie­wech­sel von Bar­ri­cel­li 2007; zu Bar­ri­cel­li 2012; sowie Pan­del 2006). []
  6. Vitzt­hum 2016. Zita­te aus: Both et al. 2016, S. 13. []
  7. Both et al. 2016, S. 13. []
  8. Vgl. „Gera­de […] Ran­ke war bewußt, daß es sich bei den soge­nann­ten Fak­ten um Kon­struk­te han­del­te“. Süss­mann 2000, 30, FN 28. []
  9. Vitzt­hum 2015. []
  10. Bar­ri­cel­li et al. 2012. Kör­ber 2018; dem­nächst auch Kör­ber 2021a. []
  11. Kör­ber et al. 2007; dar­in Bor­ries 2007 zum Ver­hält­nis von (nicht so bezeich­ne­tem) „Fakten“-Wissen und Kom­pe­ten­zen; vgl. auch Düvel und Kör­ber 2012. []
  12. Jung 2015. Vgl. die Bei­trä­ge in Demo­kra­ti­sche Geschich­te 26 (2016): Schwa­be 2016, Stel­lo 2016, Pohl 2016, Dan­ker 2016. []
  13. Jung 2015. []
  14. Kör­ber 2004, Völ­kel 2011, Dan­ker 2016. []
  15. Vgl. kri­tisch: „chro­no­lo­gi­scher Durch­gang und Kanon lie­gen dicht bei­ein­an­der.“ Dan­ker 2016, S. 306. []
  16. Gir­mes 1997. []
  17. Dem wider­spricht nicht, dass „Cau­se and Con­se­quence“ eines der sechs zen­tra­len Kon­zep­te his­to­ri­schen Den­kens bei Peter Seix­as bezeich­net (Seix­as und Mor­ton 2013, S. 102) – im Gegen­teil! Auch Kau­sa­li­tät darf nicht unter­stellt, son­dern muss als Denk­form expli­ziert, reflek­tiert und auch geübt wer­den. []
  18. Vgl. hier­zu jetzt Kör­ber 2021b []
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