Heute erhielt ich von meiner Kollegin Dr. Myriam Richter die Ausschreibung zum für die Stiftung Historische Museen Hamburg vom Architekturbüro Luchterhandt organisierten „internationalen offenen Ideenwettbewerbs zur Kontextualisierung des Bismarck-Denkmals im Alten Elbpark“ über dem Hamburger Hafen unter dem Titel „Bismarck neu denken“ weitergeleitet.

Einen solchen Ideenwettbewerb als Teil des Projekts „Hamburg dekolonisieren“, einer „Initiative zur Aufarbeitung der kolonialen Geschichte“ der Stiftung in Kooperation mit der Behörde für Kultur und Medien Hamburg und gefördert von der Kulturstiftung des Bundes halte ich für unbedingt geboten. Zu wünschen ist, dass er tatsächlich „offen“ ist – nicht nur dahingehend dass über die in der Pressemitteilung erwähnten „Künstler*innen und Architekt*innen“ aus dem In- und Ausland anspricht, sondern in seiner ersten Phase durchaus auch Beiträge aus der breiteren Öffentlichkeit kommen, sondern auch durch einen zu wünschenden transparenten und offenen Prozess der Diskussion der verschiedensten Beiträge.

Drei Bilder des Bismarck-Denkmals vor und nach der Reinigung/EM>
Graffito Bismarck-Denkmal, Hamburg; Foto: Dirtsc; Lizenz: CC-BY-SA-4.0 international
Foto: NordNordWest, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0 de Foto: Dirtsc; Lizenz: CC-BY-SA-4.0 international

 

Anlass für diesen Blog-Beitrag ist aber ein Detail der nun veröffentlichten Unterlagen und der zugehörigen Webseite des Büros Luchterhandt, nämlich die Bebilderung mit Fotos, die die im Vorfeld der bislang letzten Runde der durchaus kritischen öffentlichen Debatte oftmals angesprochene Reinigung des Denkmals nicht nur von Spuren von Verwitterung und industriellen Ablagerungen, sondern gerade auch von Graffiti — nicht alle, aber viele davon Ausdruck einer kritischen Haltung zu diesem Denkmal zeigen.1 und offenkundig von Mitarbeiter*innen der ausführenden Firma Kärcher selbst angefertigt wurden, bzw. deren Rechte zumindest bei dieser Firma liegen (der entsprechende Hinweis auf der Seite bei Luchterhandt lautet: „Bildrechte | Image copyrights: Alfred Kärcher SE & Co. KG“).

Nicht dass es hochgradig inkriminierend wäre — die Auswahl der diese Reinigung ausführenden Firma durch die Kulturbehörde muss ja aufgrund öffentlichen Vergaberechts auf der Basis eines sowohl fachlich als auch monetär besonders günstigen Angebots erfolgt sein und hätte somit auch anders ausfallen können. Symbolisch interessant ist es aber doch, wurde das Bismarck-Denkmal also nicht nur metonymisch sondern tatsächlich „gekärchert“– „Kärchern“ ist inzwischen nur in der deutschen Umgangssprache, sondern sogar schon im DUDEN (zumindest seiner Online-Fassung) als metonymischer Ausdruck für „mit einem Hochdruckreiniger reinigen“ und im Digitalen Wörterbuch der Deutschen Sprache für „mit dem Hochdruckreiniger Schmutz von etw. entfernen“ aufgeführt.

Das ist gerade auch deswegen interessant, weil die entsprechende Firma nicht nur mit ihrer Kompetenz in der Herstellung von Reinigungsgeräten und -materialien sowie offenkundig auch ihrer sach- und fachgerechten Anwendung wirbt, sondern auf ihren eigenen Webseiten (www.kaercher.com, www.kaercher.de) ihre Expertise und ihr eigenes Engagement in der Bewahrung der Denkmäler der Welt herausstellt:

 

„For more than 40 years, we have been committed to the preservation of historical monuments and buildings free of charge as a cleaning specialist. To date, Kärcher has demonstrated its experience and expertise in over 150 restoration projects worldwide.“

 

bzw. etwas ausführlicher, mit dem Buzzword „Nachhaltigkeit“ geframed und auf Deutsch:

