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Aus einer aktu­el­len Klau­sur zum Bache­lor-Modul Geschichtsdidaktik:

Im Rah­men einer gefor­der­ten Erläu­te­rung des Begriffs der “Trif­tig­keit” for­mu­liert ein(e) Student(in):

“Der Anspruch an Geschich­te ist, dass sie objek­tiv und ganz­heit­lich ist.”

Dass man statt “Objek­ti­vi­täts-” bes­ser “Gel­tungs­an­spruch” sagen müss­te, sei nur nach­ran­gig moniert. Dass Geschich­te aber einen “Ganzheitlichkeits”-Anspruch hat, ist wohl einer popu­lä­ren, in der außer­wis­sen­schaft­li­chen (lei­der wohl nicht wirk­lich außer­schu­li­schen) Geschichts­kul­tur ver­brei­te­ten nai­ven Vor­stel­lung zu ver­dan­ken, der­zu­fol­ge Geschich­te noch immer mit “Ver­gan­gen­heit” gleich­ge­setzt wird. Dass Geschich­te gera­de nicht “ganz­heit­lich” ist, son­dern selek­tiv, par­ti­ku­lar und per­spek­ti­visch, gehört gera­de zu den Vor­be­din­gun­gen der Prü­fung ihres Gel­tungs­an­spruchs (ihrer jewei­li­gen Plau­si­bi­li­tät) mit Hil­fe der Trif­tig­keits­kri­te­ri­en nach Rüsen.

Zur irri­gen Auf­fas­sung der “Ganz­heit­lich­keit” von Geschich­te, die offen­kun­dig in schu­li­schem Unter­richt (und in die­sem Fal­le lei­der auch im BA-Stu­di­um) nicht wirk­sam her­aus­ge­for­dert wur­de, hat wohl auch die — wie Lutz Rapha­el 1 gezeigt hat, irri­ge — Wir­kung von Ran­kes For­mu­lie­rung “zu zei­gen, wie es eigent­lich gewe­sen”, bei­getra­gen. So dass man hier etwas genervt ant­wor­ten könn­te (das habe ich auf dem Blog “histo­ry accor­ding to toby” von Tobi­as Jacob gefun­den 2): “Dan­ke, Ranke!”

Anmer­kun­gen /​ Refe­ren­ces
  1.  Rapha­el, Lutz (2003): Geschichts­wis­sen­schaft im Zeit­al­ter der Extre­me. Theo­rien, Metho­den, Ten­den­zen von 1900 bis zur Gegen­wart. Mün­chen, S. 67f, spricht von einem “tri­vi­al­po­si­ti­vis­ti­schen Objek­ti­vi­täts­ide­al”, das der “für Ran­ke und sei­ne Schü­ler so prä­gen­den idea­lis­tisch-his­to­ris­ti­schen Geschichts­phi­lo­so­phie” nicht gerecht wer­de.[]
  2. Im Bei­trag “Nar­ra­ti­vi­tät — knapp vor­bei” vom 27.9.2014 []
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