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Vor etwa vier Wochen habe ich anläss­lich des damals gera­de begon­ne­nen rus­si­schen mili­tä­ri­schen Über­falls auf die Ukrai­ne eini­ge Bemer­kun­gen zur Rol­le und Bedeu­tung des Beu­tels­ba­cher Kon­sen­ses in der His­to­ri­schen und Poli­ti­schen Bil­dung for­mu­liert und in die­sem Zusam­men­hang auch an einer Sen­dung der Rei­he “Cam­pus und Kar­rie­re” des Deutsch­land­funk 1 teil­ge­nom­men. Es ging mir dabei zen­tral dar­um, den Stel­len­wert des Beu­tels­ba­cher Kon­sen­ses zu klä­ren und zu bekräf­ti­gen – gera­de auch durch Refle­xi­on auf mög­li­che miss­ver­ständ­li­che Anwendung.
Die inten­si­ven öffent­li­chen Dis­kus­sio­nen der letz­ten Wochen und Tage um die Fra­ge, wie Deutsch­land in die­ser Lage poli­tisch Han­deln kann und soll haben m.E. gezeigt, dass sol­che Klä­run­gen wei­ter­hin, ja wohl nie abge­schlos­sen, nötig sind, und dass der Beu­tels­ba­cher Kon­sens – rich­tig ver­stan­den und ange­wandt – dar­in durch­aus als Leit­li­nie unver­zicht­bar bleibt, aber eben falsch ver­stan­den und ange­wandt auch pro­ble­ma­tisch sein, ja, miss­braucht wer­den kann.

Im Fokus steht dabei vor allem das zwei­te Prin­zip des “Beu­tels­ba­cher Kon­sen­ses”, das Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot. Was in Wis­sen­schaft und (ich wür­de ergän­zen: oder) Gesell­schaft strit­tig ist, müs­se auch im Unter­richt als strit­tig, als kon­tro­vers erschei­nen. Ich habe vor vier Wochen argu­men­tiert, dass die­ses Gebot gera­de kei­nes einer Neu­tra­li­tät, einer Wert­frei­heit ist. Ich möch­te das nun etwas wei­ter ausführen.

Zunächst: Dass jeg­li­cher Kon­flikt, jeder Inter­es­sens­un­ter­schied, jeg­li­cher Gegen­stand poli­ti­scher Aus­ein­an­der­set­zung und Wil­lens­bil­dung, der irgend­wie The­ma ist, in dem Sin­ne “aus­ge­wo­gen”, “aus­ba­lan­ciert” dar­ge­stellt, ggf. durch Auf­ga­ben struk­tu­riert und mit Mate­ri­al so unter­füt­tert wer­den muss, dass bei der gemein­sa­men Ana­ly­se der Mate­ria­li­en, der Bear­bei­tung der Auf­ga­ben, der Erwä­gung der Pro­ble­me, also beim Sach- und Wert­ur­tei­len immer eine Balan­ce in dem Sin­ne resul­tiert, die “bei­den” (oder allen) Sei­ten glei­ches Gewicht, glei­che Chan­ce auf Zustim­mung etc. ein­räumt, lässt sich aus dem Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot des Beu­tels­ba­cher Kon­sen­ses nicht ableiten.
Wäre es so, blie­be his­to­risch-poli­ti­sche Bil­dung eine Art wert- und kon­zept­be­frei­ter Übung in Tech­ni­ken, beför­der­te aber nicht den Erwerb und die Ent­wick­lung von Kom­pe­ten­zen und Ein­sich­ten. Kon­tro­ver­si­tät erfor­dert durch­aus die Mög­lich­keit einer Plu­ra­li­tät von Sach- und Wert­ur­tei­len, von durch­aus unter­schied­li­chen Ein­sich­ten, aber weder eine mecha­ni­sche, for­ma­le “Balan­ce” und “Aus­ge­wo­gen­heit”, bei der jeg­li­che Posi­ti­on glei­che “Chan­cen” und glei­ches Gewicht hat, noch Ein­heit­lich­keit. Wor­um es viel­mehr geht, ist die Erin­sicht in die Tat­sa­che und die Struk­tu­ren, dass sol­che Fra­gen (vom klei­nen, all­täg­li­chen bis zum Gro­ßen) nie nur aus einer Per­spek­ti­ve betrach­tet wer­den kön­nen, dass unter­schied­li­che Inter­es­sen natür­lich, ja not­wen­dig gege­ben sind in hete­ro­ge­nen, diver­sen und plu­ra­len Gesell­schaf­ten, dass es des­halb nor­mal ist, dass Fra­gen unter­schied­lich beur­teilt wer­den – dass es aber kei­nes­wegs egal ist, aus wel­chen Per­spek­ti­ven, mit wel­chen Kate­go­rien, unter Zugrun­de­le­gung wel­cher Kon­zep­te und Wer­te die­se Fra­gen ana­ly­siert, dis­ku­tiert, beur­teilt wer­den, son­dern dass gera­de die Aus­ein­an­der­set­zung über sol­che Fra­gen der Beur­tei­lung, der Klä­rung von Per­spek­ti­ven, Posi­tio­na­li­tä­ten (etwa des Betrof­fen-Seins) und Posi­tio­nen, Begrif­fen und Kon­zep­ten geeig­net und nötig ist, um zu Klä­run­gen bei­zu­tra­gen, die weder eini­ge auf Kos­ten ande­rer über­wäl­ti­gen, aus­gren­zen, dis­kri­mi­nie­ren, noch jeg­li­che Klä­rung verhindern.
Kon­tro­ver­se The­ma­ti­sie­run­gen soll­ten somit weder auf gemein­sa­me, ein­heit­li­che und für alle ver­bind­li­che Ein­sich­ten, Ent­schei­dun­gen, Urtei­le etc. abzie­len – sei es per Mehr­heits­be­schluss, sei es durch das Mate­ri­al, durch die Auf­ga­ben­stel­lung etc. vor­ge­ge­ben, durch erwar­te­te Noten­ge­bung nahe­ge­legt oder ande­res. Eben­so­we­nig aber erscheint es sinn­voll auf­grund des Kon­tro­ver­si­täts­ge­bo­tes und einer Ori­en­tie­rung auf Plu­ra­li­tät den Ein­druck zu beför­dern, Eini­gun­gen — etwa in Form von Kom­pro­mis­sen oder auch mit­tels Abstim­mun­gen — sei­en grund­sätz­lich nicht mög­lich und auch nicht anzu­stre­ben. Bei­des erscheint in Kon­tex­ten kon­tro­ver­si­täts­ori­en­tier­ter poli­ti­scher Bil­dung nicht ange­mes­sen: weder die Vor­stel­lung, eine Fra­ge abschlie­ßend geklärt zu haben (immer­hin sind die Rah­men­be­din­gun­gen und die zur Ver­fü­gung ste­hen­den Per­spek­ti­ven etc. inner­halb eines Unter­richts begrenzt) noch die Vor­stel­lung, es gäbe kei­ne wei­te­ren Mög­lich­kei­ten von Annä­he­rung, Kom­pro­miss­fin­dung, Ver­schie­bung der Per­spek­ti­ven auf das Pro­blem etc., wird der Bedeu­tung von Kon­tro­ver­si­tät in der Gesell­schaft gerecht. Somit eig­nen sich weder direk­ti­ves “Aus­dis­ku­tie­ren” noch völ­li­ge Ergeb­nis­of­fen­heit als Modi der Thematisierung.

Die­se Fra­ge des Aus­ma­ßes der Ergeb­nis­of­fen­heit domi­niert aber soweit ich sehe die Debat­te um das Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot — aller­dings weni­ger mit einem kon­sens­ori­en­tier­ten “Aus­dis­ku­tie­ren” als Gegen­pol als viel­mehr der Fra­ge, inwie­fern bestimm­te Kon­tro­ver­sen nicht per se “direk­tiv”, also mit fest­ste­hen­dem Ergeb­nis zu the­ma­ti­sie­ren sind.

Aus dem Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot (nicht nur) des Beu­tels­ba­cher Kon­sen­ses wird oft abge­lei­tet dass “alles, was gesell­schaft­lich umstrit­ten ist, im Unter­richt zur Dis­kus­si­on gestellt und dem indi­vi­du­el­len Urteil der ein­zel­nen Schü­le­rin, des ein­zel­nen Schü­lers unter­wor­fen wer­den” soll­te.2 Die­se For­mu­lie­rung ent­spricht der brei­ten Auf­fas­sung, das Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot gebe vor, “Sach­ver­hal­te, die in poli­ti­schen und wis­sen­schaft­li­chen Debat­ten kon­tro­vers dis­ku­tiert wer­den, auch im Unter­richt kon­tro­vers zu dis­ku­tie­ren”, wobei durch­aus strit­tig dis­ku­tiert wird, inwie­fern (bzw. bei wel­chen Gegen­stän­den und Fra­gen) sol­che Dis­kus­sio­nen “mit offe­nem Aus­gang” erfol­gen soll­ten, oder aber “direk­tiv”. 3
Zur Ent­schei­dung über Offen­heit und/​oder “Direk­ti­vi­tät” sol­cher Dis­kus­sio­nen wer­den in der inter­na­tio­na­len Debat­te drei Per­spek­ti­ven her­an­ge­zo­gen, die — in einer Ant­wort auf Johan­nes Drer­up — Johan­nes Gie­sin­ger sehr prä­gnant wie folgt charakterisiert:

“Nach dem ’sozia­len’ Kri­te­ri­um ist all das kon­tro­vers zu prä­sen­tie­ren, was in der Gesell­schaft tat­säch­lich kon­tro­vers ist. Gemäß dem ‘poli­ti­schen’ Kri­te­ri­um sol­len die Grund­prin­zi­pi­en der libe­ra­len Demo­kra­tie direk­tiv unter­rich­tet wer­den, wäh­rend kon­tro­ver­se reli­gi­ös-welt­an­schau­li­che Fra­gen mit offe­nem Aus­gang zu prä­sen­tie­ren sind. Das ‘epis­te­mi­sche’ Kri­te­ri­um wie­der­um geht von Stan­dards der Wahr­heit und mora­li­schen Rich­tig­keit aus und besagt, dass offen­sicht­lich Unwah­res und Unrich­ti­ges nicht kon­tro­vers dar­ge­stellt wer­den soll.“4

Die Ori­gi­nal­for­mu­lie­rung des Beu­tels­ba­cher Kon­sen­ses5 ent­spricht offen­kun­dig dem “sozia­len” Kri­te­ri­um, woge­gen Drer­up — Gie­sin­ger zufol­ge — die bei­den ande­ren ver­bin­de, um dem Pro­blem zu begeg­nen, letzt­lich auf objek­tiv (dem epis­te­mi­schen Kri­te­ri­um zufol­ge) unsin­ni­ge und/​oder (dem poli­ti­schen Kri­te­ri­um zufol­ge) den frei­heit­lich-demo­kra­ti­schen Grund­wer­ten wider­spre­chen­de Posi­tio­nen in sol­chen Dis­kus­si­on zulas­sen zu müs­sen. Gera­de der letz­te­re Aspekt stellt eine enge Ver­bin­dung auch Her­aus­for­de­rung des Umgangs mit Wert­ur­tei­len im Unter­richt und unter­richt­li­chen Urtei­lens her, für die eine Bin­dung an die frei­heit­li­chen Nor­men gel­te — und sie betrifft damit auch ganz expli­zit die aktu­el­le Fra­ge der The­ma­ti­sie­rung des Über­falls auf die Ukrai­ne.6
Inwie­fern die sich in der Pra­xis stel­len­den Fra­gen sowohl zum kon­kre­ten Gegen­stand “Ukrai­ne-Über­fall” als auch all­ge­mein zur Fra­ge der Bedeu­tung von Kon­tro­ver­si­tät mit Hil­fe die­ser Über­le­gun­gen bereits geklärt wer­den kön­nen, ist doch frag­lich. Nicht nur erweist sich das epis­te­mo­lo­gi­sche Kri­te­ri­um inso­fern selbst als pro­ble­ma­tisch, als Kon­tro­ver­sen nicht nur (aber auch) im Sin­ne des Beu­tels­ba­cher Kon­sen­ses nicht nur Wert­ur­teils­fra­gen betref­fen, woge­gen alle sach­lich zu klä­ren­den und auf Fra­gen kor­rek­ter Anwen­dung von Erkennt­nis­prin­zi­pi­en zu redu­zie­ren­de Pro­ble­me ihnen letzt­lich ent­zo­gen wer­den könn­ten und somit “direk­tiv” zu the­ma­ti­sie­ren wäre, denn immer­hin ist die Kon­tro­ver­se auch ein grund­le­gen­des Struk­tur­ele­ment von Wis­sen­schaf­ten — und gera­de auch von Natur­wis­sen­schaf­ten. Will man die For­mu­lie­rung des Beu­tels­ba­cher Kon­sen­ses, was “in Wis­sen­schaft und Poli­tik” kon­tro­vers ist, nicht von vorn­her­ein auf den im enge­ren Sin­ne poli­ti­schen Bereich ein­schrän­ken, muss aner­kannt wer­den, dass nicht nur über nor­ma­ti­ve Fra­gen und Wert­ur­tei­le, son­dern auch über Sach­ur­tei­le, d.h. über die kor­rek­te Anwen­dung von Kon­zep­ten, Begrif­fe, Metho­den etc., über deren Ver­ständ­nis und Reich­wei­te etc. kon­tro­vers ver­han­delt wer­den kann — und dass auch sol­che Kon­tro­ver­si­tät in Schu­le ihren Platz haben muss, will und soll sie die Ler­nen­den auf die Teil­ha­be an einer Gesell­schaft vor­be­rei­ten, in der auch Ergeb­nis­se, Prin­zi­pi­en und Ver­fah­ren von Wis­sen­schaft letzt­lich öffent­li­cher Refle­xi­on und Debat­te zugäng­lich sind. Drerups Anwen­dung des epis­te­mo­lo­gi­schen Kri­te­ri­ums auf Sach­fra­gen7 ist sach­lich zuzu­stim­men, es taugt aber m.E. weder in Bezug auf mora­li­sche (wie bei Hand) noch in Bezug auf sach­li­che Fra­gen als Begrün­dung für eine direk­tiv-ver­mit­teln­de The­ma­ti­sie­rung: Schüler*innen müs­sen auch erfah­ren, dass und wie selbst Fra­gen, die einer ratio­na­len Klä­rung zugäng­lich sind, nicht ein­fach als geklärt gesetzt gel­ten kön­nen — zumal auch erreich­te Erkennt­nis- und For­schungs­stän­de immer wie­der neu in Fra­ge gestellt werden.

Weder all­ge­mein noch in Bezug auf das hier behan­del­te Pro­blem sind die drei Kri­te­ri­en also hin­rei­chend, um die Art und Wei­se kon­tro­ver­ser The­ma­ti­sie­rung hin­rei­chend zu klä­ren. Viel­leicht hilft es in die­ser Situa­ti­on, noch ein­mal einen Blick dar­auf zu wer­fen, was das Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot eigent­lich for­dert. Ist es tat­säch­lich so, dass Kon­tro­ver­si­tät bedeu­tet, dass immer dis­ku­tiert wer­den muss — egal ob ergeb­nis­of­fen oder zielorientiert?

Gera­de dies erscheint mir kei­nes­wegs zwin­gend. Sicher gehört das Dis­ku­tie­ren, das Erfah­ren poli­ti­scher Streit­kul­tur und Dis­kur­si­vi­tät, auch das Erfah­ren der Bedeu­tung einer agen­cy im Argu­men­tie­ren, im Wider­spre­chen und Wider­spruch erhal­ten, zu den­je­ni­gen Grund­er­fah­run­gen von Demo­kra­tie als Lebens­form, die in Schu­le immer wie­der ihren Platz haben müs­sen. Es geht mir hier also nicht dar­um, sach- und wert­be­zo­ge­ne Dis­kus­sio­nen aus dem Unter­richt hin­aus­zu­drän­gen — im Gegen­teil. Gleich­wohl erscheint es mir als durch­aus frag­lich, dass das direk­te Dis­ku­tie­ren kon­tro­ver­ser Fra­gen im Unter­richt die ein­zi­ge und für alle Fra­gen geeig­ne­te Form ist, dem Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot des Beu­tels­ba­cher Kon­sen­ses gerecht zu wer­den. Es ist zu fra­gen, ob es nicht wei­te­re Facet­ten und For­men der The­ma­ti­sie­rung von Kon­tro­ver­si­tät als gesell­schaft­li­chem Grund­prin­zip sowie von tat­säch­li­chen, kon­kre­ten Kon­tro­ver­sen gibt, wel­che ergän­zend (etwa im Vor­feld, zwi­schen meh­re­ren Instan­zen sol­cher Dis­kus­sio­nen) oder an ihrer Stel­le wich­ti­ge Funk­tio­nen über­neh­men kön­nen — je nach Struk­tur des Gegen­stan­des, der Invol­viert­heit von Ler­nen­den, ihrer Fami­li­en und peer groups in die­se Kon­tro­ver­sen sowie aus päd­ago­gi­schen Grün­den auch bevor­zugt gewählt wer­den können.

Die fol­gen­den Über­le­gun­gen sol­len direk­te Dis­kus­si­on in unter­richt­li­che Zusam­men­hän­gen in kei­ner Wei­se aus­ge­schlos­sen oder von ihr abge­ra­ten wer­den: Debat­ten über gesell­schaft­li­che Kon­tro­ver­sen sind auch im Unter­richt immer wie­der sinn­voll. Gleich­zei­tig soll aber durch­aus die zitier­te Selbst­ver­ständ­lich­keit inso­fern einer Refle­xi­on unter­zo­gen wer­den, inwie­fern die Art und Wei­se kon­tro­ver­ser The­ma­ti­sie­rung nicht nur von der Qua­li­tät und Struk­tur der The­men und Fra­ge­stel­lun­gen her, son­dern auch von mög­li­chen Anfor­de­run­gen an und Aus­wir­kun­gen auf die Ler­nen­den her und von der Struk­tur der gesell­schaft­li­chen Kon­tro­ver­si­tät her bedacht wer­den muss.
Wie bereits erwähnt, besagt das Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot in sei­ner Beu­tels­ba­cher “Urfas­sung” zunächst nicht, dass die kon­tro­ver­sen Fra­gen zwin­gend von den Schüler*innen strit­tig dis­ku­tiert wer­den sollen.
Die For­mu­lie­rung stellt viel­mehr dar­auf ab, dass was “in Wis­sen­schaft und Poli­tik kon­tro­vers ist”, “auch im Unter­richt kon­tro­vers erschei­nen” müs­se 8. Das meint also zunächst ein­mal, die Kon­tro­ver­si­tät sol­cher Fra­gen weder zu leug­nen noch zu ver­schwei­gen, son­dern die Tat­sa­che, dass über sie in der Gesell­schaft dis­ku­tiert wird, deut­lich wer­den zu las­sen, und das (in den aller­meis­ten Fäl­len) die­se Kon­tro­ver­si­tät zur Nor­ma­li­tät in plu­ra­len und diver­sen Gesell­schaf­ten gehört und in Demo­kra­tien aus­ge­hal­ten und aus­ge­tra­gen wer­den muss. Von einem Auf­trag, sol­che Fra­gen im Unter­richt zur Dis­kus­si­on zu stel­len, kon­tro­ver­se Fra­gen im Unter­richt, d.h. in einem gera­de nicht frei­wil­li­gen und auch nicht hier­ar­chie­frei­en Kon­text “dis­ku­tie­ren zu las­sen” oder gar “aus­dis­ku­tie­ren” zu las­sen und dabei viel­leicht Ler­nen­de noch zu nöti­gen, ganz per­sön­li­che Betrof­fen­hei­ten und /​oder Mei­nun­gen kund tun zu müs­sen, ist dort aber gera­de nicht die Rede.