„KultursponsoringIn der Nachhaltigkeitsstrategie 2025 hat sich Kärcher zum Ziel gesetzt, das gesellschaftliche Engagement auf das Thema Werterhalt zu konzentrieren. Ein Bereich, in dem das bereits seit vielen Jahren gelingt, ist das Kultursponsoring. Hier setzen wir uns kostenlos für den Erhalt historischer Monumente und Gebäude ein. Seit 1980 haben wir weltweit über 150 Denkmäler restauratorisch gereinigt. Dazu zählen neben den Kolonnaden des Petersplatzes in Rom, der Christusstatue in Rio de Janeiro, den über 3.300 Jahre alten Memnonkolossen im oberägyptischen Luxor und den Präsidentenköpfen am Mount Rushmore auch der Aachener Dom und die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin. Die Entfernung von biologischem Bewuchs oder schwarzen Krusten trägt zu der Langlebigkeit der Monumente bei und hilft Restauratoren Schäden zu erkennen und zu beheben. Die Projekte haben eine Vorlaufzeit von im Schnitt zwei Jahren und werden stets eng mit den Eigentümern, Denkmalschützern, Restauratoren und Kunsthistorikern abgestimmt.“

 

— Moooment: „free of charge“ / „kostenlos“!? — Geht der Auftrag vielleicht gar nicht auf ein Bestangebot in einer Ausschreibung zurück, sondern auf eine Inanspruchnahme dieses hochherzigen und selbstlosen Engagements? — Nein, ausführendes Organ war offenkundig eine Hamburger Firma in Zusammenarbeit mit Kärcher (vgl. Fassadenreinigung Zywicki – mit weiteren Bildern der Ausführung)

 

Sei dem wie es sei: Die Nutzung der Bilder von Kärcher zur Bebilderung der Ausschreibung und der Weseite bedeutet zunächst einmal, dass — wenn auch ohne explizite Erwähnung im Text — die umstrittene Aktion Im Rahmen der Neugestaltung nicht völlig unter den Tisch gekehrt werden soll, sondern als Rahmen mitzudenken gewünscht ist.

Andererseits: Ob die „Neurahmung“ des „weithin sichtbaren“ Denkmals tatsächlich eine solche Reinigung erforderte, ja ob sie nicht selbst bereits einen Vorgriff auf diese Neurahmung darstellt, muss durchaus kritisch reflektiert werden. Einerseits kann man es ja verstehen, dass man die Ideen der Teilnehmer*innen nicht mit Altlasten belasten will (oder zumindest allenfalls mit derjenigen, die das Denkmal selbst für einige darstellt), sondern den Gegenstand gewissermaßen mehr als besenrein übergibt. Dass es bei solchen Reinigungen von Denkmälern keineswegs immer nur um die Befreiung von schädlichem Schmutz und Ermöglichung von Schadensaufnahme und Restauration geht, sondern dass die Denkmäler im Laufe der Zeit neben „biologischem Bewuchs oder schwarzen Krusten“ (Kärcher, s.o.) auch Lagen kultureller Bezugnahmen, der Auseinandersetzung mit ihnen, also neue Kontexte angelagert haben, die zu entfernen eben nicht nur Schadensbeseitigung oder -begrenzung ist, sondern auch (ob intendiert oder nicht) kulturelles „Whitewashing“ bedeutet, ist offenkundig weder im dargestellten Selbstverständnis der Firma Kärcher noch bei den Hamburger Verantwortlichen bedacht worden.

Zu bedenken ist dabei vor allem auch, dass diese — sowohl zeitlichen als auch sozialen — Schichten von Geschichts- und Erinnerungskultur, die Denkmäler „anlagern“ und zu ihrer Reflexion dazugehören, ja keineswegs nur aus Kritik bestehen, und keineswegs nur nicht-offiziellen („Protest“-)Charakter tragen, den man als „Schmiererei“ abtun könnte, sondern dass gerade auch „offizielle“, staatlich mandatierte Formen des (Um-)Gestaltung und des Gebrauchs dazugehören, die alles andere als konträre Positionen markieren, sondern (ebenso zeit- und positionsgebunden und somit der Reflexion bedürftig) auch affirmative Vereinnahmungen darunter sind, die aus je gegenwärtiger Sicht ihrerseits als „Missbrauch“ deklariert werden können. Am Hamburger Bismarck-Denkmal sind solche Spuren etwa in Form völkischer bis hin zu faschistischen/natonalsozialistischen Gestaltungen der Räumlichkeiten im Sockel zu erkennen ist.2

Der Firma Kärcher ist dabei wohl nicht wirklich ein Vorwurf zu machen, ist doch Reinigen ihr Geschäft und dessen extensive Bewerbung gewissermaßen der Logik der Wirtschaftsordnung geschuldet. Festzuhalten ist die in ihrer Darstellung zu findende enge Konnotation von „Erhaltung“ mit „Reinigung“ und gewissermaßen „Wiederherstellung in einen ursprünglichen Zustand“ aber sehr wohl, sind sie doch offenkundig weit verbreitete Charakteristika der geschichtskulturellen Mentalität unserer modernen Gesellschaften. Gerade in dem, was im Deutschen überwiegend als „Denkmalschutz“ bezeichnet und international als „heritage“ bezeichnet wird, spielen traditionale Geschichtsbezüge zwar keine Solo-, aber doch eine weitaus prominentere Rolle als in anderen Facetten der Geschichts- und Erinnerungskultur.

