Nur eine kurze Bemerkung:
In einer Hausarbeit wird (durchaus korrekt) unter Bezug auf Heuer 20191 ausgeführt, dass im Geschichtsunterricht „gute Lernaufgaben“ „sowohl Lehrende als auch Lernende“ herausforderten, „sich zu positionieren und zu versuchen eigene wie fremde Denkprozesse nachzuvollziehen und darauf zu reagieren“
Dazu nur eine kurze Anmerkung:
Das ist ein Aspekt, der noch ausbaufähig ist (sowohl hier wie auch in der Literatur). Mit „fremden Denkprozessen“ sind zumeist diejenigen gemeint, die Lernenden in der Literatur bzw. in Materialien begegnen. Mit Blick auf die Aufgabe von Geschichtsunterricht, Lernende zur Teilhabe an der Geschichtskultur , zur geschichtsbezogenen Kommunikation mit anderen und überhaupt zum Zusammenleben mit anderen zu befähigen, die ebenso historisch denken wie sie selbst (vgl. Röttgers, Kurt (1982): Geschichtserzählung als kommunikativer Text. In: Siegfried Quandt und Hans Süssmuth (Hg.): Historisches Erzählen. Formen und Funktionen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht (Kleine Vandenhoeck-Reihe, 1485), S. 29–48), gehört dazu aber auch das Wahrnehmen von und die Auseinandersetzung mit historischem Denken anderer, seinen Voraussetzungen (etwa Perspektiven, Interessen, Fragen, Deutungsmustern, Normen, Werten) und Ergebnissen — gerade auch in einem Geschichtsunterricht, der inklusiv sein soll.
Auch das kann und muss im Unterricht „geübt“ werden. Schon von dieser Perspektive her ist es eigentlich gar wüschenswert, wenn die Bearbeitung von Lernaufgaben nicht zu gleichförmigen Ergebnissen führt, und wenn Aufgaben nicht suggerierten, dass eine bestimmte Lösung zu finden sei, sondern wenn sich in den Aufgabenbearbeitungen der Schüler*innen (d.h in den Produkten wie den Bearbeitungswegen) durchaus unterschiedliche gleichwertige wie auch qualitativ unterschiedliche Umgangsweisen mit historischen Problemen und historischem Material zeigen, die in einem zweiten Arbeitsschritt sowohl wertfrei wie auch wo nötig wertend besprochen und reflektiert werden können.
- Heuer, Christian (2019): Gute Aufgaben?! Plädoyer für einen geschichtsdidaktischen Perspektivenwechsel, in: Kühberger, Christoph et al. (Hrsg.): Das Geschichtsschulbuch : Lehren – Lernen – Forschen (Salzburger Beiträge zur Lehrer/innen/bildung, 6). Münster/New York, S. 147–160, hier S. 155. [↩]