Auch die fol­gen­de — fra­gend gehal­te­ne — For­mu­lie­rung, ob die Lehr­kraft “nicht sogar eine Kor­rek­tur­funk­ti­on” inso­fern “haben soll­te […] sol­che Stand­punk­te und Alter­na­ti­ven beson­ders her­aus­ar­bei­ten” zu sol­len, “die den Schü­lern (und ande­ren Teil­neh­mern poli­ti­scher Bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen) von ihrer jewei­li­gen poli­ti­schen und sozia­len Her­kunft her fremd sind”, wider­spricht dem nicht — im Gegen­teil: sie bekräf­tigt, dass es nicht um die Aus­tra­gung in der Lern­grup­pe sowie­so vor­han­de­ner Posi­tio­nen und Argu­men­ta­tio­nen geht, son­der um die Ein­sicht in die gesell­schaft­li­che Kon­tro­ver­si­tät und das Spek­trum der Per­spek­ti­ven, Posi­tio­nen, Argu­men­te, Logi­ken und Werte.

Das bedeu­tet natür­lich nicht, dass im Unter­richt nicht dis­ku­tiert und abge­wo­gen wer­den soll – im Gegen­teil. Es muss Schüler*innen und Schü­lern erlaubt sein, im Unter­richt ihre eige­nen, durch­aus unter­schied­li­chen Auf­fas­sun­gen zu kon­tro­ver­sen Fra­gen zu äußern — und das gera­de auch dort, wo die­se Mei­nun­gen noch nicht gefes­tig­te Über­zeu­gun­gen sind, son­dern wo Ler­nen­de nach Sicher­hei­ten und Posi­tio­nen suchen, um sie rin­gen, Sicher­heit in der Ver­fü­gung über Kennt­nis­se, Begrif­fe und Kon­zep­te und Kri­te­ri­en suchen. Schu­le muss in die­ser Hin­sicht gera­de in Fächern, in denen Über­zeu­gun­gen und Ori­en­tie­run­gen im Spiel sind, einen gewis­sen Schon- und Schutz­raum bie­ten. Bekennt­nis­se und abschlie­ßen­de Urtei­le dür­fen dabei aber gera­de nicht abge­for­dert wer­den. Oft ist es sinn­voll und mög­lich, dass Ler­nen­de bestimm­te Urtei­le und die ihnen zugrun­de lie­gen­den Über­le­gun­gen, Wer­te, Hypo­the­sen nicht als sie selbst, son­dern in Über­nah­me einer mehr oder weni­ger frem­den Per­spek­ti­ve (auch Rol­le) aus­pro­bie­ren, so dass sie in die Lage ver­setzt wer­den, ihre eige­nen per­sön­li­chen Schluss­fol­ge­run­gen ggf. indi­vi­du­ell und für sich zu zie­hen. In vie­len Fäl­len wer­den es im Sin­ne des Kon­tro­ver­si­täts­ge­bots auch nicht die gro­ßen Kon­flik­te selbst sein, die unter­richt­lich frucht­bar the­ma­ti­siert wer­den kön­nen, son­dern zu ihnen in der Gesell­schaft vor­find­li­che Dis­kus­sio­nen um Hal­tun­gen, Begrif­fe, Kon­zep­te, Posi­tio­nen. Das ist gera­de für den Geschichts­un­ter­richt bedeut­sam. So sinn­voll es etwa ist, auch im Rah­men von Rol­len- und Plan­spie­len ver­gan­ge­ne Kon­flik­te und die Hand­lungs­op­tio­nen der Akteu­re “rol­len-spie­le­risch” zu erschlie­ßen, so wenig darf der Ein­druck ent­ste­hen, dass die Über­le­gun­gen und Hypo­the­sen im Unter­richt die rea­le Lage auch nun annä­hernd abbil­den und dass somit im Unter­richt in bestimm­te Wei­se vali­de Lösun­gen erar­bei­tet wer­den könn­ten. Ent­spre­chend kann es auch nicht dar­um gehen, eige­ne Hal­tun­gen zum Kon­flikt “aus­zu­dis­ku­tie­ren”, son­dern viel­mehr anhand sol­cher Rol­len­spie­le die Viel- und Mehr­di­men­sio­na­li­tät der Kon­flikt­la­gen wie (das ist für die­sen Absatz ein­schlä­gig) die Wert­be­zo­gen­heit des Han­delns der Akteu­re erschließ­bar zu machen.

Viel­leicht hilft ein ers­ter Ver­such einer Typo­lo­gie von Dis­kus­sio­nen weiter:

  1. Pro­blem­ori­en­tier­te Dis­kus­sio­nen: Aus­ge­hend von einer Pro­blem­stel­lung wer­den — ggf. vor­be­rei­tet durch pro­blem­ori­en­tier­te Erschlie­ßung von Grund­la­gen hin­sicht­lich des Gegen­stands- und Kon­zept­wis­sens, der Erschlie­ßung von Posi­tio­nen und Argu­men­ten — damit ver­bun­de­ne Sach- und Wert­ur­teils­fra­gen mit dem Ziel einer gemein­sa­men Lösungs­fin­dung zur Dis­kus­si­on gestellt und sowohl Posi­tio­nen, Argu­men­te und Begrün­dun­gen aus­ge­tauscht, so dass am Ende ent­we­der eine (offe­ne) Abstim­mung zu einer gemein­sa­men Beurteilung/​Haltung oder ein (gehei­mes) “Mei­nungs­bild” erkenn­bar wird.
  2. Offe­ne Dis­pu­ta­ti­on: Ähn­lich der Pro­blem­ori­en­tier­ten Dis­kus­si­on wer­den Posi­tio­nen und Argu­men­te sowie Begrün­dun­gen und Bele­ge aus­ge­tauscht, durch­aus mit dem Ziel der Über­zeu­gung ande­rer, aber absicht­lich ohne (Probe-)Abstimmung oder Mei­nungs­bild, son­dern mit der Maß­ga­be, dass die Urteils­fin­dung jede*r Ein­zel­nen nicht abge­schlos­sen sein kann.
  3. Ana­ly­ti­sche Dis­kus­si­on: Aus­ge­hend von einer (offe­nen und/​oder anony­men) Ein­gangs­er­he­bung unter­schied­li­cher Posi­tio­nen und Argu­men­ta­tio­nen zu einer Pro­blem- und Wer­tungs­fra­ge, bei der Ler­nen­den sowohl ihre eige­nen Posi­tio­nen als auch sol­che ein­brin­gen kön­nen, die sie ihnen begeg­net sind, wer­den deren Unter­schie­de hin­sicht­lich Prä­mis­sen, Wer­ten, Nor­men etc. unter­richt­lich iden­ti­fi­ziert und ana­ly­siert — durch­aus auch hin­sicht­lich ihrer Plau­si­bi­li­tät und Kohä­renz, ohne dass zum Schluss die Ler­nen­den noch ein­mal selbst ihre eige­ne Posi­ti­on zur Fra­ge selbst aus­drü­cken müs­sen. Statt des­sen kön­nen Ein­sich­ten und Fra­gen zu ein­zel­nen Posi­tio­nen, Argu­men­ten etc. for­mu­liert und ver­glei­chen werden.

Es ging mir vor vier Wochen vor die­sem Hin­ter­grund aber gera­de auch dar­um, dass nicht jeder Kon­flikt, jeg­li­che Aus­ein­an­der­set­zung in glei­cher Art und Wei­se als “Kon­tro­ver­se” im Sin­ne des Beu­tels­ba­cher Kon­sen­ses inter­pre­tiert wer­den kann, son­dern dass viel­mehr auch die Natur unter­schied­li­cher For­men von Aus­ein­an­der­set­zung, Streit etc. ein­ge­schätzt wer­den und ein­zu­schät­zen gelernt wer­den muss. Allein aus der Exis­tenz unter­schied­li­cher Posi­tio­nen, Par­tei­en etc. kann nicht auf eine gemein­sa­me Struk­tur “Kon­flikt” bzw. “Kon­tro­ver­se” geschlos­sen wer­den: Nicht jeder Kon­flikt ist eine Kon­tro­ver­se, nicht jede Gewalt­tat ist ein “Kon­flikt” usw. Viel­mehr sind es gera­de die zur Cha­rak­te­ri­sie­rung, Beur­tei­lung und Bewer­tung unter­schied­li­cher Pro­blem- und Fra­ge­stel­lun­gen nöti­gen und her­an­ge­zo­ge­nen Kon­zep­te, Posi­tio­nen, Kri­te­ri­en und Wer­te, also gewis­ser­ma­ßen sol­che des “Vor-” und “Umfelds” poli­ti­scher Aus­ein­an­der­set­zun­gen, die in viel zen­tra­ler sind für poli­ti­sches Ler­nen, inso­fern sie in der Gesell­schaft und Wis­sen­schaft kon­tro­vers sind und ihre (zuneh­men­de) Klä­rung für die Teil­ha­be der Mit­glie­der der Gesell­schaft nötig und für die Ler­nen­den somit eine zen­tra­le Dimen­si­on des Ler­nens ist. Oft sind es also nicht die gro­ßen Kon­flik­te und Fra­gen, wel­che die eigent­li­chen Kon­tro­ver­sen aus­ma­chen, son­dern die ihnen vor‑, an- und umge­la­ger­ten Kon­tro­ver­sen um Begrif­fe, Wer­te usw.

