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In vie­len Zusam­men­hän­gen des his­to­ri­schen Den­kens und Ler­nens ist von “Per­spek­ti­vi­tät” bzw. “Mul­ti­per­spek­ti­vi­tät” die Rede.

Dem letz­te­ren Prin­zip soll dann oft dadurch Rech­nung getra­gen wer­den, dass Quel­len und/​oder Dar­stel­lun­gen aus allen (oder wenigs­tens meh­re­ren) “betei­lig­ten Per­spek­ti­ven” genutzt bzw. zur Ver­fü­gung gestellt werden.
Dage­gen ist zunächst ein­mal nichts ein­zu­wen­den. Man soll­te aber auch berück­sich­ti­gen, dass “Per­spek­ti­ven” nicht ein­fach in sozia­len, kul­tu­rel­len und ande­ren (etwa poli­ti­schen) Posi­tio­na­li­tä­ten oder auch Kom­bi­na­tio­nen von ihnen auf­ge­hen bzw. von ihnen voll­stän­dig deter­mi­niert wer­den. Es ist eben nicht jede “weib­li­che” oder jede “sozi­al­de­mo­kra­ti­sche” Per­spek­ti­ve gleich ‑und man wird auch kei­ne zwei völ­lig iden­ti­schen Per­spek­ti­ven fin­den, wenn man sog. “sta­tis­ti­sche Zwil­lin­ge” iden­ti­fi­zie­ren könn­te, also men­schen ver­gan­ge­ner Zeit oder auch spä­te­re His­to­ri­ker, die in einer gro­ßen Anzahl sozia­ler Merk­ma­le über­ein­stim­men. (Aller­dings wer­den die Per­spek­ti­ven sol­cher ähn­lich posi­tio­nier­ter Akteu­re ähn­li­cher sein als die­je­ni­gen weit ent­fernt positionierter).
Per­spek­ti­ven ent­hal­ten indi­vi­du­el­le Antei­le auf Grund von Erfah­run­gen und Ver­ar­bei­tun­gen der­sel­ben. Inwie­fern man die­se als unauf­ge­klär­te, aber prin­zi­pi­ell auf­klär­ba­re Resi­du­en wei­te­ren sozia­ler Vari­anz auf­fasst oder aber mit “indi­vi­dua­li­tät”, “Vor­lie­be”, “Geschmack” etc., ist recht egal. Was für den His­to­ri­ker und für his­to­ri­sche Ler­nen­de ein­zu­se­hen und zu berück­sich­ti­gen wäre, ist, dass “Per­spek­ti­ven” in ihrer Kon­sti­tu­ti­on selbst eben nicht durch die Her­aus­ar­bei­tung der pos­ti­ons­be­stim­men­den Varia­blen bestim­men und erklä­ren, son­dern müs­sen aus den Äuße­run­gen (Taten, Hand­lun­gen, Refle­xio­nen, Schrif­ten) etc. selbst in his­to­rio­gra­phi­scher Form re-kon­stru­iert werden.