Muss das so sein? Ist es „natürlich“, also ein Zug menschlichen Umgangs mit Vergangenem, der selbst gattungsgeschichtlich nicht einmal auf einen Ursprung zurückgeführt werden kann, sondern quasi eine anthropologische Konstante darstellt? Das wäre wohl zu bezweifeln. Dass Menschen auf Veränderungen und insbesondere auf Verlust mit traditionalem Erinnern reagieren, hat wohl durchaus seinen Ursprung in einer frühen Erfahrung von Vergänglichkeit. Man kann darin auch den Ausdruck einer zeitübergreifend gleichbleibenden kulturellen Praxis sehen, also gewissermaßen exemplarisch Sinn bilden dazu: Gesellschaften aller Zeiten und Kulturen bilden Sinn, indem sie ihre Helden auch bildlich, plastisch darstellen und sie so zu verweigern versuchen („exegi monumentum are perennius“): Dann handelte es sich bei allen Beispielen politischer Denkmalsetzung samt der Auseinandersetzungen um sie um Beispiele für ein zeitübergreifend stabil bleibendes Verhalten, das man erlernen, aber kaum in seiner Grundlogik verändern könnte. — ist das plausibel?
Gerade die gegenwärtigen Auseinandersetzungen um das Stürzen, Verändern und Kommentieren öffentlicher Denkmaler in vielen Ländern (man denke an die vielen Staaten von US-Bürgerkriegs-Generälen in den Hauptstädten des Südens der USA, an Colston in Bristol, an MacDonald in Kanada, an Rhodes must Fall in Kapstadt und anderen Städten, bis nach Cambridge und Oxford; vgl. auch insbesondere Alex von Tunzelmanns Buch „Fallen Idols“) zeigen doch wohl, dass ein solcher Umgang, der an der Logik öffentlichen Erinnerns mittels Denkmälern festhält, die das Denken und Fühlen einer Zeit und Gesellschaft (und oftmals auch nur einer kleinen Gruppe darin) dem Rest ihrer Gesellschaft und der Nachwelt autoritativ und still stellend vorgebend und diese in die eigene Deutung vereinnahmt, indem es sie als Rezipient*innen anspricht, oder aber sie in die Sprecherposition ehrender Inschriften einbezieht, nicht nur der Komplexität, Heterogenität und Diversität heutiger Gesellschaften nicht gerecht wird, sondern auch Veränderungen in den Interessen und Fragen an, Perspektiven auf die jeweiligen Vergangenheiten und die aus ihnen erhofften Orientierungen wie die dabei formulierten Schlussfolgerungen ausblendet, welche die klassischen Denkmalsbotschaften wie auch die Form dysfunktional machen.
Das Hamburger Bismarck-Denkmal ist dafür ein besonders prominentes und gutes Beispiel, wird es doch in der gegenwärtigen Debatte in nicht völlig anderen, wohl aber anders konturierten Kontexten diskutiert — vornehmlich mit Bezug auf die koloniale Vergangenheit Deutschlands und Bismarcks Rolle darin.
Gerade auch in dieser Hinsicht ist das Motto des Wettbewerbs „Bismarck neu denken“ zu begrüßen und lediglich als teilweise schon erfolgt zu beurteilen. Mehr noch: Wenn die aktuellen Debatten und der Wettbewerb nur dazu führen, dass das Denkmal durch ein anderes oder verändertes ersetzt oder dazu weiter entwickelt werden, die dem gegenwärtigen Interessens-, Frage- und Problematisierungshorizont entsprechen, dann ist zwar einiges gewonnen, aber nur Begrenztes.
Wenn etwas nicht nur aus der Betrachtung der (oft nur mühsam errungenen) Veränderung Deutschlands und seiner Beziehungen zu anderen Ländern und Kulturen einerseits und der Geschichte von Zeit, Person und Politik Bismarcks zu lernen ist, sondern auch aus der Analyse des gesellschaftlichen Umgangs mit solchen und besonders dieser Ehrung, dann ist es doch, dass auch unsere gegenwärtigen Befindlichkeiten und Bedürfnisse, auch die sehr berechtigten danach, sich den problematischen Seiten der deutschen Geschichte zu stellen und ihrer Verherrlichung entgegen zu treten, sehr wohl ihren Wert haben, ja notwendig sind, aber keinesfalls einen Stand darstellen, den man in gleicher Zeit still stellender Weise künftigen Generationen und Gesellschaften vor-geben sollte.
Wenn etwa zu lernen ist aus der Geschichte der Denkmalskulturen der Moderne und auch der frühen Post-Moderne, dann ist es die Notwendigkeit, das herkömmliche „Denkmalen“ (Wippermann) zu überwinden und neue Formen nicht desselben zu entwickeln, sondern Formen eines zukunftsfähigeren, Komplexität und Spannungen nicht zugunsten einfacher Botschaften ausblendenden, sondern sie geradezu zur Sprache bringenden öffentlich-präsentierenden Umgangs mit Vergangenem.
Der Verzicht auf öffentliche Präsentation, ihre Entfernung aus dem Stadt- und Landschaftsbild und somit aus der Öffentlichkeit, scheint sämtlich ebenso keineswegs zielführend. So richtig es ist, Verherrlichungen von Gewalt, kolonialen Verhältnissen, Rassismus, Antisemitismus, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, aber auch einfacher nationaler Selbstüberhöhung nicht noch Reproduzieren zu wollen, so falsch wäre es, sie als Tatsache der Vergangenheit mit Auswirkungen, Folgen und nicht nur Resten bis in die Gegenwart hinein einfach zu verschweigen. Es ist die Grundfigur der öffentlichen Kommunikation mittels Denkmälern und anderen Geschichtszeichen, dass ihre Sichtbarkeit die Themen überhaupt setzt. Das gilt letztlich auch für diejenigen — sehr raffinierten und intellektuell ansprechenden — Formen, die ihre Wirkung gerade aus der Übertretung, ja Außer-Kraft-Setzung dieser Grundfigur beziehen, wie etwa für die „Anti-Monuments“ James Young“ bzw, „unsichtbaren Monumente“ von Jochen Gerz, z.B.in Saarbrücken: Auch die Unsichtbarkeit bedarf einer Kommunikation, ansonsten löst sie keine Wirkung, kein Nachdenken aus.
Eine einfache Entfernung des Bismarck-Denkmals wäre also allenfalls eine halbe, seine Ersetzung durch ein „zeitgemäßes“ Denkmal für jemanden oder etwas anderes nur ein temporärer Gewinn und gleichzeitig ein Verlust. Aber die in der Auslobung und Aufgabenstellung des Wettbewerbs geforderte „Kontextualisierung“ garantiert wohl noch nicht ein Denken, das mehr als nur anders, mehr als nur aktualisiert ist, sondern das die veränderten gesellschaftlichen und medialen Bedingungen und die (wohl gar „beschleunigt“) zu erwartende fortgesetzte Veränderung berücksichtigt.
Wessen es bedarf, ist somit wohl eine Form, welche das öffentliche Erinnern weder einfach aufhebt noch durch ein anderes, ähnliches ersetzt oder mit ihm ergänzt, sondern sie in zwei Richtungen erweitert:

  • Zum einen in die einer Demokratisierung und Pluralisierung des Erinnerns. Nicht mehr (nur) eine kleine Gruppe sollte Gelegenheit haben, ihre Auffassung und Sicht der weitaus großen Mehrheit zu präsentieren und quasi-autoritativ vorzugeben — nicht einmal auf dem Wege des Gewinns einer parlamentarischen Mehrheit oder im Wege eines Referendums. Ganz wie es in gegenwärtigen Gesellschaften angesichts der Pluralität, Heterogenität und Diversität ihrer Mitglieder, der von ihnen miteinander und ihren Vergangenheiten und ihre gegenseitigen Umgangs damit gemachten Erfahrungen sowie den daraus resultierenden Interessen und Fragen an Vergangenes nicht (mehr?) um Vereinheitlichung und die Herstellung einer monolithischen, einheitlichen Geschichtsauffassung einer durch sie (wohl nur vermeintlich) beförderten Kohärenz gehen kann (auch nicht im Geschichtsunterricht), sondern vielmehr um die Beförderung gewaltfreier, aber durchaus kontroverser, nicht harmonisierender, wohl aber Kohäsion ermöglichender Kommunikation und die Befähigung dazu gehen muss, kann es auch nicht Aufgabe der öffentlichen Geschichts- und Erinnerungskultur sein, Einheitlichkeit herzustellen, sondern Kommunikation in der pluralen Diversität zu ermöglichen
  • Zum anderen in die einer Dynamisierung, welche das Stillstellen und Verewigen des klassischen Denkmals überschreitet, aber auch nicht völlig aufhebt. Es geht also nicht um die Herstellung gewissermaßen eine leeren Fläche, die einfach immer neu „bespielt“ und beschrieben werden kann, ohne dass ein gemeinsamer Bezug zur thematisierten Vergangenheit, aber auch zu den vorangegangenen Bezugnahmen erkennbare wäre. Gerade diese intertemporale Kommunikation zwischen der erinnerten Zeit und der Sukzession unterschiedlicher Bezugnahmen auf sie gilt es zu ermöglichen.