Hier nur kom­men (aktu­ell) die der­zei­ti­gen (und jüngs­ten, aber auch frü­he­re) Gescheh­nis­se in der Ukrai­ne (samt Umfeld) in den Blick. Hier tun sich wesent­li­che und sowohl für unser Han­deln und Debat­tie­ren als Mit­glie­der der Gesell­schaft wie auch für his­to­ri­sches und poli­ti­sches Ler­nen wesent­li­che Kon­tro­ver­sen auf. Es macht einen Unter­schied aus, ob bzw. inwie­fern das dor­ti­ge mili­tä­ri­sche Han­deln aller oder eini­ger Akteu­re als “Krieg”, “Mili­tä­ri­sche Spe­zi­al­ope­ra­ti­on”, “Bewaff­ne­ter Über­fall”, oder anders bezeich­net und beur­teilt wird, und ob und in wel­cher Wei­se, die­se Kon­zep­te ein­an­der aus­schlie­ßen, mit­ein­an­der ver­ein­bar sind – und was jeweils dar­aus für die Ein­schät­zung und Beur­tei­lung folgt. Kei­ne der Cha­rak­te­ri­sie­run­gen und Ein­schät­zun­gen ist dabei ein­fach ent­we­der “rich­tig” oder “falsch”, kei­ne trifft “die Natur” der Ereig­nis­se in For­men, die ein­fach an ihnen ables­bar wären. Oft sind sogar ihre Anwen­dun­gen kon­tin­gent und ambivalent.

Das ist alles ande­re als trivial:

    • Schon die Fra­ge, “ob” es sich um einen “Krieg” oder eine mili­tä­ri­sche Spe­zi­al­ope­ra­ti­on, einen “bewaff­ne­ten Über­fall”, Völkermord/​Genozid, Kriegs­ver­bre­chen oder etwas ande­res han­delt, ist in ihrer binä­ren ob/ob-nicht-Form pro­ble­ma­tisch. Gibt es (nur) einen über alle Zei­ten und für alle Zusam­men­hän­ge geklär­ten Begriff von Krieg? Wohl kaum. Schlie­ßen sich “Geno­zid” und “Ver­nich­tungs­krieg” gegen­sei­tig aus? Sind es Alternativen?
    • Obwohl mit ihrer Hil­fe Kom­bi­na­tio­nen und Unsi­cher­hei­ten mar­kiert wer­den kön­nen, wird m.E. aber auch die Fra­ge- bzw. Pro­blem­stel­lungs­for­mu­lie­rung, “inwie­fern” die­se Cha­rak­te­ri­sie­run­gen auf das gegen­wär­ti­ge Gesche­hen zutref­fen, der Sache nicht völ­lig gerecht, denn auch sie setzt gewis­ser­ma­ßen geklär­te Kon­zep­te vor­aus, die dannn ledig­lich auf “Pas­sung” geprüft wer­den müs­sen und kön­nen. Min­des­tens zwei wei­te­re Dif­fe­ren­zie­run­gen sind somit erforderlich: 
      • Beur­tei­len bzw. mei­nen wir jeweils wir “das Gesche­hen” als Gan­zes, oder muss zwi­schen Akteur*innen mit unter­schied­li­chen Posi­tio­nen dar­in unter­schie­den wer­den? Sind also die Ver­tei­di­gungs­hand­lun­gen der ukrai­ni­schen Armee im sel­ben Sin­ne “Krieg” wie die­je­ni­gen der das Land über­fal­len haben­den rus­si­schen Mili­tärs? Was also bedeu­tet es, wenn wir über “Krieg” spre­chen. Kann (darf? muss?) man gleich­zei­tig “Krieg” als Mit­tel der Poli­tik äch­ten und für falsch hal­ten und die Ver­tei­di­gung der Ukrai­ne unterstützen?
      • Was impli­zie­ren die Kon­zep­te und Begrif­fe, die wir jeweils anwen­den? Die rus­si­sche Regie­rung bezeich­net ihr Agie­ren in der Ukrai­ne gera­de nicht als “Krieg”, son­dern als “mili­tä­ri­sche Spe­zi­al­ope­ra­ti­on”, woge­gen die inter­na­tio­na­le (west­li­che) Poli­tik und Bericht­erstat­tung über­wie­gend sofort den Begriff “Krieg” ver­wen­det hat. Was impli­ziert das? Ver­steht man die Fra­ge so, wel­cher Begriff (allein) zutref­fend ist, und ver­sucht, sie anhand von Merk­ma­len zu beant­wor­ten, kommt man nur ein Stück weit. Es ist nur die Fra­ge, ob “es” “ein Krieg” ist, oder nicht, son­dern auch, was die Ver­wen­dung der Begrif­fe impli­ziert. Bedeu­tet die Ver­wen­dung des Begrif­fes “Krieg” gegen­über dem vom offi­zi­el­len Russ­land ver­wen­de­ten Begriff einer­seits die deut­li­che Mar­kie­rung, dass es hier um einen inter­na­tio­na­len “Kon­flikt” ( dazu s.u.) geht, und nicht um eine irgend­wie gear­te­te “inner­rus­si­sche”, qua­si innen­po­li­ti­sche Akti­on (etwa im Sin­ne der Durch­set­zung höhe­ren staat­li­chen Rechts gegen Sepa­ra­tis­ten), so impli­ziert sie doch zugleich auch, dass es sich um eine mehr oder weni­ger aner­kann­te, ja gere­gel­te Form poli­ti­schen Han­delns han­delt. Wo Krieg ist, herrscht Kriegs­recht, und ist zumin­dest das Töten feind­li­cher Kom­bat­tan­ten kein “Mord” im straf­recht­li­chen Sin­ne. Will/​darf/​soll man das hier impli­zie­ren? Immer­hin ist der Krieg nicht im for­mel­len Sin­ne erklärt wor­den. Man kann (muss?) auch erwä­gen, inwie­fern das Gesche­hen nicht für die rus­si­sche Sei­te nicht erst durch die Angrif­fe auf zivi­le Zie­le und die bru­ta­le Tötung von Zivi­lis­ten als (staat­li­cher) zu bezeich­nen ist, weil es gera­de nicht ein Han­deln in einem “nor­ma­len” zwi­schen­staat­li­chen Kon­flikt ist? Inwie­fern ist es also sinn­voll, und wel­che Kon­se­quen­zen hat es, zu unter­schei­den zwi­schen den Abwehr­maß­nah­men der Ukrai­ne als im Sin­ne der inter­na­tio­na­len Bezie­hun­gen und des Kriegs­rechts (Recht zum Krieg) legi­ti­me Hand­lun­gen, die Hand­lun­gen der rus­si­schen Sei­te aber nicht? Inwie­fern muss man nicht ande­rer­seits auch für letz­te­re die Ein­hal­tung der Bestim­mun­gen des Rechts im Krieg ein­for­dern (etwa hin­sicht­lich der Behand­lung Gefan­ge­ner, des Ver­bots ihrer öffent­li­chen Zur­schau­stel­lung, etc.)?
      • “Kon­flikt”: Ähn­lich steht es mit der Kate­go­rie und dem Begriff “Kon­flikt”. Appel­le zur (Rück­kehr zur) fried­li­chen Kon­flikt­bei­le­gung sind und blei­ben not­wen­dig. Inwie­fern ist das, was in der Ukrai­ne geschieht, aber ein “Kon­flikt”? Inwie­fern impli­ziert oder zumin­dest kon­no­tiert die Ver­wen­dung die­ses Begriffs eine zumin­dest for­mal glei­che agen­cy der Par­tei­en, der Betei­lig­ten? For­de­run­gen etwa danach, die “Logik des Krie­ges” zu über­win­den, wie sie etwa der Lin­ken-Poli­ti­ker Bernd Riex­in­ger etwa auf Twit­ter for­mu­liert hat, sind drin­gend nötig, impli­zie­ren aber, dass es eine auch nur ansatz­wei­se gleich­ar­ti­gen Kon­flikt­ge­gen­stand gibt. Gegen­po­si­tio­nen for­mu­lie­ren, dass dies ange­sichts vor­an­ge­gan­ge­ner und zwi­schen­zeit­li­cher “Deu­tun­gen”, die Ukrai­ne sei kein eige­ner Staat, es gäbe kein ukrai­ni­sches Volk, ange­sichts von Zie­len der Ver­nich­tung der staat­li­chen Struk­tur oder gar der ukrai­ni­schen Iden­ti­tät zumin­dest hoch pro­ble­ma­tisch sind.

Auch die­se Fra­gen kön­nen nicht abschlie­ßend beant­wor­tet wer­den – wie auch die sich dar­an anschlie­ßen­de gan­ze Rei­he wei­te­rer:  etwa dazu, ob bzw. inwie­fern das Kon­zept des “Geno­zids” zur Cha­rak­te­ri­sie­rung des Han­delns rus­si­scher Mili­tärs und der rus­si­schen Regie­rung zugleich pas­send und hilf­reich ist (etwa sofern es auf Kon­zep­te von Volk abstellt und ggf. nicht in irgend­ei­nem “eth­ni­schen” Sin­ne ukrai­ni­sche Tei­le der Bevöl­ke­rung aus­schließt), inwie­fern Kri­ti­ken von Nati­ons-Kon­zep­ten und natio­na­ler Kul­tur­kon­zep­te in Bezug auf die Ukrai­ne ange­bracht sind ange­sichts der Tat­sa­che, dass der Ukrai­ne die Qua­li­tät, ein eige­ner Staat, eine eige­ne Nati­on, ein Volk zu sein (oder zu haben) zum Zwe­cke der Über­falls oder als Begrün­dung des­sel­ben abge­spro­chen wur­de, darf doch die Aner­ken­nung der zur und bei der Ver­tei­di­gung statt­fin­den­den Iden­ti­täts­bil­dung wie­der­um nicht dazu füh­ren, die Gren­zen und Pro­ble­ma­ti­ken sol­cher Nati­ons­kon­zep­te aus­zu­blen­den. Wie­der­um kann es also nicht nur um Sach- und Wert­ur­tei­le dar­über gehen, “ob” oder “inwie­fern” die Ukrai­ne eine “Nati­on” dar­stellt, und ob sie sich so ver­ste­hen oder so ver­stan­den wer­den darf, son­dern was die Ver­wen­dung die­ser Kon­zep­te jeweils impli­ziert, was sie leis­ten, inwie­fern sie auch pro­ble­ma­tisch blei­ben und dif­fe­ren­ziert bzw. mit ande­ren ver­bun­den wer­den müssen.

