Kurze Irritation:
„Quellensprache“? Als Bezeichnung für den linguistischen Ursprung einer sprachlichen (Ver-)mittlungs- und Übersetzungsleistung –sicher (ich würde dann aber selbst eher „Quellsprache“ sagen). Aber im Sinne von „Handros Differenzierung von vier für den Geschichtsunterricht relevanten Sprachen (Quellensprache, Darstellungssprache, Schülersprache, Schulsprache)“?1
Was soll das sein? Sprechen Quellen eine (eigene) Sprache? Oder verhält es sich vielmehr so, dass sich in „Quellen“ ihrerseits die Vielfalt von vernakulärer und Alltagssprache über Bildungs- bis hin zu Fachsprachen manifestiert — mitsamt weiterer Dimensionen wie Regio- und Soziolekten? Das gleiche gilt auch, wenn bei Handro „Sprache“ dabei nicht „langue“ meint, sondern die spezifischen Register des Darstellens, Vermitteln etc. – Haben historische Quellen ein eigenes Sprachregister? Bilden sie nicht wiederum die ganze Vielfalt ab?
Nicht, dass ich die sprachliche Dimension des Geschichtslernens für zu vernachlässigen halte – im Gegenteil! Gehört aber zu Sprachsensibilität nicht auch, zeitlich bedingte Differenzen in Sprache und Sprachgebrauch nicht mit einem übergreifenden Wort zu verdinglichen – (ungewollt!) zu suggerieren, dass man es mit einer sprachlichen Einheit zu tun hat, nicht mit einer Dimension von Vergangensein einerseits bzw. einer linguistischen Dimension historischer Alterität?
- Bernd-Stefan Grewe, Rezension zu: Bracke, Sebastian; Flaving, Colin; Jansen, Johannes; Köster, Manuel; Lahmer-Gebauer, Jennifer; Lankes, Simone; Spieß, Christian; Thünemann, Holger; Wilfert, Christoph; Zülsdorf-Kersting, Meik: Theorie des Geschichtsunterrichts Frankfurt am Main 2018 , ISBN 978-3-7344-0617-1 , in: H-Soz-Kult, 27.02.2020, https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-26961. [↩]