In diesem Sinne kann eine Beantwortung der Aufgabenstellung etwa darin bestehen, das Bismarck-Denkmal weder abzuräumen noch einfach um eine statische Komponente zu ergänzen. Mir schwebt eine Lösung vor, die sowohl den Bezug auf Person, Zeit und Politik Bismarcks als auch auf den ehrenden Gestus dieses von Hugo Lederer geschaffenen Denkmals von 1906 sichtbar erhält ohne sie zu zu verewigen oder zu reproduzieren, die sie aber auch nicht (über Gebühr, ein wenig schon) lächerlich macht und damit ernsthafter Reflexion über ihre Bedeutung und Wirkung entzieht, und es zugleich ermöglicht, dass nicht nur einmal, sondern immer wieder neu Bezug genommen wird auf Bismark, seine Zeit und Taten, seine Ehrung in Zeiten des Kaiserreichs, aber auch viele Schichten bisheriger Bezüge — auch und gerade protestierender.

Gerade in diesem Sinne ist die Beseitigung der jüngsten Schichten dieser Bezugnahmen zu bedauern. Aber sie sind ja offenkundig zumindest zuvor photographisch dokumentiert worden. Warum das nicht verlängern?

  1. den (nun einmal gereinigten) Bismarck nicht stehen lassen, aber auch nicht auf dem Kopf stellen (die Ideen von Jürgen Zimmerer ist charmant,bliebe aber wohl etwas punktuell),sondern
  2. hinlegen an einem nahen Ort, an dem er zugänglich ist, und wo sowohl Person und Politik, vor allem aber sehr viele unterschiedliche Facetten des Umgangs mit diesem Denkmal (und zwar nicht nur solche gegenwärtig-kritischer, sondern auch problematischer Formen der Verehrung von undemokratischen Positionen aus) ebenso dokumentiert und präsentiert werden können, wie
  3. es ermöglichen, weitere anzufügen — etwa auf einer darum zu errichtenden beschreibbaren Milchglas-Hülle, die periodisch (wohl am besten rotierend-partiell) nach Dokumentation gereinigt und nur neuen Beschreibung freigegeben wird.

 

  1. Diese Entfernung von Graffiti ist selbst auch keineswegs die erste, wie ein Vergleich von Bildern unterschiedlicher Aufnahmedaten etwa auf Wikimedia zeigt. Da gibt es solche mit gut erkennbaren Tags und Graffiti vor allem am Sockel und solche ohne. []
  2. Vgl. die interessanten Foto-Aufnahmen und Erläuterungen auf einer Webseite des Vereins „Unter Hamburg“: https://www.unter-hamburg.de/bunker/bismarck-denkmal/. Vgl. auch dessen „zentrale Kriterien“ der Bewertung historischer Bedeutung unter https://www.unter-hamburg.de/der-verein/der-verein/: „Nicht das Bauwerk an sich ist wichtig, sondern dessen politisch-historische Bedeutung. Diese ergibt sich aus der Einordnung des Gebäudes in seinen historischen Kontext. Historischer Kontext bedeutet dabei: 1. die konkreten Arbeitsbedingungen, unter denen das Bauwerk entstanden ist sowie die spätere und heutige Nutzung, 2. die politisch-sozialen Verhältnisse, die zum Zeitpunkt der Entstehung des Bauwerkes herrschten, 3. die politischen, wirtschaftlichen, militärischen, propagandistischen oder sozialen Ziele, die von den Erbauern und späteren Nutzern verfolgt wurden, 4. die politische Interpretation des Bauwerkes in unterschiedlichen Zeiten (Interpretation und Rezeption in der Vergangenheit und heute). „ []