Bei den meis­ten der ange­spro­che­nen Fra­gen han­delt sich auf einer ers­ten Ebe­ne um Sach­ur­teils­fra­gen, um sol­che der Ein­schät­zung von Phä­no­me­nen, Bedin­gun­gen, Struk­tu­ren, Hand­lun­gen anhand von Kon­zep­ten, die ihrer­seits hin­sicht­lich ihrer Defi­ni­ti­on, Reich­wei­te, Impli­ka­tio­nen ein­zu­schät­zen sind – und das dif­fe­ren­ziert. Die Fra­gen impli­zie­ren – nicht zuletzt wegen letz­te­rer Impli­ka­tio­nen und Reich­wei­ten – aber immer auch Wert-Urtei­le, die in ähn­li­cher Wei­se kon­tro­vers sind und von den Sach-Urtei­len oft nur ana­ly­tisch zu tren­nen (wobei die Unter­schei­dung selbst kon­zep­tu­ell und didak­tisch not­wen­dig, selbst kei­nes­wegs tri­vi­al und ihrer­seits zuwei­len kon­tro­vers ist, aber eben auch kogni­tiv bear­beit­bar) 9

Und in die­sem Sin­ne sind es eben auch Wert­ur­tei­le und Hand­lungs­dis­po­si­tio­nen in unse­rer Gesell­schaft, die in der­art rele­van­ter Form kon­tro­vers sind – und auch sie ent­hal­ten (fast möch­te man sagen: natür­lich) unter­schied­li­che Bezü­ge zu Sach­ur­tei­len – sei es, dass sie u.a. auf sol­che auf­bau­en, sei es, dass sie wie­der­um ande­re Sach­ur­tei­le unterfüttern.

Dazu gehö­ren unter ande­rem Hal­tun­gen zu Krieg und Frie­den sowohl abs­trakt als auch im kon­kre­ten Fall. Für vie­le Ange­hö­ri­ge der poli­ti­schen Lin­ken (nicht nur der Par­tei, son­dern dem Spek­trum von Hal­tun­gen und Posi­tio­nen) etwa basie­ren sie nicht zuletzt auf einer anti­fa­schis­ti­schen Grund­hal­tung, die oft in der For­mel “Nie wie­der Faschis­mus – nie wie­der Krieg” zusam­men­ge­fasst wird und im Bestand­teil “nie wie­der” zumin­dest wesent­li­che Über­ein­stim­mun­gen mit ande­ren nor­ma­ti­ven Ver­pflich­tun­gen aus der Erfah­rung mit der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Gewalt­herr­schaft und sei­nem Über­fall auf ande­re Län­der sowie der Ver­fol­gung unter­schied­li­cher “Min­der­hei­ten” (ein­schließ­lich ihrer Aus­gren­zung als sol­che) auf­weist. Was die­ses “nie wie­der” aber kon­kret beinhal­tet, wor­auf es sich bezieht, das ist kei­nes­wegs so ein­deu­tig und klar, wie es die zitier­te For­mel schei­nen lässt. Unter ande­rem Natan Szna­ider hat in sei­nem jüngs­ten Buch “Flucht­punk­te der Erin­ne­rung” 10 die Plu­ra­li­tät die­ser äußer­lich gleich lau­ten­den Impe­ra­ti­ve ana­ly­siert. Es sind näm­lich unter­schied­li­che mög­lich – von einem “Nie wie­der (an) uns” aus einer par­ti­ku­la­ren jüdi­schen Opfer-Erin­ne­rung, über ein “Nie wie­der durch uns”, einer eben­so par­ti­ku­la­ren, sich ihrer Geschich­te stel­len­den und somit kei­nes­wegs selbst­ver­ständ­li­chen Täter-Nach­fol­ge-Erin­ne­rungs-Per­spek­ti­ve sowie deut­li­che abs­trak­te­re bzw. unver­sa­li­sier­te For­de­run­gen, “so etwas” dür­fe “über­haupt nie wie­der” statt­fin­den, also durch nie­man­den. In die­sem Spek­trum sor­tiert sich auch die zitier­te anti­fa­schis­ti­sche For­mel “Nie wie­der Faschis­mus – nie wie­der Krieg” ein. 11 Je nach Les­art las­sen sich unter­schied­li­che Posi­tio­nie­run­gen und Hand­lun­gen, also His­to­ri­sche Ori­en­tie­run­gen ablei­ten bzw. damit begrün­den. Ist jeg­li­cher Krieg zu ver­mei­den und somit auch jeg­li­che Unter­stüt­zung von Krieg füh­ren­den Par­tei­en – auch wenn es sich um etwa anti­ko­lo­nia­le, anti­im­pe­ria­lis­ti­sche oder anti­fa­schis­ti­sche Ver­tei­di­gung han­delt? Oder folgt dar­aus viel­mehr, dass sol­che Unter­stüt­zung von Ver­tei­di­gungs­krie­gen – etwa mit­tels Waf­fen­lie­fe­run­gen oder auch Inter­ven­ti­on – gera­de­zu gebo­ten ist?

Auch die Aus­ein­an­der­set­zung über Schluss­fol­ge­run­gen und Posi­tio­nen dazu, wel­che kon­kre­te Kon­se­quenz also gera­de auch aus der beson­de­ren deut­schen Ver­ant­wor­tung zu zie­hen ist, ist somit abs­trakt als auch im kon­kre­ten Fall eine vali­de Kon­tro­ver­se im Zusam­men­hang des Ukrai­ne-Krie­ges, zumal sie sich gera­de nicht nur als eine binä­re Oppo­si­ti­on von konservativ-national(istisch) bis mili­ta­ris­ti­schen Posi­tio­nie­run­gen einer- und geschichts­be­wuss­ten, ver­ant­wor­tungs­ori­en­tier­ten bis lin­ken Posi­tio­nie­run­gen dar­stellt, son­dern auch “inner­halb” wesent­li­cher poli­ti­scher Grund­ori­en­tie­run­gen unter­schied­li­che Argu­men­ta­tio­nen und Schuss­fol­ge­run­gen zu fin­den sind.

Alle die­se Fra­gen sind somit in jenem Sin­ne kon­tro­vers, den der Beu­tels­ba­cher Kon­sens adres­siert: Es geht um Sach- und Wert­ur­tei­le, die in unse­rer Gesell­schaft weder belie­big noch ein­fach bereits beant­wor­tet wären, und deren mehr oder weni­ger unter­schied­li­che Beant­wor­tun­gen auch nicht fol­gen­los sind. Weder kann es dar­um gehen, allein eine Lösung zu errei­chen in der gesell­schaft­li­chen Kon­tro­ver­se und sie dann mit allen mög­li­chen Kon­se­quen­zen für ver­bind­lich zu erklä­ren, noch dar­um, in Lern­pro­zes­sen eine sol­che den Ler­nen­den ver­bind­lich vor­zu­ge­ben. Viel­mehr müs­sen sowohl die gesell­schaft­li­che Dis­kus­si­on und Debat­te wie auch Lern­pro­zes­se die Leis­tun­gen und Gren­zen, die Bedin­gun­gen und Kon­se­quen­zen jeweils unter­schied­li­cher Posi­tio­nen, Ver­ständ­nis­se, Deu­tun­gen etc. erhel­len und klä­ren, ohne letzt­lich dem Ein­zel­nen die Mög­lich­keit eines eige­nen Ver­ständ­nis­ses und einer eige­nen Hal­tung zu neh­men – aber auch die Ver­ant­wor­tung dafür, denn (auch das gehört zur Dis­kus­si­on wie zum Ler­nen) das jeweils eige­ne Den­ken, Urtei­len und Han­deln fin­det weder iso­liert von allen ande­ren statt noch bleibt es für das gemein­sa­me Han­deln in der Gesell­schaft fol­gen­los. Mehr noch: Für sol­ches gemein­sa­mes Han­deln ist es zwar kei­nes­wegs nötig, son­dern eher noch schäd­lich, dass alle das Glei­che den­ken und tun, und dass alle davon aus­ge­hen, eine sol­che Ein­heit­lich­keit wür­de herr­schen – wohl aber ist es eine Vor­aus­set­zung für sol­ches Han­deln, sich über das Spek­trum der unter­schied­li­chen Posi­tio­nen und Urtei­le sowie Hand­lungs­ma­xi­men und in der so struk­tu­rier­ten Gesell­schaft zu ori­en­tie­ren – ein­schließ­lich der wie­der­um dis­kur­si­ven (und somit kon­tro­ver­sen) Klä­rung der Gren­zen des­sen, was an Posi­tio­nen, Wer­ten, Kon­zep­ten und Kri­te­ri­en aner­kannt wer­den kann und soll.

Schüler*innen, die Fra­gen wie die oben skiz­zier­ten erwä­gen, dis­ku­tie­ren, zu klä­ren ver­su­chen, ler­nen – wohl gera­de auch wenn sie nicht zu einem ein­heit­li­chen, memo­rier­ba­ren und abfrag­ba­ren Ergeb­nis kom­men – mehr als wenn sie vor­ge­ge­be­ne, ver­meint­lich zeit‑, raum‑, kul­tur- und fall­über­grei­fen­de Merk­ma­le und Eigen­schaf­ten bestimm­ter Kon­zep­te und Struk­tu­ren ein­fach anzu­wen­den ler­nen. (Wel­che Kri­te­ri­en wer­den dadurch nicht wert­los, müs­sen aber immer mehr und ande­res sein als ein Instru­ment des Urtei­lens, näm­lich immer wie­der auch Gegen­stand desselben).

Unter­richt­lich, d.h. didak­tisch, müs­sen dazu natür­lich ent­we­der die Fra­gen etwas anders for­mu­liert wer­den – so, dass sie nicht vor­nehm­lich Ent­schei­dungs­al­ter­na­ti­ven dar­stel­len, son­dern auf Erschlie­ßung der ihnen jeweils zugrun­de lie­gen­den Kon­zep­te, Ein­sich­ten, Wer­te etc. zie­len – oder aber die Ant­wor­ten auf als Ent­schei­dungs­al­ter­na­ti­ven for­mu­lier­ten Fra­gen in sol­che Dif­fe­ren­zie­run­gen über­führt wer­den. Das Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot des Beu­tels­ba­cher Kon­sen­ses for­dert gera­de nicht, die Kon­tro­ver­sen, denen die Schüler*innen auch in ihrer Lebens­welt im All­tag (etwa in den Medi­en, im Eltern­haus ) begeg­nen, und die sie natür­lich beschäf­ti­gen (bis hin zu Dis­kus­sio­nen unter­ein­an­der auf dem Schul­weg, in Pau­sen, in der eige­nen Peer-Group), im Unter­richt aus­zu­tra­gen, son­dern in Aner­ken­nung und Offen­le­gung ihrer Exis­tenz dazu bei­zu­tra­gen, den Ler­nen­den ihren Grund­la­gen und Struk­tu­ren, die die ein­zel­nen Posi­tio­nen und Par­tei­en mit ihren Inter­es­sen, Denk­wei­sen und Ratio­na­li­tä­ten sowohl zu erschlie­ßen, so dass sie sie jeweils für sich als auch in ihrem Zusam­men­spiel erken­nen, ein­schät­zen und beur­tei­len können.

Das wie­der­um ver­bie­tet kei­nes­wegs, die gesell­schaft­lich viru­len­ten Urteils- und Ent­schei­dungs­fra­gen auch im Unter­richt so zu for­mu­lie­ren, wohl aber zum Einen, die Dis­kus­si­on auf eine für alle ver­bind­li­che oder auch nur gegen­über der Grup­pe und der Lehr­kraft zu begrün­den­de je indi­vi­du­el­le Lösung zu gelan­gen. Die­se je per­sön­li­che Ent­schei­dungs­fin­dung, das eige­ne Urteil, liegt außer­halb des Bereichs, in dem die Schu­le eine kon­kre­te Leis­tung abfor­dern darf. Was hin­ge­gen sehr wohl in die­sen Bereich fällt, und wo Schu­le sowohl Ange­bo­te machen, Her­aus­for­de­run­gen set­zen und auch Leis­tun­gen abfor­dern darf, sind Grund­la­gen für die­se letzt­lich per­sön­li­chen Ent­schei­dun­gen und Hal­tun­gen. Das kann unter ande­rem so gestal­tet wer­den, dass Schüler*innen gera­de nicht abver­langt wird, ihre höchst per­sön­li­chen Gedan­ken und Urtei­le offen­zu­le­gen und zu begrün­den – wohl aber hypo­the­tisch aus einer frem­den Posi­ti­on in einer Dis­kus­si­on zu den­ken, zu spre­chen und zu urtei­len. Gera­de wenn es all­seits aner­kann­te Bedin­gung ist, dass nicht von der unter­richt­li­chen Per­for­manz auf das “real­welt­li­che” eige­ne Urteil geschlos­sen wer­den darf, kön­nen Urtei­le, Begrün­dun­gen, Kon­zep­te und Nor­men auf ihre inne­re Kon­sis­tenz und Qua­li­tät sowie die ihrer Kom­bi­na­ti­on the­ma­ti­siert wer­den. Auch hier ist jedoch dar­auf zu ach­ten, dass nicht (etwa durch die Art der Gesprächs­füh­rung) Schüler*innen letzt­lich für von ihnen etwa stell­ver­tre­tend aus­pro­bier­te Argu­men­ta­tio­nen “in Haf­tung” genom­men wer­den, oder aber durch von ande­ren Mit­glie­dern der Lern­grup­pe for­mu­lier­te Posi­tio­nie­run­gen, die der eige­nen oder auch nur einer kli­schee­haf­ten Zuschrei­bung einer sol­chen zu nahe kom­men, in Bedräng­nis gera­ten. Inwie­fern es daher Schüler*innen gestat­tet sein soll­te, in sol­chen “als ob”-Diskussionen im Rah­men eines gewis­sen Schon- und Frei­raums ihre tat­säch­li­che Auf­fas­sung zu bekun­den, muss wohl im Ein­zel­fall ent­schie­den wer­den. Prin­zi­pi­ell ver­bie­ten soll­te man es wohl nicht. Die Leit­li­nie müss­te wohl lau­ten, dass über­all dort, wo es um per­spek­ti­vi­sche, durch Nor­men und Wer­te sowie poli­ti­sche Posi­tio­nen gepräg­te Denk- und Urteils­leis­tun­gen geht, eine hypo­the­ti­sche Per­for­manz aus einer nicht-eige­nen Per­spek­ti­ve abge­for­dert wer­den darf, eige­ne, rea­le Posi­tio­nie­run­gen und Urtei­le aber mög­lich blei­ben soll­ten (zumal es um Klä­rung tat­säch­li­cher Unsi­cher­hei­ten, Ver­un­si­che­run­gen und Irri­ta­tio­nen gehen kann), sofern dadurch nicht Kon­flik­te im Lern­raum beför­dert und Indi­vi­du­en mar­kiert oder gar stig­ma­ti­siert wer­den. Ohne dif­fe­ren­zier­te und takt­vol­le Wahr­neh­mung sind sol­che Lern­pro­zes­se somit kaum zu struk­tu­rie­ren und zu leiten.

Auch dort, wo das Zen­trum eines Lern­pro­zes­ses also in einer (nicht-rea­len, son­dern hypo­the­tisch-stell­ver­tre­ten­den) Aus­tra­gung von Kon­tro­ver­sen liegt, muss der Schwer­punkt des Lern­pro­zes­ses nicht in der Ent­schei­dung lie­gen, son­dern in der Klä­rung der Vor­aus­set­zun­gen, Ver­ständ­nis­se, Impli­ka­tio­nen usw. von Positionen.

Wie also kön­nen sol­che The­ma­tis­e­run­gen von “Kon­tro­ver­sen” zum aktu­el­len Gesche­hen in der Ukrai­ne aus­se­hen? Ein paar Beispiele:

  1. Dass in unse­rer Gesell­schaft der­zeit dar­um gerun­gen wird, ob Deutsch­land die Ukrai­ne mit (schwe­ren, angriffs­taug­li­chen oder nur “defen­si­ven”) Waf­fen belie­fern soll, darf, ja soll­te, also als eine Kon­tro­ver­se im Unter­richts nicht nur erwähnt (und dann doch wie­der in die pri­va­ten Dis­kus­sio­nen ver­tagt) wer­den, son­dern soll­te durch­aus Gegen­stand unter­richt­li­cher Behand­lung sein. Die Kon­tro­ver­se muss als sol­che erschei­nen, ohne dass nur gesagt wür­de, man kön­ne es “halt” so oder so sehen. Ja, man kann unter­schied­li­che Posi­tio­nen ver­tre­ten, aber nicht “halt”, son­dern unter gegen­sei­ti­ger Wahr­neh­mung, auch (grund­sätz­li­cher) Aner­ken­nung, aber gleich­zei­tig dis­kur­si­ver und auch selbst kon­tro­ver­ser Klä­rung unter­schied­li­cher jeweils gemach­ter Prä­mis­sen und Wer­te. Es müs­sen also nicht alle Ler­nen­den alle Posi­tio­nen und Argu­men­ta­ti­ons­wei­sen als gleich gül­tig, gleich wert­voll aner­ken­nen, dür­fen aber auch nicht ein­fach den Ein­druck gewin­nen, dass ein­zel­ne grund­sätz­lich (also vor sol­cher Klä­rung, oder ohne sie) richtig(er) sind als ande­re. Die skiz­zier­te Kon­tro­ver­se glie­dert sich dann recht schnell in eine gan­ze Rei­he unter­schied­li­cher, aber mit­ein­an­der zusam­men­hän­gen­der Fra­gen auf, die wie­der­um kon­tro­vers und vor­aus­set­zungs­voll sind; etwa 
    1. Was hat es mit der Deut­schen Ver­ant­wor­tung aus sei­ner Geschich­te auf sich – genau­er: wel­che unter­schied­li­chen Auf­fas­sun­gen die­ser Ver­ant­wor­tung gibt es, wie begrün­den sie sich, wel­che Nor­men und Wer­te lie­gen ihnen zu Grun­de (soe­he oben)?
    2. Was hat es mit den Befürch­tun­gen eines NATO oder EU-Bünd­nis­falls auf sich, der bei sol­chen Waf­fen­lie­fe­run­gen ein­tre­ten könnte?
    3. In wel­che Ver­hält­nis­se wer­den von Betei­lig­ten der Debat­te die Wer­te und Optio­nen “Hil­fe­stel­lung für die über­fal­le­ne Ukrai­ne” und “Ver­mei­dung einer Eska­la­ti­on” gestellt?
    4. Wel­che mög­li­chen Posi­tio­nen und Optio­nen erge­ben sich veil­leicht je nach­dem, ob Deutsch­land als Ein­zel­staat, als Mit­glied der EU und NATO, also einer Orga­ni­sa­ti­on kol­lek­ti­ver Ver­tei­di­gung, und als Mit­glied der Ver­ein­ten Natio­nen als Orga­ni­sa­ti­on kol­lek­ti­ver Sicher­heit ange­spro­chen ist? Wel­chen Ein­fluss haben die­se gleich­zei­ti­gen Rol­len und Posi­tio­nen auf die Hand­lungs­op­tio­nen – und wie sind letz­te­re auf­grund der jeweils unter­schied­li­chen Hand­lungs­lo­gi­ken zu beurteilen?
  2. Glei­ches passt zur Fra­ge ob bzw. inwie­fern man einem NATO-Bei­tritt Schwe­dens und Finn­lands aktu­ell zustimmt, usw.
  3. In ver­gleich­ba­rer Wei­se ist es mit Sicher­heit sehr lern­för­der­lich, Posi­tio­nen und Hal­tun­gen zu Frie­den und Krieg nicht nur abs­trakt und all­ge­mein zu the­ma­ti­sie­ren, son­dern unter­schied­li­che Kon­stel­la­tio­nen und Ver­ständ­nis­se abzu­wä­gen. Das betrifft Klä­run­gen unter­schied­li­cher Kriegs­be­grif­fe (sie­he oben) eben­so wie Fra­gen danach, ob in jeg­li­cher Situa­ti­on sofor­ti­ger Frie­den um jeden Preis immer vor­zu­zie­hen ist, bzw. inwie­fern auch bestimm­te For­men von Frie­den als Nicht-Krieg für Akteu­re alles ande­re als fried­li­che Bedin­gun­gen bedeu­ten und Bedin­gun­gen für spä­te­re Wie­der­auf­nah­men des Krie­ges oder wei­te­rer Aggres­sio­nen sogar noch beför­dern können.
  4. In der oben ange­führ­ten Sen­dung des Deutsch­land­funks mit dem Titel “Frie­dens­er­zie­hung” 12 wur­de neben einer dezi­diert christ­lich-reli­gi­ons­päd­ago­gi­schen Per­spek­ti­ve auch von Sei­ten der Ser­vice­stel­le Frie­dens­er­zie­hung der Lan­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung Baden-Würt­tem­berg das aus den 1980er Jah­ren stam­men­de Plan­spiel­pro­jekt “POL&IS” der Bun­des­wehr vor­ge­stellt, in dem Schüler*innen in einem Plan­spiel unter Lei­tung von Bun­des­wehr­of­fi­zie­ren Grund­la­gen der Sicher­heits­po­li­tik und Stra­te­gien und Hand­lungs­mög­lich­kei­ten in ent­spre­chen­den Kon­flik­ten erar­bei­ten. Das steht in einem deut­li­chen Kon­trast zu einer kate­go­ri­schen Ableh­nung jeg­li­cher Ein­la­dung von Jugend­of­fi­zie­ren (und ande­ren Vertreter*innen) der Bun­des­wehr in Schu­len, etwas in wei­ten Berei­chen der Lin­ken. Vom Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot des Beu­tels­ba­cher Kon­sen­ses her wird man sagen müs­sen, dass bei­de Ansät­ze jeweils für sich pro­ble­ma­tisch sind — die Ver­ga­be der The­ma­ti­sie­rung die­ses The­men­fel­des an die Bun­des­wehr wie ihr Aus­schluss dar­aus. Viel­mehr ist drin­gend zu for­dern, dass Schu­le und Unter­richt die sich im Hin­ter­grund sol­cher Posi­tio­nie­run­gen zei­gen­den Kon­tro­ver­sen expli­zit und somit reflek­tier­bar machen. Dazu muss es dann gera­de gehö­ren, weder einer rei­nen Iden­ti­fi­ka­ti­on von Frie­den mit mili­tä­risch garan­tier­ter oder her­bei­ge­führ­ter Abwe­sen­heit “hei­ßer” Krie­ge Vor­schub zu leis­ten noch die­se Dimen­si­on und Hand­lungs­op­tio­nen aus dem auch unter­richt­li­chen Dis­kurs von vorn­her­ein aus­zu­schlie­ßen. Sowohl Plan­spie­le als auch ethi­sche und reli­giö­se Erwä­gun­gen sind somit sinn­voll- aber weder jeweils allei­ne noch getrennt von­ein­an­der, son­dern erst dann, wenn die Ler­nen­den nicht nur die Mög­lich­keit haben, sich zu allem eine eige­ne Auf­fas­sung zu bil­den, son­dern wenn ihnen unter­richt­lich Gele­gen­heit und Unter­stüt­zung dazu gege­ben wird, die jewei­li­gen Prä­mis­sen, Wert- und Hand­lungs­kon­zep­te wie auch die in ihnen und zwi­schen ihnen sich erge­ben­den Span­nungs­fel­der zu erwä­gen. Auch dabei gilt wie­der, dass die­se Fra­gen unter­richt­lich ange­spro­chen und erwo­gen, nicht aber (not­wen­di­ger­wei­se) “aus“dis­ku­tiert wer­den dür­fen. Das Ziel ist Befä­hi­gung zu eige­ner Auf­fas­sungs- und Mei­nungs­bil­dung und zum (durch­aus fried­vol­len) Umgang mit ande­ren Auf­fas­sun­gen und Mei­nun­gen, nicht aber die­se Mei­nungs­bil­dung selbst.

Vie­le wei­te­re Bei­spie­le las­sen sich fin­den. Und es wäre wohl gera­de kei­ne Begren­zung des Lern­wer­tes, wenn am Ende sol­cher unter­richt­li­cher Behand­lun­gen kei­ne abso­lut geklär­ten Posi­tio­nen ste­hen wür­den (selbst wenn es meh­re­re sind), son­dern nur eine deut­li­che­re Wahr­neh­mung wei­te­rer mög­li­cher Ver­ständ­nis­se von Kon­zep­ten, Nor­men, Wer­ten, von jeweils ande­ren Posi­tio­nen und Denk­wei­sen, zusam­men mit kon­kre­ter for­mu­lier­ten Fra­gen, ist es doch nicht die Auf­ga­be von Schu­le und Unter­richt, die Schüler*innen ein für alle Mal (d.h. für ihr wei­te­res Leben) mit abso­lut gefes­tig­ten Über­zeu­gun­gen und Ori­en­tie­run­gen aus­zu­stat­ten, son­dern mit der Fähig­keit, Fer­tig­keit und Bereit­schaft, bei sich ändern­den Her­aus­for­de­run­gen und unter sich wan­deln­den Bedin­gun­gen selbst­stän­dig (und das heißt auch stän­dig selbst, wenn auch nicht iso­liert) sich neu zu ori­en­tie­ren und an den dazu­ge­hö­ri­gen Debat­ten teilzuhaben.

Anmer­kun­gen /​ Refe­ren­ces
  1. Hübert, Hen­ning (2022): Frie­dens­er­zie­hung (Cam­pus & Kar­rie­re). Deutsch­land­funk, 12.03.2022. Online: https://​www​.deutsch​land​funk​.de/​c​a​m​p​u​s​-​u​n​d​-​k​a​r​r​i​e​r​e​-12 – 03-2022-komplette-sendung-friedenserziehung-dlf-f194b5ce-100.html.[]
  2. So die For­mu­lie­rung zum Bei­trag des Geschichts­un­ter­richts zur Leit­per­spek­ti­ve “Wer­te­bil­dung /​ Wert­ori­en­tie­rung” im aktu­el­len Ent­wurf des Ham­bur­ger Bil­dungs­plans Stu­di­en­stu­fe. Vgl. Freie und Han­se­stadt Ham­burg; Behör­de für Bil­dung und Sport: Bil­dungs­plan Stu­di­en­stu­fe Geschich­te. Online: https://​www​.ham​burg​.de/​b​i​l​d​u​n​g​s​p​l​a​e​n​e​/​1​5​9​4​4​9​0​4​/​g​e​s​c​h​i​c​h​t​e​-​g​y​o​-​e​n​t​w​u​r​f​-​2​0​22/, S. 7[]
  3. Drer­up, Johan­nes (o.D.): Poli­ti­sche Bil­dung und die Kon­tro­ver­se über Kon­tro­ver­si­täts­ge­bo­te. In: Prae­f­ak­tisch (Blog), o.D. Online ver­füg­bar unter https://www.praefaktisch.de/bildung/%ef%bb%bfpolitische-bildung-und-die-kontroverse-ueber-kontroversitaetsgebote/#, S. 1f; vgl. auch Hil­brich, Ole (o.D.): Kon­tro­ver­si­tät, Dis­sens und Streit­kul­tur – Zu Zie­len und For­men demo­kra­ti­scher poli­ti­scher Bil­dung. Eine Replik auf Johan­nes Drer­up und Johan­nes Gie­sin­ger. In: Prae­f­ak­tisch (Blog), o.D. Online ver­füg­bar unter https://​www​.prae​f​ak​tisch​.de/​b​i​l​d​u​n​g​/​k​o​n​t​r​o​v​e​r​s​i​t​a​e​t​-​d​i​s​s​e​n​s​-​u​n​d​-​s​t​r​e​i​t​k​u​l​t​u​r​-​z​u​-​z​i​e​l​e​n​-​u​n​d​-​f​o​r​m​e​n​-​d​e​m​o​k​r​a​t​i​s​c​h​e​r​-​p​o​l​i​t​i​s​c​h​e​r​-​b​i​l​d​u​n​g​-​e​i​n​e​-​r​e​p​l​i​k​-​a​u​f​-​j​o​h​a​n​n​e​s​-​d​r​e​r​u​p​-​u​n​d​-​j​o​h​a​n​n​e​s​-​g​i​e​s​i​n​g​er/.[]
  4. Gie­sin­ger, Johan­nes (o.D.): Zur Kon­tro­ver­se um das Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot: Ein poli­tisch-libe­ra­les Kri­te­ri­um. In: Prae­f­ak­tisch (Blog), o.D. Online: https://​www​.prae​f​ak​tisch​.de/​b​i​l​d​u​n​g​/​z​u​r​-​k​o​n​t​r​o​v​e​r​s​e​-​u​m​-​d​a​s​-​k​o​n​t​r​o​v​e​r​s​i​t​a​e​t​s​g​e​b​o​t​-​e​i​n​-​p​o​l​i​t​i​s​c​h​-​l​i​b​e​r​a​l​e​s​-​k​r​i​t​e​r​i​um/.[]
  5. Weh­ling, Hans-Georg (1977): Kon­sens à la Beu­tels­bach? Nach­le­se zu einem Exper­ten­ge­spräch. In: Sieg­fried Schie­le, Her­bert Schnei­der und Kurt Ger­hard Fischer (Hg.): Das Kon­sens­pro­blem in der poli­ti­schen Bil­dung. Stutt­gart: E. Klett (Anmer­kun­gen und Argu­men­te zur his­to­ri­schen und poli­ti­schen Bil­dung, 17), S. 173 – 184, hier S. 178; wie­der in Jochen Schmidt und Stef­fen Scho­on (Hg.): Poli­ti­sche Bil­dung auf schwie­ri­gem Ter­rain. Rechts­extre­mis­mus, Gedenk­stät­ten­ar­beit, DDR-Auf­ar­bei­tung und der Beu­tels­ba­cher Kon­sens. Schwe­rin: Lan­des­zen­tra­le für Poli­ti­sche Bil­dung Meck­len­burg-Vor­pom­mern, S. 67 – 77, hier S. 73; vgl. auch Weh­ling, Hans-Georg (o.J.): Der Beu­tels­ba­cher Kon­sens: Ent­ste­hung und Wir­kung. Online: https://​www​.lpb​-bw​.de/​w​i​e​b​e​u​t​e​l​b​a​c​h​e​r​k​o​n​s​e​n​s​e​n​t​s​t​and, letz­ter Zugriff: 06.08.2021; m.Herv.[]
  6. Vgl. Drer­up, Johan­nes (o.D.): Nicht wer­ten? Demo­kra­tie­er­zie­hung in Zei­ten des Krie­ges. In: Prae­f­ak­tisch (Blog), o.D. Online: https://​www​.prae​f​ak​tisch​.de/​k​r​i​e​g​-​u​n​d​-​f​r​i​e​d​e​n​/​n​i​c​h​t​-​w​e​r​t​e​n​-​d​e​m​o​k​r​a​t​i​e​e​r​z​i​e​h​u​n​g​-​i​n​-​z​e​i​t​e​n​-​d​e​s​-​k​r​i​e​g​es/.[]
  7. Gie­sin­ger weist dar­auf hin, dass das epis­te­mo­lo­gi­sche Kri­te­ri­um zuvor von Micha­el Hand gera­de für mora­li­sche Fra­gen for­mu­liert wur­de. Vgl. Gie­sin­ger, ebda.[]
  8. Weh­ling, Hans-Georg (1977): Kon­sens, S. 178.[]
  9. Zur Pro­ble­ma­tik und Unein­heit­lich­keit der Unter­schei­dung auch unter Theoretiker*innen und Praktiker*innen sie­he zB. Fauth, Lisa; Kahlcke, Inga (2020): “Per­spek­ti­ven oder Kate­go­rien? Die Unter­schei­dung von Sach- und Wert­ur­teil in der For­schung, in Unter­richts­ma­te­ria­li­en und bei Geschichts­lehr­kräf­ten.” In: GWU 71 (2), 35 – 47, deren eige­ne Lösung aber wenig über­zeu­gend ist. Eine deut­lich trag­fä­hi­ge­re, aber eben auch dif­fe­ren­zier­te­re Kon­zep­tua­li­sie­rung fin­det sich bei Buch­stei­ner, Mar­tin; Düwel, Jan (2021): “Urtei­le im Geschichts­un­ter­richt.” In: Geschich­te für heu­te 14 (2), S. 49 – 64. []
  10. Szna­ider, Natan (2022): Flucht­punk­te der Erin­ne­rung. Über die Gegen­wart von Holo­caust und Kolo­nia­lis­mus. 1. Auf­la­ge. Mün­chen: Han­ser.[]
  11. Die­se For­mel wird zuwei­len als “Schwur von Buchen­wald” zitiert, so etwa in ‘Nie wie­der Faschis­mus, nie wie­der Krieg’ (2017). In: Jun­ge Welt, 09.05.2017, S. 8. Online: https://www.jungewelt.de?ref=/artikel/310345.nie-wieder-faschismus-nie-wieder-krieg.html. Im Ori­gi­nal des am 13.4.1945 von über­le­ben­den Häft­lin­gen des KZ Buchen­wald in meh­re­ren Spra­chen (dar­un­ter auf Rus­sisch vom am 18. März 2022  als 92jähriger Zivi­list von rus­si­schen Trup­pen getö­te­ten Boris Romant­schen­ko) gespro­che­nen Schwur ist die­se For­mu­lie­rung jedoch gera­de nicht zu fin­den. Dort lau­tet der Schwur viel­mehr auf die Fort­set­zung des Kamp­fes, “bis der letz­te Schul­di­ge vom Gericht aller Natio­nen ver­ur­teilt ist”, nach­dem aus­drück­lich den “ver­bün­de­ten Armeen der Ame­ri­ka­ner, Eng­län­der, Sowjets und  allen Frei­heits­ar­meen, die uns und der gan­zen Welt das Leben erkämpf(t)en” gedankt wur­de, wie auch nament­lich F.D. Roo­se­velts gedankt wur­de. (Die Text­fas­sun­gen des wohl als Vor­trags­skript genutz­ten Blat­tes – Buchen­wald­ar­chiv NZ488 – und des Zitats in den Buchen­wal­der Nach­rich­ten Nr. 5 vom fol­gen­den 20.4.1945, S.1., unter­schei­den sich leicht. Das die Ver­gan­gen­heit und somit einen Abschluss des bedank­ten Kamp­fes anzei­gen­de “t” in “erkämpf(t)en” ist nur in letz­te­rer Fas­sung zu fin­den, dort aber durch­ge­stri­chen. Vgl. https://​www​.buchen​wald​.de/​f​i​l​e​a​d​m​i​n​/​b​u​c​h​e​n​w​a​l​d​/​d​o​w​n​l​o​a​d​/​d​e​r​_​o​r​t​/​B​u​c​h​e​n​w​a​l​d​s​c​h​w​u​r​.​pdf.) Die For­mel “Nie wie­der Mili­ta­ris­mus, Faschis­mus und Krieg” fin­det sich dann spä­tes­tens 9 Jah­re spä­ter (13.4.1954) im Titel eines Berichts des Neu­en Deutsch­land über eine Fei­er­stun­de in Buchen­wald, unter wel­chem als “Schwur von Buchen­wald” ein ganz ande­rer Text prä­sen­tiert wur­de (Vgl.: “Das wah­re Euro­pa schwört: Nie wie­der Mili­ta­ris­mus, Faschis­mus und Krieg! Die Völ­ker Euro­pas erken­nen die Deut­sche Demo­kra­ti­sche Repu­blik als Reprä­sen­tant des neu­en, fried­lie­ben­den Deutsch­land an Fei­er­li­cher Abschluß des Inter­na­tio­na­len Befrei­ungs­ta­ges in Buchen­wald (1954)”. In: Neu­es Deutsch­land, 13.04.1954. Online: https://​www​.nd​-archiv​.de/​a​r​t​i​k​e​l​/​4​2​4​9​7​.​d​a​s​-​w​a​h​r​e​-​e​u​r​o​p​a​-​s​c​h​w​o​e​r​t​-​n​i​e​-​w​i​e​d​e​r​-​m​i​l​i​t​a​r​i​s​m​u​s​-​f​a​s​c​h​i​s​m​u​s​-​u​n​d​-​k​r​i​e​g​.​h​tml), und in der Form “Nie wie­der Faschis­mus und Krieg” in der Anspra­che von Otto Gro­te­wohl bei der Ein­wei­hung des Mahn­mals in Buchen­wald am 14.9.1958 (zit. n. Men­zel, Claus (2008): „Nie wie­der Faschis­mus und Krieg“. In: Deutsch­land­funk Kul­tur, 14.09.2008. Online: https://​www​.deutsch​land​funk​kul​tur​.de/​n​i​e​-​w​i​e​d​e​r​-​f​a​s​c​h​i​s​m​u​s​-​u​n​d​-​k​r​i​e​g​-​1​0​2​.​h​tml). In der Fol­ge hat es u.a. durch Kom­bi­na­tio­nen von Abbil­dun­gen der Figu­ren­grup­pe des Mahn­mals mit ande­ren anti­fa­schis­ti­sches Eide­stex­ten gewis­ser­ma­ßen eine Häu­fung von “Schwü­ren von Buchen­wald” gege­ben. Vgl. etwa die DDR-Brief­mar­ke  von 1970 unter https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​B​r​i​e​f​m​a​r​k​e​n​-​J​a​h​r​g​a​n​g​_​1​9​7​0​_​d​e​r​_​D​e​u​t​s​c​h​e​n​_​P​o​s​t​_​d​e​r​_​D​D​R​#​/​m​e​d​i​a​/​D​a​t​e​i​:​S​t​a​m​p​s​_​o​f​_​G​e​r​m​a​n​y​_​(​D​D​R​)​_​1​9​7​0​,​_​M​i​N​r​_​B​l​o​c​k​_​0​3​2​.​jpg. []
  12. Hübert, Hen­ning (2022): Frie­dens­er­zie­hung (Cam­pus & Kar­rie­re). Deutsch­land­funk, 12.03.2022. Online: https://​www​.deutsch​land​funk​.de/​c​a​m​p​u​s​-​u​n​d​-​k​a​r​r​i​e​r​e​-12 – 03-2022-komplette-sendung-friedenserziehung-dlf-f194b5ce-100.html.[]
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